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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.12.1997
Aktenzeichen: III ZR 270/96
Rechtsgebiete: DDR LPGG, ZGB, EigentÜbertrG, TreuhGDVO3, BGB


Vorschriften:

DDR LPGG § 18
DDR LPGG § 27
DDR ZGB § 33
DDR ZGB § 276
DDR ZGB § 277
DDR ZGB § 295 Abs. l
DDR ZGB § 356
DDR ZGB § 357
DDR EigentÜbertrG § 5 Abs. 3
DDR TreuhGDVO3 § 3
BGB § 998
DDR:LPGG §§ 18, 27; DDR:ZGB §§ 33, 276, 277, 295 Abs. l, 356, 357

DDR:EigentÜbertrG § 5 Abs. 3; DDR:TreuhGDVO3 § 3; BGB § 998

a) Ein Handeln für einen anderen (§ 276 Abs. 1 ZGB) setzt grundsätzlich das Bewußtsein und den Willen voraus, (auch) im Interesse eines anderen tätig zu werden.

b) Hat eine LPG nach der Aufhebung des § 18 LPGG zum 1. Juli 1990 auf den von ihr genutzten Flächen Anpflanzungen vorgenommen, so hat sie hieran kein selbständiges Anpflanzungseigentum (vgl. § 27 LPGG) mehr erwerben können.

c) Hat eine LPG volkseigene Flächen bewirtschaftet, ohne zum Besitz berechtigt zu sein, kann sie nach Maßgabe der Bestimmungen des ZGB bzw. (ab 3. Oktober 1990) des BGB über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis von der Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben Ersatz ihrer Feldbestellungskosten verlangen; § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG steht dem nicht entgegen (Fortführung von BGH, Urteil vom 7. November 1997 - LwZR 6/97 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

BGH, Urt. v. 4. Dezember 1997 - III ZR 270/96 OLG Rostock LG Schwerin


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 270/96

Verkündet am: 4. Dezember 1997

F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Dr. Werp, Streck, Schlick und die Richterin Ambrosius für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil, des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 24. September 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin, eine LPG in Liquidation, bestellte in der Zeit von September bis November 1990 (Herbstbestellung) ehemals volkseigene landwirtschaftliche Nutzflächen, die sich in der Rechtsträgerschaft der Klägerin befunden hatten und seit dem 4. September 1990 in der Treuhandverwaltung der beklagten Bundesanstalt stehen.

Mit Vertrag vom 5. Juli 1991. verpachtete die Beklagte einen Teil dieser Flächen rückwirkend für das Pachtjahr 1990/1991 an die LPG L.-D., die die von der Klägerin bestellten Teilflächen auch aberntete.

Die Klägerin hat im Wege der Teilklage von der Beklagten Ersatz der Kosten begehrt, die sie für die Bestellung der an die LPG L.-D. verpachteten Flächen aufgewendet hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr zum größeren Teil stattgegeben. Mit der - zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum. Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Anspruch auf Vergütung von Feldbestellungskosten gemäß §§ 276, 277 ZGB (Handeln ohne Auftrag) zu. Hierzu hat es ausgeführt:

Diese Bestimmungen seien anwendbar, weil nach Art. 232 § 1 EGBGB für ein Schuldverhältnis, das vor dem Wirksamwerden des Beitritts entstanden sei, das bisherige im Beitrittsgebiet geltende Recht maßgeblich sei; bei einem Handeln ohne Auftrag komme es dabei auf den Beginn des Handelns an, hier also auf den Beginn der Herbstbestellung durch die Klägerin im September 1990.

Einem Vergütungsanspruch der Klägerin stünden gesetzliche Sonderregelungen, insbesondere § 5 Abs. 3 des nach dem Einigungsvertrag fortgeltenden Gesetzes über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger (EigentÜbertrG) vom 22. Juli 1990 (GBl. DDR I S. 899) nicht entgegen.

