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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.08.2007
Aktenzeichen: IV ZR 130/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 544 Abs. 7 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 20. August 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 20. August 2007
beschlossen:
Tenor:
1. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Februar 2007.
2. Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das vorbezeichnete Urteil zugelassen.
3. Gemäß § 544 Abs. 7 ZPO wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 25.000 €
Gründe:
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe keine weiteren verjährungshemmenden Verhandlungsmaßnahmen nach dem 8. November 2004 vorgetragen, so dass von einer Beendigung der Verhandlungen durch "Einschlafenlassen" mit Ablauf des 8. Dezember 2004 auszugehen sei, verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass Verhandlungen nach diesem Stichtag zwischen den Parteien nicht umstritten waren. Das Landgericht ist von entsprechenden Verhandlungen ausgegangen. Sein prozessleitender Hinweis vom 27. April 2006 bezog sich lediglich auf fehlende Substantiierung verjährungshemmender Maßnahmen zwischen Mai und August 2004. Nach dem stattgebenden Urteil des Landgerichts bestand keinerlei Anlass - und war für den Kläger selbst bei sorgfältigster Sachbehandlung nicht zu erkennen -, dass er für die Zeit nach dem 8. November 2004 dazu noch etwas hätte vortragen sollen. Allein die Anlagen B 6, B 7 und B 21 enthalten vielmehr klare Hinweise auf zahlreiche briefliche und fernmündliche Kontakte wie insbesondere das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2005, die auf eine Fortsetzung der Verhandlungen zumindest hindeuten.
An diesem - nach Aktenlage - unstreitigen Sachverhalt, hat sich auch in der Berufungsinstanz nichts geändert. Der vage Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung auf die "Verjährungsproblematik" ist aus sich heraus nicht verständlich. Die anschließende Bitte des Klägers im Schriftsatz vom 10. Januar 2007 um Mitteilung "welcher Vortrag hinsichtlich der vom Senat so benannten "Verjährungsproblematik" von seiner Seite erforderlich sei" belegt, dass dieser Hinweis von ihm auch nicht verstanden worden ist.
Bei dieser Sachlage hätte das Berufungsgericht den Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht übergehen und die Klage abweisen dürfen. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht der Verfahrensbeteiligten, vor einer gerichtlichen Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144). Dabei müssen sie zwar alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte grundsätzlich von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (BVerfGE 74, 1, 5; BVerfG NJW 1996, 3202). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Wahrung rechtlichen Gehörs setzt jedoch voraus, dass die Parteien bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welche Gesichtspunkte es für die Entscheidung ankommen kann (BVerfGE 84, 188, 190). Ohne klaren vorherigen Hinweis oder verständliche Erörterung mit den Parteien darf das Gericht nicht auf einen Gesichtspunkt abstellen, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen braucht (BVerfGE 86, 133, 144 ff.).
Auf diesem Gehörsverstoß beruht die angefochtene Entscheidung. Insbesondere hat der Kläger ausreichend dargelegt, was er auf einen solchen rechtzeitig erteilten Hinweis vorgetragen hätte. Die Beschwerde hat mit der vorgelegten fortlaufenden Korrespondenz seit Dezember 2004, die im Wesentlichen bereits in dem Prozesskostenhilfegesuch sorgfältig aufgelistet worden ist, substantiiert dargetan, dass der Kläger die verjährungshemmenden Verhandlungen nicht - wie vom Berufungsgericht angenommen - hat einschlafen lassen. Das führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, da die Sache insoweit noch nicht entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Ende der Entscheidung
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