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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: III ZR 301/06
Rechtsgebiete: BGB, VermG


Vorschriften:

BGB § 839 Cb
VermG § 3 Abs. 5
Erteilt das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen eine fehlerhafte Negativbescheinigung gemäß § 3 Abs. 5 VermG, so ist auch die Treuhandanstalt (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) als Verfügungsberechtigte geschützte Dritte.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 301/06

Verkündet am: 11. Oktober 2007

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Kapsa, Dr. Herrmann, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrechtszugs trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (bis 1994: Treuhandanstalt) verlangt von dem beklagten Landkreis Schadensersatz wegen der Erteilung einer fehlerhaften Negativbescheinigung nach § 3 Abs. 5 VermG.

Die Klägerin, zu deren Aufgaben (auch) die Privatisierung des volkseigenen Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft gehört, war nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c VZOG befugt, über das im Grundbuch des Amtsgerichts B. als Eigentum des Volkes eingetragene Grundstück zu verfügen. Die Fläche war ursprünglich im Grundbuch des Amtsgerichts E. eingetragen und Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs. 1952 wurde der damalige Inhaber wegen Wirtschaftsvergehens zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und sein Betriebsvermögen eingezogen. Rechtsträger des in Volkseigentum überführten Grundstücks wurde eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft. Mit Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Dezember 1994 wurde das Urteil als rechtsstaatswidrig aufgehoben, soweit das Vermögen eingezogen worden war. Die Erben des Alteigentümers traten in den Jahren 1995 und 1996 sämtliche Ansprüche auf Rückübertragung der Vermögenswerte an D. B. ab. Bereits mit zwei Schreiben vom 10. Oktober 1990 hatte H. K. unter der alten Grundbuchbezeichnung namens einer Erbengemeinschaft vermögensrechtliche Ansprüche in Bezug auf den Grundbesitz angemeldet.

Die Klägerin beabsichtigte, das Grundstück an die Eheleute W. zu veräußern. Auf ein Auskunftsersuchen des Kaufinteressenten W. teilte ihm der Beklagte - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - mit dem Betreff: "Negativbescheinigung gemäß § 3 Abs. 5 VermG" im Schreiben vom 20. April 1994 mit, nach derzeitigem Erkenntnisstand liege ein vermögensrechtlicher Anspruch nicht vor. Eine inhaltsgleiche Auskunft erteilte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg unter dem 30. Mai 1994. Daraufhin verkaufte die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Juni 1994 das Grundstück an die Eheleute W. . Die Urkunde enthält in § 7 Nr. 2 einen ausdrücklichen Ausschluss der Sach- und Rechtsmängelhaftung. In § 9 Nr. 2 war unter Ausschluss weitergehender Rechte ein Rücktrittsrecht beider Teile für den Fall vorgesehen, dass vor der Eigentumsumschreibung Anmeldungen im Sinne des Vermögensgesetzes nachträglich bekannt oder von einer Gebietskörperschaft Ansprüche auf den Kaufgegenstand geltend gemacht werden sollten und die Hindernisse für den Eigentumsübergang nicht binnen zwölf Monaten ausgeräumt wären. Der Käufer verpflichtete sich in § 10, bis zum 31. Dezember 1996 380.000 DM in den Kaufgegenstand zu investieren. Abschließend heißt es unter "Hinweise und Belehrungen" in § 22 der Urkunde: "Die Vertragsparteien wurden von dem Notar darauf hingewiesen und darüber belehrt, dass ... die Genehmigung nach der GVO bei berechtigten Rückerstattungsansprüchen wieder aufgehoben werden kann und daher Investitionen nicht vor Bestandskraft der Genehmigung vorgenommen werden sollten, da deren Erstattung von der Verkäuferin ausgeschlossen und im Übrigen nicht gesichert ist." Mit Bescheid vom 8. August 1994 erteilte die Präsidentin der Treuhandanstalt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und § 8 Satz 2 der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) in der Fassung des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182) die Grundstücksverkehrsgenehmigung. Die Eheleute W. wurden am 16. Januar 1995 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Unter dem 5. Februar 1996 legte D. B. gegen die Genehmigung Widerspruch ein. Durch Widerspruchsbescheid vom 17. März 1997 wurde die angefochtene Grundstücksverkehrsgenehmigung als rechtswidrig aufgehoben. Die dagegen von den Eheleuten W. gerichtete Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Berlin mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 29. Oktober 1998 (...................) ab. Nunmehr nahmen die Eheleute W. die Klägerin gerichtlich auf Schadensersatz in Anspruch. Durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. November 2002 (...............) wurde diese rechtskräftig zur Zahlung von 452.214,80 € nebst Zinsen verurteilt. Die Klägerin ihrerseits fordert in einem noch nicht abgeschlossenen weiteren Rechtsstreit von B. Verwendungsersatz in Höhe von 450.000 DM (= 230.081,35 €).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung einer Ersatzpflicht des Beklagten bis zum Betrag von 368.572,52 € wegen ihres Schadens aus der Verpflichtung zur Rückübertragung des Grundstücks an D. B. , abzüglich der von diesem als Wertersatz nach § 7 Abs. 3 Satz 2 GVO zu leistenden Zahlungen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Im Revisionsverfahren verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Nach Ansicht der Vorinstanzen haben die Bediensteten des Beklagten durch die falsche Negativbescheinigung vom 20. April 1994 schuldhaft ihre Amtspflichten verletzt. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, aufgrund der unterschiedlichen Bezeichnungen des Grundbesitzes sei die Zuordnung des Restitutionsantrags zu dem folgenden Auskunftsersuchen W. 's nicht möglich gewesen. Erforderlichenfalls müssten die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen die "Grundbuchgeschichte" eines Grundstücks ermitteln, um ihre Aufgaben nach dem Vermögensgesetz sachgemäß wahrnehmen zu können.