Die von der Klägerin vorgenommene Feldbestellung habe dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen. Dies bestimme sich allein nach objektiven Kriterien; dabei sei zu berücksichtigen, daß es den Gepflogenheiten in der Landwirtschaft der früheren DDR entsprochen habe, Nutzflächen auch dann zu bestellen und nicht etwa brachliegen zu lassen, wenn ein. Wechsel des Nutzungsberechtigten zu erwarten war. Daß die Klägerin bei der Vornahme der Feldbestellung noch davon ausgegangen sei, diese Flächen auch weiterhin zu bewirtschaften, stehe dem nicht entgegen, da nach dem maßgeblichen Recht der DDR für ein Handeln ohne Auftrag ein subjektives Element (Fremdgeschäftsführungswille im Sinne der §§ 677, 683 BGB) nicht erforderlich gewesen sei.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

l. Daß zwischen den Parteien - ausdrücklich oder konkludent - (pacht-)vertragliche Beziehungen zustande gekommen sind, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Parteien vorgetragen worden. § 596 a BGB (vgl. § 52 Abs. 1 LwAnpG) ist daher nicht einschlägig. Auch eine, von der Revisionserwiderung in Erwägung gezogene, analoge Anwendung dieser Bestimmung kommt nicht in Betracht.

2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Bestimmungen des gemäß Art. 9 Abs. 2 des Einigungsvertrages i.V.m. Anl. II B Kap. VI Sachgeb. B Abschn. II Nr. 1 mit geringen Änderungen fortgeltenden Eigentumsübertragungsgesetzes der DDR für den geltend gemachten Anspruch keine Grundlage bieten und daß sie auch etwaigen Aufwendungsersatzansprüchen der Klägerin nach ZGB bzw. BGB nicht entgegenstehen.

Das Eigentumsübertragungsgesetz regelt den Verkauf, die Verpachtung und anderweitige Verwertung von (ehemals) volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen durch die Treuhand, die sich im Besitz von (vor allem) Genossenschaften befinden. Nach § 5 Abs. 1 EigentÜbertrG steht (unter anderem) Genossenschaften an den von ihnen genutzten Grundstücken ein Vorkaufsrecht zu, wenn sie auf dem Grundstück Gebäude oder Anlagen errichtet oder Anpflanzungen vorgenommen haben und kraft Gesetzes daran selbständige Eigentumsrechte erworben haben. Macht der bisherige Nutzer von diesem Vorkaufsrecht nicht Gebrauch, so ist nach § 5 Abs. 3 Satz 1 EigentÜbertrG von der Treuhand der Zeitwert an Gebäuden, Ablagen und Anpflanzungen zu erstatten, soweit sie bei der Festsetzung des Kaufpreises Berücksichtigung finden konnten. Das gilt nach Satz 2 dieser Bestimmung auch für weitere vom bisherigen Nutzer nachgewiesene Wertverbesserungen, die über die angemessene Nutzung hinausgehen.

Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG sind nicht erfüllt. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die vorliegende Fallkonstellation kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht.

a) Die Bestimmung des § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG knüpft an die Nichtgeltendmachung eines nach Absatz 1 eingeräumten Vorkaufsrechts an, das wiederum nur dann besteht, wenn die Errichtung von Gebäuden oder Anlagen bzw. die Vornahme von Anpflanzungen - wobei unter Anpflanzen sowohl das Einpflanzen wie das Einsäen im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verstehen ist (Zirker, VIZ 1993, 338, 342, vgl. auch Nies, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Rn. 3 zu § 1 AnpflEigentG) - dazu geführt hat, daß vom Grundstückseigentum losgelöste, selbständige Eigentumsrechte erworben wurden.

