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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 03.05.2000
Aktenzeichen: IV ZR 110/99
Rechtsgebiete: AVB f. Krankentagegeldversicherung


Vorschriften:

AVB f. Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94) § 4
AVB f. Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94) § 4

Mit Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 4 Abs. 7 MB/KT 94) hat der Versicherungsnehmer noch nicht bewiesen, daß er bedingungsgemäß arbeitsunfähig war.

BGH, Urteil vom 3. Mai 2000 - IV ZR 110/99 - Hanseatische OLG Hamburg LG Hamburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IV ZR 110/99

Verkündet am: 3. Mai 2000

Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Schmitz, die Richter Prof. Römer, Dr. Schlichting, Terno und die Richterin Ambrosius auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 13. April 1999 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung in der Fassung der Musterbedingungen 1994 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 94) nebst Tarifen und Tarifbedingungen der Beklagten zugrunde lagen. Er nimmt die Beklagte auf Zahlung von Krankentagegeld für die Zeit vom 14. Oktober 1994 bis 13. Juli 1995 in Anspruch; dabei errechnet er unter Abzug noch geschuldeter Versicherungsbeiträge und bei einem vertraglich vereinbarten Tagegeld von 200 DM eine Gesamtforderung von 53.690,80 DM.

Der Kläger war - und ist seit 1. Juli 1997 erneut - bei einem Versicherungsunternehmen als Werbeinspektor tätig. Seit dem 1. August 1993 war er nach Maßgabe von ihm vorgelegter ärztlicher Bescheinigungen fortlaufend arbeitsunfähig. Er unterzog sich in der Zeit vom 2. August 1994 bis 13. September 1994 auf Kosten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte einem stationären Rehabilitationsverfahren, aus dem er nach ärztlicher Einschätzung als "sofort arbeitsfähig" entlassen wurde. Unbeschadet dessen legte er auch für die Folgezeit und über den hier streitigen Zeitraum hinweg ärztliche Bescheinigungen vor, nach deren Inhalt er weiterhin arbeitsunfähig war. Die Beklagte leistete das vertraglich vereinbarte Tagegeld bis zum 13. Oktober 1994. Weitere Leistungen lehnte sie zunächst mit der Begründung ab, daß beim Kläger bereits im November 1993 Berufsunfähigkeit eingetreten sei; später bestritt sie in erster Linie das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im hier streitigen Zeitraum.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch auf (weiteres) Krankentagegeld zu. Er habe nicht bewiesen, daß er in der Zeit vom 14. Oktober 1994 bis zum 13. Juli 1995 arbeitsunfähig gewesen sei.

Allein durch die Vorlage von ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 4 Abs. 7 MB/KT 94) werde dieser Beweis nicht erbracht. Dem Versicherer bleibe es deshalb unbenommen, noch im Rechtsstreit das Vorliegen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit zu bestreiten. Das gelte auch dann, wenn der Versicherer zuvor von der ihm mit § 9 Abs. 3 MB/KT 94 eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, den Versicherungsnehmer durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. Denn eine Bindung des Versicherers an die vom Versicherungsnehmer vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestehe auch in diesem Falle nicht. Eine derartige Rechtsfolge sei § 9 Abs. 3 MB/KT 94 nicht zu entnehmen. Auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes rechtfertige eine so weitgehende Beschränkung der Rechtsstellung des Versicherers nicht. Aber auch nach Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme - der Aussage des den Kläger seinerzeit behandelnden Arztes und des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen - könne Arbeitsunfähigkeit des Klägers in dem in Rede stehenden Zeitraum nicht als bewiesen angesehen werden.

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

II.

1. Bei einer Krankentagegeldversicherung, der den MB/KT 94 entsprechende Bedingungen zugrunde liegen, gewährt der Versicherer im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld im vertraglich vereinbarten Umfang (§ 1 Abs. 1 MB/KT 94). Dabei ist Versicherungsfall gemäß § 1 Abs. 2 MB/KT 94 die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Maßgebliches Kriterium (vgl. Bach/Moser, Private Krankenversicherung 2. Aufl. MB/KT § 1 Rdn. 8) für das Vorliegen eines Versicherungsfalles ist danach die zur medizinischen Heilbehandlung hinzutretende und in deren Verlauf ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit, deren Voraussetzungen mit § 1 Abs. 3 MB/KT 94 näher bestimmt werden. Das Vorliegen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Eintritts eines Versicherungsfalles ist - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - vom Versicherungsnehmer zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - IV ZR 238/90 - VersR 1992, 345 unter II 2 f; vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. MB/KT 94 § 1 Rdn. 8; Wilmes/Müller-Frank, VersR 1990, 345, 347).

