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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.07.1998
Aktenzeichen: III ZR 87/97
Rechtsgebiete: BGB, ÄAppO
Vorschriften:
BGB § 839 Cb, D | |
ÄAppO § 14 |
a) Zum Inhalt und zur Drittbezogenheit der Amtspflichten, die das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen und die Landesprüfungsämter bei medizinischen Prüfungen zu beachten haben.
b) Zur haftungsrechtlichen Zurechnung eines Verdienstausfallschadens bei amtspflichtwidrigen Prüfungsentscheidungen.
BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - III ZR 87/97 - OLG Köln LG Köln
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 9. Juli 1998
Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter Streck, Schlick, Dörr und die Richterin Ambrosius
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten zu 2 werden unter Zurückweisung der Revision des Klägers das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. März 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 2 erkannt worden ist, und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9. Juli 1996 weiter abgeändert.
Auch die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nahm im März 1991 an der Ärztlichen Vorprüfung teil. Der schriftliche Teil dieser Prüfung fand im Antwort-Wahl-Verfahren statt; die Prüfungsfragen waren vom Beklagten zu 2, dem Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (im folgenden: IMPP), festgelegt worden. Mit Bescheid vom 5. April 1991 erklärte das Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen - Landesprüfungsamt für Medizin und Pharmazie - die Prüfung für insgesamt nicht bestanden, wobei die mündliche Prüfung mit ausreichend und die schriftliche Prüfung mit mangelhaft benotet wurde. Für das Nichtbestehen der schriftlichen Prüfung und damit der Ärztlichen Vorprüfung insgesamt war entscheidend, daß der Kläger nach der Bewertung des Prüfungsamtes von den 320 gestellten Fragen nur 155 - statt der erforderlichen 156 - zutreffend beantwortet hatte. Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren verpflichtete das Verwaltungsgericht das Landesprüfungsamt durch Urteil vom 16. September 1993, den schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung (Frühjahr 1991) des Klägers für bestanden zu erklären.
Der Kläger hatte zwischenzeitlich im Herbst 1991 und im Frühjahr 1992 erneut an der Ärztlichen Vorprüfung teilgenommen; beide Male hatte er die Prüfung nicht bestanden. Nach Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils setzte der Kläger im Herbst 1994 sein Medizinstudium fort. Im August 1995 unterzog er sich der Ärztlichen Prüfung, Erster Abschnitt. Die schriftliche Prüfung wurde mit "ungenügend" (eine unbrauchbare Leistung) bewertet. Im Sommersemester 1996 nahm der Kläger das Studium der Zahnmedizin auf.
Der Kläger begehrt festzustellen, daß das Land Nordrhein-Westfalen und das IMPP als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm den (Erwerbs-)Schaden zu ersetzen, der ihm durch den infolge der fehlerhaften Prüfungsentscheidung erlittenen Zeitverlust im Hinblick auf sein berufliches Fortkommen entstanden ist und in Zukunft noch entstehen wird.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die gegen das beklagte Land gerichtete Klage abgewiesen; die Berufung des IMPP ist erfolglos geblieben. Das IMPP verfolgt mit seiner Revision den Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision des IMPP hat Erfolg, die des Klägers hingegen nicht.
I.
Zur Revision des IMPP
Ein Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG steht dem Kläger nicht zu.
1. Gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, das IMPP habe seine Amtspflichten schuldhaft verletzt, wendet sich die Revision allerdings ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat das Landesprüfungsamt des beklagten Landes rechtskräftig verurteilt, den schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung des Klägers vom Frühjahr 1991 für bestanden zu erklären. In diesem Verfahren war das IMPP beigeladen worden (vgl. §§ 65 Abs. 1, 121 VwGO). Damit steht die Rechtswidrigkeit des vom Landesprüfungsamt erlassenen Prüfungs- und Widerspruchsbescheids, in dem die ärztliche Vorprüfung des Klägers für nicht bestanden erklärt worden war, mit Bindungswirkung für die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozeß fest (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur BGHZ 119, 365, 368).
