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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.04.2000
Aktenzeichen: III ZR 263/98
Rechtsgebiete: BGB, VermG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 151
BGB § 399
BGB § 670
VermG § 15 Abs. 1
VermG § 11 a Abs. 3
VermG § 11 a
ZPO § 138 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 263/98

Verkündet am: 6. April 2000

Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 28. August 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten verurteilt worden sind, an die Klägerin 52.702,07 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 28. Januar 1995 zu zahlen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin war bis zum 30. September 1992 staatliche Verwalterin des mit einem Mietshaus bebauten Grundstücks K. in Berlin-P. Die Beklagten kauften das Grundstück aufgrund einer privatrechtlichen Versteigerung am 14. März 1992 von den früheren Eigentümern, mit denen der Übergang von Lasten und Nutzungen auf den 1. Mai 1992 vereinbart war. Am 4. August 1993 wurden die Beklagten im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Ersatz für Aufwendungen auf den verwalteten Gegenstand in der Zeit vom 1. Mai 1992 bis 30. September 1992 in Höhe von zuletzt 64.976,78 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Passivlegitimation der zum Zeitpunkt der getätigten Aufwendungen noch nicht als Eigentümer eingetragenen Beklagten abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat sich die Klägerin zusätzlich auf eine Abtretung der Freistellungsansprüche der früheren Eigentümer bezogen. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe eines Betrages von 64.543,75 DM nebst Zinsen entsprochen und sie im übrigen abgewiesen. Der Senat hat die Revision der Beklagten angenommen, soweit sie zu einem höheren Betrag als 11.841,68 DM nebst Zinsen verurteilt worden sind.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Unbegründet ist allerdings der Einwand der Revision, die Klägerin, die den Aufwendungsersatzanspruch zunächst aus eigenem Recht geltend gemacht und ihn im weiteren Verlauf des Prozesses auch auf den abgetretenen Freistellungsanspruch gestützt hat, habe das Eventualverhältnis beider Ansprüche mit der Folge der Unzulässigkeit ihres Rechtsmittels nicht klargestellt.

Richtig ist, daß die Klägerin in der Berufungsinstanz zwei prozessuale Ansprüche nebeneinander geltend gemacht hat. Der Aufwendungsersatzanspruch betrifft einen anderen Streitgegenstand als der an die Klägerin abgetretene Freistellungsanspruch der früheren Eigentümer gegen die Beklagten. In einem solchen Fall ist das Verhältnis der beiden Ansprüche klarzustellen. Das ist aber hinreichend deutlich geschehen. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung zunächst nur den Aufwendungsersatzanspruch aus eigenem Recht mit dem Argument weiterverfolgt, es komme nicht auf die Eigentümerstellung während des Zeitraums der staatlichen Verwaltung an, sondern auf den zwischen den früheren Eigentümern und den Beklagten vereinbarten Zeitpunkt des Übergangs von Nutzungen und Lasten. Mit Schriftsatz vom 7. Juli 1997 hat die Klägerin "nunmehr" den Anspruch aus abgetretenem Recht geltend gemacht, wobei sie das Verhältnis beider Ansprüche im Schriftsatz vom 31. Juli 1997 dahin klargestellt hat, der Anspruch werde "nunmehr ... auch aus abgetretenem Recht" geltend gemacht. Danach liegt es nahe, daß die Klägerin den Anspruch in erster Linie aus eigenem Recht, hilfsweise aus abgetretenem Recht verfolgen wollte. Einer entsprechenden Sicht steht nicht entgegen, daß das Berufungsurteil zu diesem Verhältnis beider Ansprüche keine Ausführungen enthält, sondern sogleich den Anspruch aus abgetretenem Recht behandelt, zumal der die Klage teilweise abweisende Tenor das angeführte Verhältnis beider Ansprüche mit umschließt.