Die Klägerin gehöre zu den geschützten Dritten im Sinne des § 839 Abs. 1 BGB. "Dritte" könnten auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sein, wenn die haftpflichtige Behörde ihnen in einer Weise gegenübertrete, wie sie für das Verhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch sei. So verhalte es sich hier. Bei einer fehlerhaften Auskunft über das Nichtvorliegen vermögensrechtlicher Ansprüche vor einer Grundstücksveräußerung sei es vom Ergebnis her ohne Belang, ob die Auskunft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer verfügungsberechtigten Privatperson erteilt werde. In beiden Fällen könne nicht davon gesprochen werden, dass eine gemeinsam übernommene Aufgabe gleichsinnig wahrgenommen werde. Die Treuhandanstalt verwalte und verfüge über ehemals im Eigentum des Volkes stehendes Vermögen, die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen hingegen entschieden über die Restitutionsansprüche früherer Eigentümer. In diesen Wirkungskreisen könnten sich die Träger hoheitlicher Aufgaben sogar mit unterschiedlichen Interessen gegenüberstehen. Dass die Klägerin vorliegend nicht selbst die Auskunft eingeholt habe, sei ohne Belang. Die Bescheinigung habe Wirkung auch und gerade zugunsten der Klägerin als Verfügungsberechtigter, die nach § 3 Abs. 5 VermG zur Vergewisserung über die Anmeldung von Rückübertragungsansprüchen verpflichtet gewesen sei, entfaltet.

Das von der Beklagten erteilte Negativattest habe der Klägerin außerdem eine ausreichende Vertrauensgrundlage geboten. Die Angabe "nach diesseitigem Erkenntnisstand" habe keine inhaltliche Beschränkung der erteilten Auskunft enthalten. Anlass zu weiterer Sachaufklärung habe die Klägerin nicht gehabt.