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, daß bei der Prüfungsfrage Nr. 135 des zweiten Tages, die der Kläger nicht wie amtlich vorgegeben gelöst hatte, auch die vom Kläger angekreuzte Antwort als vertretbar im Sinne der Fragestellung anzusehen ist. Die Frage hätte daher nicht wie geschehen als falsch beantwortet behandelt werden dürfen; vielmehr hätte sie nach Maßgabe des § 14 Abs. 4 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) in der hier maßgeblichen Fassung der Siebenten Änderungsverordnung vom 21. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2549) entweder dem Kläger gutgeschrieben oder überhaupt eliminiert werden müssen, was in jedem Falle zur Folge gehabt hätte, daß das Landesprüfungsamt bei korrekter Berechnung der für den Kläger maßgeblichen Bestehensgrenze die Ärztliche Vorprüfung als bestanden hätte bewerten müssen.
Im Anschluß an die Ausführungen des Verwaltungsgerichts sieht das Berufungsgericht die dem IMPP anzulastende und für das Nichtbestehen der Prüfung kausale Amtspflichtverletzung (schon) darin, daß bei Erarbeitung der Prüfungsaufgaben die Prüfungsfrage Nr. 135 zu unpräzise formuliert worden sei. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Bediensteten des IMPP hätten schuldhaft gehandelt, der rechtlichen Nachprüfung stand.
Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab, der im Rahmen des § 839 BGB gilt, kommt es für die Beurteilung des Verschuldens auf die Kenntnisse und Fähigkeiten an, die für die Führung des übernommenen Amtes im Durchschnitt erforderlich sind. Die Anforderungen eines amtspflichtgemäßen Verhaltens sind am Maßstab des pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten zu messen. Jeder staatliche Amtsträger muß die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat er die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegung sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann und er daran bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtslage festhält, so kann aus der Mißbilligung seiner Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur BGHZ 119, 365, 369; Urteil vom 14. März 1996 - III ZR 224/94 - NJW 1996, 2422, 2424, insoweit in BGHZ 132, 181 nicht abgedruckt).
Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte bei richtiger Rechtsanwendung zu dem Ergebnis kommen müssen, daß nach diesen Maßstäben ein Fahrlässigkeitsvorwurf gegen die Bediensteten des IMPP nicht erhoben werden könne, weil das Verwaltungsgericht die vom IMPP für die Prüfungsaufgabe Nr. 135 festgelegte Antwort nicht als unrichtig angesehen, sondern lediglich die vom Kläger gegebene Antwort für ebenfalls vertretbar erachtet habe. Mit dieser Argumentation verkennt die Revision die für das Antwort-Wahl-Verfahren geltenden Prüfungsmaßstäbe.
Gemäß § 14 Abs. 2 ÄAppO müssen die Prüfungsfragen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sein und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen. Diesem rechtlichen Maßstab genügen Aufgaben im Antwort-Wahlverfahren nur dann, wenn sie verständlich, widerspruchsfrei und eindeutig sind. Außerdem müssen sie dem vorgegebenen Prüfungsschema entsprechen, wonach der Prüfling in jeder Aufgabe eine richtige und vier falsche Antwort-Alternativen erwarten kann (BVerfGE 84, 59, 78). Die Anforderungen des § 14 Abs. 2 ÄAppO verfehlt daher eine vom IMPP aufgestellte Prüfungsfrage nicht nur, wenn die vom IMPP festgelegte Antwort unrichtig ist, sondern auch dann, wenn die Frage - wie hier - systemwidrig auf mehrfache Weise vertretbar beantwortet werden kann, weil eine solche Frage zu Irritationen des Prüflings führen kann, der sich darauf verlassen darf und davon ausgehen muß, daß nur eine der Antworten zutreffend ist (BVerwGE 98, 210, 216).
