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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: III ZR 303/07
Rechtsgebiete: VermG


Vorschriften:

VermG § 13 Abs. 1
Ein Schadensersatzanspruch nach § 13 Abs. 1 VermG wegen gröblicher Verletzung der Pflichten des staatlichen Verwalters kommt nur dann in Betracht, wenn die staatliche Verwaltung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vermögensgesetzes am 29. September 1990 fortbestanden hat.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 303/07

vom 17. September 2008

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dörr und Wöstmann, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Hucke

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. Juni 2007 - 21 U 81/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 111.260,30 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt auf der Grundlage einer Abtretungsvereinbarung mit seiner Mutter, die als Erbin in die Rechtsstellung ihres Ehemannes und Vaters des Klägers (im Folgenden: Erblasser) eingetreten ist, den beklagten Entschädigungsfonds wegen behaupteter Pflichtverletzungen des staatlichen Verwalters im Zeitraum von Januar 1953 bis Juni 1994 auf Schadensersatz in Anspruch. Diese Pflichtverletzungen stehen nach der Behauptung des Klägers im Zusammenhang mit der Verwaltung eines Bankkontos und eines 1981 enteigneten Grundstücks des Erblassers, das 1996 restituiert worden ist.

Der Erblasser war seit 1936 als Eigentümer des Grundstücks eingetragen. Im Jahr 1953 wurde das Grundstück gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. DDR S. 615) unter staatliche Verwaltung gestellt. In der Folgezeit wurde das Grundstück durch den staatlichen Verwalter mit Aufbauhypotheken belastet und auf sein Betreiben mit Bescheid vom 9. September 1981 auf der Grundlage von § 14 des Aufbaugesetzes vom 6. September 1950 (GBl. DDR S. 965) wegen Überschuldung enteignet. Der Erblasser war ferner Inhaber eines Kontos bei der K. AG, das der staatliche Verwalter gleichfalls benutzte und das am 4. September 1981 ein Guthaben von 10.014,81 Mark aufwies. Das Konto bestand nach der Enteignung des Grundstücks fort und wurde als Verwaltungskonto für mehrere Grundstücke verwendet. Am 13. Mai 1991 wurde es wegen Geringfügigkeit aufgelöst.

Der Kläger begehrt jetzt noch Schadensersatz in Höhe von 111.260,30 € nebst Zinsen. Zum einen macht er geltend, in der Zeit von Januar 1953 bis September 1981 seien auf dem Konto eingegangene Mieteinnahmen in der Größenordnung von 34.500 € durch den staatlichen Verwalter veruntreut worden. Zum anderen verlangt er für die Zeit ab der Enteignung des Grundstücks Ersatz für an den Erblasser nicht ausgekehrte Mieteinnahmen. Dabei führt er den Verlust dieser Mieteinnahmen darauf zurück, dass es durch die rechtswidrige staatliche Verwaltung und den damit verbundenen Entzug der Einnahmen zur Überschuldung und Enteignung des Grundstücks gekommen sei. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat durch Bescheid vom 16. Januar 2003 für den Verlust des Kontoguthabens vom 4. September 1981 eine Entschädigungspflicht in Höhe von umgerechnet 2.560,24 € festgestellt, die dem Kläger im erstinstanzlichen Verfahren als Schadensersatz zugesprochen worden sind. Die weitergehende Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision.

II.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die mit der Auslegung und Anwendung des § 13 VermG verbundenen Rechtsfragen betreffen - 18 Jahre nach dem Beitritt der ehemaligen DDR - auslaufendes Recht, das über die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung hinaus nicht die Eröffnung eines weiteren Revisionsverfahrens verlangt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden.

1. Das Vermögensgesetz unterscheidet zwischen Maßnahmen, die zur vollständigen Entziehung eines Vermögenswerts durch Verlust der betreffenden Rechtsposition führen, und Maßnahmen der staatlichen Verwaltung (§ 1 Abs. 4 VermG), durch die dem Rechtsinhaber zwar nicht der Vermögenswert, wohl aber die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis entzogen worden ist. Im ersteren Fall geschieht die Wiedergutmachung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG durch Rückübertragung des entzogenen Vermögenswerts, im letzteren Fall gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1, § 11a Abs. 1 Satz 1 VermG grundsätzlich durch die Aufhebung der staatlichen Verwaltung (vgl. Senatsurteil BGHZ 137, 183, 185 f). Das Verhalten des staatlichen Verwalters während der staatlichen Verwaltung unterliegt nicht den auftragsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs; vielmehr ist sie als ein öffentlich-rechtliches Rechtsinstitut anzusehen. Dem entspricht es, dass Pflichtverletzungen des staatlichen Verwalters, die seit dem Beitritt der ehemaligen DDR zum 3. Oktober 1990 begangen wurden, Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auslösen können. Daneben hat das Vermögensgesetz bei einer gröblichen Verletzung der Pflichten, die sich aus einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung ergeben, in § 13 Abs. 1 Schadensersatzansprüche vorgesehen, die auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen der Staatshaftung festzustellen und gegen den Entschädigungsfonds zu richten sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 173, 182 f; 144, 271, 274 f). Mit dieser Bestimmung wird vor allem für die Zeit vor dem Beitritt der DDR ein Schadensersatzanspruch begründet, der so vorher nicht bestanden hat.

