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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.05.2001
Aktenzeichen: IV ZR 138/99
Rechtsgebiete: AGBG
Vorschriften:
AGBG § 8 |
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Wortlaut eines Gesetzes wiedergibt, das der Ergänzung bedarf, unterliegt insoweit der Kontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG, als zu prüfen ist, ob und wie der Verwender das Gesetz ergänzt hat.
BGH, Urteil vom 9. Mai 2001 - IV ZR 138/99 - OLG Stuttgart LG Stuttgart
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 9. Mai 2001
Heinekamp Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Terno, Prof. Römer, Dr. Schlichting, Seiffert und Wendt auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Mai 1999 teilweise aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 22. September 1998 teilweise abgeändert.
Der Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 500.000 DM, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten) verboten, beim Abschluß von Kapital-Lebensversicherungen die nachfolgend genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und/oder sich bei Abwicklung bereits abgeschlossener Kapital-Lebensversicherungsverträge auf die nachfolgend genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen, soweit dies nicht gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen oder einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes geschieht:
§ 6 Wann können Sie die Versicherung beitragsfrei stellen oder kündigen ?
(1) Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung
(a) Zu beitragspflichtigen Versicherungen können Sie jederzeit schriftlich verlangen, zum Schluß einer Versicherungsperiode von der Beitragszahlungspflicht befreit zu werden.
In diesem Fall setzen wir die Versicherungssumme nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik herab. Der aus Ihrer Versicherung für die Bildung der beitragsfreien Versicherungssumme zur Verfügung stehende Betrag wird dabei um einen als angemessen angesehenen Abzug gekürzt (§ 174 VVG).
Der Abzug beträgt bei Beitragsfreistellung bis zum Ende des 3. Versicherungsjahres 5%. Er sinkt mit jedem weiteren Jahr, in dem die Versicherung nicht beitragsfrei gestellt wird, um 0,2%-Punkte und beträgt bei Beitragsfreistellung ab dem 19. Versicherungsjahr 2%.
(2) Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes
(a) Sie können Ihre Versicherung jederzeit zum Schluß einer Versicherungsperiode schriftlich kündigen.
Nach Kündigung erhalten Sie - soweit vorhanden - den Rückkaufswert. Er wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik für den Schluß der laufenden Versicherungsperiode als Zeitwert Ihrer Versicherung berechnet (§ 176 VVG).
(b) Ist die Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung beitragspflichtig, so wird bei der Berechnung des Zeitwerts ein als angemessen angesehener Abzug vorgenommen (§ 176 VVG).
Der Abzug stimmt der Höhe nach mit dem Abzug überein, der bei Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung zum selben Zeitpunkt angesetzt würde (Ziffer 1 a).
Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekanntzumachen.
Im übrigen werden die Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein auf dem Gebiet des Versicherungswesens. Die Beklagte ist eine deutsche Lebensversicherungsaktiengesellschaft. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit bestimmter Klauseln in den von der Beklagten verwandten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Lebensversicherung mit Kapitalzahlung (ALB).
Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen (VersR 1998, 1406). Das Berufungsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben (VersR 1999, 832). Nachdem die Beklagte ihre Revision zurückgenommen hat, stehen aufgrund der Revision des Klägers noch folgende Klauseln zur Prüfung:
"§ 6 Wann können Sie die Versicherung beitragsfrei stellen oder kündigen ?
(1) Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung
(a) Zu beitragspflichtigen Versicherungen können Sie jederzeit schriftlich verlangen, zum Schluß einer Versicherungsperiode von der Beitragszahlungspflicht befreit zu werden.
In diesem Fall setzen wir die Versicherungssumme nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik herab. Der aus Ihrer Versicherung für die Bildung der beitragsfreien Versicherungssumme zur Verfügung stehende Betrag wird dabei um einen als angemessen angesehenen Abzug gekürzt (§ 174 VVG).