Die Bediensteten des IMPP trifft daher schon dann ein Fahrlässigkeitsvorwurf, wenn sie bei Erarbeitung einer Prüfungsfrage die Mehrdeutigkeit der Fragestellung hätten erkennen und diesen "Prüfungsfehler" durch eine andere Formulierung vermeiden können. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, daß die dem IMPP obliegenden Amtspflichten (auch) den Zweck haben, gerade die Interessen des Klägers wahrzunehmen, dieser also "Dritter" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
Vorschriften, die wie die Approbationsordnung für Ärzte für die Aufnahme des Berufs eine bestimmte Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis erworbener Fähigkeiten in Form einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und müssen deshalb den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügen. Darüber hinaus beansprucht das Grundrecht der Berufsfreiheit auch Geltung für die Durchführung des Prüfungsverfahrens. Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken. Die Grundrechte beeinflussen nicht nur das gesamte materielle Recht, sondern auch das Verfahrensrecht, soweit dieses für einen effektiven Grundrechtsschutz Bedeutung hat (vgl. nur BVerfGE 84, 59, 72). In Anbetracht dieser grundrechtlichen (Verfahrens-)Garantien im Bereich des Prüfungswesen kann es nicht zweifelhaft sein, daß die den mit der Erstellung von Prüfungsaufgaben und der Durchführung von Prüfungen betrauten Ämtern und Stellen obliegenden Amtspflichten grundsätzlich auch gegenüber den Prüflingen als den geschützten Dritten bestehen. Dies ist in bezug auf das IMPP nicht deshalb anders, weil - wie die Revision argumentiert - dieses Institut eine "verwaltungsinterne Hilfsanstalt" der Bundesländer wäre, die lediglich administrative Aufgaben zugunsten ihrer Anstaltsträger wahrnähme, ohne zu den Prüflingen in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten.
a) Nach §§ 8, 9 ÄAppO werden die in der Approbationsordnung für Ärzte vorgesehenen Prüfungen vor dem zuständigen Landesprüfungsamt abgelegt. Dieses entscheidet gemäß § 10 Abs. 1 ÄAppO über die Zulassung zu einer Prüfung oder einem Prüfungsabschnitt; es stellt nach § 14 Abs. 8 ÄAppO das Ergebnis der (schriftlichen) Prüfung fest und teilt es den Prüflingen mit. Im Außenverhältnis zum Prüfling ist daher allein das Landesprüfungsamt dazu berufen, durch Verwaltungsakt über das Bestehen der Prüfung zu entscheiden. Insoweit stellt sich die Beteiligung des IMPP im Prüfungsverfahren aus Sicht des Kandidaten als Verwaltungsinternum dar.
b) Der Revision ist zuzugeben, daß in der Senatsrechtsprechung wiederholt die Drittbezogenheit von Amtspflichten, die denjenigen Ämtern und Stellen obliegen, die von der dem Bürger gegenüber tätig werdenden Behörde bei ihrer Entscheidungsfindung herangezogen werden, mit der Begründung verneint worden ist, die Mitwirkung dieser Ämter sei ein rein innerbehördlicher Vorgang. So hat der Senat entschieden, daß die dem zur Prüfung immissionsschutzrechtlicher Belange im Baugenehmigungsverfahren verwaltungsintern eingeschalteten (staatlichen) Gewerbeaufsichtsamt obliegenden Amtspflichten nicht auch gegenüber den Beteiligten des Baugenehmigungsverfahrens als "Dritten" bestehen (Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 190/88 - NVwZ 1991, 707, 708 f). Ebensowenig kann ein Bauherr wegen der rechtswidrigen Erteilung einer Baugenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde Amtshaftungsansprüche gegen die Gemeinde herleiten, die das erforderliche Einvernehmen (§ 36 BauGB) zu dem Bauvorhaben erteilt hat (BGHZ 99, 262, 273; Urteil vom 14. Oktober 1993 - III ZR 156/92 - NJW 1994, 253, 255).
Für die Entscheidung des Senats war in diesen Fällen die Erwägung ausschlaggebend, daß es sich bei der Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamts bzw. bei der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens um solche Maßnahmen handelt, die am Umfang der Prüfungspflichten und an der Alleinverantwortung der nach außen hin tätig werdenden Bauaufsichtsbehörde nichts ändern.
