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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: IV ZR 248/04
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 38
VVG § 39 Abs. 1 Satz 2
VVG § 39 Abs. 1 Satz 3
1. Die Vereinbarung einer erweiterten Einlösungsklausel im Versicherungsvertrag schließt es nicht aus, dass die Vertragsparteien daneben einen Vertrag über vorläufige Deckung schließen.

2. Zur Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer bei vereinbarter vorläufiger Deckung über die Rechtsfolgen einer verspäteten Zahlung der Erstprämie zu belehren.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IV ZR 248/04

Verkündet am: 26. April 2006

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2003 wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert als Institutszwangsverwalter einer im September 2002 in Besitz genommenen Liegenschaft in Dresden vom beklagten Gebäudeversicherer Versicherungsleistungen für Schäden, die ab dem 12. August 2002 durch die so genannte Jahrhundertflut von Elbe und Weißeritz entstanden sind.

Der frühere Eigentümer des Grundstücks, das im März 2002 mit einem aus zwei verbundenen Häusern bestehenden Neubau zum Betrieb einer Seniorenwohnanlage bebaut worden war, hatte im April 2002 unter Vermittlung der als Versicherungsmaklerin tätigen Streithelferin des Klägers bei der Beklagten den Abschluss einer All Risks Gebäude- und Mietverlustversicherung beantragt.

Zur Vermittlung des Gebäudeversicherungsvertrages sandte ein Mitarbeiter der Streithelferin am 22. April 2002 per Fax den mit "Deckungsnote Gebäudeversicherung" überschriebenen Antrag, nach ihrer Behauptung versehen mit einem handschriftlichen, doppelt unterstrichenen Vermerk "Maklerinkasso", an die Beklagte. Das Anschreiben zur Deckungsnote trug den Zusatz:

"Wir gehen davon aus, daß für das nachstehende Risiko (s. anliegenden Antrag) per 22.04.2002, 12 Uhr mittags, bis zur Vorlage der Police Versicherungsschutz besteht. Bitte bestätigen Sie uns noch heute vorab per Fax die Deckung."

Mit Fax vom gleichen Tage antwortete die Beklagte:

"... wir bestätigen Ihnen die Annahme des Antrages und bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen. Der Versicherungsschein geht Ihnen in Kürze zu."

Zwei Tage später sandte die Streithelferin der Beklagten erneut eine so genannte Deckungsnote zur Gebäudeversicherung zu mit der Bitte, auch das Glasrisiko in den Versicherungsschutz einzuschließen.

Unter dem 8. Mai 2002 übersandte die Beklagte der Streithelferin den Versicherungsschein und die Aufforderung zur Zahlung der Erstprämie. Die Prämienberechnung, in der der Versicherungsnehmer aufgefordert wurde, die Erstprämie auf ein näher bezeichnetes Konto der Beklagten zu überweisen, schließt mit dem Hinweis:

"Beachten Sie bitte, dass nach den Bestimmungen eine etwa erteilte 'Vorläufige Deckungszusage' rückwirkend außer Kraft tritt, wenn die Prämienzahlung nicht unverzüglich erfolgt."

Vor der Weiterleitung der Unterlagen an den Grundeigentümer änderte ein Mitarbeiter der Streithelferin die Prämienberechnung der Beklagten insoweit, als er den Passus, der zur Überweisung der Prämie auf ein Konto der Beklagten aufforderte, durchstrich. Stattdessen verfasste er ein eigenes Begleitschreiben, demzufolge die Erstprämie auf ein Konto der Streithelferin zu überweisen war. Infolgedessen wurde die Erstprämie in zwei Raten am 4. Juli und 6. August 2002 auf das Konto der Streithelferin überwiesen.

Ab dem 12. August 2002 stand das Grundstück etwa eine Woche lang unter bis zu zwei Meter hohem Flutwasser, wodurch die Gebäude stark beschädigt wurden.

Die Bank, die das Bauvorhaben finanziert hatte und deren Kredite grundpfandrechtlich gesichert waren, überwies zur Sicherung der Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag am 15. August 2002 die Erstprämie an die Beklagte. Erst am 27. September 2002 leitete auch die Streithelferin die von ihr eingezogene Erstprämie an die Beklagte weiter.

Die Beklagte, die nach ihrer Behauptung mit Schreiben vom 25. Juni 2002 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt hat, hält sich für leistungsfrei, und zwar auch deshalb, weil bei Eintritt des Versicherungsfalls die Erstprämie noch nicht gezahlt gewesen sei. Über diese Rechtsfolge der verspäteten Zahlung der Erstprämie habe sie den Versicherungsnehmer auch nicht belehren müssen.

