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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: III ZR 294/05
Rechtsgebiete: BGB, EKrG


Vorschriften:

BGB § 278
EKrG § 14 Abs. 1
Im Bereich einer Eisenbahnkreuzung besteht zwischen dem Straßenbaulastträger und dem Eisenbahnunternehmer in Bezug auf die Unterhaltung der Kreuzungsanlagen eine rechtliche Sonderverbindung, die zur Anwendung von § 278 BGB im Verhältnis beider Kreuzungsbeteiligten führt.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 294/05

Verkündet am: 11. Januar 2007

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 21. September 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Gemeinde verlangt Feststellung, dass sie der Beklagten, der Betreiberin des bundesweiten Schienennetzes, nicht zum Schadensersatz für eine Verunreinigung des Schotters und des Fahrdrahts der Bahnstrecke zwischen D. und L. verpflichtet ist. Die Klägerin ist Baulastträger für die in ihrem Gemeindegebiet gelegene Straße "Am Viadukt" einschließlich einer die Gleise der Beklagten überquerenden Brücke. 1998 schlossen die Klägerin und die im Auftrag der D. B. AG handelnde P. B. , D . E. mbH im Zusammenhang mit dem Ausbau der Bahnstrecke eine Kreuzungsvereinbarung nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz. Die Klägerin ließ zwischen September und November 2002 nach Abstimmung mit der Beklagten nachts während ein- bis dreistündiger Fahrpausen unter Einschaltung der Streithelferinnen Spritzbetonarbeiten an der Straßenbrücke ausführen. Die Beklagte hatte zuvor diesen Baumaßnahmen zugestimmt und dabei unter anderem gefordert, dass Gleisschotter und Fahrdrähte nicht beeinträchtigt werden dürften und bei Strahl- und Spritzbetonarbeiten durch zusätzliche Abdeckungen vor Verschmutzungen zu schützen seien.

Nach Abschluss der Arbeiten monierte die Beklagte Verunreinigungen des Schotterbettes sowie der Fahrdrahteinrichtungen und forderte die Klägerin zur Beseitigung der Mängel auf.

Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beklagte lediglich Ansprüche in Höhe von 6.625 € gegen die Klägerin habe. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die negative Feststellungsklage sei abzuweisen, weil die Streithelferinnen als Erfüllungsgehilfen der Klägerin bei der Durchführung der Baumaßnahmen ihre Sorgfaltspflichten verletzt hätten und für den Eintritt eines hieraus resultierenden künftigen Schadens der Beklagten eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe. Zwar folge aus der Kreuzungsvereinbarung aus dem Jahre 1998 kein Schuldverhältnis betreffend die Ausführung von Unterhaltungsarbeiten an der Straßenbrücke, da dieser Vertrag lediglich den Ausbau der Bahnstrecke zum Gegenstand gehabt habe. Die Parteien verbinde aber als an einer Kreuzung im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Beteiligte ein Gemeinschaftsverhältnis, aus dem ihnen eine Reihe gesetzlicher Pflichten erwüchsen. Jedenfalls aber sei eine rechtliche Sonderverbindung durch die Absprachen vor Beginn der Baumaßnahmen begründet worden. Aufgrund der erhobenen Beweise stehe fest, dass im Kreuzungsbereich deutliche Verunreinigungen an Schienen, Schienenbefestigungen sowie am Tragseil des Fahrdrahts eingetreten seien, die durch das fachgerechte Abdecken des Gleisbereichs und der Oberleitung hätten vermieden werden können. Es bestehe auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Verunreinigungen über die sichtbaren optischen Beeinträchtigungen hinaus zu Vermögensschäden der Beklagten führten, weil sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen jedenfalls die Unterhaltungsintervalle des Gleisbettes verkürzten.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision unbegründet ist.