Erwachsen demgegenüber aus der Beteiligung von anderen Ämtern und Stellen für die dem Bürger entgegentretende Behörde rechtliche Bindungen, so kann auch ein bloßes Verwaltungsinternum (amts-)haftungsrechtliche Konsequenzen zu Lasten der mitwirkenden Stelle haben. So ist es in der Senatsrechtsprechung seit langem anerkannt, daß die rechtswidrige Versagung des erforderlichen Einvernehmens unmittelbare Amtshaftungs- oder Entschädigungsansprüche des Bauherren gegen die Gemeinde begründen kann, weil die Versagung die Bauaufsichtsbehörde daran hindert, die nachgesuchte Baugenehmigung zu erteilen (vgl. nur BGHZ 118, 263, 265; Urteil vom 1. Juli 1993 - III ZR 36/92 - NJW 1993, 3065). Des weiteren hat der Senat entschieden, daß das einem gemeindlichen Schulausschuß zustehende Vorschlagsrecht im Rahmen einer staatlichen Personalentscheidung im Falle der rechtswidrigen Ausübung dieses Rechts Amtshaftungsansprüche des übergangenen Bewerbers gegen die Gemeinde zu begründen vermag (Urteil vom 21. Oktober 1993 - III ZR 68/92 - NVwZ 1994, 825, 826).
c) In Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze ist die Drittgerichtetheit der dem IMPP obliegenden Amtspflichten im Verhältnis zu den Prüflingen zu bejahen.
Es ist eine Eigenart des Antwort-Wahl-Verfahrens, daß alle prüfungsrelevanten Entscheidungen schon bei der Fragestellung getroffen werden müssen. Mit der Wahl der Aufgabe und ihres Schwierigkeitsgrades wird über die Anforderungen in dem entsprechenden Ausbildungsstadium entschieden. Der korrekten Formulierung der Prüfungsaufgaben kommt eine zentrale Bedeutung zu, weil Ungenauigkeiten und Fehler, die zu Verständnisschwierigkeiten oder Irrtümern führen können, nicht durch Nachfragen des Prüflings oder im Wege des Meinungsaustausches zwischen Prüfling und Prüfer behoben werden können (vgl. eingehend hierzu BVerfGE 84, 59, 73).
Für die im Antwort-Wahl-Verfahren durchzuführenden schriftlichen ärztlichen Prüfungen sind im ganzen Bundesgebiet einheitliche Termine abzuhalten, bei denen jeweils allen Prüflingen dieselben Prüfungsfragen zu stellen sind (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 ÄAppO). Um diese bundesrechtlichen Vorgaben (vgl. auch § 14 Abs. 3 Satz 3 ÄAppO) erfüllen zu können, haben die Länder am 14. Oktober 1970 das Abkommen über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische Prüfungsfragen abgeschlossen (vgl. die Bekanntmachung im GV. NW. 1972 S. 10). Danach hat das IMPP, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts des Landes Rheinland-Pfalz mit Dienstherrenfähigkeit (Art. 1 Abs. 1 und 2 des Abkommens), die Prüfungsfragen mit den dazugehörigen Antwortmöglichkeiten zu erstellen, den Druck und die Versendung der Prüfungsbögen an die Landesprüfungsämter zu übernehmen, für die einheitliche Durchführung- der Prüfungstermine zu sorgen sowie die Prüfungsbögen technisch auszuwerten und die Auswertungsergebnisse an die Landesprüfungsämter zurückzusenden (Art. 2 des Abkommens in der Fassung des Änderungsabkommens vom 21. Oktober 1982, GV. NW. 1983 S. 137). In dem 1982 ebenfalls geänderten Art. 3 des Abkommens vom 14. Oktober 1970 haben sich die Länder gegenseitig dazu verpflichtet, die vom IMPP im Rahmen seiner Zuständigkeit getroffenen Maßnahmen als verbindlich anzuerkennen, wozu insbesondere die Aufstellung der Prüfungsaufgaben und die Festlegung der zutreffenden Antworten gehört.