Der Kläger, der Versicherungsleistungen wegen - der Höhe nach jeweils streitiger - Schäden an den Gebäuden und ausgefallener Pachteinnahmen begehrt (Zahlung von 1.930.059 € und Feststellung einer weiter gehenden Ersatzpflicht dem Grunde nach), bestreitet den Zugang des Rücktrittsschreibens beim Versicherungsnehmer. Er meint im Übrigen, die Beklagte müsse die Zahlung der Erstprämie an die Streithelferin gegen sich gelten lassen. Jedenfalls habe sie den Versicherungsnehmer auch nicht ordnungsgemäß darüber belehrt, dass der am 22. April 2002 zugesagte Versicherungsschutz bei Nichtzahlung der Erstprämie rückwirkend entfalle.

Das Landgericht hat ein Grund- und Teilurteil erlassen, demzufolge die Zahlungsklage dem Grunde nach gerechtfertigt und die Beklagte weiter verpflichtet ist, dem Kläger die aufgrund des Hochwassers eingetretenen Schäden an den versicherten Gebäuden zu ersetzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die von der Streithelferin des Klägers eingelegte Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Grund- und Teilurteils.

I. Das Berufungsgericht hat Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Rücktritts vom Versicherungsvertrag verneint, weil sie keinen Beweis für den bestrittenen Zugang der Rücktrittserklärung angetreten habe. Leistungsfrei sei die Beklagte jedoch nach § 38 Abs. 2 VVG, weil die Erstprämie bei Eintritt des Versicherungsfalls noch nicht gezahlt gewesen sei. Die vor dem Versicherungsfall an die Streithelferin des Klägers überwiesene Zahlung, das sog. Maklerinkasso, stehe der geschuldeten Prämienzahlung an die Beklagte nicht gleich. Denn schon bei Begründung ihrer geschäftlichen Beziehung zur Streithelferin im Jahre 1999 habe die Beklagte ausdrücklich darauf bestanden, das Prämieninkasso jeweils selbst durchzuführen. Eine wirksame Änderung dieser Vereinbarung sei hier nicht erfolgt. Dabei könne offen bleiben, ob die von der Streithelferin an die Beklagte übersandte Deckungsnote den handschriftlichen Vermerk "Maklerinkasso" getragen habe, denn jedenfalls habe die Beklagte mit Übersendung der Police und der beiliegenden Anforderung der Erstprämie klar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einem Prämieneinzug durch die Maklerin nicht einverstanden gewesen sei. Dass der Versicherungsnehmer durch das weitere Verhalten eines Mitarbeiters der Streithelferin möglicherweise den Eindruck habe gewinnen können, die Beklagte sei mit dem Maklerinkasso einverstanden, ändere nichts daran, dass dieses Einverständnis in Wahrheit gefehlt habe.

Die Beklagte könne sich auch auf Leistungsfreiheit aus § 38 Abs. 2 VVG berufen; sie habe den Versicherungsnehmer insbesondere nicht über die Rechtsfolgen einer erst nach Eintritt des Versicherungsfalls geleisteten Zahlung der Erstprämie belehren müssen. Insoweit hat das Berufungsgericht angenommen, die Parteien des Versicherungsvertrages hätten keine vorläufige Deckung, sondern lediglich eine erweiterte Einlösungsklausel vereinbart. Das habe zur Folge, dass der Versicherungsschutz nur bei rechtzeitiger Zahlung der Erstprämie rückwirkend gewährt werde. Eine Belehrung über die Rechtsfolgen verspäteter Prämienzahlung sei aber nur dort geboten, wo die Gefahr des unbemerkten Verlustes von bereits gewährtem Versicherungsschutz drohe. Das sei nur bei vereinbarter vorläufiger Deckung, nicht aber bei der erweiterten Einlösungsklausel der Fall.

Die Leistungsfreiheit entfalle schließlich auch nicht dadurch, dass die Beklagte spätere Prämienzahlungen entgegengenommen habe.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht hat die am 22. April 2002 zwischen der Streithelferin des Klägers und der Beklagten gewechselten schriftlichen Erklärungen nicht ausgelegt und deshalb übersehen, dass hier eine vorläufige Deckung bis zur Ausstellung des Versicherungsscheins vereinbart worden ist (dazu 1). Demzufolge war der Versicherungsnehmer hier über die rechtlichen Folgen einer verspäteten Zahlung der Erstprämie zu belehren. Dieser Belehrungspflicht hat die Beklagte nicht genügt; sie kann sich deshalb nicht auf Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 VVG berufen (dazu 2).

