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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.06.2004
Aktenzeichen: III ZR 271/03
Rechtsgebiete: BGB, VAG, Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung


Vorschriften:

BGB § 134
VAG § 81 Abs. 2 Satz 4
Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934 (Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 58 vom 9. März 1934)
Das durch die Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934 gegenüber den Lebensversicherungsunternehmen und den Vermittlern von Lebensversicherungsverträgen ausgesprochene Verbot, Versicherungsnehmern in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren, enthält kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge im Sinne des § 134 BGB.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 271/03

Verkündet am: 17. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. August 2003 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte schloß über eine Agentur, die von M. S. , seiner damaligen Lebensgefährtin und Schwester des Klägers, betrieben wurde, eine Lebensversicherung bei der H. Lebensversicherungs-AG (künftig: H. ) ab. Damit wurde eine - in Raten zu zahlende - Provision in Höhe von insgesamt 100.000 DM fällig. In diesem Zusammenhang erhielt der Beklagte von dem Kläger 25.000 DM. Der Betrag soll nach dem Vortrag des Beklagten aus der Provision stammen, die die H. an die Agentur gezahlt habe und von M. S. an den Kläger weitergereicht worden sei. In Wahrheit habe der Kläger den Abschluß des Versicherungsvertrages vermittelt. M. S. sei lediglich "Strohfrau" des Klägers gewesen, der wegen seiner Anstellung bei der R. Versicherung nicht für die H. habe tätig werden dürfen.

Der Kläger und der Beklagte unterzeichneten am 8. Oktober 1999 folgende "Stille Vereinbarung":

"Stille Vereinbarung

Zwischen

Herrn W. E. , Versicherungsnehmer <= Beklagter> und

M. S. , versicherte Person und Inhaberin der Agentur ... bei der H. Versicherung.

Betreffend der Provisionsverteilung aus der Lebensversicherung bei der H. Nr. ...

Herr S. <= Kläger> zahlt an Herrn E. DM 50.000,00 ... aus der Provision für o.g. Versicherung.

Herr E. verpflichtet sich durch diese Vereinbarung, die volle Höhe der geleisteten Zahlung an Herrn S. zu erstatten, falls der o.g. Versicherungsvertrag nicht zustandekommt oder während der Provisionshaftzeit, gleich aus welchem Grunde, in das Storno gerät ..."

Nachdem der Beklagte mit der Beitragszahlung in Rückstand geraten war, stornierte die H. die Lebensversicherung zum 1. September 2000. Gestützt auf die "Stille Vereinbarung" fordert der Kläger nunmehr die an den Beklagten gezahlten 25.000 DM zurück.

Der Kläger hat gegen den Beklagten im Urkundenprozeß ein rechtskräftig gewordenes Vorbehaltsurteil über 25.000 DM nebst Zinsen erwirkt. Im Nachverfahren hat der Beklagte unter anderem eingewandt, die "Stille Vereinbarung" verstoße gegen das vom Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung am 8. März 1934 angeordnete - und weiterhin gültige - Provisionsteilungsverbot; sie sei deshalb nach § 134 BGB nichtig.

Das Landgericht hat das Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil bestätigt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung und Aufhebung des Vorbehaltsurteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Kläger könne aufgrund der "Stillen Vereinbarung" - deren Wirksamkeit vorausgesetzt - die an den Beklagten gezahlten 25.000 DM zurückverlangen; denn der Lebensversicherungsvertrag sei unstreitig storniert worden.

Es könne offenbleiben, ob die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen die Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934 gemäß § 134 BGB nichtig sei. Sofern Nichtigkeit anzunehmen sei, könne der Kläger die Rückzahlung des Betrages nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB) beanspruchen.

Die Leistungskondiktion sei nicht nach § 814 BGB wegen Kenntnis des Leistenden vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit ausgeschlossen. Die Parteien hätten die Rückzahlung des Betrages - unabhängig von der Wirksamkeit der "Stillen Vereinbarung" - allein daran geknüpft, daß die von dem Beklagten abgeschlossene Lebensversicherung bei der H. notleidend werde. Der Beklagte habe nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) davon ausgehen müssen, bei Eintritt dieses Umstandes die von dem Kläger empfangenen 25.000 DM in jedem Fall zurückerstatten zu müssen.

§ 242 BGB stehe schließlich auch der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB entgegen. Dürfte der Beklagte den von dem Kläger gezahlten Betrag behalten, den er im Falle der Wirksamkeit der "Stillen Vereinbarung" hätte zurückzahlen müssen, wäre er gerade dadurch bevorteilt, daß die Parteien durch die Vereinbarung gegen ein gesetzliches Verbot verstießen.