2. Ohne Erfolg zieht die Revision auch in Zweifel, daß die früheren Eigentümer ihren Freistellungsanspruch an die Klägerin abgetreten haben. Abgesehen davon, daß die Beklagten in der Berufungsinstanz selbst von einer wirksamen Abtretung ausgegangen sind, verkennt die Revision, daß die Klägerin die auf eine Abtretung zielenden, als Angebot anzusehenden Erklärungen der Voreigentümer nach § 151 BGB annehmen konnte, ohne dies ihnen gegenüber erklären zu müssen. Dies ergab sich aus der gesamten prozessualen Situation, in der die Klägerin zunächst den Voreigentümern den Streit mit der Aufforderung verkündet hatte, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten, und der Vorlage der Abtretungserklärungen im Prozeß, auf die die weitere Prozeßführung gestützt wurde. Die Wirksamkeit der Abtretung wird auch nicht dadurch berührt, daß die Voreigentümer in derselben Erklärung die Klägerin ausdrücklich ermächtigten, den Freistellungsanspruch im eigenen Namen gegen die Beklagten zu verfolgen. Unter den vorliegenden Umständen sollte der Klägerin damit ersichtlich eine zusätzliche Handhabe gegeben werden, ihren Aufwendungsersatzanspruch verfolgen zu können.

3. Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Freistellungsanspruch sei zwar in der Regel nach § 399 BGB nicht abtretbar, weil damit eine Veränderung der geschuldeten Leistung verbunden sei. Anderes gelte bei einer Abtretung an den Gläubiger der Verbindlichkeit; dann verwandele sich dieser Anspruch in seiner Person in einen Zahlungsanspruch hinsichtlich der Leistung, die er beanspruchen könne. Gegen diese Beurteilung, die der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 12, 136, 141) entspricht, erhebt die Revision keine Einwendungen. Sie beanstandet auch nicht die tatrichterlich mögliche, dem Berufungsurteil zugrundeliegende Auffassung, daß die von der Klägerin verfolgten Aufwendungsersatzansprüche zu den Lasten des Grundstücks zählen, die Gegenstand der Freistellungsvereinbarung zwischen den früheren Eigentümern und den Beklagten sind.

4. Das Berufungsgericht stützt einen möglichen Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin auf die Bestimmungen des § 11 a Abs. 3 VermG i.V.m. § 670 BGB. Dabei übersieht es jedoch, daß § 11 a VermG lediglich regelt, daß den staatlichen Verwalter von dem Ende der staatlichen Verwaltung an die den Beauftragten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch bei Beendigung seines Auftrags obliegenden Pflichten treffen. Mit dieser Bezugnahme auf die Pflichten aus den §§ 666 bis 668 BGB werden die für die Abwicklung von Auftragsverhältnissen geltenden Vorschriften für anwendbar erklärt (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 126, 321, 324), während es hier um Ansprüche geht, die sich aus der Tätigkeit des Verwalters vor Beendigung der staatlichen Verwaltung ergeben.

Gleichwohl bestehen gegen eine entsprechende Anwendung des § 670 BGB keine Bedenken. Denn der staatliche Verwalter ist nach § 15 Abs. 1 VermG bis zur Aufhebung der staatlichen Verwaltung zur Sicherung und ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögenswerts berechtigt und verpflichtet. Das schließt den Abschluß von Rechtsgeschäften ein, die zur Erhaltung und Bewirtschaftung des Vermögenswerts erforderlich sind (§ 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b VermG). Da dem staatlichen Verwalter durch die Neuregelung im Vermögensgesetz im Verhältnis zum Eigentümer eine echte Treuhänderstellung gegeben worden ist, ist es gerechtfertigt, ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Natur dieses Rechtsinstituts für die Frage eines Aufwendungsersatzes grundsätzlich die Bestimmung des § 670 BGB (entsprechend) anzuwenden (vgl. Senatsurteil BGHZ 137, 183, 188; Senatsbeschluß vom 30. Juli 1997 - III ZR 157/96 - WM 1997, 1854, 1855).