Der Erwerb solcher Eigentumsrechte kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach § 27 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGG) vom 2. Juli 1982 (GBl. DDR I S. 443) waren die von einer LPG auf dem von ihr genutzten Boden errichteten Gebäude und Anlagen sowie die von ihr vorgenommenen Anpflanzungen unabhängig vom Bodeneigentum Eigentum der LPG. Dieses Sondereigentum war wiederum Ausfluß des umfassenden und dauernden Nutzungsrechts der LPG gemäß § 18 LPGG. Mit der Aufhebung des § 18 LPGG mit Wirkung vom l. Juli 1990 durch § 7 Nr. 6 des Gesetzes über die Änderung oder Aufhebung von Gesetzen der DDR vom 28. Juni 1990 (GBl. I S. 483) war - ungeachtet des Umstands, daß wegen der fortbestehenden Rechtsträgerschaft an den volkseigenen Grundstücken bis zum Beginn der treuhänderischen Verwaltung durch die Beklagte das "einfache" Nutzungsrecht der LPG erhalten blieb die Entstehung neuen, selbständigen "Anpflanzungseigentums" ausgeschlossen (BT-Drucks 22/7135 S. 72; vgl. auch Nies aaO Rn. 1 und 2 Einf AnpflEigentG; Breier, in: Kiekte [Hrsg.], Kommentar zum Schuldrechtsanpassungsgesetz, Rn. 1 zu § 1 AnpflEigentG). Somit galt bei Anpflanzungen nach dem 30. Juni 1990 wieder der in § 295 Abs. 1 ZGB anerkannte, wenngleich in der Rechtswirklichkeit der DDR vielfach durchbrochene Grundsatz, daß das Eigentum am Grundstück auch die mit dem Boden fest verbundenen Gebäude und Anlagen sowie die Anpflanzungen umfaßt.

Danach hätte der Klägerin an den von ihr bestellten und von der Beklagten an die LPG L.-D. verpachteten (Teil-)Flächen auch im Verkaufsfalle ein Verkaufsrecht nach § 5 Abs. 1 EigentÜbertrG nicht zugestanden.

b) Für den Fall der bloßen Verpachtung durch die Treuhand traf der durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung, des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 3. Juli 199i (BGBl. I S. 14.1.0) aufgehobene § 9 EigentÜbertrG lediglich eine Regelung dahin, daß die zur Verpachtung stehenden Flächen auszuschreiben sind und Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger die Pacht der Grundstücke beantragen können. Die entsprechende Anwendung des § 5 (Vorpachtrecht) war nicht vorgeschrieben.

c) Die Revision will über den Wortlaut der Norm hinaus § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG den allgemeinen Grundsatz entnehmen, daß bei jeder Verwertung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch die Treuhand - gleich, ob durch Verkauf oder durch Verpachtung - Erstattungsansprüche des bisherigen Nutzers auch nach allgemeinen Vorschriften nur für solche von § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG erfaßten Aufwendungen in Frage kommen, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt und bei denen sich diese Werterhöhungen über die Gestaltung des Kaufpreises bzw. des Pachtzinses tatsächlich im Vermögen der Beklagten realisiert haben. Dem ist nicht zu folgen.

Soweit es um Anpflanzungen vor dem l. Juli 1990 geht, steht dem der Umstand entgegen, daß das Sondereigentum der LPG nach Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zunächst unangetastet und gem. § 2 Satz 1 des Anpflanzungseigentumsgesetzes (AnpflEigentG) vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538, 2549) erst zum l. Januar 1995 erloschen ist und zwar mit der Folge, daß der Nutzer vom Grundstückseigentümer nach Maßgabe der §§ 3 ff AnpflEigentG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann (§ 3 Abs. 1 AnpflEigentG erfaßt allerdings nur mehrjährige fruchttragende Kulturen; das ist darauf zurückzuführen, daß für einjährige Kulturen naturgemäß bei Erlaß des Gesetzes kein "Bereinigungsbedürfnis" mehr bestanden hat, vgl. Breier aaO Rn. 2 zu § 1). Würde man der Auffassung der Revision folgen, würden die Bestimmungen des Anpflanzungseigentumsgesetzes durch § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG in vielen Fällen leerlaufen.