2. Diesen Beweis hat der Kläger nicht bereits dadurch geführt, daß er der Beklagten Bescheinigungen des ihn behandelnden Arztes vorgelegt hat, in denen das (Fort-)Bestehen von Arbeitsunfähigkeit attestiert worden ist.

a) Der Eintritt des Versicherungsfalles in der hier genommenen Krankentagegeldversicherung setzt unter anderem voraus, daß Arbeitsunfähigkeit während der Heilbehandlung "ärztlich festgestellt" wird (§ 1 Abs. 2 MB/KT 94). Ergänzend bestimmt § 4 Abs. 7 Satz 1 MB/KT 94, daß Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit durch Bescheinigung des behandelnden Arztes oder Zahnarztes nachzuweisen sind. Aus diesem Zusammenhang und insbesondere aus § 4 Abs. 7 MB/KT 94 folgt nicht, daß der Versicherungsnehmer den Beweis bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit bereits und allein durch Vorlage dieser ärztlichen Bescheinigung geführt hat. Denn auch der Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnismöglichkeiten bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen abzustellen ist (BGHZ 123, 83, 85), wird allein der Wendung "... durch Bescheinigung ... nachzuweisen" nicht entnehmen, daß er mit der Vorlage der geforderten ärztlichen Bescheinigung des von ihm ausgewählten Arztes den Eintritt von Arbeitsunfähigkeit bewiesen habe und sein Versicherer daran gebunden sein könnte. Das gilt umso mehr, als § 4 Abs. 7 MB/KT 94 in erkennbarem Zusammenhang mit der Regelung des § 9 Abs. 1 MB/KT 94 steht. Nach ihr ist dem Versicherer die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit "... durch Vorlage eines Nachweises (§ 4 Abs. 7) anzuzeigen". Die Vorlage des Nachweises in Gestalt der in § 4 Abs. 7 MB/KT 94 genannten ärztlichen Bescheinigung ist damit Teil der den Versicherungsnehmer treffenden Anzeigeobliegenheit gemäß § 9 Abs. 1 MB/KT 94 (vgl. Bach/Moser, aaO § 4 MB/KT Rdn. 21). Danach obliegt es dem Versicherungsnehmer also nicht nur, dem Versicherer unverzüglich oder spätestens innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist Kenntnis von einem nach seiner Auffassung eingetretenen Versicherungsfall zu verschaffen, er ist weiter gehalten, auch einen Nachweis (§ 4 Abs. 7 MB/KT 94) vorzulegen, aus dem sich die von § 1 Abs. 2 MB/KT 94 vorausgesetzte "ärztlich festgestellte" Arbeitsunfähigkeit ergibt. Das ist der rechtliche Zusammenhang, in den der Nachweis gemäß § 4 Abs. 7 MB/KT nach Maßgabe der Bedingungen einzuordnen ist; eine Beweisregel, nach der es dem Versicherer verwehrt sein könnte, die inhaltliche Richtigkeit dieses Nachweises zu bestreiten, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr eröffnet dem Versicherer erst der vom Versicherungsnehmer vorzulegende Nachweis die Möglichkeit der Prüfung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist, ob Ausschlußtatbestände (§ 5 MB/KT 94) eingreifen.

b) Auch unter Berücksichtigung der Regelung in § 9 Abs. 3 MB/KT 94 ergibt sich - wie das Berufungsgericht zutreffend sieht - nichts anderes. Nach § 9 Abs. 3 MB/KT 94 ist die versicherte Person auf Verlangen des Versicherers verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. Die Klausel begründet damit - worauf schon die Überschrift des § 9 hinweist - eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, mit der sich der Versicherer die Möglichkeit sichert, überprüfen zu lassen, ob die ihm vom Versicherungsnehmer angezeigte und in einer ärztlichen Bescheinigung (§ 4 Abs. 7 MB/KT 94) festgestellte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, ob insbesondere die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 MB/KT 94 erfüllt sind.

