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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: III ZR 176/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
ZPO § 544 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 176/05

vom 23. Februar 2006

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2005 - 16 U 12/03 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Kosten der Streithelferin hat diese selbst zu tragen.

Gegenstandswert: 243.234,48 € (3.234,48 € + 240.000 €).

Gründe:

Eine Zulassung der Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Nach der von der Beschwerde als ihr günstig nicht angegriffenen und hier als richtig unterstellten Auslegung des Berufungsgerichts bezieht sich der zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossene Abfindungsvergleich - für die Kläger bindend - auf sämtliche zukünftigen Schadensfälle, soweit nicht eine Änderung der Abbauplanung erfolgt war, und somit ebenso auf die hier in Rede stehenden späteren Einwirkungen auf das Gebäude durch Flutung der Grubenbaue und Hebung des Geländes. Auf dieser Grundlage kommen, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, Nachforderungen der Kläger wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Bergschäden nur in Betracht, wenn ihnen ein Festhalten am Vergleich nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar ist, weil entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich entfallen ist oder sich geändert hat, so dass eine Anpassung an die geänderten Umstände erforderlich erscheint, oder weil nachträglich erhebliche Äquivalenzstörungen in den beiderseitigen Leistungen eingetreten sind, die für die Kläger nach den Umständen des Falles eine ungewöhnliche Härte bedeuten würden (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 1961 - VI ZR 95/60 - LM Nr. 16 zu § 779 BGB; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 176/81 - NJW 1984, 115; vom 19. Juni 1990 - VI ZR 255/89 - NJW 1991, 1535; s. auch Urteil vom 29. Januar 1992 - XII ZR 124/90 - NJW-RR 1992, 714, 715).

Selbst wenn, wie die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, für die Anwendung der Grundsätze über einen Wegfall der Geschäftsgrundlage unter diesen Umständen kein Raum wäre, weil der Eintritt künftiger Bergschäden dann zu den Risiken gehörte, die die Stadt als Rechtsvorgängerin der Kläger in dem Vergleich übernommen hat, so schlösse dies nicht aus, dass das Berufungsgericht gleichwohl in tatrichterlicher Würdigung den Einwand aus § 242 BGB für begründet erachtet; neben dem Auftreten nicht vorhergesehener, die Schadenshöhe betreffender Umstände konnte es rechtsfehlerfrei auf ein krasses Missverhältnis zwischen dem auf Zukunftsschäden entfallenden Teilbetrag der Vergleichssumme von 50.000 DM (= 25.564,59 €) und dem tatsächlichen Schaden der Kläger abstellen. Dazu bedurfte es keiner exakten Ermittlung des Schadensumfangs. Bereits der bis Mitte des Jahres 2002 geltend gemachte Mietausfallschaden sowie die zur Mängelfeststellung und Gebäudesicherung angefallenen Kosten übersteigen jene Summe erheblich. Hinzu kommen - abgesehen von dem kontinuierlich weiter zu verzeichnenden Mietausfall - umfangreiche, durch Lichtbilder belegte und im Kern auch unstreitige Substanzschäden, die das Berufungsgericht selbst ohne sachverständige Beratung schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung mit einem Mehrfachen des Abfindungsbetrags ansetzen durfte (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

2. Die Kläger müssen sich auch keine Obliegenheitsverletzung ihrer Rechtsvorgänger zurechnen lassen, falls diese es verabsäumt haben sollten, den für die Unterfangung des Gebäudes gezahlten Teilbetrag von 20.000 DM zweckentsprechend zu verwenden und dadurch zu den jetzt vorliegenden Schäden beigetragen haben. Insoweit lässt sich zumindest das erforderliche Verschulden nicht feststellen, wenn die Bergwerksbetreiberin eine Verpflichtung zur Durchführung solcher Maßnahmen selbst nicht verlangt und sogar in ihrem Schreiben vom 3. Februar 1986 versichert hat, neue Einwirkungen ihres Abbaus auf das Verwaltungsgebäude seien "in Zukunft ausgeschlossen".

3. Eine stufenweise Anpassung des Vergleichs dergestalt, dass die Beklagte sich an jedem weiteren Schadensteilbetrag von 125.000 DM lediglich mit 50.000 DM zu beteiligen hätte, wie es die Nichtzulassungsbeschwerde fordert, ist hier nicht erforderlich. Das ist auch keine erst in einem Revisionsverfahren zu klärende grundsätzliche Rechtsfrage.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ab.

Ende der Entscheidung

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