Aus den genannten Vorschriften ergibt sich, daß das IMPP für die Aufstellung der Prüfungsaufgaben die Alleinverantwortung trägt. Dies reicht für die Schlußfolgerung aus, daß die dem IMPP im Rahmen des Prüfungsverfahrens obliegenden Amtspflichten auch den Schutz des Prüflings bezwecken. Dieses Ergebnis wird - entgegen der Auffassung der Revision - nicht dadurch in Frage gestellt, daß nach § 14 Absatz 4 Satz 1 ÄAppO die Landesprüfungsämter in einem späteren Stadium, nämlich vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses - wobei auch hier nach Absatz 4 Satz 2 entsprechend Absatz 3 Satz 3 und 4 das IMPP zu beteiligen ist (vgl. hierzu die Ausführung zu II. 2 b aa) -, die Prüfungsaufgaben darauf zu überprüfen haben, ob sie, gemessen an den Anforderungen des Absatzes 2, offensichtlich fehlerhaft sind. Ebensowenig spielt es für die Beurteilung der Drittgerichtetheit der Amtspflichten des IMPP eine Rolle, ob und inwieweit durch verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, mit denen unter Zugrundelegung der Festlegungen des IMPP ergangene Prüfungs- und Widerspruchsbescheide der Landesprüfungsämter aufgehoben werden, eigene Rechte des IMPP berührt werden (vgl. hierzu einerseits BVerwGE 98, 210, andererseits BayVGH, DVBl. 1991, 761).
3. Mit Erfolg wendet sich jedoch die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, das amtspflichtwidrige Verhalten von Bediensteten des IMPP sei für einen (möglichen) Schaden des Klägers kausal geworden.
a) Der Streitgegenstand des Feststellungsantrags ist trotz der weiten Fassung (Ersatz allen materiellen Schadens) nur auf einen etwaigen - eingetretenen oder noch zu erwartenden - Verdienstausfallschaden bezogen. Dies ergibt sich eindeutig aus der Klageschrift und den weiteren Schriftsätzen des Klägers; für einen sonstigen Schaden des Klägers fehlt jeglicher Sachvortrag.
b) Das Berufungsgericht führt den Umstand, daß der Kläger inzwischen das Medizinstudium aufgegeben hat, nicht auf die fehlerhafte Prüfungsentscheidung vom April 1991, sondern auf den Mißerfolg im Staatsexamen im August 1995 zurück. Es geht weiter davon aus, daß der Kläger in jedem Falle im Medizinstudium gescheitert wäre, so daß der eigentliche Zweck der Ärztlichen Vorprüfung, nämlich die spätere Qualifikation für den Arztberuf, für den Kläger von vornherein nicht erreichbar war.
Aufgrund dieser Feststellungen, gegen die Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, kann der Kläger den geltend gemachten Verdienstausfallschaden nicht verlangen.
aa) Der Schutzzweck der einer Behörde im Rahmen einer für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit notwendigen (Abschluß-)Prüfung obliegenden Amtspflichten liegt vor allem darin, dem Prüfling die Ausübung des angestrebten Berufs zu ermöglichen. Wird der Kandidat hieran durch eine rechtswidrige Prüfungsentscheidung gehindert, so ist ihm der entstandene Verdienstausfallschaden zu ersetzen, wobei dem Geschädigten die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zugute kommen (vgl. Senatsurteil vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241, 2242).