Der Abzug beträgt bei Beitragsfreistellung bis zum Ende des 3. Versicherungsjahres 5%. Er sinkt mit jedem weiteren Jahr, in dem die Versicherung nicht beitragsfrei gestellt wird, um 0,2%-Punkte und beträgt bei Beitragsfreistellung ab dem 19. Versicherungsjahr 2%.
(2) Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes
(a) Sie können Ihre Versicherung jederzeit zum Schluß einer Versicherungsperiode schriftlich kündigen.
Nach Kündigung erhalten Sie - soweit vorhanden - den Rückkaufswert. Er wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik für den Schluß der laufenden Versicherungsperiode als Zeitwert Ihrer Versicherung berechnet (§ 176 VVG).
(b) Ist die Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung beitragspflichtig, so wird bei der Berechnung des Zeitwerts ein als angemessen angesehener Abzug vorgenommen (§ 176 VVG).
Der Abzug stimmt der Höhe nach mit dem Abzug überein, der bei Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung zum selben Zeitpunkt angesetzt würde (Ziffer 1 a).
§ 17 Wie sind Sie an unseren Überschüssen beteiligt?
(1) Überschußermittlung
Um zu jedem Zeitpunkt der Versicherungsdauer den vereinbarten Versicherungsschutz zu gewährleisten, bilden wir Deckungsrückstellungen. Die zur Bedeckung dieser Rückstellungen erforderlichen Mittel werden rentabel angelegt. ...
(2) Gewinnbeteiligung
(a) Die Gewinnbeteiligung nehmen wir nach Grundsätzen vor, die im Einklang mit § 81c VAG stehen. ..."
Der Kläger hat im Revisionsverfahren beantragt, der Beklagten unter Ordnungsgeldandrohung zu untersagen, die oben erwähnten Klauseln bei Abschluß von Kapitallebensversicherungen zu verwenden oder sich bei Abwicklung bereits abgeschlossener Kapitallebensversicherungsverträgen auf sie zu berufen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers hat im wesentlichen Erfolg.
I. § 6 Abs. 1a Satz 1 bis 3, Abs. 2a und Abs. 2b Satz 1 ALB
1. a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, diese Teile der Klausel seien nicht zu beanstanden. Sie gäben wortgleich, jedenfalls inhaltsgleich ohne Sinnentstellung oder Ergänzung den Regelungsgehalt wieder, der sich auch in den erwähnten und einschlägigen Gesetzen wiederfinde. Zwar würden damit auch die unbestimmten Rechtsbegriffe der gesetzlichen Fassung zu Allgemeinen Versicherungsbedingungen erhoben. Angesichts der Deckungsgleichheit von Formularwerk und Gesetz sei dies jedoch unschädlich. Auch fehlten die Angaben nach den §§ 10 und 10a VAG. Doch selbst wenn man Angaben verbindlicher Summen für die Beitragsfreistellung und nicht garantierte Angaben über Rückkaufswerte erst im Versicherungsschein nicht genügen lassen wolle, so stelle die bloße Wiedergabe der gesetzgeberischen Grundnorm im Ansatz nur einen Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Gebote dar. Die Nichtbefolgung solcher Informationspflichten mache die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht unwirksam. Denn bei einer Nichtregelung fehle überhaupt der Beurteilungsgegenstand. Nicht Vorhandenes könne nicht für unwirksam erklärt werden.
b) Die Revision bemängelt, diese Ausführungen des Berufungsgerichts ließen unklar, ob eine Transparenzkontrolle wegen vermeintlicher Gesetzeskonformität überhaupt abgelehnt werde. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die das Gesetz wörtlich oder sinngleich wiedergäben, unterlägen der Transparenzkontrolle, ohne daß insoweit § 8 AGBG einen Hinderungsgrund enthalte. Im übrigen ist die Revision im Gegensatz zum Berufungsgericht der Auffassung, daß die Klausel vom Gesetz abweiche. Sie schreibe Schriftlichkeit der Erklärung des Versicherungsnehmers vor und in der Klausel sei keine Rede von den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation, wie dies in § 174 Abs. 2 VVG erwähnt sei.