Soweit es - wie hier - um Anpflanzungen geht, die nach der Aufhebung des § 18 LPGG bzw. nach dem Ende der Nutzungsberechtigung der LPG überhaupt (mit Beginn der treuhänderischen Verwaltung durch die Beklagte, siehe nachfolgend) vorgenommen worden sind, hätte die von der Revision für richtig gehaltene Anwendung des § 5 Abs. 3 EigentÜbertrG zur Folge, daß eine Kostenerstattung überhaupt nicht in Betracht käme: Da die Herbstbestellung vom September bis November 1990 weder zum Erwerb selbständiger, das Vorkaufsrecht nach Absatz 1 auslösende Eigentumsrechte führen konnte (Satz 1), noch eine über die angemessene Nutzung hinausgehende Wertverbesserung der Grundstücke zur Folge hatte (Satz 2), wären Feldbestellungskosten selbst dann nicht ersatzfähig, wenn sie im Verwertungsfalle in einem höheren Kaufpreis bzw. Pachtzins ihren Niederschlag gefunden hätten. Eine solche Lösung, die die Revision ausdrücklich für richtig hält, wäre mit der Interessenlage nicht zu vereinbaren.

Nach §§ 3, 5 der Dritten Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz (3. DVO TreuhG) vom 29. August 1990 (GBl. DDR I S. 1333), fortgeltend gemäß Art. 9 Abs. 2 des Einigungsvertrages in Verbindung mit Anl. II B Kap. IV Abschn. I Nr. 8, wurden die Eigentumsrechte an den volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen, die sich im Besitz von Genossenschaften oder Einzelpersonen befanden, mit Wirkung vom A. September 1990 in die treuhänderische Verwaltung der Treuhandanstalt übertragen. Mit diesem Zeitpunkt endete das Recht der LPG zum Besitz, soweit es durch ihre Rechtsträgerschaft begründet worden war (BGH, Urteil vom 7. November 1997 - LwZR. 6; a7 - UA S. 5/6; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Wie der vorliegende Fall belegt, war es jedoch angesichts der großen Zahl der in die Treuhandverwaltung gelangten land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke nicht in allen Fällen möglich, vor Beginn der Herbstbestellung 1990 eine wenn auch nur vorläufige (Abschluß eines kurzfristigen Pachtvertrags) Entscheidung über die weitere Nutzung dieser Flächen durch den bisherigen oder einen anderen Nutzer zu treffen. In dieser Situation war es den betroffenen LPG nicht anzusinnen, bei "ungeklärter" Nutzungsrechtslage bezüglich der weiterhin in ihrem Besitz befindlichen Grundstücke eine kostenträchtige (die gesamter Feldbestellungskosten der Klägerin belaufen sich nach ihrer Rechnung auf mehr als 0,5 Mio. DM) Feldbestellung vorzunehmen und dabei Gefahr zu laufen, im Falle einer anderweitigen Verwertung dieser Flächen durch die Treuhand vor der Ernte diese Kosten ersatzlostfragen zu müssen. Auch eine zeitweise Flächenstillegung bis zum Abschluß wirksamer (Übergangs-)Pachtverträge mit der Treuhandanstalt kam nicht in Betracht. Zwar war infolge des Wegfalls des Rechts zum Besitz und damit zur Nutzung der Grundstücke auch die sich aus § 17 Abs. 2 LPGG ergebende Bewirtschaftungspflicht entfallen, auch wenn diese Bestimmung - im Unterschied zu § 18 LPGG - noch bis zum 31. Dezember 1991 fortgegolten hat (Anl. II B Kap. VI Sachgeb. A Abschn. III Nr. 2 zum Einigungsvertrag sowie § 69 Abs. 1 LwAnpG). Eine solche (großflächige) Stillegung landwirtschaftlicher Flächen hätte aber, wie die Revisionserwiderung in anderem Zusammenhang zu Recht geltend macht, nicht nur erhebliche Nachteile für die betroffenen Betriebe, sondern auch für die Allgemeinheit mit sich gebracht.

