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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.10.2004
Aktenzeichen: III ZR 175/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 661a |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 7. Oktober 2004
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Dörr und Galke
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Im Juni 2001 erhielt die Klägerin einen Katalog von "C. Versand" und ein Schreiben einer angeblichen Rechtsanwaltskanzlei, wonach sie eine "zweite und letzte Chance" erhalte, 75.000 DM plus 369,86 DM Zinsen "abzurufen"; "C. Versand" habe dies genehmigt. Entsprechend der in dem Schreiben gegebenen Anleitung sandte sie die "Unverbindliche Warenanforderung zum Test" an C. Versand S.L. 402 P. 201 NL-7080 GB G. .
"C. Versand" zahlte den versprochenen Gewinn nicht. Der Klägerin wurden die bestellten Waren von dem "C. Versand Warenauslfg.-Lager 40815 M. " übersandt; gemäß einem beigefügten Überweisungsträger sollte der Rechnungsbetrag auf ein Konto der Beklagten "wg. C. Versand" gezahlt werden.
Für "C. Versand" besteht in G. /N. lediglich das vorgenannte Postfach; die Firma ist im dortigen Handelsregister nicht eingetragen. Eine "C. Versand S.L." ist in dem Handelsregister von S. C. de T. /S. eingetragen.
Die Beklagte führte laut Gewerberegister der Stadt M. die Firmenbezeichnung "E. -E. C. GmbH C. Versand"; im Handelsregister war als Firma der Beklagten hingegen "E. -E. C. GmbH" eingetragen.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung des versprochenen Gewinns in Höhe von 38.535,99 € (= 75.369,86 DM) nebst Zinsen und außergerichtlichen Mahn- und Nebenkosten in Anspruch. Die Beklagte sei mit dem "C. Versand" identisch und daher als Versenderin der Gewinnzusage anzusehen.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe eine Zusendung erhalten, die den Eindruck erwecke, sie habe einen Preis in Höhe von 75.369,86 DM gewonnen. Sie könne die Beklagte aber daraus nicht nach § 661a BGB in Anspruch nehmen, weil diese nicht als "Versender" der Gewinnzusage anzusehen sei. Die Beklagte sei nicht hervorgetreten als diejenige, die einen Gewinn zugesagt habe. Zwar könne neben demjenigen, der aus der Sicht des Verbrauchers der Versprechende sei, jedenfalls auch derjenige haften, der sich hinter der nach außen in Erscheinung tretenden, tatsächlich aber nicht existierenden Person verberge; er veranlasse in diesem Sinne (scheinbar) deren Versprechen, das aber tatsächlich sein eigenes sei. Es sei aber nicht festzustellen, daß die Beklagte sich des "C. Versand" als eines fiktiven Konstrukts bedient habe und tatsächlich Identität zwischen der Beklagten und "C. Versand" bestehe. Die Klägerin sei insoweit beweisfällig geblieben.
Es sei nicht substantiiert dargetan, daß die Beklagte den rechtlich als existent angenommenen "C. Versand" zu den Gewinnzusagen veranlaßt habe.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht Zahlung von 38.535,99 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Mahn- und Nebenkosten verlangen. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 661a BGB in Betracht. Danach hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, daß der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.
1. Das Berufungsgericht hat das Schreiben der angeblichen Rechtsanwaltskanzlei, wonach die Klägerin eine von "C. Versand" genehmigte "zweite und letzte Chance" erhalte, 75.000 DM plus 369,86 DM Zinsen "abzurufen", als eine solche Gewinnzusage qualifiziert. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheitert die Inanspruchnahme der Beklagten nach § 661a BGB daran, daß sie die vorbezeichnete Gewinnzusage nicht "(ge)sendet" hat. Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.
a) Wer "Sender" einer Gewinnmitteilung ist, beurteilt sich zunächst - ebenso wie die Frage, ob eine bestimmte Zusendung eine Gewinnzusage oder vergleichbare Mitteilung im Sinne des § 661a BGB ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2004 - III ZR 226/03 - NJW 2004, 1652, 1653) - aus der objektivierten Empfängersicht. "Sender" ist derjenige Unternehmer, den ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage des Empfängers einer Gewinnzusage als Versprechenden ansieht.