Die Revisionserwiderung versteht die Ausführungen des Berufungsgerichts dahin, daß die vom Kläger beanstandete Klausel kontrollfrei sei. Dies hält die Revisionserwiderung auch für richtig, weil die Klausel nur das Gesetz wiedergebe.
2. a) Das Berufungsgericht dürfte davon ausgegangen sein, daß die Klausel in den eingangs erwähnten Teilen nach dem AGB-Gesetz kontrolliert werden darf. Jedenfalls unterliegt § 6 Abs. 1a Satz 1 bis 3, Abs. 2a und Abs. 2b Satz 1 ALB der Kontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG. Richtig ist der Hinweis der Revision, daß diese Klauselteile das Gesetz nicht genau dem Wortlaut nach wiederholen. Darin liegt aber nicht der Kern des Problems, weshalb es auf die aufgezeigten Abweichungen hier nicht ankommt.
b) Nach § 8 AGBG sind Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann einer Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG zu unterziehen, wenn sie von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Danach sind Klauseln, die Rechtsvorschriften nur wiedergeben und in jeder Hinsicht mit ihnen übereinstimmen (sogenannte deklaratorische Klauseln) der Inhaltskontrolle entzogen. Bei solchen Klauseln verbietet sich eine Inhaltskontrolle schon wegen der Bindung des Richters an das Gesetz; sie liefe auch leer, weil an die Stelle der unwirksamen Klausel gemäß § 6 AGBG doch wieder die inhaltsgleiche gesetzliche Bestimmung treten würde (BGHZ 91, 55, 57 m.w.N.). Allerdings ist fraglich, ob die bloße Wiedergabe einer gesetzlichen Regelung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Fällen jedenfalls auf ihre Transparenz für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer hin zu prüfen ist, in denen über die gesetzliche Regelung hinaus ein nicht zu übergehendes Bedürfnis des Versicherungsnehmers nach weiterer Unterrichtung besteht (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. § 8 Rdn. 32a). Diese Frage ist im vorliegenden Fall zu bejahen.
Die mit der Klausel wiedergegebenen Inhalte der §§ 176 Abs. 3 Satz 1 und 174 Abs. 2 VVG stellen nur einen Rahmen dar, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muß. Das System zur Ermittlung der Rückkaufswerte ist zwar durch anerkannte Regeln der Versicherungsmathematik vorgegeben, enthält aber doch Spielräume, die durch geschäftspolitische Entscheidungen des jeweiligen Unternehmens ausgefüllt werden (vgl. Reimer Schmidt in Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz 11. Aufl. § 10a Rdn. 24). Diese Entscheidungen haben auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik bei der Berechnung des Rückkaufswerts unmittelbaren Einfluß auf dessen Höhe, so daß unterschiedliche Rückkaufswerte das Ergebnis sein können. Außerdem besagen die §§ 174 Abs. 2 und 176 Abs. 3 VVG nichts darüber, ob der Versicherer gehalten ist, die Höhe der Rückkaufswerte bei Vertragsschluß mit dem Versicherungsnehmer zu vereinbaren oder ob sich der Versicherer diese Leistung im Falle der Kündigung des Vertrages im Rahmen der anerkannten Regeln selbst zu bestimmen vorbehalten darf. Insofern bedarf die gesetzliche Regelung der Ergänzung, der Ausfüllung durch den Versicherer. Der Kontrolle, ob und wie der Versicherer die Ergänzung in seinen Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgenommen hat, steht § 8 AGBG nicht entgegen. Mit einer solchen Kontrolle wird das Gesetz selbst keiner Überprüfung unterzogen. Der Zweck des § 8 AGBG, zu verhindern, daß gesetzliche Regelungen durch die gerichtliche Kontrolle modifiziert werden (vgl. BT-Drucks. 7/3919, S. 22), bleibt unberührt. Die Beklagte hat auch erkannt, daß die gesetzliche Regelung der Ergänzung bedarf. Mit ihren Erklärungen in ihrem Versicherungsschein unter der Überschrift "Beitragsfreie Versicherungssumme und Rückkaufswert" und der nachfolgenden Tabelle ist sie bemüht, dem Versicherungsnehmer über die in §§ 174 Abs. 2 und 176 Abs. 3 VVG gegebenen Anweisung zur Berechnung des Zeitwerts nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik hinaus weitere und konkretere Informationen über den Rückkaufswert zu geben.
