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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: IV ZR 132/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 520 Abs. 2 Satz 3 | |
ZPO §§ 233 ff |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 18. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 18. Juli 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. März 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 102.258 €
Gründe:
I. Im Rahmen einer Auseinandersetzung der Parteien über den Pflichtteil der Klägerin haben die Beklagten widerklagend beantragt, die Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld, die der Klägerin von der Erblasserin, der Mutter der Parteien, bestellt worden war, für unzulässig zu erklären. Das Landgericht hat der Widerklage mit Teilurteil vom 17. November 2005 stattgegeben, das der Klägerin am 22. November 2005 zugestellt worden ist. Ihr Prozessbevollmächtigter hat Berufung eingelegt und mit einem Telefax vom 18. Januar 2006 ohne jede weitere Erläuterung oder Begründung darum gebeten, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 28. Februar 2006 zu verlängern. Der Senatsvorsitzende des Berufungsgerichts hat am Freitag, dem 20. Januar 2006 verfügt, die Berufungsbegründungsfrist werde nicht verlängert, weil keine Gründe für die erbetene Verlängerung dargelegt worden seien und das Verfahren durch die Verlängerung verzögert würde (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Mit Telefax vom 24. Januar 2006 hat der Senatsvorsitzende den Klägervertreter auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am Montag, dem 23. Januar 2006, hingewiesen. Nach Anwaltswechsel hat die Klägerin mit Telefax vom 1. Februar 2006 u.a. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das Berufungsgericht hat diesen Antrag durch das angegriffene Urteil zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Soweit geltend gemacht werde, der Klägervertreter habe die ablehnende Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. Januar 2006 erst nach Fristablauf erhalten, sei die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten versäumt worden, weil dieser rechtzeitig bei Gericht habe nachfragen können. Soweit in der Vergangenheit in vor dem Senat anhängigen Berufungsverfahren Begründungsfristen verlängert worden seien, sei dies regelmäßig nur geschehen, wenn der Berufungskläger hierfür tragfähige Gründe mitgeteilt habe. Unabhängig von der Frage, ob eine zweiwöchige Fristverlängerung für den Senat üblich sei, habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedenfalls nicht darauf vertrauen dürfen, dass einem unbegründeten Gesuch entsprochen werde.
Die Klägerin hat rechtzeitig Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Sie rügt u.a. eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG und macht ferner geltend, aus Anlass des vorliegenden Falles müsse zur Rechtsfortbildung die Frage geklärt werden, ob der Antragsteller, der eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, ohne dafür einen Grund anzugeben, auch dann mit einer Zurückweisung seines Antrags wegen Verzögerung des Rechtsstreits rechnen müsse, wenn das Gericht üblicherweise Fristverlängerung gewähre und dafür nur "regelmäßig" eine ausdrückliche Begründung fordere.
II. Die Beschwerde ist zulässig; ein Grund, der die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen könnte, liegt aber nicht vor.
1. a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Rechtsmittelführer das Risiko zu tragen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens die Verlängerung der Begründungsfrist versagt; er kann daher im Wiedereinsetzungsverfahren grundsätzlich nicht geltend machen, er habe mit der beantragten Fristverlängerung rechnen dürfen. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn es sich um einen ersten Verlängerungsantrag handelt und darin erhebliche, die beantragte Verlängerung rechtfertigende Gründe oder aber eine Einwilligung des Gegners dargelegt werden (vgl. u.a. BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92 - NJW 1993, 134 unter 2 a.; vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03 - NJW 2004, 1742 unter 2; vom 22. März 2005 - XI ZB 36/04 - NJW-RR 2005, 865 unter II 1).
Auf eine Einwilligung des Gegners hat sich die Klägerin hier nicht berufen. Ohne dessen Einwilligung kommt eine Verlängerung nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur bis zu einem Monat in Betracht. Darüber ging die hier bis zum 28. Februar 2006 beantragte Verlängerung jedoch hinaus.