1. a) Die Rügen der Klägerin, die Berufung der Beklagten sei unzulässig gewesen beziehungsweise gar nicht eingelegt worden, soweit die Schadensposition "Verschmutzung der Fahrdrahteinrichtungen" betroffen sei, und das Berufungsgericht habe über einen Schadensersatzanspruch der Beklagten entschieden, dessen sich diese gar nicht berühmt habe und der demgemäß auch nicht Gegenstand der negativen Feststellungsklage geworden sei, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 278 Satz 1 BGB angenommen.

a) Zwischen den Parteien besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, welches zur Anwendbarkeit von § 278 BGB führt.

aa) Dem widerspricht entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass die Unterhaltungsmaßnahmen an der Straßenbrücke der Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SächsStrG als hoheitliche Aufgabe oblagen. Die sinngemäße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts als Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken auch auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Beziehung des Einzelnen zum Staat oder zur Verwaltung begründet worden ist und mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein Bedürfnis für eine angemessene Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechts vorliegt (z.B.: Senat, BGHZ 166, 268, 276, Rn. 17; BGHZ 131, 200, 204; Senat, BGHZ 21, 214, 218; siehe auch Senatsurteil vom 14. Dezember 2006 - III ZR 303/05 - Urteilsumdruck S. 5). Zwischen den Parteien besteht aus den nachfolgenden Gründen im Kreuzungsbereich ein solches auf Dauer angelegtes, besonders enges Verhältnis, das infolge der Verflechtung der Anlagen beider Seiten ein Bedürfnis begründet, auch im Rahmen der hoheitlichen Tätigkeit der Klägerin zu angemessenen Ergebnissen zu kommen, wie es die Vorschriften des vertraglichen Schuldrechts und im Besonderen die Bestimmung des § 278 BGB ermöglichen.

bb) An Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen besteht ein Gemeinschaftsrechtsverhältnis, an dem gemäß § 1 Abs. 6 EKrG sowohl das Unternehmen, welches die Baulast des Schienenweges der kreuzenden Eisenbahn trägt, als auch der Träger der Baulast der kreuzenden Straße beteiligt sind (BVerwGE 116, 312, 316 m.w.N.). Liegen die Voraussetzungen des § 3 EKrG vor, besteht eine gemeinsame Kreuzungsbaulast. Aus ihr ergibt sich eine gemeinschaftliche Pflicht zur Beseitigung von kreuzungsbedingten Gefährdungen. Aus diesem kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis folgen weitere wechselseitige Rechte und Pflichten. Insbesondere können Kostenerstattungsansprüche entstehen (vgl. §§ 11 bis 13 EKrG sowie § 16 Abs. 1 Nr. 1 EKrG in Verbindung mit der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung vom 2. September 1964 - BGBl. I S. 711). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Belange des anderen Kreuzungsbeteiligten angenommen. Danach hat der eine Kreuzungsbaumaßnahme veranlassende Partner die entstehenden umlagefähigen Kosten möglichst gering zu halten hat (BVerwGE aaO m.w.N.).

cc) Eine zur Anwendung von § 278 BGB führende rechtliche Sonderverbindung zwischen den Kreuzungsbeteiligten besteht nicht nur in der Phase des Kreuzungsbaus, sondern auch darüber hinaus. Diese kommt insbesondere bei Erhaltungsmaßnahmen (§ 14 Abs. 1 EKrG) zum Tragen. Die Rechtsprechung des V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, nach der im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis § 278 BGB mangels schuldrechtlicher Beziehungen grundsätzlich nicht anzuwenden ist (z.B. BGHZ 42, 374, 377 f; BGH, Urteile vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05 - VersR 2006, 985, 986 m.w.N. und vom 10. November 2006 - V ZR 62/06 - Urteilsumdruck S. 5 Rn. 8; zustimmend: Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 278 Rn. 6; Staudinger/Löwisch, BGB, Neubearb. 2004, § 278 Rn. 10; a.A.: z.B. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 278 Rn. 3 m.w.N.), ist entgegen der Ansicht der Revision nicht auf das Kreuzungsrechtsverhältnis übertragbar.