Darüber hinausgehend haben, worauf das Berufungsgericht entscheidend abgestellt hat, die bei Vor- und Zwischenprüfungen zu beachtenden Amtspflichten den Zweck, dem Kandidaten die ordnungsgemäße Fortsetzung der Ausbildung bzw. des Studiums zu erlauben. Die ungehinderte Fortsetzung der Ausbildung bzw. des Studiums mündet jedoch - was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verkannt hat - erst bzw. nur dann in einen entsprechenden Verdienstausfallschaden ein, wenn der Prüfling - wozu der Tatrichter gegebenenfalls eine Prognoseentscheidung zu treffen hat - für die Ausübung des angestrebten Berufs überhaupt hinreichend geeignet und befähigt ist. Ist demgegenüber der Prüfling - was das Berufungsgericht vorliegend unangegriffen festgestellt hat - von vornherein nicht in der Lage, die berufliche "End-Qualifikation", für die die in Rede stehende Vorprüfung nur ein notwendiges Zwischenstadium darstellt, zu erreichen, so erweist sich die angestrebte Verdienstmöglichkeit in Wirklichkeit als von Anfang an nicht gegeben. Sie ist dem Prüfling also nicht erst durch die fehlerhafte Prüfungsentscheidung genommen worden, so daß es an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Vermögensschaden fehlt.
Von der Möglichkeit des Eintritts eines "ausbildungs- bzw. berufsspezifischen" Verdienstausfallschadens ist im übrigen auch nicht deshalb ohne weiteres auszugehen, weil der Kläger nunmehr Zahnmedizin studiert und für dieses Studium der erfolgreiche Abschluß der Ärztlichen Vorprüfung von Vorteil ist (vgl. § 61 der Approbationsordnung für Zahnärzte i.d.F. der Änderungsverordnung vom 19. Juni 1964, BGBl. I S. 417). Aufgrund des Studienverlaufs und der festgestellten Ungeeignetheit des Klägers für das Studium der Medizin bzw. den Arztberuf hätte es näherer Darlegungen dazu bedurft, warum der Kläger gleichwohl für den "artverwandten" Studiengang bzw. Beruf Zahnmedizin hinreichend qualifiziert ist.
bb) Ein ersatzfähiger Verdienstausfallschaden läßt sich vorliegend auch nicht mit der Erwägung begründen, unabhängig davon, welche Verdienstmöglichkeiten dem Kläger noch offenstehen bzw. welche er einmal ausnutzen wird, sei durch die fehlerhafte Prüfungsentscheidung eine Verzögerung im beruflichen Fortkommen eingetreten, die - wann und in welcher Form auch immer - einen Einkommensausfall zur Folge haben wird.
Damit würde verkannt, daß jeder, der eine bestimmte berufliche Qualifikation anstrebt, das Risiko eingeht, daß sich im weiteren Verlauf der Ausbildung seine Ungeeignetheit herausstellt. Diese Eigenverantwortung für den Berufs- und Lebensweg, verbunden mit der Gefahr des Scheiterns und der Obliegenheit, sich gegebenenfalls - je nach "Ausbildungslage" - beruflich neu zu orientieren, kann bei wertender Betrachtung dem Auszubildenden oder dem Studenten nicht schon bei jedweder fehlerhaften Prüfungsentscheidung (teilweise) abgenommen werden. Dies gilt vor allem in dem vorliegenden Fall, in dem für den Kläger spätestens im Frühjahr 1992 - nach dem nach § 20 Abs. 1 ÄAppO eigentlich endgültigen Scheitern in der zweiten Wiederholungsprüfung der Ärztlichen Vorprüfung - und nicht erst nach dem Nichtbestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung Anlaß dazu bestanden hätte, seine Eignung und Befähigung für das Studium der Medizin bzw. den Beruf des Arztes ernsthaft in Frage zu stellen.
II. Zur Revision des Klägers
Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht einen gegen das beklagte Land gerichteten Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG schon wegen des fehlenden Verschuldens der Bediensteten des Landesprüfungsamts verneint.
1. Vergebens wendet sich die Revision gegen den Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts, daß sich das beklagte Land die (schuldhafte) Amtspflichtverletzung des IMPP nicht als eigenes pflichtwidriges Verhalten zurechnen lassen muß.