Der durch die Falschauskunft verursachte Schaden der Klägerin bestehe in der Differenz zwischen dem gegenüber B. zu realisierenden Verwendungsersatz und dem von ihr selbst an die Eheleute W. zu zahlenden Betrag. Anhaltspunkte für ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin seien nicht gegeben. Dass sie gegen das Urteil des Landgerichts Berlin keine Berufung eingelegt habe, begründe - so das Berufungsgericht - bereits deshalb kein Mitverschulden, weil die in diesem Verfahren getroffenen Feststellungen für den hier streitgegenständlichen Amtshaftungsanspruch nicht bindend seien. Im Übrigen habe - so das Landgericht, dessen Entscheidungsgründe sich das Berufungsgericht insgesamt zu Eigen gemacht hat - eine Berufung der Klägerin keinen Erfolg versprochen. § 22 des notariellen Kaufvertrags vom 27. Juni 1994 enthalte nach seiner Überschrift und Stellung in der Urkunde keine vertragliche Haftungsbefreiung der Klägerin von Ansprüchen der Erwerber aus § 7 Abs. 2 Satz 2 GVO, sondern ausschließlich Hinweise des Notars an die Vertragsparteien. Andernfalls wäre auch der Vertrag für die Erwerber faktisch wertlos gewesen, weil sie ihr Eigentum wegen einer nie völlig auszuschließenden Anfechtung seitens eines übersehenen Restitutionsberechtigten nicht hätten nutzen können. Eine Bebauung des Grundstücks sei ihnen jedoch in § 10 des Vertrags sogar zur Pflicht gemacht worden. Dass die Eheleute W. es möglicherweise unterlassen hätten, einen Investitionsvorrangbescheid nach dem Vermögensgesetz zu beantragen, könne unabhängig von dem Vortrag der Klägerin, ein solcher Bescheid sei nicht für das gesamte Grundstück zu erlangen gewesen, dieser nicht als Verschulden angerechnet werden.

Der Klageanspruch sei schließlich nicht verjährt. Ein Schaden der Klägerin wegen ihrer Ersatzpflicht gegenüber den Eheleuten W. nach § 7 Abs. 2 Satz 2 GVO sei frühestens mit dem Zeitpunkt eingetreten, in dem die Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung bestandskräftig geworden sei, also erst mit Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 29. Oktober 1998. Die Klage sei jedoch bereits am 17. September 2001 und daher innerhalb der Drei-Jahres-Frist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. zugestellt worden.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Mit Recht haben das Landgericht wie das Oberlandesgericht einen Amtshaftungsanspruch der Klägerin (§ 839 BGB, Art. 34 GG) gegen den beklagten Landkreis bejaht.

1. Dass die Bediensteten des Beklagten bei ihrer unrichtigen Auskunft, "nach diesseitigem Erkenntnisstand" liege ein vermögensrechtlicher Anspruch in Bezug auf das fragliche Grundstück nicht vor, ihre Amtspflichten schuldhaft verletzt haben, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Ebenso zutreffend haben aber die Vorinstanzen entschieden, dass die Klägerin im Streitfall zum Kreis der geschützten "Dritten" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Dem steht weder entgegen, dass sie nicht selbst den Auskunftsantrag gestellt hat, noch, dass sie als juristische Person des öffentlichen Rechts gleichfalls Verwaltungsaufgaben erfüllt.