Im Rechtsverhältnis zwischen zwei Grundstücksnachbarn gelten die besonderen, auf dem Grundsatz, dass jeder Eigentümer mit seiner Sache nach Belieben verfahren kann (§ 903 BGB), fußenden Vorschriften der §§ 905 ff BGB. Diese konkretisieren im Wesentlichen die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und haben hauptsächlich eine einschränkende und ausgleichende Bedeutung, begründen jedoch im Allgemeinen keine darüber hinaus gehenden selbständigen Ansprüche (BGHZ 42, 374, 377). Hiervon unterscheidet sich die Rechtslage beim Eisenbahnkreuzungsrechtsverhältnis auch nach dem Bau der Kreuzungsanlagen grundlegend. Im Verhältnis der Kreuzungsbeteiligten untereinander besteht ein Geflecht wechselseitiger Duldungs-, Mitwirkungs- und Leistungspflichten, die über das bloße Rücksichtnahmegebot und den Interessenausgleich hinausgehen.

Anders als im Nachbarschaftsverhältnis nutzen die Beteiligten im Bereich der Bahnkreuzung nicht verschiedene Grundstücke, sondern gemeinsam ein und dieselbe Fläche. Die jeweilige auf die einzelnen Anlagen im Kreuzungsbereich bezogene Erhaltungspflicht der Baulastträger, die für die Schienenwegbetreiber unter anderem aus § 4 Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 11. Februar 1998, BGBl. I S. 342) und für die Träger der Straßenbaulast aus den für sie geltenden Bestimmungen des Straßenrechts (vgl. Marschall/Schweinsberg, Eisenbahnkreuzungsgesetz, 5. Aufl., § 14, Anm. 3, S. 175 mit Angaben zu den einzelnen Vorschriften, hier: § 9 Abs. 1 SächsStrG) folgt, betrifft deshalb ebenfalls ein einziges Grundstück im Rechtssinne. Die Erhaltung ihrer Kreuzungsanlagen obliegt den Beteiligten als Dauerverpflichtung, die alle Maßnahmen umfasst, die erforderlich sind, um die Kreuzung in einem zur Erfüllung ihres öffentlichen Zwecks brauchbaren Zustand zu erhalten (Marschall/Schweinsberg, aaO, Anm. 2.3, S. 171). Wegen der örtlichen Nähe und der funktionalen Verzahnung ihrer Anlagen sind die Kreuzungsbeteiligten bei der Erfüllung dieser einem gemeinsamen Belang dienenden Pflichten - bei der notwendigen typisierenden Betrachtung - im Unterschied zu Grundstücksnachbarn regelmäßig darauf angewiesen, sich bei Erhaltungsmaßnahmen untereinander abzustimmen und arbeitsteilig zusammenzuwirken. Erhaltungsmaßnahmen an den Anlagen des einen Kreuzungspartners führen oftmals zu Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit und der Sicherheit des anderen Verkehrswegs. In diesen Fällen können die notwendigen Arbeiten nur durchgeführt werden, wenn sie der andere Kreuzungsbeteiligte duldet, was eine Abstimmung der Partner untereinander erforderlich macht. Überdies müssen sie sich in der Regel nicht nur über das Ob der Maßnahmen verständigen, sondern im Hinblick auf die wechselseitigen Belange auch über die einzelnen Modalitäten ihrer Durchführung. Darüber hinaus ist vielfach die aktive Mitwirkung des einen Kreuzungsbeteiligten an den Erhaltungsmaßnahmen des anderen notwendig, wie auch der vorliegende Sachverhalt zeigt. So sind etwa Arbeiten an der Unterseite von Überführungen nur möglich, wenn der andere Kreuzungsbeteiligte den Verkehr auf seiner Trasse sperrt oder beschränkt. Berühren die Arbeiten an der Straße die elektrischen Fahrdrähte der Bahn, muss diese überdies den Strom abschalten. Da sowohl die Eisenbahnen als auch die Straßenbaulastträger zur Erhaltung ihrer Anlagen im Bereich der Kreuzungen verpflichtet sind, sind die Kreuzungspartner auch in ihrem Gemeinschaftsverhältnis untereinander nicht allein auf die freiwillige Mitwirkung angewiesen (vgl. § 14 Abs. 1 EKrG). Vielmehr besteht aufgrund der dargestellten Gemengelagen zwischen den Kreuzungsbeteiligten auch bei Erhaltungsmaßnahmen eine Vielzahl wechselseitiger Ansprüche, die eine schuldrechtliche Sonderbeziehung begründen.