5. Die Revision beanstandet jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht für die nachfolgend erörterten Positionen die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt hat.

a) Für die Erneuerung der gesamten Gasanlage des Hauses verlangt die Klägerin einen Betrag von 42.604,42 DM (Beleg 663). Insoweit geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß die Klägerin die Notwendigkeit dieser Erneuerung unter Beweis gestellt hat, wobei sie ergänzend darauf hingewiesen hat, Grundlage für die Erneuerung des Gasversorgungssystems sei ein entsprechendes Gutachten der GASAG gewesen, das mit der Übergabe der Unterlagen anläßlich der Herauslösung des Grundvermögens aus dem Bestand der Klägerin an die Eigentümer herausgegeben worden sei. Demgegenüber haben die Beklagten sowohl die Notwendigkeit der Erneuerung der gesamten Gasanlage als auch - zusätzlich gestützt auf das Übergabeprotokoll - die Übergabe des genannten Gutachtens bestritten. Das Berufungsgericht, das über die streitigen Behauptungen keinen Beweis erhoben hat, hat sich mit der Berechtigung der Einwände der Beklagten schon deshalb nicht inhaltlich auseinandersetzen können, weil das Gutachten der GASAG nicht vorgelegt worden ist. Da aufgrund des Vortrags der Beklagten revisionsrechtlich zu unterstellen ist, daß sie dieses Gutachten nicht erhalten haben, kann ihnen nicht vorgeworfen werden, sie hätten die Notwendigkeit der Erneuerung nicht hinreichend bestritten mit der Folge, daß der diesbezügliche Vortrag der Klägerin nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sei. Über diese Frage ist vielmehr Beweis zu erheben.

b) Die Revision rügt ferner zutreffend die Auffassung des Berufungsgerichts als fehlerhaft, die Beklagten hätten die Notwendigkeit der Neuanschaffung von drei Gasherden zu Kosten von insgesamt 4.050,02 DM (Belege 618, 620, 623) nicht substantiiert bestritten. Es überspannt damit die Substantiierungspflicht der Beklagten, die keinen Einblick in die Verhältnisse hatten, als die Klägerin die nach ihrer Behauptung notwendigen Maßnahmen durchführte. Abgesehen davon, daß sich die Beklagten insoweit auf ein einfaches Bestreiten beschränken und der Klägerin den Nachweis überlassen durften, haben sie auch einen Zusammenhang zwischen defektem Leitungssystem und der Auswechslung der Verbrauchsgeräte geleugnet. Da ihnen - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - das Gutachten der GASAG nicht vorgelegen hat, kann ihre Verurteilung hierauf gleichfalls nicht gestützt werden.

c) Schließlich hängt auch die Notwendigkeit von Stemmarbeiten für Durchbrüche zu 4.031,88 DM (Beleg 652) und von Wiederherstellungsarbeiten für die Strangverkleidung im Bereich des Hausflurs (Beleg 656) zu 2.015,75 DM (das Berufungsurteil enthält mit 1.015,75 DM insoweit einen offenbaren Schreibfehler) von der wirksam bestrittenen Notwendigkeit der Erneuerung der gesamten Gasversorgungsanlage ab.

6. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß bei der Frage, in welchem Umfang der staatliche Verwalter für durchgeführte Erhaltungs- und Sicherungsmaßnahmen Aufwendungsersatz verlangen kann, kein zu enger Maßstab anzulegen ist. So kommt auch die Zuerkennung von Aufwendungsersatz in einem Fall in Betracht, in dem der staatliche Verwalter neben den zur Substanzerhaltung unbedingt gebotenen Maßnahmen zugleich solche Arbeiten durchführen läßt, die einem "Gebot wirtschaftlicher Denkungsart" entsprechen (vgl. Senatsbeschluß vom 30. Juli 1997 - III ZR 157/96 - WM 1997, 1854, 1855).

Ende der Entscheidung

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