a) Die Amtspflicht der Behörde, eine Auskunft klar, richtig, unmissverständlich und vollständig zu geben, so dass der Empfänger entsprechend disponieren kann (Senatsurteile BGHZ 155, 354, 357 und vom 21. April 2005 - III ZR 264/04 - NVwZ 2006, 245, 246), besteht gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse oder auf dessen Antrag die Auskunft erteilt wird (Senatsurteile vom 3. Mai 2001 - III ZR 191/00, NVwZ 2002, 373, 374 und vom 10. April 2003 - III ZR 38/02 - VIZ 2003, 353, 354 = VersR 2004, 604). Das trifft bei der beabsichtigten Veräußerung eines möglicherweise "restitutionsbelasteten" Grundstücks nicht nur auf den (antragstellenden) Kaufinteressenten zu, der in Gefahr steht, das Grundstück mit seinen Investitionen wieder zu verlieren (so im Fall des Senatsurteils vom 10. April 2003 aaO). Die nach § 3 Abs. 5 VermG erforderliche Auskunft über die Anmeldung von Rückgabeansprüchen erfolgt darüber hinaus auch im Interesse des Verfügungsberechtigten und künftigen Verkäufers. Dieser ist bei Vorliegen eines Rückübertragungsantrags grundsätzlich verpflichtet, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte ohne Zustimmung des Restitutionsberechtigten zu unterlassen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 VermG). Er sieht sich deshalb, hat eine dennoch erfolgte Veräußerung Bestand, bei einem Verschulden Schadensersatzansprüchen des Restitutionsberechtigten gegenüber (hierzu Senatsurteil vom 17. Juni 2004 - III ZR 335/03 - VIZ 2004, 452, 454 = VersR 2005, 1732, 1734), andernfalls Gewährleistungsansprüchen des Käufers nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie Schadensersatzforderungen von dessen Seite auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 2 GVO. In beiden Richtungen soll ihm die Negativbescheinigung auch Rechtssicherheit bieten (vgl. Wasmuth in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand April 2006, B 100 § 3 VermG Rn. 471).

b) Dritter im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB kann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein. Das setzt voraus, dass der für die haftpflichtige Behörde tätig gewordene Beamte ihr bei der Erledigung seiner Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist. Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, dann können jene Pflichten, die dem Beamten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Ziels obliegen, nicht als drittgerichtete Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche der geschädigten Körperschaft auslöst (Senatsurteile BGHZ 148, 139, 147; 153, 198, 201 f.; Senatsbeschluss vom 25. September 2003 - III ZR 362/02 - VersR 2004, 1135).

Im vorliegenden Fall oblagen beiden Parteien unterschiedliche Verwaltungsaufgaben, die, wie das Landgericht mit Recht hervorhebt, sogar zu gegenläufigen Interessen führen konnten. Während die Treuhandanstalt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990 (GBl. DDR I S. 300) volkseigenes Vermögen zu privatisieren und zu verwerten hatte und sie in diesem Rahmen wie jeder andere Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG zu einer Anfrage nach § 3 Abs. 5 VermG verpflichtet war (vgl. Säcker-Busche in Säcker, Vermögensrecht, § 3 VermG Rn. 208), entscheiden die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen über die Restitutionsansprüche früherer Eigentümer (§§ 30 ff. VermG). In diesem Verfahren ist der Verfügungsberechtigte, sei es eine Privatperson, eine Handelsgesellschaft oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, nicht gleichsinnig Mitwirkender, sondern als Betroffener lediglich Verfahrensbeteiligter. Dies ist vorliegend nicht deshalb anders zu beurteilen, weil zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks nicht nur die Treuhandanstalt die verfügungsberechtigte "Privatisierungsbehörde", sondern ihre Präsidentin zugleich die zuständige "GVO-Genehmigungsbehörde" war. Beide Funktionen sind voneinander zu trennen, wobei hinzukommt, dass die Präsidentin die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung nicht als Organ der Treuhandanstalt, sondern als eigenständige Bundesoberbehörde erteilt hatte (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 253, 261).