3. Mit rechtsfehlerhafter Begründung meint das Berufungsgericht, der Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Feldbestellungskosten ergebe sich aus den §§ 276, 277 ZGB i.V.m. Art. 232 § 1 EGBGB.

Von einem Handeln für einen anderen (§ 276 Abs. 1 ZGB) bzw. von der Besorgung eines Geschäfts für einen anderen (§ 677 BGB) kann nur gesprochen werden, wenn der Handelnde das betreffende Geschäft nicht nur als eigenes, sondern zumindest auch als fremdes besorgt, also mit dem Bewußtsein und dem Willen, im Interesse eines anderen zu handeln. Dieses subjektive Element ist dem Begriff der Fremdgeschäftsführung immanent; es erschließt sich, bezogen auf das BGB, aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen. Es gibt keinen Anhalt dafür, daß für das ZGB etwas anderes gegolten haben sollte, auch wenn die auf Vereinfachung und Kürzung angelegten Vorschriften des ZGB eine der Bestimmung des § 687 Abs. 1 BGB entsprechende Norm nicht enthalten; auch die wenngleich durchweg knapp formulierten und daher nicht besonders aufschlußreichen - Stimmen in der Literatur zum ZGB lassen ebenfalls erkennen, daß insoweit den Bestimmungen des ZGB und des BGB das gleiche Normverständnis zugrunde liegt (vgl. Zivilrecht-Lehrbuch, Teil II 7.4.2.2.; Rechtslexikon der DDR, 1988, S. 132 f "gegenseitige Hilfe").

Das Berufungsgericht geht nicht davon aus, daß die Klägerin bei der Feldbestellung von September bis November 1990 (auch) im Interesse der Beklagten tätig werden wollte; einen solchen Fremdgeschäftsführungswillen hat die Klägerin im übrigen nie behauptet, sondern ihren Kostenerstattungsanspruch von Anfang an (nur) auf § 998 BGB gestützt.

Da somit auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts und des Parteivortrags ein Aufwendungsersatzanspruch nach den §§ 276, 277 ZGB nicht bejaht werden kann, kann dahinstehen, ob diese Bestimmungen, die ihrem Wortlaut nach nur die Beziehungen von Bürgern untereinander regeln, auch im Verhältnis der Parteien gelten, oder ob insoweit, wie die Revision meint, allenfalls die - von den Anspruchsvoraussetzungen her engere - Regelung des § 105 (Dienstleistung ohne Auftrag) i.V.m. § 100 Buchst. b des Gesetzes über Wirtschaftsverträge in der Fassung des § 3 des Gesetzes vom 28. Juni 1990 (GBl. DDR I S. 483) anwendbar ist.

4. Nach dem der Revisionsentscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt kommt ein Anspruch nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in Betracht, die ebenfalls ein gesetzliches Schuldverhältnis im Sinne des Art. 232 § 1 EGBGB regeln (BGH, Urteil vom 7. November 1997 aaO und vom 14. Juli 1995 - V ZR 45/94 - NJW 1995, 2627).

Die Klägerin hat, wie ausgeführt, das aus ihrer Rechtsträgerschaft fließende Recht zum Besitz an den von ihr bestellten Flächen mit der Inverwaltungnahme dieser Flächen durch die Treuhandanstalt gemäß § 3 3. DVO TreuhG verloren. Unabhängig davon, wem das Eigentum an den in der Treuhandverwaltung stehenden Grundflächen letztlich zusteht, ist die Treuhand befugt, alle dem Eigentümer zustehenden vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche geltend zu machen. Zwischen den Parteien bestand daher seit dem 4. September 1990 ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, aufgrund dessen die Beklagte die Eigentümerrechte gegen den unrechtmäßigen Besitzer geltend machen kann (BGH, Urteil vom 7. November 1997 aaO. Nichts anderes kann hinsichtlich der Passivlegitimation der Treuhand gelten, wenn - wie hier - der Besitzer vom Eigentümer Ersatz von Aufwendungen bzw. Verwendungen begehrt.

