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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.02.1999
Aktenzeichen: IV ZB 2/99
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 9
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
ZPO § 234 Abs. 3
GKG § 12 Abs. 1 Satz 2
GKG § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IV ZB 2/99

vom

10. Februar 1999

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Schmitz, die Richter Dr. Schlichting, Terno und Seiffert und die Richterin Ambrosius

am 10. Februar 1999

beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, 14. Zivilsenat in Kassel, vom 9. Dezember 1998 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 176.460,50 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und gleichzeitig die Berufung als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die beklagte Versicherung auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage durch ein am 30. April 1997 verkündetes Urteil abgewiesen, das dem Kläger erst am 9. Oktober 1997 zugestellt worden ist. Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 30. Oktober 1997 am 31. Oktober 1997 Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 2. Januar 1998 begründet hat. Das Berufungsgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 8. Dezember 1998 anberaumt. Aufgrund eines Hinweises des Berufungsgerichts vom 27. November 1998 hat der Kläger am 4. Dezember 1998 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er sich auf ein Versehen seiner mit der selbständigen Berechnung und Kontrolle der Berufungsfristen betrauten Sekretärin berufen.

Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung hauptsächlich mit der Begründung abgelehnt, daß der Kläger die Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO versäumt habe; ein Ausnahmetatbestand, der die Nichtanwendung dieser Vorschrift rechtfertigen könnte, liege nicht vor. Außerdem hat das Berufungsgericht die Versäumung der Berufungsfrist auf ein eigenes Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Klägers zurückgeführt, der bei seiner Abfassung der Berufungsschrift am 30. Oktober 1997 die Einhaltung der Berufungsfrist selber hätte prüfen und für den Eingang der Berufung bei Gericht noch am selben Tage hätte sorgen müssen.

II. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Die angefochtene Entscheidung wird schon von dem Teil der Begründung getragen, in dem das Berufungsgericht auf das eigene Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Klägers bei seiner Abfassung der Berufungsschrift abgestellt hat. Hierzu enthält das Beschwerdevorbringen des Klägers keine Stellungnahme. Diese Begründung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Fristensicherung wieder dem Rechtsanwalt selbst obliegt, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit der befristeten Prozeßhandlung zur Bearbeitung vorgelegt werden. Er muß dann die Frist noch einmal nachberechnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269; vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632 unter II; vom 30. April 1998 - VII ZB 5/97 - NJW 1998, 2676 unter III 2 b). Hätte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die Berufungsfrist geprüft, als ihm - spätestens am Tage der Bearbeitung, dem 30. Oktober 1997 - die Handakten zur Anfertigung der Berufungsschrift vorgelegt wurden, so hätte er festgestellt, daß diese Frist am selben Tage ablief. Die Berufungsschrift hätte dann noch rechtzeitig beim zuständigen Senat des Berufungsgerichts, der sich am selben Ort wie die Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten befindet, eingereicht werden können. Der Sorgfaltsverstoß des Prozeßbevollmächtigten wird umso deutlicher, als sich ihm beim Diktat des Datums der Berufungsschrift, dem 30. Oktober 1997, und beim nachfolgenden Diktat des Verkündungsdatums, dem 30. April 1997, der Ablauf der sechs Monate, welche die äußerste Grenze für die Einlegung der Berufung bilden, eigentlich aufdrängen mußte. Daher beruht die Fristversäumung auf einem Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Klägers, welches sich dieser gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Mithin fehlt es an der Voraussetzung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, daß die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO).

Die weitere Frage, auf welche der Kläger seine Beschwerde unter Wiederholung seines Vorbringens gestützt hat, ob der Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO schon unzulässig ist oder ob hier ein die Nichtanwendung dieser Vorschrift rechtfertigender Ausnahmetatbestand vorliegt, brauchte daher nicht entschieden zu werden.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 17 Abs. 4 GKG analog; §§ 12 Abs. 1 Satz 2 GKG, 9 ZPO).



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