II.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung von 25.000 DM (= 12.782,30 €) nebst Zinsen beanspruchen.

1. Rechtliche Grundlage für den Rückzahlungsanspruch ist die von den Parteien am 8. Oktober 1999 geschlossene "Stille Vereinbarung". Danach ist der Beklagte verpflichtet, die von dem Kläger erhaltenen - und in der Vereinbarung quittierten - 25.000 DM zurückzuerstatten, wenn der Versicherungsvertrag "während der Provisionshaftzeit, gleich aus welchem Grunde, in das Storno gerät". Daß diese Voraussetzung erfüllt ist, hat das Berufungsgericht - unangegriffen von der Revision - festgestellt. Davon wäre im übrigen aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftigen Urkundenvorbehaltsurteils (§ 318 ZPO) für das vorliegende Nachverfahren (§ 600 ZPO) auszugehen; das Landgericht hat in dem Vorbehaltsurteil die Stornierung des Versicherungsvertrages "als weitere Zahlungsvoraussetzung" für gegeben erachtet.

2. Der von der Revision verfochtene Einwand, die "Stille Vereinbarung" verstoße gegen das Verbot, Versicherungsnehmern Sondervergütungen zu gewähren, und sei daher nach § 134 BGB nichtig, ist unbegründet.

a) Die Bindungswirkung des Vorbehaltsurteils steht dem vorgenannten Einwand nicht entgegen. Sie reicht, was die Schlüssigkeit der Klage und die Einwendungen des Beklagten angeht, nicht weiter als das Parteivorbringen im Vorverfahren.

Aus dem Vorbringen des Klägers im Urkundenprozeß ergab sich nicht, daß er mit der "Stillen Vereinbarung" eine verbotswidrige Provisionsteilungsvereinbarung mit dem Beklagten getroffen hatte und deshalb sein Zahlungsanspruch unschlüssig sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1990 - V ZR 111/89 - NJW 1991, 1117). Der Kläger hat vielmehr behauptet, Frau S. habe dem Beklagten den Versicherungsvertrag vermittelt und ihm die Provisionsteilung zugesagt. Er habe später durch Zahlung von 25.000 DM an den Beklagten lediglich seiner Schwester helfen wollen.

Nach § 599 Abs. 1 ZPO steht es dem Beklagten im Vorverfahren frei, ob er der Klageforderung ohne Begründung widerspricht, nur einzelne Einwendungen erhebt oder sich umfassend verteidigt. Soweit er sachliche Einwendungen - wie hier den Nichtigkeitseinwand nach § 134 BGB - unterläßt, sind diese nicht Gegenstand des Vorbehaltsurteils und damit auch nicht durch dessen Bindungswirkung im Nachverfahren ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteile vom 24. November 1992 - XI ZR 86/92 - NJW 1993, 668 [unter 2.a] und vom 13. Februar 1989 - II ZR 110/88 - NJW-RR 1989, 802, 803 a.E.).

b) Im Streitfall kommt als gesetzliches Verbot, das nach § 134 BGB die Nichtigkeit der "Stillen Vereinbarung" zur Folge haben könnte, die Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934 betreffend Lebensversicherung (Nr. 58 des Deutschen Reichsanzeigers und Preußischen Staatsanzeigers vom 9. März 1934, vgl. auch VerAfP 1934, 99 f) in Betracht. Die Anordnung untersagt den Versicherungsunternehmungen und den Vermittlern von Versicherungsverträgen, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren (Absatz I der Anordnung). Sie ist eine vom Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung aufgrund und im Rahmen der Ermächtigung des § 81 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen vom 6. Juni 1931 (RGBl. I S. 315) erlassene Rechtsverordnung. Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes gilt sie als Bundesrecht fort (vgl. BGHZ 93, 177, 179 m.w.N. und Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen VersR 1989, 942).

aa) Zu den nach der Anordnung betreffend Lebensversicherung unzulässigen Sondervergütungen an Versicherungsnehmer (oder versicherte Personen) zählt insbesondere die Gewährung von Provisionen (vgl. Rundschreiben R 3/94 des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen vom 10. November 1994 "Hinweise zu Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Lebensversicherung" Abschnitt II Nr. 1 1.1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VerBAV 1995, 3; BGHZ 93, 177). Die Zahlung des Klägers wäre nach dem für die rechtliche Prüfung maßgeblichen Sachvortrag des Beklagten als eine solche verbotene Sondervergütung an einen Versicherungsnehmer anzusehen. Danach erhielt der beklagte Versicherungsnehmer nämlich entsprechend der mit dem Kläger getroffenen "Stillen Vereinbarung" einen Teil der von der H. - an die Agentur der Schwester des Klägers, von dort an den Kläger - gezahlten Abschlußprovision.