3. Mit den Angaben allein im Versicherungsschein ist es der Beklagten nicht gelungen, der Forderung nach hinreichender Transparenz Allgemeiner Versicherungsbedingungen zu genügen. In dem Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 9 AGBG, so daß § 6 Abs. 1a Satz 1 bis 3, Abs. 2a und Abs. 2b Satz 1 ALB wegen unzureichender Ergänzung der gesetzlichen Vorschriften unwirksam ist. Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, daß die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, daß die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen läßt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 141, 137, 143 m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht § 6 Abs. 1a Satz 1 bis 3, Abs. 2a und Abs. 2 b Satz 1 ALB nicht.
aa) Die kapitalbildende Lebensversicherung steht zumindest teilweise im Wettbewerb mit Angeboten über andere Kapitalanlagen. Der potentielle Kunde ist deshalb auf Informationen angewiesen, die ihm für seine Entscheidung bei Vertragsschluß einen Vergleich der unterschiedlichen Angebote - auch von anderen Versicherungsunternehmen - erlauben. Diesem berechtigten Informationsbedürfnis kommen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten mit § 6 ALB nicht in ausreichendem Maße nach.
bb) Nach § 176 Abs. 3 VVG hat der Versicherer bei der Ermittlung des Zeitwertes, der dem Rückkaufswert gleichsteht, für den Fall der Kündigung anerkannte Regeln der Versicherungsmathematik zugrunde zu legen. Auch wenn diese dem Versicherer einen Spielraum gewähren, braucht er dem potentiellen Versicherungsnehmer aber nicht im einzelnen mitzuteilen, welche Methode er zur Ermittlung des Zeitwertes anwendet, wenn er - wie hier - das Ergebnis der Berechnung in Form einer Tabelle der Rückkaufswerte darstellt. Dem am Abschluß eines Vertrages Interessierten wäre mit einer solchen Mitteilung auch nur in sehr begrenzter Weise gedient. Er selbst dürfte kaum in der Lage sein, aufgrund der Bekanntgabe einer Berechnungsmethode den Rückkaufswert zu berechnen. Er müßte sich der Hilfe Dritter bedienen, ein Umstand, der seinem Informationsbedürfnis bei Vertragsschluß nicht entspricht. Sein Interesse geht dahin, möglichst schnell und übersichtlich über den Zeitwert unterrichtet zu werden, damit er prüfen kann, ob diese Art des Vertrages seinem Interesse auch für den Fall entspricht, daß er vor dem vorgesehenen Vertragsende Prämienzahlungen vermindern, einstellen oder das eingezahlte Kapital wieder ausgezahlt erhalten möchte, soweit es nicht für die Deckung der Risikolebensversicherung verwandt wurde. Eine klare Übersicht über die Rückkaufswerte kommt auch demjenigen entgegen, der das Angebot eines Versicherungsunternehmens mit anderen oder mit Angeboten anderer Kapitalanlagen vergleichen möchte. Insbesondere hat der Versicherungsnehmer mit der Tabelle eine Entscheidungshilfe, der bei Veränderung seiner Verhältnisse vor der Frage steht, ob er den Lebensversicherungsvertrag dennoch unverändert lassen oder ihn beitragsfrei stellen oder den Rückkaufswert, soweit vorhanden, sich auszahlen lassen möchte. Der Nachteil, daß die anteilige Überschußbeteiligung wegen ihrer nicht zu prognostizierenden Höhe nicht garantiert werden kann, muß als unbehebbar in Kauf genommen werden.
