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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.03.2008
Aktenzeichen: III ZR 219/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 677 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 6. März 2008
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Kapsa, Dörr, Dr. Herrmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist zusammen mit sechs weiteren Beteiligten in Erbengemeinschaft als Eigentümer eines in Brandenburg belegenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Aufgrund eines entsprechenden Rechtsträgernachweises vom 31. Januar 1977 war als einer der Miterben zunächst "Eigentum des Volkes: Rechtsträger, Rat der Gemeinde S. " eingetragen. Seit 2002 ist dieser Miterbenanteil auf die Bundesrepublik Deutschland umgeschrieben. Das Grundstück ist mit einem vermieteten Einfamilienhaus bebaut.
Die Gemeinde S. (im Folgenden: Gemeinde) übertrug mit einem im August 1995 geschlossenen Vertrag der Beklagten "die Verwaltung der in S. gelegenen Grundstücke der Gemeinde bezüglich aller Angelegenheiten, die zur Verwaltung notwendig und zweckmäßig sind". In § 3 Abs. 1 des Vertrags bevollmächtigte die Gemeinde die Beklagte, im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben, "im Namen des Auftraggebers zu handeln und insbesondere rechtsgeschäftliche Erklärungen gegenüber Dritten mit Wirkung für und gegen den Auftraggeber abzugeben". Aufgrund dieses Vertrages übernahm die Beklagte auch die Verwaltung des Grundstücks der Erbengemeinschaft.
Der Kläger verlangt - soweit hier noch im Streit - zu deren Gunsten von der Beklagten Schadensersatz, weil sie es pflichtwidrig unterlassen habe, per 1. Januar 1996 und 1. Januar 1998 die Miete für das Wohngrundstück zu erhöhen. Er fordert den Betrag der entgangenen erhöhten Miete für die Jahre 1996 bis 1999, hilfsweise für die Folgejahre.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Schadensersatzanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist unbegründet. Über sie ist entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbsatz ZPO durch ein (unechtes) Versäumnisurteil zu entscheiden.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts klagt der Kläger zwar in gemäß § 2039 Satz 2 BGB zulässiger gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft, da er einen zum Nachlass gehörenden Schadensersatzanspruch geltend mache. Weiter bestehe zwischen der Beklagten und der Erbengemeinschaft ein Schuldverhältnis, da die Beklagte als Geschäftsführerin ohne Auftrag (§ 677 ff BGB) gehandelt habe. Sie habe jedoch ihre aus diesem Rechtsverhältnis folgenden Pflichten nicht verletzt. Sie habe keine Vertretungsmacht zur Mieterhöhung für die Erbengemeinschaft gehabt. Eine Vollmacht hierfür habe sich insbesondere nicht aus dem zwischen der Beklagten und der Gemeinde geschlossenen Verwaltervertrag ergeben. Diese vertraglichen Beziehungen seien nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch zugunsten aller Miterben zu begründen.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. a) Das Berufungsgericht nimmt an, die Voraussetzungen für eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag der Beklagten zugunsten der Erbengemeinschaft seien erfüllt. Insbesondere geht es davon aus, dass die Beklagte trotz des mit der Gemeinde geschlossenen Verwaltervertrags auch den Willen hatte, für die Erbengemeinschaft tätig zu werden. Dies nimmt die Revision als ihr günstig hin und ist von Rechts wegen auch im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass der Beklagten nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers ein Grundbuchauszug vorlag, aus dem sich das Eigentum der Erbengemeinschaft an dem betroffenen Grundstück ergab (vgl. auch Senat BGHZ 143, 9, 13 ff).
b) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht eine Verletzung der Pflichten der Beklagten aus dem Geschäftsführungsverhältnis und einen hieraus folgenden Schadensersatzanspruch, der sich nach dem vor dem 1. Januar 2002 anwendbaren Recht richtet (Art. 229 §§ 3, 5 EGBGB), verneint.