aa) Allerdings wird dem Regelungszusammenhang von §§ 4 Abs. 7 und 9 Abs. 3 MB/KT 94 darüber hinaus teilweise entnommen, daß der Versicherer an die ihm vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gebunden sei, wenn er von der Möglichkeit, eine Untersuchung zu verlangen, keinen Gebrauch mache (vgl. OLG Hamm VersR 1987, 1085; VersR 1988, 843; r+s 1998, 76; OLG Köln VersR 1994, 547; OLG Karlsruhe VVGE § 1 MB/KT Nr. 11). Nehme der Versicherer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unbeanstandet entgegen, sei es ihm verwehrt, die Arbeitsunfähigkeit nachträglich zu bestreiten. Denn es sei mit Sinn und Zweck einer Krankentagegeldversicherung unvereinbar, wenn der Versicherer die Bescheinigung entgegennehme, sein Recht zur Nachuntersuchung nicht wahrnehme, später aber die Voraussetzungen der Zahlungspflicht solle bestreiten und dem Versicherungsnehmer Einkommen, mit dem dieser aufgrund der ärztlichen Bescheinigung habe rechnen dürfen, rückwirkend solle vorenthalten können.

Diese Auffassung hat Widerspruch erfahren (vgl. neben dem Berufungsgericht auch OLG Saarbrücken VVGE MB/KT § 1 Nr. 12; OLG Celle OLGR 1999, 269; vgl. auch Prölss, aaO MB/KT 94 § 4 Rdn. 11; Bach/Moser, aaO § 1 MB/KT Rdn. 23; Wilmes/Müller-Frank, aaO; Wilmes, VersR 1994, 548). Auch der Senat vermag ihr nicht zu folgen.

bb) § 9 Abs. 3 MB/KT 94 ist - auch im Zusammenhang mit § 4 Abs. 7 MB/KT 94 - keine Beweisregel dahin zu entnehmen, daß der Versicherer - macht er von der Möglichkeit, eine Untersuchung des Versicherten zu verlangen, keinen Gebrauch - an die vom Versicherungsnehmer vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gebunden bliebe, es ihm verwehrt wäre, Arbeitsunfähigkeit zu bestreiten. Schon der Wortlaut des § 9 Abs. 3 MB/KT 94 bietet für eine solche Auslegung keine Stütze. Die Klausel begründet eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, schafft aber nicht gleichzeitig eine solche des Versicherers, deren Nichterfüllung Beweisnachteile für den Versicherer zur Folge haben könnte. Eine andere Einordnung wird auch vom erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel und ihrem systematischen Zusammenhang mit § 4 Abs. 7 MB/KT 94 nicht getragen. Zwar ist davon auszugehen, daß die unverzügliche Anzeige des behaupteten Versicherungsfalles (§ 9 Abs. 1 MB/KT 94) unter Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einerseits und andererseits das Recht des Versicherers, eine Untersuchung des Versicherten zu verlangen, auf eine schnelle Klärung der Frage zielen, ob der Versicherungsfall eingetreten ist. Ebenso ist zu berücksichtigen, daß eine solche zeitnahe Klärung nicht nur dem Interesse des Versicherers dient, sondern zumindest ebenso dem berechtigten Interesse des Versicherungsnehmers entspricht, der mit der Versicherung Schutz gegen Verdienstausfall erstrebt (§ 1 Abs. 1 MB/KT 94) und deshalb Klarheit darüber erlangen will, ob er mit Leistungen seines Versicherers rechnen kann. Gleichwohl ergibt sich aus diesen Zusammenhängen keine Rechtfertigung für die von der Gegenauffassung angenommene Bindungswirkung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Denn auch dann, wenn der Versicherer von der Möglichkeit Gebrauch macht, eine Untersuchung des Versicherten durch einen von ihm beauftragten Arzt zu verlangen, entfalten die in der Nachuntersuchung zur Arbeitsunfähigkeit getroffenen ärztlichen Feststellungen nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen keine Bindungswirkung, und zwar weder für den Versicherer noch für den Versicherungsnehmer. Die mit den Bedingungen erstrebte schnelle Klarheit in der Frage, ob der Versicherungsfall eingetreten ist, gibt es also selbst dann nicht, wenn der Versicherer durch sein Nachuntersuchungsverlangen eine weitere ärztliche Feststellung zur Arbeitsunfähigkeit herbeiführt. Unter diesem Blickwinkel ist kein tragfähiger Grund für die Annahme erkennbar, daß gleichwohl der Versicherer einseitig an die ihm vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des vom Versicherungsnehmer ausgewählten Arztes gebunden sein soll, wenn er von der Möglichkeit des § 9 Abs. 3 MB/KT 94 keinen Gebrauch gemacht hat. Das führte vielmehr zu einer Ungleichgewichtung der Interessen der Vertragspartner, weil der Versicherer einerseits - verlangt er die Untersuchung nicht - an die ihm vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des vom Versicherungsnehmer ausgewählten Arztes gebunden bliebe, er aber andererseits auch bei einer Nachuntersuchung nicht mehr erreichen könnte, als sein Recht zum Bestreiten von Arbeitsunfähigkeit zu wahren (vgl. Wilmes, aaO). Das aber könnte zu einer Ausweitung von Nachuntersuchungsverlangen führen, die den Interessen beider Vertragspartner nicht entspricht.