Zu Recht nimmt das Berufungsgericht angesichts der eigenverantwortlichen Erstellung der Prüfungsaufgaben durch das IMPP und der mit dieser Festlegung nach den einschlägigen Vorschriften der Approbationsordnung für Ärzte und des Länderabkommens vom 14. Oktober 1970 einhergehenden Bindung der Landesprüfungsämter (vgl. hierzu I 2 c) an, daß das IMPP nicht als bloßer "Verwaltungshelfer" der Landesprüfungsämter angesehen werden kann (vgl. allgemein zu diesem Begriff, der üblicherweise nur auf solche privaten Hilfspersonen angewendet wird, die nicht in einem förmlichen Beleihungsverhältnis stehen, MünchKomm-BGB/Papier, 3. Aufl., § 839 Rn. 133 f). Es gilt vielmehr auch im Verhältnis zwischen dem IMPP, einer rechtsfähigen, der Aufsicht des für das Gesundheitswesen zuständigen Ministers des Landes Rheinland- Pfalz (Art. 1 Abs. 3 des Abkommens vom 14. Oktober 1970) unterstehenden Anstalt des öffentlichen Rechts, und den einzelnen Landesprüfungsämtern der allgemeine Grundsatz, daß das Zusammenwirken mehrerer eigenständig organisierter und geleiteter Behörden oder Stellen bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben nicht "automatisch" zur Folge hat, daß das Fehlverhalten von Bediensteten der einen Stelle der anderen Stelle zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 17, 21).
2. Dementsprechend kommt eine Verantwortlichkeit des Landesprüfungsamts des beklagten Landes nur insoweit in Betracht, als den Bediensteten dieser Behörde bei der Feststellung des Prüfungsergebnisses des Klägers eigenes Fehlverhalten zum Vorwurf gemacht werden kann.
a) Nach § 14 Abs. 4 ÄAppO sind die Prüfungsaufgaben durch die Landesprüfungsämter vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses darauf zu überprüfen, ob sie, gemessen an den Anforderungen des Absatzes 2 - wonach die Prüfungsfragen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sein und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen müssen - offensichtlich fehlerhaft sind.
Soweit das Berufungsgericht ein Verschulden der Bediensteten des Landesprüfungsamts mit der Erwägung verneint hat, die vom Verwaltungsgericht beanstandete Prüfungsaufgabe sei zwar fehlerhaft gewesen aber nicht in dem Sinne "offensichtlich fehlerhaft", daß der Fehler klar und deutlich hervorgetreten wäre, beruhen diese Ausführungen, wie die Revision zu Recht rügt, auf einer Verkennung des Begriffs der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit im Sinne des § 14 Abs. 4 ÄAppO.
Zweck der nach § 14 Abs. 4 ÄAppO vorgesehenen Überprüfung der Prüfungsfragen ist es, solche Prüfungsfragen zu eliminieren - und zwar auf eine Art und Weise, daß sich dies nicht zum Nachteil eines Prüflings auswirkt (§ 14 Abs. 4 Satz 6 ÄAppO) -, die nach den Maßstäben des § 14 Abs. 2 ÄAppO als ungeeignet anzusehen sind: Fragen, die so nicht hätten gestellt werden dürfen, sind danach grundsätzlich bei der Ermittlung und Feststellung des Prüfungsergebnisses als nicht gestellt zu behandeln. Offensichtlich fehlerhaft im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 ÄAppO ist daher - im Anschluß an die Ausführungen zu I 1 - unter anderem jede Prüfungsaufgabe, die Fragestellungen oder Antworten enthält, die unverständlich, mißverständlich, widersprüchlich oder mehrdeutig formuliert sind, also insbesondere auch eine Aufgabe, die - wie hier - nach den amtlich vorgegebenen Antwort-Alternativen systemwidrig mehrfach vertretbar beantwortet werden kann (BVerwGE 98, 210, 216 f; vgl. auch die amtliche Begründung zur Fünften Änderungsverordnung, BR-Drucks. 372/86 S. 12). Darauf, ob sich die Ungeeignetheit einer Prüfungsfrage alsbald oder erst in einem gerichtlichen Verfahren nachträglich herausstellt, kommt es für die Annahme der "Offensichtlichkeit" ihrer Fehlerhaftigkeit nicht an (BVerwG aaO).
