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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: III ZR 231/08
Rechtsgebiete: VVG
Vorschriften:
VVG § 204 |
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat
am 27. Mai 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und
die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. August 2008 - 19 U 111/07 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 20.639,01 EUR.
Gründe:
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zum Zweck der Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Die Beschwerde wirft die von ihr als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage auf, ob auch nach dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) daran festzuhalten ist, dass der Verlust der Alterungsrückstellungen bei einem Wechsel des privaten Krankenversicherers (vgl. § 178 f VVG in der Fassung des Art. 43 des vorgenannten Gesetzes) für sich allein kein zu ersetzender Schaden ist, der Versicherungsnehmer vielmehr nur eine etwaige Prämiendifferenz als Schaden geltend machen kann (Senatsurteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 228/05 - VersR 2006, 1072 f). § 178 f in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes ist zwar nicht in Kraft getreten (siehe Art. 10 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007, BGBl. I S. 2631). Jedoch ist an seine Stelle § 204 VVG in der Fassung des Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsgesetzes getreten, so dass sich die Rechtsfrage weiterhin stellt. Sie ist allerdings für den Streitfall nicht entscheidungserheblich.
Ein möglicher in dem Verlust der bei der S. Krankenversicherung a.G. (SDK) erworbenen Alterungsrückstellung liegender Schaden kann jedenfalls den hier den Beklagten vorzuwerfenden Pflichtverletzungen nicht zugerechnet werden.
Das Landgericht hat - mit der Berufung nicht angegriffen - eine Pflichtverletzung der Beklagten bei der Durchführung des Versicherungswechsels von der SDK zu der H. Krankenversicherung a.G. in der falschen Beantwortung der Gesundheitsfragen bei Antragstellung gesehen. Dieser Fehler ist jedoch für den Verlust der bei der SDK angesparten Alterungsrückstellung nicht kausal. Diese ging für den Kläger vielmehr bereits mit der Kündigung des Vertrags mit der SDK verloren.
Die weiter vom Kläger geltend gemachte Pflichtverletzung der Beklagten, bereits der Rat zur Kündigung des Versicherungsvertrags mit der SDK und zum Wechsel zur H. Krankenversicherung a.G. sei wirtschaftlich nachteilig und damit falsch gewesen, haben die Vorinstanzen offen gelassen. Diese Beratungspflichtverletzung ist deshalb im dritten Rechtszug zugunsten des Klägers zu unterstellen. Sie ist auch äquivalent kausal für den Verlust der Alterungsrückstellung. Hätte der Kläger den Versicherungsvertrag mit der SDK im Jahr 2002 nicht gekündigt, hätte er jetzt im ersten Halbjahr 2009 in den Basistarif eines anderen Versicherungsunternehmens wechseln und dabei nach § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) VVG n.F. den entsprechenden Teil der Alterungsrückstellung mitnehmen können. Dieser Verlust mag überdies noch adäquat kausal sein. Er ist jedoch jedenfalls nicht mehr vom Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht umfasst.
Eine Schadensersatzpflicht besteht nur hinsichtlich solcher Nachteile, zu deren Abwendung die verletzte vertragliche Pflicht übernommen worden ist (BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02 - NJW 2005, 1420, 1421 f; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 62; Lange in Schiemann/ Lange, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 104; jeweils m.w.N.). Der Umfang des Schutzzwecks ist durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln (Lange aaO). Im vorliegenden Fall bestand jedenfalls zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1, 3 und 4 ein Versicherungsmaklervertrag. Nach der vorgelegten Vertragsurkunde waren die Beklagten insbesondere beauftragt, "die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der Vertragsgestaltung und der Prämienansätze" der Versicherungen des Klägers zu überprüfen. Sie waren damit zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen des Klägers und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihnen vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2005 - III ZR 309/04 - NJW-RR 2005, 1425, 1426; ferner auch Kollhosser in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., nach § 48 Rn. 5).
Im Rahmen dieser Betreuungs- und Beratungspflicht mussten die Beklagten jedoch nur diejenigen Gesichtspunkte in die Abwägung einbeziehen, die zum damaligen Zeitpunkt bekannt waren oder mit denen zumindest gerechnet werden konnte. Auf nicht vorhersehbare Änderungen der Rechtslage konnte eine Beratung schon rein faktisch keine Rücksicht nehmen. Vor allem aber ist aus objektiver Sicht nicht anzunehmen, dass ein Berater die Haftung für einen Risikobereich übernehmen will, dessen Größenordnung nicht abzusehen ist.
Nach diesen Grundsätzen mussten die Beklagten unter Bewertung aller seinerzeit bekannten Gesichtspunkte die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit eines Versicherungswechsels überprüfen. Dabei mussten sie neben dem Leistungsumfang insbesondere die Prämienhöhe berücksichtigen und damit auch beachten, dass die erworbene Alterungsrückstellung nicht zur H. Krankenversicherung a.G. mitgenommen werden konnte, was höhere Prämienzahlungen bedingen konnte. Sie mussten jedoch in ihre Überprüfung der Zweckmäßigkeit eines Versicherungswechsels nicht die Möglichkeit mit einbeziehen, dass zu einem nicht näher bestimmbaren späteren Zeitpunkt unter Umständen die Übertragbarkeit der Alterungsrückstellung eingeführt werden könnte. Diese Änderung der Rechtslage war zum damaligen Zeitpunkt (2002) nicht absehbar. Gutachten von Expertenkommissionen, die seit 1994 unter anderem vom Bundesministerium der Finanzen zur Untersuchung der Problematik steigender Beiträge der privat Krankenversicherten im Alter eingesetzt worden waren, hatten aufgrund erheblicher ungelöster Probleme weder die Mitgabe der kalkulierten noch die einer individuellen Alterungsrückstellung empfehlen können (BT-Drucks. 13/4945, S. 47; Zieschang VW 2001, 1044, 1045; Präve VW 2002, 1934, 1938). Dass die Übertragbarkeit der Alterungsrückstellung sowohl rechtlich als auch praktisch ausgeschlossen sei, entsprach im Jahr 2002 ganz überwiegender Auffassung (vgl. Boetius VersR 2001, 661, 677 ; Kalis VersR 2001, 11, 14 ff; Zieschang aaO S. 1047 ["schlechterdings ein Ding der Unmöglichkeit"]; Präve aaO S. 1937 f). Erst im Frühjahr 2004 wurden durch eine Studie des Ifo-Institutes, das die Mitgabe einer bestimmten individuell kalkulierten Alterungsrückstellung für denkbar erachtete, neue Möglichkeiten aufgezeigt (Schneider VW 2004, 1163 ff; Görsdorf-Kegel VW 2004, 1844; vgl. zum Gesamtkomplex weiter die Nachweise in dem Senatsurteil vom 11. Mai 2006, aaO S. 1173, Rn. 10).
Die übrigen von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe hat der Senat geprüft und, insbesondere auch die gerügten Verletzungen des Grundrechts auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), für nicht durchgreifend erachtet. Insoweit wird von einer Begründung gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.
Ende der Entscheidung
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