2. Entgegen der Revision war das von dem Beklagten erteilte Negativattest auch geeignet, bei der Klägerin einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zu begründen. Allerdings ist es nicht erst eine Frage des mitwirkenden Verschuldens im Sinne des § 254 BGB, sondern bereits eine solche der objektiven Reichweite des dem Betroffenen durch das Amtshaftungsrecht gewährten Vermögensschutzes, ob die in Rede stehende begünstigende Maßnahme (insbesondere Auskunft oder Verwaltungsakt) ihrer Art nach geeignet ist, eine "Verlässlichkeitsgrundlage" für auf sie gestützte Aufwendungen, Investitionen und dergleichen zu bilden. Diese - der Mitverschuldensprüfung vorgeschaltete - Frage beurteilt sich vorrangig nach dem Schutzzweck der jeweiligen behördlichen Maßnahme (Senatsurteile BGHZ 149, 50, 53 f.; vom 11. April 2002 - III ZR 97/01 - VersR 2003, 205 f. und vom 10. April 2003 aaO). Die von dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen erteilte Negativbescheinigung auf eine Anfrage nach § 3 Abs. 5 VermG ist indes, wie dargelegt, nicht zuletzt dazu bestimmt, dem Verfügungsberechtigten in dieser Beziehung Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die im Bescheid des Beklagten vom 20. April 1994 erfolgte Beschränkung auf den "diesseitigen Erkenntnisstand" stellt diese Zielsetzung nicht in Frage und musste weder die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Privatisierungsbehörde zu einer Nachfrage noch die Präsidentin der Klägerin in ihrer Eigenschaft als für die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung zuständige Behörde zu weiteren Nachforschungen veranlassen. Das folgt bereits aus der Bezeichnung als "Negativbescheinigung" im Betreff, die - wenn auch auf der Basis der vorliegenden Unterlagen - als abschließende Auskunft verstanden werden musste, und wird auch nicht durch den vom Beklagten genutzten kurzen Prüfungszeitraum ausgeschlossen.

3. Ein Mitverschulden bei der Entstehung des Schadens (§ 254 Abs. 1 BGB) fällt der Klägerin ebenso wenig zur Last. Auch soweit die Revision der Klägerin vorwirft, keine Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts Berlin in dem Vorprozess der Eheleute W. eingelegt zu haben, geht es nicht um den unterlassenen Gebrauch eines Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB unmittelbar gegen die amtspflichtwidrige Handlung, sondern um die nach der allgemeinen Vorschrift des § 254 BGB zu beurteilende Frage, ob ein Verschulden des Geschädigten zum Schaden beigetragen hat.

a) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit dem Landgericht Berlin von einer Schadensersatzpflicht der Klägerin aus § 7 Abs. 2 Satz 2 GVO gegenüber den Eheleuten W. ausgegangen sind. Nach dieser Vorschrift ist der Verfügungsberechtigte bei Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen verpflichtet, dem Erwerber den ihm aus der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Rückübertragung des Grundstücks an den Verfügungsberechtigten entstandenen Schaden zu ersetzen. Entgegen der Revision lässt sich dem zwischen der Klägerin und den Eheleuten W. geschlossenen Grundstückskaufvertrag eine solche abweichende Vereinbarung nicht entnehmen.

aa) Die in § 22 unter der Überschrift "Hinweise und Belehrungen" enthaltene Bemerkung, der Notar habe die Vertragsparteien darauf hingewiesen und darüber belehrt, dass die Erstattung von Investitionen der Käufer durch die Verkäuferin ausgeschlossen sei, haben die Vorinstanzen nach dem Wortlaut, der systematischen Stellung sowie Sinn und Zweck der Bestimmung nicht als Bestandteil des eigentlichen Kaufvertrags und danach nicht als Willenserklärung der beiden Vertragsparteien gewertet, sondern als einseitige Rechtsbelehrung von Seiten des Notars. Das kann als Auslegung individualvertraglicher Willenserklärungen vom Revisionsgericht nur dahin überprüft werden, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGHZ 150, 32, 37; Senatsurteil BGHZ 154, 132, 133). Rechtsfehler dieser Art sind nicht zu erkennen. Im Gegenteil liegt das Ergebnis dieser Auslegung nahe.