Nach § 677 BGB ist der Geschäftsführer ohne Auftrag verpflichtet, das übernommene Geschäft so zu führen, wie es das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert. Die Beurteilung, welche Maßnahmen danach notwendig sind, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Geschäftsführers, da die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag mit dem Fall vergleichbar ist, dass der Geschäftsherr einen allgemeinen Auftrag erteilt hat, ohne nähere Weisungen gegeben zu haben (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, 1899, S. 1197; Staudinger/Bergmann (2006) § 677 Rn. 17). Hiernach hat die Beklagte ihre Pflichten nicht verletzt, indem sie die nach Auffassung des Klägers gebotenen Mieterhöhungsverlangen unterließ. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist grundsätzlich auf die vorübergehende Wahrung der Interessen des Geschäftsherrn während einer Zeit gerichtet, in der dieser nicht in der Lage ist, das Geschäft selbst auszuführen oder Weisungen zu erteilen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 681 Satz 1 BGB, der bestimmt, dass der Geschäftsführer die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn anzuzeigen hat, sobald dies tunlich ist, und dessen Entschließung abzuwarten hat, sofern nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Aus dem grundsätzlich nur überbrückenden Charakter der Geschäftsführung ohne Auftrag folgt, dass sich der Geschäftsführer, der für den Eigentümer Mietgrundstücke verwaltet, regelmäßig in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens darauf beschränken darf, die bestehenden Mietverhältnisse ordnungsgemäß abzuwickeln, insbesondere die Mieten zu vereinnahmen und die Mietsache in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Über die im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag geschuldete, grundsätzlich nur bewahrende Verwaltung geht jedoch ein Mieterhöhungsverlangen (§ 1 Satz 2 MHG, jetzt: § 557 BGB), das gegebenenfalls auch gerichtlich geltend zu machen wäre, in der Regel - und auch hier - hinaus, da es auf eine Veränderung der Rechtsposition des Geschäftsherrn gerichtet ist.
Dem entspricht wertungsmäßig, dass die in § 744 Abs. 2 und § 2038 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB bestimmten Notverwaltungsrechte eines einzelnen Teilhabers oder Miterben, die gesetzlich geregelte Fälle einer Geschäftsführungsbefugnis darstellen, lediglich zu Maßnahmen berechtigen, die zur Erhaltung des betroffenen gemeinschaftlichen Gegenstandes notwendig sind, wie etwa das Vorgehen gegen eine Enteignung oder die Geltendmachung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in einen im Gesamthandseigentum stehenden Gegenstand oder in das gemeinschaftliche Recht (vgl. Staudinger/Werner (2002) § 2038 Rn. 28 m.w.N. und Beispielen). Demgegenüber sind bloß nützliche Maßnahmen nicht von der Geschäftsführungsbefugnis erfasst (Staudinger/Werner aaO Rn. 30). Erst recht kann der jeweilige Teilhaber beziehungsweise Miterbe zu solchen Maßregeln nicht verpflichtet sein. Eine Mieterhöhung ist ein lediglich nützliches, nicht aber zur Erhaltung der Sache notwendiges Vorgehen.
Auf die von den Parteien und dem Berufungsgericht vertiefte Frage, ob die Beklagte zur Geltendmachung von Mieterhöhungsverlangen rechtlich in der Lage war, kommt es damit nicht mehr an.
2. Einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Anzeigepflicht der Beklagten gemäß § 681 Satz 1 BGB, weil hierdurch die Erbengemeinschaft gehindert wurde, die Mieterhöhungsverlangen selbst auszusprechen oder der Beklagten einen entsprechenden Auftrag nebst Bevollmächtigung zu erteilen, macht der Kläger nicht geltend.
3. Weiterhin hat der Kläger auch nichts zu einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des mit der Gemeinde geschlossenen Verwaltervertrags, der Schutzwirkung zugunsten der Erbengemeinschaft haben könnte, vorgetragen.
Die Haftung der Beklagten wäre im Übrigen insoweit gemäß § 2 Abs. 2 des (Individual-) Vertrags ohnehin auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
Ende der Entscheidung
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