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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.01.2008
Aktenzeichen: III ZR 161/07
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 839 Fi
InsO § 56
Eine Vorstrafe wegen einer Insolvenzstraftat steht der Bestellung eines Rechtsanwalts zum Insolvenzverwalter im Allgemeinen ohne Rücksicht darauf entgegen, ob die Tat im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts stand.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 161/07

vom 31. Januar 2008

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dr. Herrmann und Wöstmann

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2007 - 4 U 204/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gegenstandswert: 60.000 €

Gründe:

Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen angeblicher Amtspflichtverletzungen bei der Bestellung und Überwachung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der r. GmbH auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Schuldnerin stellte am 28. November 2002 bei dem Amtsgericht E. einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht ernannte den in E. ansässigen Rechtsanwalt B., Fachanwalt für Insolvenzrecht, zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und bestellte ihn später mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28. Januar 2003 zum Insolvenzverwalter. Rechtsanwalt B. war durch Urteil des Amtsgerichts E. vom 10. November 1999 wegen Straftaten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH (falsche Angaben gegenüber dem Registergericht, Unterlassung der Konkursantragstellung, Vergehen des Bankrotts durch unrichtige, verspätete und unterlassene Bilanzierung) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100 DM verurteilt worden. Im Insolvenzverfahren der r. GmbH entnahm er der Masse widerrechtlich annähernd die gesamten liquiden Mittel, insgesamt etwa 370.000 €, und - nach Darstellung des Klägers - in anderen Insolvenzverfahren deren Massen weitere 430.000 €. Der Kläger macht geltend, als Insolvenzgläubiger müsse er infolgedessen mit einem Gesamtausfall seiner Ansprüche rechnen.

Das Landgericht hat die Amtshaftungsklage abgewiesen, die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (OLG Stuttgart ZIP 2007, 1822 mit Anm. Brenner = ZInsO 2008, 45 mit Anm. Freud S. 18). Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2, § 544 ZPO).

1. Dass das Insolvenzgericht nur einen persönlich geeigneten, zuverlässigen Insolvenzverwalter bestellen darf, ist anerkannt und wird im Ansatz auch vom Berufungsgericht nicht in Frage gestellt (vgl. nur MünchKomm/Graeber, InsO, 2. Aufl., § 56 Rn. 55 m.w.N.; s. ferner Senatsurteile vom 12. Juli 1965 - III ZR 40/64 und 41/64 - VersR 1965, 1194 und 1196). Eine Vorstrafe wegen Insolvenzvergehen, wie hier, wird daher - entgegen dem Berufungsurteil - auch bei fehlendem Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Insolvenzverwalter im Allgemeinen Zweifel an der Zuverlässigkeit des potentiellen Verwalters begründen und daher Anlass sein, von dessen Ernennung abzusehen, mindestens aber nachträglich eine erheblich gesteigerte Überwachung erfordern.

Im Streitfall haben die Vorinstanzen auf der Grundlage der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme indessen unangegriffen festgestellt, dass weder der Insolvenzrichter noch der zuständige Rechtspfleger von den Vorstrafen des zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalts Kenntnis hatten. An diese tatsächlichen Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden. Entgegen der Beschwerde mussten sie auch nicht über entsprechende Kenntnisse verfügen. Zu vorsorglichen Mitteilungen von der mehr als drei Jahre zuvor erfolgten Verurteilung des Anwalts an die Insolvenzabteilungen der Amtsgerichte waren die Amtsträger des beklagten Landes weder verpflichtet noch berechtigt. Einer Übermittlung personenbezogener Daten von Amts wegen durch die Gerichte für andere Zwecke als die des Verfahrens, für die die Daten erhoben worden sind, werden durch die §§ 12 ff. EGGVG enge Grenzen gezogen. Die auf dieser Grundlage neu gefasste Anordnung über Mitteilungen im Strafprozess vom 29. April 1998 (BAnz 1998 Nr. 99a), die eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und dem Schutz der Öffentlichkeit vor ungeeigneten Rechtsberatern und Rechtsbesorgern trifft, sieht bei der Verurteilung von Rechtsanwälten aber lediglich Mitteilungen an die Landesjustizverwaltung, den Generalstaatsanwalt, den Präsidenten des Oberlandesgerichts und den Vorstand der Rechtsanwaltskammer vor (§ 23 Abs. 4 Nr. 3). Diese haben sodann weitere Schritte in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Auch der Direktor des Amtsgerichts E. , der mit dem Strafverfahren gegen den späteren Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit einer Selbstablehnung des Strafrichters befasst war, durfte nicht ohne Verletzung seiner Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit seine - damals lediglich auf einer Anklage beruhenden - Kenntnisse an die Insolvenzabteilung des Gerichts weitergeben. Gerüchten über Alkoholprobleme von Rechtsanwalt B. im Jahre 1999 war der Rechtspfleger angesichts dessen, dass es bis dahin nicht zu bemerkenswerten Auffälligkeiten gekommen war, durch Rückfragen im Kollegenkreis und durch eine kritische Beobachtung des Auftretens hinreichend nachgegangen. Eine Anfrage des Insolvenzrichters bei der Strafabteilung, der Staatsanwaltschaft oder dem Bundeszentralregister, für die die Beschwerde eintritt, war ohne konkreten Anhalt für ein strafrechtliches Fehlverhalten des Rechtsanwalts ebenso wenig rechtlich geboten.

2. Im Beschwerdeverfahren ist nicht zu prüfen, ob bei den hiernach fehlenden gewichtigen Verdachtsmomenten das Insolvenzgericht seiner allgemeinen Aufsichtspflicht (hierzu Senatsurteile vom 12. Juli 1965 aaO) hinreichend nachgekommen war. Insoweit macht die Beschwerde keine Zulassungsgründe geltend.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO ab.

Ende der Entscheidung

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