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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.09.2009
Aktenzeichen: IV ZR 152/08
Rechtsgebiete: GG, ZPO
Vorschriften:
GG Art. 103 Abs. 1 | |
ZPO § 142 Abs. 3 |
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
durch
den Vorsitzenden Richter Terno,
die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
die Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 23. September 2009
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. Juni 2008 wird die Revision zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 37.000 EUR
Gründe:
I.
Der Kläger macht einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 37.000 EUR geltend. Die Vorinstanzen halten den Anspruch für begründet und zwei auf Schuldbekenntnisse des Klägers aus dem Jahre 1992 gestützte, hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderungen des Beklagten nicht für gerechtfertigt. Nach Ablauf der Frist zur Berufungsbegründung hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Februar 2008 neu vorgetragen, er habe in der Zwischenzeit weitere Gegenansprüche ermittelt. Der Kläger habe den hälftigen Miteigentumsanteil der - vom Beklagten allein beerbten - Mutter des Beklagten an einer Finca auf Mallorca erst nach deren Tod unter Missbrauch einer Vollmacht der Mutter für einen Preis von 35.000 EUR an die damalige Lebensgefährtin des Klägers veräußert. Dieser Preis liege weit unter dem Wert des Miteigentumsanteils von mindestens 275.000 EUR. Aufgrund dieses Sachverhalts stellte der Beklagte zusätzlich hilfsweise einen Anspruch auf Herausgabe von 35.000 EUR sowie einen erstrangigen Teilbetrag eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs in einer insgesamt die Klageforderung erreichenden Höhe zur Aufrechnung. Zum Beweis seines Vortrags hat er sich auf eine Parteivernehmung des Klägers berufen, auf das Zeugnis der Erwerberin des Miteigentumsanteils sowie auf eine Auskunft des Grundbuchamts auf Mallorca. Abschließend hat er erwähnt, dass er durch seinen spanischen Rechtsanwalt eine Klage auf Rückübertragung vor dem zuständigen Gericht in Mallorca erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei. Da eine Übersetzung der Klage nicht vorliege, hat er die Klageschrift in spanischer Fassung beigefügt.
Das Berufungsgericht hat nach einer ersten mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2008 Beweis über die Erfüllung der vorrangig zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen erhoben und nach einer weiteren mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 sein Urteil verkündet. Darin äußert sich das Berufungsgericht zu der mit Schriftsatz des Beklagten vom 1. Februar 2008 zusätzlich geltend gemachten Aufrechnungsforderung lediglich wie folgt:
"Soweit der Beklagte in dem Schriftsatz vom 01. Februar 2008 nunmehr hilfsweise die Aufrechnung mit einer weiteren Forderung im Zusammenhang mit dem Verkauf der Finca auf Mallorca stützen will, ist der Vortrag bereits deshalb unsubstantiiert und unbeachtlich, weil Urkunden nur in spanischer Sprache ohne Beifügung einer Übersetzung vorgelegt werden und daher nicht verwertet werde können."
Im Hinblick darauf rügt der Beklagte mit seiner rechtzeitig eingegangenen und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, das den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007) .
1.
Dass Urkunden nur in spanischer Sprache vorgelegt worden sind, hat mit der Frage, ob der Vortrag des Beklagten substantiiert und beachtlich ist, grundsätzlich nichts zu tun. Urkunden sind Beweismittel (§§ 415 ff. ZPO); sie können auch zur Ergänzung des Parteivorbringens herangezogen werden (§ 142 ZPO). Davon ist das Vorbringen der Partei zu unterscheiden, das der Beklagte hier in seinem Schriftsatz vom 1. Februar 2008 niederlegt hat. Darin nimmt er nicht etwa auf die beigefügte Urkunde in spanischer Sprache Bezug, um sich den Vortrag des Sachverhalts zu ersparen oder zu vereinfachen, den er seiner neuen Aufrechnungsforderung zugrunde legen will. Diesen Sachverhalt hat er vielmehr in dem genannten Schriftsatz auf zwei Seiten in deutscher Sprache vorgetragen. Auf die Urkunde in spanischer Sprache hat er sich abschließend lediglich bezogen zum Beleg dafür, dass er mit Rücksicht auf den dargestellten Sachverhalt auch eine Klage bei einem Gericht auf Mallorca anhängig gemacht habe.
Wie das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu der Ansicht kommen konnte, der Vortrag des Beklagten sei "bereits deshalb unsubstantiiert und unbeachtlich", weil Urkunden in spanischer Sprache ohne Übersetzung nicht verwertet werden könnten, ist nicht nachvollziehbar. Offenbar hat das Berufungsgericht den schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten in deutscher Sprache nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen.
2.
Darauf kann das Berufungsurteil beruhen. Die Beschwerde macht mit Recht geltend, dass der Vortrag des Beklagten hinreichend substantiiert war, um einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses sowie auf Schadensersatz darzulegen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, um dort eventuell weitere Einzelheiten zu ermitteln (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - NJW-RR 2007, 1409 Tz. 8; Urteil vom 13. Juli 1998 - II ZR 131/97 - VersR 1999, 1120 unter I). Erst wenn der Parteivortrag hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsfolge durch das Vorbringen der Gegenseite unvollständig, mehrdeutig oder sonst unklar wird, hat die Partei Anlass zu weiterer Substantiierung (BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83 - NJW 1984, 2888 unter II 1 a; vom 16. Oktober 1985 - VIII ZR 287/84 - NJW 1986, 919 unter I 1).
Hier hat der Beklagte geltend gemacht, die Vollmacht seiner Mutter, mit deren Hilfe der Kläger den Miteigentumsanteil der Mutter weiter übertragen habe, sei nicht über deren Tod hinaus gültig gewesen; der Kläger habe sie aber erst mehr als einen Monat nach dem Tod der Mutter zur Übertragung des dieser gehörenden Miteigentumsanteils verwendet. Die Mutter habe mit dem Kläger auch nicht vereinbart, wie der Kläger bewusst der Wahrheit zuwider behauptet habe, dass der Wert des Miteigentumsanteils der Mutter dem Kläger zustehen solle und dieser damit nach Gutdünken verfahren könne. Der Kläger hat den neuen Vortrag des Beklagten im Berufungsverfahren jedenfalls schriftsätzlich nicht bestritten. Danach erlaubte der Beklagtenvortrag den Schluss auf Ansprüche des Beklagten aus §§ 678, 684, 1922 BGB. Wenn das Berufungsgericht insoweit Zweifel gehabt hätte, hätte es den Beklagten darauf nach § 139 ZPO hinweisen müssen; dafür ist aber aus den Akten nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten auch nicht aufgegeben, eine Übersetzung der spanischen Urkunde gemäß § 142 Abs. 3 ZPO vorzulegen.
3.
Nach Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht nunmehr dem Vorbringen aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 1. Februar 2008 nachzugehen haben.
Ende der Entscheidung
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