b) Gleichwohl hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht (jedenfalls) ein Verschulden der Amtswalter des Landesprüfungsamts verneint.
aa) Nach § 14 Abs. 4 Satz 2 ÄAppO gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend. Danach sollen sich die Landesprüfungsämter bei der vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses anzustellenden Überprüfung bzw. Festlegung, ob eine Prüfungsfrage offensichtlich fehlerhaft ist, des IMPP "bedienen". Das ist vorliegend geschehen. Das Landesprüfungsamt hat bereits im Widerspruchsverfahren eine Stellungnahme des IMPP eingeholt und diese, dem Kläger mitgeteilte, Stellungnahme seiner Widerspruchsentscheidung zugrunde gelegt. Des weiteren hat es sein Prozeßverhalten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren an den "Vorgaben" des IMPP ausgerichtet. Die von Verordnungs wegen vorgesehene Einschaltung des IMPP hat den Zweck, den Grundsatz der Chancengleichheit zu wahren, der im Prüfungsverfahren gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gilt und der eine formale Gleichstellung aller Prüflinge erfordert (BVerwG aaO S. 218). Diese Gleichbehandlung kann, da die schriftlichen ärztlichen Prüfungen im ganzen Bundesgebiet einheitlich durchzuführen sind, von den einzelnen Landesprüfungsämtern allein nicht gewährleistet werden. Dabei kann dahinstehen, ob § 14 Abs. 4 Satz 2 ÄAppO - und in Übereinstimmung damit die Art. 2 und 3 des Länderabkommens vom 14. Oktober 1970 - so auszulegen sind, daß das Landesprüfungsamt von Rechts wegen in jedem Falle dazu verpflichtet ist, im Rahmen eines Widerspruchs- oder eines verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens der Auffassung des IMPP zu folgen (in diesem Sinne BayVGH, DVBl. 1991, 761, 762; vom Bundesverwaltungsgericht aaO S. 215 nicht entschieden). Jedenfalls gebietet es der Wortlaut des § 14 Abs. 2 ÄAppO und der Grundsatz der Gleichbehandlung der Prüflinge, daß das Landesprüfungsamt bei seiner Entscheidung die Stellungnahme des IMPP zu beachten hat, also allenfalls in begründeten Ausnahmefällen hiervon abweichen darf.
bb) Hinzu kommt, daß gerade die Herstellung geeigneter Prüfungsfragen im Antwort-Wahl-Verfahren nicht nur medizinische Kenntnisse, sondern auch eine große Erfahrung auf dem Gebiet der Testtheorie voraussetzt. Die Einsicht, daß die einzelnen Landesprüfungsämter mit dieser Aufgabe überfordert sind, war ausschlaggebend für die Entscheidung, zwecks bundeseinheitlicher Durchführung der schriftlichen Medizinprüfungen ein besonderes "Prüfungsfrageninstitut" einzurichten (vgl. amtliche Begründung zur Approbationsordnung für Ärzte, BR-Drucks. 437/70, S. 29 f).
Wenn sich daher die Landesprüfungsämter bei ihren Prüfungsentscheidungen den generell überlegenen Sachverstand des IMPP nutzbar machen, so gereicht es ihnen nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab des § 839 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht zum Verschulden, wenn sie ihre eigene Meinungsbildung nach der Auffassung der Fachbehörde IMPP ausrichten. Dies gilt zumindest dann, wenn - wie hier - kein Anhalt dafür besteht, daß ein verantwortlicher Amtsträger des Prüfungsamts einen besseren Kenntnisstand als das IMPP selbst hat.
3. Im übrigen wäre eine Amtshaftung des beklagten Landes auch deshalb zu verneinen, weil dem Kläger ein ersatzfähiger Verdienstausfallschaden nicht entstanden ist bzw. entstehen kann (s. die Ausführugen zu I 3).
Ende der Entscheidung
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