Aus der Einbettung dieses Anspruchs in den Abschnitt III des Vermögensgesetzes, der die mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung in Zusammenhang stehenden Fragen behandelt, folgt, dass die staatliche Verwaltung bis zum Inkrafttreten des Vermögensgesetzes am 29. September 1990 fortbestanden haben muss. Denn nur unter diesen Umständen ist der Anwendungsbereich der §§ 11 ff VermG eröffnet und die in § 13 Abs. 1 VermG als Anspruchsinhaberin bezeichnete Person "Berechtigte" im Sinn des § 1 Abs. 4 VermG (vgl. Kuhlmey/Wittmer, in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 13 VermG Rn. 11 f; so auch Kiethe, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 13 VermG Rn. 1, 3). Endet die staatliche Verwaltung daher vor diesem Zeitpunkt durch Überführung in Volkseigentum, ist der Betroffene zwar gegebenenfalls Berechtigter im Sinn des § 1 Abs. 1 VermG, hat aber keine Rechtsstellung mehr, die ihm Ansprüche nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VermG gewähren würde. Für den als Neben-, Folge- oder vielfach auch als Annexanspruch bezeichneten Anspruch aus § 13 Abs. 1 VermG kann nichts anderes gelten.

2. Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche hinsichtlich entgangener Mieteinnahmen seit der Enteignung des Grundstücks im September 1981 verneint hat. Mieteinnahmen während dieser Zeit waren dem Erblasser nicht mehr zugeordnet. Dies bestätigt nicht zuletzt die Bestimmung des § 7 Abs. 7 Satz 1 VermG, die dem Berechtigten im Grundsatz keinen Anspruch gegen den Verfügungsberechtigten auf Herausgabe der bis zur Rückgabe gezogenen Nutzungen gibt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einnahmen auf dem Konto des Erblassers verbucht wurden.

3. Das Berufungsgericht geht jedoch davon aus, dass an dem bei der K. AG geführten Konto des Erblassers am 29. September 1990 noch eine faktische staatliche Verwaltung bestand, die erst am 13. Mai 2001 (richtig: 1991) ihr Ende gefunden habe. Seine Überlegung, dass die auf Zahlung gerichteten Forderungen gegen das Kreditinstitut in Höhe des Guthabens bei der Inverwaltungnahme und der Guthabenstände bis zur Auflösung des Kontos am 13. Mai 1991 als geschützter Vermögenswert und als Objekt von Pflichtverstößen des staatlichen Verwalters in Betracht kämen, ist im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Allerdings wären Mieteinnahmen, die nach der Enteignung des Grundstücks auf dieses Konto gelangt wären, aus den zu 2 angeführten Erwägungen außer Betracht zu lassen.

Die Bestimmung des § 7 Abs. 7 Satz 1 VermG kann jedoch nicht, wie das Berufungsgericht möglicherweise meint, einem Schadensersatzanspruch des Klägers entgegengehalten werden, der auf die Behauptung gestützt wird, vor der Enteignung des Grundstücks seien Mieteinnahmen auf das Konto des Erblassers gelangt und sodann zweckwidrig verwendet oder gar veruntreut worden.

Die Beschwerde meint, weil das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen habe, müsse die Richtigkeit dieses Vortrags revisionsrechtlich unterstellt werden. Dies mag für ein eröffnetes Revisionsverfahren richtig sein. Hier ist jedoch beachtlich, dass der Kläger nach dem bisherigen Vorbringen das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs nicht hinreichend unter Beweis gestellt hat. Ob dem Kläger ein Anspruch nach § 13 Abs. 1 VermG zusteht, steht nämlich, anders als er es in den Vorinstanzen vertreten hat, nach allgemeinen Grundsätzen zu seiner Beweislast. Das beruht zum einen darauf, dass es hier nicht um eine nach Auftragsrecht geschuldete Rechnungslegung eines Verwalters geht, sondern um den Nachweis besonders qualifizierter Rechtsverstöße, und zum anderen, dass der beklagte Entschädigungsfonds den Vorgängen nicht näher steht als der Kläger.

Im Verwaltungsverfahren hat sich das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit den erreichbaren Unterlagen beschäftigt und eine zweckwidrige Verwendung von Kontoguthaben nicht feststellen können. Der Kläger hat sich hiermit zwar in seiner Klageschrift ausführlich auseinandergesetzt und - wie ihm zuzugeben ist - die Plausibilität einiger Belege in Frage gestellt. Insgesamt handelt es sich jedoch um eine Würdigung unvollständiger Unterlagen, die gegen das Bestreiten des Beklagten für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht nicht genügt, weil es an geeigneten Beweismitteln fehlt, die in den Jahren 1953 bis 1981 liegenden Vorgänge aufzuklären.

4. Im Hinblick hierauf kann der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auch nicht auf die Erwägung stützen, wäre der staatliche Verwalter mit den Einnahmen aus dem Grundstück rechtmäßig verfahren, wäre es nicht zu der Enteignung des Grundstücks gekommen, weil die zu seiner Bewirtschaftung erforderlichen Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Dann wären auch die Mieteinnahmen weiter geflossen.

Es erscheint fraglich, ob die Überlegung des Klägers überhaupt den geltend gemachten Anspruch schlüssig zu begründen vermag; denn in der Sache würde ein solcher Schadensersatzanspruch im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass nicht nur - wie hier - der Vermögensgegenstand restituiert wird, sondern auch weitere Folgen seiner Enteignung entschädigt würden. Darüber hinaus spricht viel dafür, dass die Erwägungen des Klägers insoweit nicht hinreichend zwischen den Pflichtenkreisen unterscheiden, die dem Verwalter des Grundstücks und dem des Kontoguthabens obliegen. Das bedarf aber vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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