bb) Soweit die Revision erstmals zusätzlich auf den Ausschluss jeglicher Sach- und Rechtsmängelhaftung der Verkäuferin in § 7 Nr. 2 des notariellen Kaufvertrags verweist, ergibt sich allein aus diesem Umstand, dass die Klägerin ursprünglich diese Klausel, die der Senat selbst auslegen kann, nicht derart umfassend verstanden hat. § 7 Abs. 2 Satz 2 GVO begründet ein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis neben der allgemeinen Sach- und Rechtsmängelhaftung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Rechtsfolgen aus einer nachträglich bekannt gewordenen Anmeldung vermögensrechtlicher Rückübertragungsansprüche werden außerdem im Kaufvertrag mit § 9 gesondert geregelt, wenn auch diese Klausel nur die Zeit vor der Eigentumsumschreibung erfasst. Bei dieser Sachlage rechtfertigt sich weder ein Umkehrschluss aus der Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder eines Schadensersatzanspruchs bis zur Höhe des Kaufpreises bei nachträglicher Kenntnis von Anmeldungen in § 9, wie es die Revision befürwortet, noch ein weites Verständnis des § 7. Die Vertragsklausel ist vielmehr nach ihrem Wortlaut dahin auszulegen, dass sie sich nur auf den Ausschluss der allgemeinen Gewährleistung des Verkäufers beschränkt. Das mag der Urkundsnotar möglicherweise anders gesehen haben. Für die Auslegung eines Vertrags ist indessen entscheidend, wie die Vertragsparteien den Urkundentext verstanden haben und verstehen durften.

b) Der Revision ist auch nicht darin zu folgen, dass die Klägerin mit einer Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Berlin hätte geltend machen können, die Grundstücksverkehrsgenehmigung hätte wegen Ablaufs der Jahresfrist nach § 5 Satz 2 GVO nicht aufgehoben werden dürfen. Über die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts war auf die Anfechtungsklage der Eheleute W. rechtskräftig durch Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Oktober 1998 entschieden. Hieran waren die Gerichte im Vorprozess gebunden, da die Klägerin am Verfahren beteiligt war. Davon abgesehen teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin wie der Vorinstanzen in diesem Rechtsstreit, dass die Bestimmung schon ihrem Wortlaut nach nur für den Widerruf der Genehmigung im technischen Sinn, d.h. einer rechtmäßig erteilten Genehmigung gemäß § 49 VwVfG, nicht aber für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts (§ 48 VwVfG) oder - wie hier - für dessen sonstige Aufhebung im Rechtsbehelfsverfahren nach den § 68 ff. VwGO gilt (arg. § 7 Abs. 1 Satz 1 GVO; s. auch Zimmermann in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand Januar 1999, SystDarst XI Rn. 59 ff.).

c) Was endlich den von der Revision weiterverfolgten Einwand des Beklagten anbelangt, die Klägerin hätte den Eheleuten W. im Vorprozess entgegenhalten können und müssen, nicht noch nachträglich einen Investitionsvorrangbescheid beantragt zu haben, so zeigt die Revision keinen Sachvortrag des für ein Mitverschulden darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten auf, nach dem ein solcher Antrag wenigstens teilweise Aussicht auf Erfolg gehabt und die Rückübertragung des Grundstücks insoweit ausgeschlossen hätte. Der bloße Hinweis auf ein entsprechendes Schreiben der B. GmbH vom 8. April 1997 an die Käufer reicht nicht aus. Auf eine Teilung des Grundstücks hätten sich überdies die Eheleute W. nach den Feststellungen des Landgerichts Berlin im Vorprozess schon wegen Problemen mit der Kreditierung nicht einlassen müssen. Auch in diesem Punkt verweist die Revision nicht auf einen abweichenden Vortrag des Beklagten.

4. Ohne Erfolg erhebt der Beklagte abschließend die Einrede der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach dem im Streitfall weiter anwendbaren § 852 Abs. 1 BGB a.F. war, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, bei Klageerhebung am 17. September 2001 noch nicht abgelaufen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Ein Schaden muss daher mindestens objektiv bereits vorliegen. Da dieser hier in der Belastung der Klägerin mit Ersatzansprüchen der Eheleute W. nach § 7 Abs. 2 Satz 2 GVO besteht, ist die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale dieser Norm notwendig. Das setzt aber eine bestandskräftige Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung voraus (§ 7 Abs. 2 Satz 1 GVO), was im vorliegenden Fall erst mit der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Anfechtungsprozess der Eheleute W. der Fall war. Die Frist begann deswegen frühestens mit der Verkündung dieses Urteils am 29. Oktober 1998. Durch die Zustellung der Amtshaftungsklage am 17. September 2001 wurde der Lauf der Verjährung daher rechtzeitig unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.).

Ende der Entscheidung

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