Soweit damit zugleich ein Antrag auf Verlängerung bis zur gesetzlichen Höchstfrist gestellt worden sein sollte, konnte der Klägervertreter jedenfalls nicht damit rechnen, dass diesem Antrag stattgegeben werden würde, weil er einen erheblichen Grund dafür nicht dargelegt hatte. Anders als die Beschwerde meint, ist eine Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten, der einen solchen Verlängerungsantrag stellt, nicht etwa ohne weiteres als Grund des Antrags zu vermuten. Das gilt insbesondere, wenn es nicht um eine kurzfristige Fristverlängerung geht, sondern die Frist - wie hier - um mehr als fünf Wochen verlängert werden soll. Die Gründe dafür müssen keineswegs immer erheblich sein. Auf die Frage, ob der gestellte Verlängerungsantrag hier tatsächlich durch Arbeitsüberlastung des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerechtfertigt war, kommt es nicht an. Vielmehr musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin damit rechnen, dass der Senatsvorsitzende in einer nicht mit erheblichen Gesichtspunkten begründeten Verlängerung der Frist eine Verzögerung des Rechtsstreits sehen und das Gesuch deshalb ablehnen werde (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 1992 - X ZB 6/92 - NJW 1992, 2426 f.).
b) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, wäre es aufgrund dieser Sach- und Rechtslage die Aufgabe des Klägervertreters gewesen, rechtzeitig vor Fristablauf beim Gericht nachzufragen, ob dem Fristverlängerungsantrag gleichwohl stattgegeben worden sei. Insofern hat sich das Berufungsgericht entgegen den Angriffen der Beschwerde durchaus mit der Rüge der Klägerin befasst, der Senatsvorsitzende habe seine ablehnende Entscheidung telefonisch oder per Telefax noch vor Fristablauf mitteilen müssen. Die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. Januar 2006 ist nach dem beigefügten Erledigungsvermerk noch an demselben Tag, einem Freitag, ausgeführt und abgesandt worden. Danach hätte mit ihrem Eingang beim Klägervertreter am Montag, dem 23. Januar 2006, dem letzten Tag der Frist, gerechnet werden können. Ob der Brief dem Klägervertreter, wie dieser geltend macht, tatsächlich aber in einem Umschlag, der erst am Dienstag, dem 24. Januar 2006 abgestempelt worden sei, am Mittwoch, dem 25. Januar 2006 zugegangen ist, kann offen bleiben. Jedenfalls war der Senatsvorsitzende bei dieser Sachlage nicht verpflichtet, den Klägervertreter vor Fristablauf außerhalb des üblichen Geschäftsgangs per Telefon oder Telefax zusätzlich zu unterrichten. Vielmehr war es Sache des Klägervertreters, den eine Ablehnung seines unbegründeten Verlängerungsantrags nicht hätte überraschen dürfen, von sich aus bei Gericht rechtzeitig nachzufragen, ob die Frist möglicherweise dennoch verlängert worden war, so dass er notfalls noch vor Fristablauf die Berufungsbegründung oder jedenfalls einen begründeten Verlängerungsantrag hätte einreichen können (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1992 aaO unter 2 c). Für die Versäumung dieser Frist war mithin bei wertender Betrachtung eine eventuell nicht der Klägerin zuzurechnende Verzögerung bei der Zustellung der ablehnenden Verfügung des Senatsvorsitzenden nicht ursächlich.
2. Anders läge der Fall nur dann, wenn es einer ständigen Übung des Berufungssenats entsprochen hätte, erstmaligen Gesuchen um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist für eine Dauer von einem Monat auch ohne Darlegung von Gründen zu entsprechen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 1992 aaO; vom 7. Oktober 1992 aaO unter 2 b). Das trägt die Klägerin aber nicht vor. Sie geht vielmehr von der Feststellung im angegriffenen Berufungsurteil aus, in der Vergangenheit seien Berufungsbegründungsfristen "regelmäßig" nur verlängert worden, wenn der Berufungskläger hierfür tragfähige Gründe mitgeteilt habe. Damit hat das Berufungsgericht zwar nicht ausgeschlossen, dass es Ausnahmen gegeben haben mag. Solche Ausnahmen rechtfertigen noch kein Vertrauen darauf, dass grundsätzlich jedem ersten Gesuch um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch ohne Angabe von Gründen stattgegeben werde.
Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie aus anderen Quellen von Verlängerungen der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat auch ohne Darlegung von Gründen erfahren habe. Vielmehr hat ihr Prozessbevollmächtigter in seinem Wiedereinsetzungsantrag lediglich behauptet, telefonische Rückfragen bei Kollegen am Sitz des Berufungsgerichts hätten ergeben, dass mit einer üblichen Fristverlängerung von 14 Tagen zu rechnen sei. Das lässt schon offen, ob sich diese Auskünfte auch auf Gesuche ohne Angabe eines erheblichen Grundes bezogen haben.
3. Soweit die Beschwerde noch geltend macht, mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall durch die beantragte Verlängerung keine Verzögerung eingetreten wäre, kann dies auf sich beruhen; eine Anfechtung des Beschlusses, durch den das Gesuch um Verlängerung einer Frist zurückgewiesen ist, findet nicht statt (§ 225 Abs. 3 ZPO).
Ende der Entscheidung
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