b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass Erfüllungsgehilfen der Klägerin die gegenüber der Beklagten bestehenden Schutzpflichten bei Ausführung der Spritzbetonarbeiten schuldhaft verletzt haben. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Die Revision rügt in diesem Zusammenhang zu Unrecht, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag der auf der Seite der Klägerin beigetretenen Streithelferin zu 1 übergangen, der gesamte Bereich der Arbeiten sei mit Folien ausgelegt sowie das Gerüst und der Fahrleitungsbereich abgehängt worden. Überdies sei unter Angebot der Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen worden, aufgrund der Kürze der Sperrzeiten, des Windes, der Technologie des Aufbringens des Betons und der örtlichen Gegebenheiten sei eine Staubentwicklung weder tatsächlich noch technologisch zu verhindern gewesen.

Dieses Vorbringen ist nicht entscheidungserheblich. Gerade weil bei der Ausführung der Arbeiten das Auftreten von Betonstaub unvermeidlich war, hatten die Erfüllungsgehilfen der Klägerin die erforderlichen Schutzvorkehrungen gegenüber den Anlagen der Beklagten zu treffen. Dass zu diesem Zweck Folien angebracht und sonstige Maßnahmen ergriffen wurden, wie die Streithelferin zu 1 - unbestritten - behauptet hat, lässt allein den Verschuldensvorwurf nicht entfallen. Vielmehr hätte die Klägerin weiter nachweisen müssen (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass diese Vorkehrungen in ausreichendem Umfang und mit der gebotenen Sorgfalt getroffen wurden. In diesem Fall wären nach den Feststellungen des von den Vorinstanzen herangezogenen Gutachters die Verunreinigungen zu vermeiden gewesen. Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht geführt. Im Gegenteil sind den Ausführungen des Sachverständigen zufolge die Sorgfaltsanforderungen nicht beachtet worden. Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Gutachters begründen (vgl. § 412 Abs. 1 ZPO), hat die Klägerin nicht vorgebracht.

bb) Unbegründet ist auch die Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag übergangen, dass die Arbeiten, so wie sie ausgeführt worden seien, mit der Beklagten abgestimmt gewesen seien. Insbesondere habe die Beklagte den nunmehr für erforderlich gehaltenen Schalwagen zur Sicherung der Eisenbahneinrichtungen, dessen Einsatz auch technisch nicht möglich gewesen sei, nicht gewünscht. Die Klägerin meint, bei Berücksichtigung dieses Vortrags habe das Berufungsgericht nicht ohne weitere Beweisaufnahme vom Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen ausgehen dürfen