Es kommt hinzu: Selbst wenn der Versicherer von der Möglichkeit des § 9 Abs. 3 MB/KT 94 keinen Gebrauch macht, führt das nicht notwendig zu einer Ungewißheit des Versicherungsnehmers darüber, ob der Versicherer dem erhobenen Anspruch auf Krankentagegeld entsprechen wird. Hat der Versicherungsnehmer den sich unter anderem aus §§ 9 Abs. 1, 4 Abs. 7 MB/KT 94 ergebenen Obliegenheiten Genüge getan, ist der Versicherer gemäß §§ 6 MB/KT 94, 11 VVG zur Leistung verpflichtet. Hält er weitere Feststellungen zum Eintritt des Versicherungsfalles, also insbesondere eine Nachuntersuchung des Versicherten, nicht für geboten, tritt grundsätzlich Fälligkeit der Leistungen ein. Leistet der Versicherer gleichwohl nicht, kann der Versicherungsnehmer kaum zweifeln, daß die Frage der Leistungspflicht des Versicherers streitig werden wird. Das Interesse des Versicherungsnehmers an der schnellen Klärung, ob er mit Leistungen seines Versicherers rechnen kann, wird also selbst dann nicht nachhaltig beeinträchtigt, wenn der Versicherer von einer Nachuntersuchung des Versicherten gemäß § 9 Abs. 3 MB/KT 94 absieht.

cc) Soweit der Senat in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 29. Juni 1977 - IV ZR 63/76 - VersR 1977, 833) in der Frage der Bindung des Versicherers an eine ihm vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, beruhte dies auf der Auslegung anders gestalteter Versicherungsbedingungen, die hinsichtlich des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Feststellungsverfahren vorsahen.

3. Schließlich verfängt auch der Einwand der Revision nicht, der Versicherer dürfe sich jedenfalls dann nicht auf das Fehlen von Arbeitsunfähigkeit berufen, wenn er zwar Anhaltspunkte habe, die eine Untersuchung des Versicherten angezeigt erscheinen ließen, er von einem Untersuchungsverlangen gemäß § 9 Abs. 3 MB/KT 94 aber gleichwohl absehe. Denn die von der Revision insoweit befürwortete Gleichstellung mit der Verletzung der Risikoprüfungsobliegenheit des Versicherers im Rahmen des Vertragsschlusses (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1992 - IV ZR 55/91 - VersR 1992, 603; vom 2. November 1994 - IV ZR 201/93 - VersR 1995, 80) kommt nicht in Betracht. Bei der Frage des Beweises von Arbeitsunfähigkeit geht es nicht um die Entschließung des Versicherers über den Vertragsschluß, sondern um den Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer. Wenn der Versicherer in diesem Rahmen eine ihm zu Gebote stehende Aufklärungsmöglichkeit nicht nutzt und gleichwohl leistet, führt das im Rückforderungsfall für den Versicherer - und nicht für den Versicherungsnehmer - zu Beweisnachteilen. Denn in diesem Falle ist es Sache des Versicherers, den fehlenden Rechtsgrund seiner Leistungen zu beweisen, mithin auch, daß der Versicherte im Leistungszeitraum nicht bedingungsgemäß arbeitsunfähig war. Dagegen ist es nicht gerechtfertigt, den Vorwurf eines unredlichen Verhaltens des Versicherers allein daran zu knüpfen, daß dieser von einer ihm zustehenden Aufklärungsmöglichkeit bei Prüfung des Eintritts des Versicherungsfalles keinen Gebrauch macht.

4. Die von der Revision gerügten Verfahrensmängel hat der Senat geprüft, sie aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 565a ZPO).

Ende der Entscheidung

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