Der Kläger unterlag auch als Vermittler dem in der Anordnung vom 8. März 1934 verhängten Verbot, Sondervergütungen zu gewähren. Die Anordnung richtete sich ausdrücklich an die für die Lebensversicherungsunternehmungen tätigen "Vermittler jeder Art" (Satz 1 der Anordnung vom 8. März 1934; vgl. auch BGHZ aaO S. 182). Dazu zählte der Kläger. Denn nach dem Vorbringen des Beklagten wurde er allein vermittelnd tätig und machte den Lebensversicherungsvertrag unterschriftsreif.

bb) Der vorbeschriebene Verstoß gegen die Anordnung vom 8. März 1934 zog indes nicht die Nichtigkeit der "Stillen Vereinbarung" nach sich; das in Absatz I der Anordnung bestimmte Verbot, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren, enthält kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge im Sinne des § 134 BGB. Deshalb kann - mangels Entscheidungserheblichkeit - offenbleiben, ob die Anordnung mit europäischem Kartellrecht unvereinbar und deshalb ihrerseits nichtig ist, weil das hoheitliche Provisionsabgabeverbot eine unternehmerische Kartellabsprache verstärkte (vgl. EuGH, Urteil vom 17. November 1993 in der Rechtssache C-2/91, Meng, Slg. 1993, I-5791 Rn. 10 ff; KG VersR 1995, 445, 446 f; Dreher WuW 1994, 193; ders. VersR 1995, 1, 3 ff und 2001, 1 ff; Winter VersR 2002, 1055, 1056 f).

(1) Die Frage, ob der in einem Rechtsgeschäft liegende Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, ist, wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt, nach Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg. Der Umstand, daß eine Handlung unter Strafe gestellt oder als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bedroht ist, bewirkt dabei nicht unabweislich die Nichtigkeit des bürgerlich-rechtlichen Geschäfts. Vielmehr sind für jede einzelne Vorschrift Normrichtung und -zweck zu ermitteln und zu werten (vgl. Senatsurteile BGHZ 118, 142, 144 f; 152, 10, 11 f).

Verträge, durch deren Abschluß beide Vertragspartner ein gesetzliches Verbot verletzen, sind im allgemeinen nichtig. Eine für alle Beteiligten geltende Straf- oder Bußgeldandrohung gibt einen gewichtigen Hinweis darauf, daß die Rechtsordnung einem das Verbot mißachtenden Vertrag die Wirksamkeit versagen will. Betrifft das Verbot hingegen nur eine der vertragschließenden Parteien, so ist ein solcher Vertrag in der Regel wirksam (vgl. Senatsurteil BGHZ 118, 142, 145).

(2) Die von den vorbeschriebenen Grundsätzen ausgehende Prüfung des Verbots, dem Versicherungsnehmer Sondervergütungen zu gewähren (Absatz I der Anordnung vom 8. März 1934), ergibt, daß es sich nicht um ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB handelt. Das entspricht der vorherrschenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt VersR 1995, 92, 94 [Revision durch BGH, Beschluß vom 19. Oktober 1994 - IV ZR 39/94 - BGHR BGB § 626 Abs. 1 Versicherungsmakler 1, nicht angenommen]; OLG Hamburg VersR 1995, 817 f; OLG Celle VersR 1994, 856; a.A. OLG Köln VersR 1991, 1373 ff; OLG Hamburg VerBAV 2000, 163, 165; offengeblieben in BGH, Beschluß vom 28. November 1996 - IX ZR 204/95 - NJW-RR 1997, 1381). Ein ähnliches Meinungsbild zeigt sich im Schrifttum (vgl. Kollhosser in Prölss, VAG 11. Aufl. 1997 § 81 Rn. 98; Goldberg/Müller, VAG 1980 § 81 Rn. 59; Bähr in Fahr/Kaulbach/Bähr, VAG 3. Aufl. 2003 § 81 Rn. 34; Fromm/Goldberg, VAG 1966 § 81 Anm. 9 II; MünchKommBGB/Mayer-Maly/Armbrüster 4. Aufl. 2001 § 134 Rn. 68; Palandt/Heinrichs, BGB 63. Aufl. 2004 § 134 Rn. 24; BK/Gruber, VVG 1999 Anhang zu § 48 Rn. 21; Dreher VersR 1995, 1 ff; Winter aaO S. 1061 ff; a.A. Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. 1961 Vor §§ 43-48 Anm. 310; Staudinger/Sack, BGB <2003> § 134 Rn. 306; Erman/Palm BGB 11. Aufl. 2004 § 134 Rn. 101; Schwintowski VuR 2002, 200 f).