Dies trifft nicht zu. Eine Abstimmung über die konkrete Durchführung der Schutzmaßnahmen ist dem Vortrag der Klägerin und ihrer Streithelferinnen nicht zu entnehmen. In ihrer schriftlichen Zustimmung zu den von der Klägerin beabsichtigten Baumaßnahmen vom 19. November 2001 gab die Beklagte lediglich vor, dass "im Brücken-/Baubereich ... das Schotterprofil, der Bahnkörper und das Grundstück der DB AG gegen Fremdkörper/-stoffe zu sichern" seien. Ferner forderte die Beklagte, wasserdichte Abdeckungen herzustellen, um die Umwelt nicht zu verunreinigen. Weitere Vorgaben zur Art und zum Umfang der Schutzmaßnahmen sind in dem Schreiben nicht enthalten. Auch das weitere, von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen ist für die Rechtsposition der Klägerin unbehelflich. Aus den von der Revision in Bezug genommenen Aktenstellen mag sich zwar ergeben, dass der Beklagten die Planung der Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Verunreinigungen an den Bahnanlagen bekannt war, nicht aber, dass die Parteien auch Abreden über deren konkrete Ausführung getroffen hatten. Soweit die Klägerin geltend macht, die Ausführung der Arbeiten sei von Vertretern der Beklagten überwacht und nicht beanstandet worden, ließe dies das Verschulden der Erfüllungsgehilfen der Klägerin unberührt und könnte allenfalls zu einer Kürzung des Schadensersatzanspruchs nach § 254 Abs. 1 BGB führen (siehe dazu unten Buchstabe d).

c) Gleichfalls rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des Berufungsgerichts, es bestehe eine genügende Wahrscheinlichkeit, dass die Pflichtverletzung zu einem Schaden am Vermögen der Beklagten geführt habe.

aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein ersatzfähiger Schaden der Beklagten ungeachtet dessen eingetreten, dass das Verkehrswegegrundstück im Grundbuch als Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, Bundeseisenbahnvermögen, eingetragen ist.

(1) Sofern es sich bei der Fläche, wofür alles spricht, um eine solche handelt, die unmittelbar und ausschließlich bahnnotwendig ist, gehören sie und die von Verunreinigungen betroffenen Sachen (§ 94 Abs. 1 BGB) unabhängig von der Grundbucheintragung der Beklagten. Gemäß § 21 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378; 1994 I S. 2439) ging das Eigentum von der Bundesrepublik Deutschland mit der Eintragung der Deutschen Bahn AG im Handelsregister auf dieses Unternehmen über. In einer zweiten Stufe wurde die Beklagte infolge ihrer mit der - von der Klägerin nicht bestrittenen - Eintragung im Handelsregister am 1. Juni 1999 vollendeten Ausgliederung aus der Deutschen Bahn AG gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG Eigentümerin an dem vormals intern dem Unternehmensbereich "Fahrweg" zugeordneten Grundstück, ohne dass es hierzu einer Grundbucheintragung bedurfte (vgl. Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 873 Rn. 13; Lutter/Winter/Teichmann, UmwG, 3. Aufl. § 131 Rn. 1; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 873 Rn. 8; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG und UmwStG, 4. Aufl., § 131 UmwG Rn. 13).

(2) Sollte der Verkehrsweg hingegen nicht auf einem unmittelbar und ausschließlich bahnnotwendigen Grundstück verlaufen, ist die Beklagte jedenfalls als unmittelbare Besitzerin berechtigt, die Aufwendungen ersetzt zu verlangen, die zur Beseitigung der Verunreinigungen erforderlich sind oder die durch die Verkürzung der Unterhaltungsintervalle zusätzlich notwendig werden. Der unmittelbare Besitzer einer Sache kann Schadensersatz auch für Substanzschäden verlangen, jedenfalls sofern er - wie hier die Beklagte infolge ihrer Unterhaltungspflicht - im Verhältnis zum mittelbaren Besitzer oder Eigentümer die Verantwortung für die Sachsubstanz trägt (vgl. z.B.: BGH, Urteil vom 9. April 1984 - II ZR 234/83 - NJW 1984, 2569, 2570).

bb) Weiterhin durfte das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision von einer Verunreinigung des Schotterbetts infolge der Spritzbetonarbeiten ausgehen, ohne weiter der durch das Angebot eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung der Streithelferin zu 2 nachzugehen, bei dem Schotter handele es sich um Recyclingmaterial, das ohnehin den maßgeblichen Qualitätsanforderungen nicht genügt habe. Der Sachverständige, auf dessen Ausführungen sich das Berufungsgericht bezogen hat, hat bereits berücksichtigt, dass der Schotter auch vor der Durchführung der Arbeiten der Streithelferinnen der Klägerin nicht den höchsten Qualitätsanforderungen genügte. Gleichwohl hat er festgestellt, dass die beanstandeten Verunreinigungen Folge der unsachgemäßen Ausführung der Spritzbetonarbeiten waren und nicht schon zuvor bestanden. Das als übergangen gerügte Vorbringen wurde demnach der Entscheidung zugrunde gelegt. Umstände, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen begründen und die ein neues Gutachten erforderlich machen (§ 412 Abs. 1 ZPO), hat die Revision nicht aufgezeigt.