b) aa) Das Berufungsgericht hat gemeint, jedenfalls auch derjenige, der sich mittels einer nach außen in Erscheinung tretenden, tatsächlich aber nicht existierenden Person tarne und diese als Versprechende vorschiebe, müsse für deren Gewinnversprechen nach § 661a BGB einstehen. Denn er sei in Wahrheit derjenige, der die Gewinnzusage abgegeben habe und sich nach dem Willen des Gesetzgebers daran festhalten lassen müsse.
Die Revision will darüber hinaus jeden als "Sender" im Sinne des § 661a BGB ansehen, der sich an der Übermittlung der Gewinnzusage oder dem damit regelmäßig verknüpften Versandhandelsgeschäft beteiligt und die Vorteile aus dem durch die Gewinnzusage geförderten Warenverkehr gezogen hat. Diese Auffassung ist indes zu weitgehend; sie wäre mit dem Wortlaut des § 661a BGB nicht mehr zu vereinbaren.
bb) Mit der Einführung des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, daß Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersenden, um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf Nachfrage aber nicht aushändigen. Nach Auffassung des Gesetzgebers hatten die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die unzulässigen Gewinnspiele nicht zurückgedrängt. Es erschien deshalb erforderlich, diese Vorschriften durch zivilrechtliche - dem Vertrags- oder dem Deliktsrecht zuzuordnende - Ansprüche zu unterlegen; der Unternehmer sollte beim Wort genommen werden, um den Mißbrauch abzustellen (vgl. Senatsurteile BGHZ 153, 82, 90 f und vom 16. Oktober 2003 - III ZR 106/03 - NJW 2003, 3620 f jeweils m.w.N.).
cc) Mithin standen vor allem die Fälle der Vertragsanbahnung im Mittelpunkt der gesetzgeberischen Überlegungen. Im Wortlaut des § 661a BGB kommt das aber nicht zum Ausdruck. Die Vorschrift knüpft die Haftung wegen Gewinnzusage nicht an die Anbahnung oder den Abschluß eines Versandhandels- oder anderen Geschäfts; § 661a BGB gilt ebenso bei "isolierten" Gewinnmitteilungen (vgl. Lorenz NJW 2000, 3305, 3307). Kommt es aber für die Inanspruchnahme wegen Gewinnzusage nicht auf die Vertragsanbahnung oder auf einen Vertragsabschluß an, kann - andererseits - darauf auch nicht zur Bestimmung des "Senders" abgestellt werden; erst recht nicht kann dafür maßgeblich sein, wer gegebenenfalls bestellte Artikel liefert oder an wen der Kaufpreis zu zahlen ist. Ein Unternehmer ist ferner nicht schon dann "Sender" einer - aus objektiver Empfängersicht nicht von ihm stammenden - Gewinnmitteilung, wenn er ein Interesse an dem Geschäft hat, das durch die Mitteilung gefördert werden soll. Für eine solche Auslegung bietet § 661a BGB schon seinem Wortlaut nach keinen Anhalt.
Im Einklang mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Handeln unter fremdem Namen) können als "Sender" einer Gewinnzusage nach § 661a BGB auch solche Unternehmer in Anspruch genommen werden, die Verbrauchern unter nicht existierenden oder falschen Namen, Firmen, Geschäftsbezeichnungen oder Anschriften Gewinnmitteilungen zukommen lassen. Denn sie sind die wahren "Sender" der Gewinnzusage und müssen für ihr "lautes Wort" (Mankowski EWiR 2002, 873, 874) durch die Leistung des Preises einstehen. § 661a BGB zielt gerade auf die Bekämpfung solcher Praktiken.
c) Gemessen an den vorbeschriebenen Kriterien kann die Beklagte nicht als "Sender" der Gewinnzusage, die der Klägerin zugegangen ist, angesehen werden.