Soweit es um den Ersatz von Aufwendungen geht, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts gemacht wurden, finden die Bestimmungen des ZGB, insbesondere § 33, Anwendung; für die Zeit danach sind die §§ 994 ff BGB einschlägig (BGH, Urteil vom 7. November 1997 aaO UA S. 6 und 8; BGHZ 127, 297, 318 f).

a) Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 ZGB kann der zur Herausgabe Verpflichtete vom Eigentümer die Erstattung notwendiger Aufwendungen verlangen. Darunter sind die Aufwendungen zu verstehen, die erforderlich sind, um eine Sache in der Substanz oder deren volle Gebrauchsfähigkeit zu erhalten. Sonstige Aufwendungen - zu denen die hier in Rede stehenden Feldbestellungskosten gehören - erhält der Besitzer nur nach Maßgabe der §§ 356, 357 ZGB, nämlich dann erstattet, wenn dadurch eine Werterhöhung der Sache eingetreten ist und diese zum Zeitpunkt der Herausgabe der Sache an den Eigentümer noch besteht (Kommentar zum ZGB, 2.3. zu § 33; Zivilrecht-Lehrbuch, Teil. I 2.4.3.4.).

Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 ZGB entfällt allerdings der Erstattungsanspruch, wenn der Besitzer die Unrechtmäßigkeit kannte oder kennen mußte, und zwar unabhängig davon, ob es sich um notwendige oder sonstige Aufwendungen handelt (Zivilrecht-Lehrbuch aaO. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Von einer Bösgläubigkeit. der Klägerin kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, da die Rechtsinstitute der Rechtsträgerschaft und des Volkseigentums, auf die letztlich das Besitzrecht der LPG gegründet waren, erst mit der Herstellung der deutschen Einheit völlig funktionslos geworden waren. Daher ist erst ab dem 3. Oktober 1990 eine "generelle" Bösgläubigkeit der besitzenden LPG anzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1997 aaO UA S. 8).

Im übrigen könnte sich die Beklagte bei eigener Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Rechtsgrundlosigkeit der infolge der Feldbestellung eingetretenen Bereicherung nicht darauf berufen, daß sie die von der Klägerin bestellten Felder nicht selbst abgeerntet bzw. von der die Ernte einbringenden LPG L.-D. keine besondere Vergütung erhalten hat (§ 357 Abs. 2 ZGB).

b) Hinsichtlich der nach dem 2. Oktober 1990 vorgenommenen Feldbestellungen sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 998 BGB erfüllt; auf den guten Glauben der Klägerin hinsichtlich ihrer Besitzberechtigung kommt es insoweit nicht an.

III.

Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin Kostenerstattungsansprüche nach § 33 Abs. 2 i.V.m. §§ 356, 357 ZGB bzw. nach § 998 BGB zustehen, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Hinsichtlich der vor dem 3. Oktober 1990 gemachten Aufwendungen ist die Frage der Gut- bzw. Bösgläubigkeit der Parteien zu klären. Soweit ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 998 BGB in Rede steht, ist zu berücksichtigen, daß die Klage später als sechs Monate nach Herausgabe der bestellten Grundstücke erhoben worden ist, mithin der Erfolg der Klage davon abhängt, ob die Verwendungen der Klägerin von der Beklagten genehmigt worden sind oder nach § 1001 Satz 3 BGB als genehmigt gelten. Mit dieser - unter den Parteien streitigen - Frage hat sich das Berufungsgericht nicht befaßt. Ohne entsprechende tatrichterliche Feststellungen kann der Klägerin ein Verwendungsersatzanspruch nicht zuerkannt werden, auch wenn angesichts der Interessenlage der Parteien keine allzu hohen Anforderungen an die Erteilung der Genehmigung bzw. die Kundgabe eines Anspruchsvorbehalts zu stellen sind.

Rinne Werp Streck Schlick Ambrosius

Ende der Entscheidung

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