d) Schließlich ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung übergangen, ein in Diensten der Beklagten stehender Mitarbeiter habe die Ausführung der Bauarbeiten überwacht und keine Beanstandungen erhoben - im derzeitigen Stand der rechtlichen Auseinandersetzung - unbegründet. Es kann dabei auf sich beruhen, ob es sich bei dieser Behauptung um ein Vorbringen handelt, dessen Berücksichtigung durch das Berufungsgericht bereits nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen war. Die von der Klägerin behauptete Tatsache würde, ihre Richtigkeit unterstellt, nur zu einer Minderung des Schadensersatzanspruchs der Beklagten gemäß § 254 Abs. 1 BGB führen. Diese ist jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu berücksichtigen. Vielmehr kommt der Mitverschuldenseinwand erst in einem etwaigen Prozess um die Höhe des Schadensersatzanspruchs der Beklagten zum Tragen.

Grundsätzlich hat ein Urteil, das eine negative Feststellungsklage aus sachlichen Gründen abweist, dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil, das das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt. Allerdings ergibt sich der Umfang der Rechtskraft - wie bei jedem klageabweisenden Urteil - stets erst aus den Gründen, so dass er sich im Einzelfall verschieden gestalten kann (BGH, Urteil vom 9. April 1986 - IVb ZR 14/85 - NJW 1986, 2508 m.w.N.). Richtet sich die negative Feststellungsklage - wie hier - nicht gegen einen bestimmten, genau bezifferten Anspruch, bedeutet ihre Abweisung nichts anderes als die positive Feststellung, dass ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach besteht, der Höhe nach allerdings, da er noch nicht endgültig beziffert wurde, noch der Prüfung bedarf. Die Bedeutung einer solchen Feststellung ist vergleichbar mit derjenigen eines Grundurteils für das spätere Betragsverfahren (vgl. BGH aaO, m.w.N.; OLG München, Urteil vom 21. November 2002 - 1 U 5247/01 - juris Rn. 60, insoweit nicht in VersR 2004 1319 f und OLGR 2004, 249 ff abgedruckt; OLG Dresden, Urteil vom 6. April 2001 - 6 U 780/00 - juris Rn. 131). Für das Verhältnis zwischen Grund- und Betragsverfahren ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass dem Rechtsstreit über die Höhe des Anspruchs die Prüfung des Mitverschuldens vorbehalten werden kann, wenn es nur geeignet ist, zu einer Minderung, nicht aber zu einer Beseitigung des Anspruchs zu führen (BGHZ 110, 196, 202; 76, 397, 400 m.w.N.; Senatsurteil vom 3. März 2005 - III ZR 186/04 - VersR 2006, 76, 79). Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor. Aus dem Berufungsurteil geht hervor, dass es die Frage des Mitverschuldens offen gelassen hat. Es hat sich nur mit dem Problem auseinander gesetzt, ob der Beklagten jeglicher Schadensersatzanspruch fehlt. Mit der Frage, in welchem - gegebenenfalls gemäß § 254 BGB geminderten - Umfang ein solcher besteht, hat es sich nicht befasst. Weiter ist nicht erkennbar, dass ein etwaiges Mitverschulden von Erfüllungsgehilfen der Beklagten bei der Überwachung der Bauarbeiten so gewichtig wäre, dass eine Haftung der Klägerin vollständig entfallen könnte.

Ende der Entscheidung

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