aa) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts boten die der Klägerin im Juni 2001 übersandten Unterlagen - aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers - keinen Anhalt, daß die Beklagte einen Gewinn zugesagt hätte. In dem Schreiben traten nur die angebliche Rechtsanwaltskanzlei und "C. Versand" als Entscheider über die Gewinnvergabe in Erscheinung; die Beklagte war nirgends erwähnt. Ihr Name fiel erst später, - nach Zugang der Gewinnzusage - nämlich bei der Angabe des Zahlungsempfängers auf dem Überweisungsträger ("E. wg. C. Versand"), den die Klägerin zwecks Ausgleichs der von "C. Versand" in Rechnung gestellten Warenlieferungen erhielt.
bb) Das Berufungsgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, daß - entsprechend dem Vortrag der Klägerin - der "C. Versand" rechtlich nicht existiert und die Beklagte selbst unter dieser Bezeichnung die Gewinnzusage verfaßt und "(ge)sendet" hat. Dagegen wendet sich die Revision vergeblich.
(1) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe beweisbewehrten Vortrag der Klägerin übergangen, wonach die Beklagte in ihrer Gewerbeanmeldung den Zusatz "C. Versand" angegeben habe und sie deswegen im Gewerberegister mit der Firmenbezeichnung "E. -E. C. GmbH C. Versand" eingetragen worden sei; diese Eintragung sei nicht - wie von der Beklagten geltend gemacht - auf einen Fehler der Stadtverwaltung zurückzuführen.
Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Klägerin jedoch berücksichtigt. Es hat den von der Klägerin behaupteten Inhalt der Gewerbeanmeldung sowie andere von ihr benannte Indizien für die Identität der Beklagten mit "C. Versand" - daß "C. Versand" als Bankverbindung ein Konto der Beklagten genannt hat; daß "C. Versand" unter der Postanschrift in den N. nicht registriert (gewesen) ist; daß "C. Versand" ein Warenauslieferungslager in M. , dem damaligen Sitz der Beklagten, unterhalten hat - in den Blick genommen. Dem hat es das - durch die Bescheinigung des Handelsregisters in S. C. de T. erhärtete - Vorbringen der Beklagten, "C. Versand" sei eine von ihr verschiedene juristische Person, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stehe, gegenübergestellt. Seine Schlußfolgerung, es sei nicht festzustellen, daß sich die Beklagte des "C. Versand" als eines fiktiven Konstrukts bedient habe und tatsächlich Identität zwischen ihr und "C. Versand" bestehe, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens; sie ist im Revisionsverfahren hinzunehmen.
(2) Die Revision meint, das Berufungsgericht habe bezüglich der Frage, ob Geldflüsse zwischen der Beklagten und "C. Versand" stattgefunden hätten, die Erklärungslast rechtsfehlerhaft der Klägerin zugewiesen. Diese habe mangels Einblick in die Interna der Beklagten nicht mehr vortragen können.
Die Rüge greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat die Behauptung der Klägerin, die Beklagte führe empfangene Kundengelder nicht an "C. Versand" ab, durchaus für genügend dargelegt erachtet; sie stelle ein "wohl hinreichendes Indiz" dafür dar, daß "C. Versand" nicht existiere und sich in Wahrheit die Beklagte dahinter verberge. Diesem - bestrittenen - Vorbringen ist das Berufungsgericht nicht im Wege der Beweisaufnahme nachgegangen, weil die Klägerin ein zulässiges Beweismittel nicht angeboten hat. Hiergegen wird von der Revision nichts erinnert.
cc) Was gelten würde, wenn der "C. Versand" zwar rechtlich selbständig gewesen, aber von der Beklagten beherrscht und zur Versendung von Gewinnzusagen benutzt worden wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat - unbeanstandet von der Revision - eine gesellschafts- oder firmenrechtliche Verbindung zwischen der Beklagten und "C. Versand" nicht festgestellt und ausgeführt, es fehle an ausreichendem Sachvortrag, daß die Beklagte den "C. Versand" zu seinen Gewinnzusagen veranlaßt habe.
Ende der Entscheidung
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