Die Tabelle der Beklagten ist aber nicht in vollem Umfang geeignet, dem Versicherungsnehmer die wirtschaftlichen Nachteile vor Augen zu führen, die er im Falle einer Kündigung oder Beitragsfreistellung hinnehmen muß. Wie sich aus § 15 ALB ergibt, belastet die Beklagte das Konto des Versicherungsnehmers sofort bei Vertragsschluß mit sämtlichen Abschlußkosten. Dazu gehören auch die gegebenenfalls erheblichen Vermittlungsprovisionen. Die Beklagte erstattet diese Beträge im Falle der Kündigung auch nicht anteilig der abgelaufenen Zeit. Dies hat zur Folge, daß der Versicherungsnehmer bei einer Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre überhaupt keine oder nur eine sehr geringe Leistung der Beklagten erhält. Das geht aus der Tabelle, die Bestandteil des Versicherungsscheins ist, nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit hervor. Sie weist zu Beginn keinen Rückkaufswert mit Null auf. Es reicht nicht aus, wenn der Versicherungsnehmer dies selber erst durch einen Vergleich mit den in der Tabelle angeführten Daten der Laufzeit und dem Abschlußdatum ermitteln muß. Dasselbe gilt für die beitragsfreie Versicherungssumme, die ebenfalls in der Tabelle aufgeführt ist.
Hinreichend transparent ist die Tabelle der Beklagten auch insoweit nicht, als sie insgesamt nur sieben Werte bei einer Laufzeit von 30 Jahren aufführt. Der Zusatz "Die Werte für die nicht genannten Jahre errechnen sich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen. Sie erhöhten sich nicht linear" gibt dem Versicherungsnehmer im Bedarfsfall keine ausreichende Kenntnis über seine Ansprüche. Der angestrebten Transparenz widerspricht es zudem, wenn auf die Tabelle in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht an der Stelle verwiesen wird, an der ein Versicherungsnehmer Informationen über den Rückkaufswert und die beitragsfreie Versicherungssumme erwartet, wie hier bei § 6 ALB. Außerdem muß schon an dieser Stelle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Grundsätzen auf die wirtschaftlichen Nachteile des Versicherungsnehmers hingewiesen werden, die ihm dadurch entstehen, daß die Beklagte seinem Konto sämtliche Abschlußkosten einschließlich der erheblichen Vermittlungsprovision schon bei Beginn der Vertragslaufzeit belastet.
II. § 6 Abs. 1a Satz 4 und Abs. 2b Satz 2
Mit diesen Klauselteilen füllt die Beklagte die gesetzliche Regelung der §§ 174 Abs. 4 und 176 Abs. 4 VVG aus, wonach der Versicherer bei Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung und bei Kündigung zu einem Abzug berechtigt ist, wenn dieser vereinbart und angemessen ist. Es handelt sich also nicht um die bloße Wiedergabe einer gesetzlichen Regelung. Damit unterliegen diese Klauselteile der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz.
Das Berufungsgericht hat diese Klauselteile als hinreichend transparent angesehen und ausgeführt, der Kläger habe auch keine nachvollziehbaren Bedenken gegen die Höhe des Abzugs erhoben. Dem ist grundsätzlich beizutreten. Indessen haben diese Klauselteile ohne den übrigen Wortlaut des § 6 ALB keinen Bestand. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kann die Regelung über den Abzug von einem Rückkaufswert oder einer beitragsfreien Versicherungssumme nicht verstehen, wenn ihm die Regelung dieser Ausgangswerte selbst unverständlich ist. Deshalb erfaßt die Unwirksamkeit des § 6 ALB im übrigen auch die Teile der Absätze 1a Satz 4 und 2b Satz 2 ALB.
III. § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2a ALB
Das Berufungsgericht sieht diese Klauselteile wegen der Sperrwirkung des § 8 AGBG der gerichtlichen Kontrolle als entzogen an. Ob dies richtig ist, mag dahinstehen. Denn jedenfalls benachteiligt § 17 ALB in diesen Teilen den Versicherungsnehmer nicht unangemessen, so daß es bei dem Ergebnis des Berufungsgerichts, das die Verwendung dieser Klauselteile nicht untersagt hat, verbleibt.
Ende der Entscheidung
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