In diesem Sinne dürfte auch eine Stellungnahme des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (Geschäftsberichte des Bundesaufsichtsamtes 1958/1959 S. 24) zu verstehen sein.

(a) Das in der Anordnung bestimmte Verbot, Sondervergütungen zu gewähren, richtet sich, wie auch von der Mindermeinung in Rechtsprechung und Schrifttum nicht verkannt wird, einseitig an die Versicherungsunternehmer und die Vermittler, nicht aber an den Versicherungsnehmer. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Anordnung. Danach ist "den Versicherungsunternehmungen und den Vermittlern von Versicherungsverträgen" untersagt, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen "zu gewähren" (Absatz I der Anordnung). Zudem können nur die Vermittler von Versicherungsverträgen und möglicherweise die das Versicherungsunternehmen vertretenden Personen (§ 9 OWiG ) Täter einer nach § 144a Abs. 1 Nr. 3 VAG bußgeldbedrohten Zuwiderhandlung gegen die Anordnung sein (vgl. Dreher aaO S. 2; Winter aaO; Goldberg/Müller aaO § 81 Rn. 61; Kollhosser aaO § 144a Rn. 12; s. auch BGHZ 93, 177, 181).

(b) Richtet sich das gesetzliche Verbot wie hier die Anordnung vom 8. März 1934 nur gegen einen der Vertragspartner, nämlich gegen die Versicherungsunternehmen und die Vermittler, kann das Rechtsgeschäft nur dann als nichtig angesehen werden, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 118, 142, 145). Davon kann bezüglich der Anordnung vom 8. März 1934 indessen nicht ausgegangen werden.

Ursprünglicher Anlaß der in der Notsituation des Jahres 1923 in das Versicherungsaufsichtsgesetz eingefügten Ermächtigung zum Erlaß von Vorschriften über das Verbot von Begünstigungsverträgen und Sondervergütungen (§ 81 Abs. 2 Satz 4 und 5 VAG) war es, eine weitere Steigerung der Verwaltungskosten der Versicherungsunternehmen zu vermeiden (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG BT-Drucks. 12/6959 S. 83; BGHZ 93, 177, 180 f und Kollhosser aaO § 81 Rn. 69 f jeweils m.w.N. aus der Entstehungsgeschichte; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen VersR 1989, 942). Diese gesetzgeberischen Motive dürften inzwischen überholt sein (vgl. BT-Drucks. aaO). Der Fortbestand der Ermächtigung zum Erlaß des Begünstigungs- und Provisionsabgabeverbotes wurde bei der Beratung des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) nur noch damit gerechtfertigt, daß eine Aufgabe des Verbotes die Qualität der Beratung beeinträchtigen und die Existenz vieler Versicherungsvermittler gefährden könnte. Ferner wurde die Gefahr einer Verminderung der Markttransparenz gesehen (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu diesem Gesetzentwurf BT-Drucks. 12/7595 S. 104 und 109; Dreher VersR 1995, 1, 2). Das Verbot der Gewährung von Sondervergünstigungen dient mithin nicht mehr - was für ein mit der Nichtigkeitsfolge bewehrtes Provisionsabgabeverbot hätte sprechen können - dem Erhalt der Bonität der Versicherungsunternehmen. Es geht vielmehr um allgemeine Interessen des Verbraucherschutzes und die (finanziellen) Interessen der Vermittler. Deren Durchsetzung erfordert jedoch nicht - über die aufsichtsrechtlichen Mittel und die Bußgeldbewehrung hinaus - die Nichtigkeit (§ 134 BGB) der entgegen dem (einseitigen) Verbot eingegangenen Provisionsteilungsverpflichtung. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, daß dieses Verbot nicht allgemein gilt. Ihm unterliegen die Versicherungsunternehmen, die der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen unterstehen, nicht jedoch diejenigen, die von den Ländern beaufsichtigt werden (vgl. Bähr aaO Rn. 34; Winter aaO S. 1064; Dreher VersR 1995, 1, 3).

Die von den Parteien geschlossene "Stille Vereinbarung" ist mithin ungeachtet des Verstoßes gegen die Anordnung vom 8. März 1934 für wirksam anzusehen; der Beklagte hat danach den von dem Kläger erhaltenen Provisionsanteil zurückzuerstatten, so daß es auf Bereicherungsrecht nicht mehr ankommt.

Ende der Entscheidung

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