1. Die Streithelferin hat - insoweit als Vertreterin des damaligen Grundstückeigentümers handelnd - der Beklagten am 22. April 2002, dem Tage, an dem der als Deckungsnote bezeichnete Antrag auf Versicherungsschutz übermittelt worden war, unter Hinweis auf diesen Antrag per Fax mitgeteilt, man gehe davon aus, dass ab dem 22. April 2002, 12 Uhr mittags "bis zur Vorlage der Police" Versicherungsschutz bestehe. Auf die gleichzeitig geäußerte Bitte, die Deckung per Fax zu bestätigen, hat die Beklagte umgehend damit reagiert, dass sie die "Annahme des Antrags" bestätigt und eine Übersendung des Versicherungsscheins "in Kürze" in Aussicht gestellt hat. Schon mit dem im Fax der Streithelferin geäußerten Wunsch nach Versicherungsschutz "bis zur Vorlage der Police" kommt zum Ausdruck, dass sie in erster Linie sicherstellen wollte, dass der Grundstückseigentümer vom Tage der Antragstellung an bis zur Ausstellung des Versicherungsscheins vorläufigen Deckungsschutz erhält, während sie die Annahme ihres Versicherungsantrages erst mit Übersendung der Police erwartete. Der Antrag der Streithelferin zielte mithin auf einen vom eigentlichen Versicherungsvertrag zu trennenden selbstständigen Vertrag, der dem künftigen Versicherungsnehmer bis zum Abschluss des Versicherungsvertrages vorläufigen Versicherungsschutz gewähren sollte (vgl. dazu BGHZ 2, 87, 91; BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - IV ZR 328/93 - VersR 1995, 409 unter 2 a). Dem entspricht es, dass die Beklagte nicht aufgefordert wurde, den Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages anzunehmen, sondern lediglich die Deckung ab dem 22. April 2002, 12.00 Uhr mittags, zu bestätigen. Die Annameerklärung der Beklagten konnte die Streithelferin deshalb nur dahin verstehen, dass die begehrte vorläufige Deckung gewährt werde. Dass die Antwort der Beklagten sich bereits auf den Hauptantrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages bezog und diesen Abschluss bewirken sollte, liegt schon deshalb fern, weil innerhalb der kurzen Frist, binnen derer die beiden Schreiben per Fax gewechselt worden waren, mit einer ordnungsgemäßen Risikoprüfung durch die Beklagte nicht zu rechnen war und sie demgemäß auch die Ausstellung des Versicherungsscheins für einen späteren, wenn auch zeitlich nahen Zeitpunkt in Aussicht gestellt hatte.

Nach allem haben die Parteien des Versicherungsvertrages im Schriftwechsel vom 22. April 2002 vorläufigen Versicherungsschutz bis zur Ausstellung des Versicherungsscheins vereinbart. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war dieser - auf gesonderter vertraglicher Grundlage beruhende - Versicherungsschutz nicht abhängig von einer erweiterten Einlösungsklausel im Hauptvertrag und gelangte deshalb auch nicht erst mit Zahlung der Erstprämie zur Entstehung. Vielmehr konnte die Nichtzahlung der Erstprämie allenfalls bewirken, dass die bereits gewährte vorläufige Deckung wieder erlosch.

2. Die vorläufige Deckung endet ihrer Zweckbestimmung entsprechend regelmäßig mit dem Abschluss des endgültigen Versicherungsvertrages und Beginn des materiellen Versicherungsschutzes aus diesem Vertrag. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Regelung des § 38 Abs. 2 VVG von den Vertragsparteien abbedungen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 aaO unter 2 b; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 38 Rdn. 24; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. vor § 1 Rdn. 31 und § 38 Rdn. 21 a.E.). Wird der Versicherungsschein - wie hier - dem Versicherungsnehmer vor Zahlung der Erstprämie ausgehändigt, so endet die vorläufige Deckung erst nach Ablauf einer angemessenen Zahlungsfrist, die gegebenenfalls die Widerrufsfrist des § 5a VVG zu berücksichtigen hat (BK/Schwintowski, § 5a VVG Rdn. 111; Prölss in Prölss/Martin, aaO Zusatz zu § 1 Rdn. 6; Hermanns in Beckmann/Matuschke-Beckmann, Versicherungsrecht-Handbuch § 7 Rdn. 61; OLG Hamm VersR 1999, 1224).

a) Ob eine solche angemessene Zahlungsfrist bei Zahlung der Erstprämie durch die Bank bereits verstrichen war, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn jedenfalls kann sich die Beklagte deshalb nicht auf die Beendigung der vorläufigen Deckung berufen, weil sie den Versicherungsnehmer bei Anforderung der Erstprämie nicht ordnungsgemäß darüber belehrt hat, welche Rechtsfolgen eine verspätete Prämienzahlung für die vorläufige Deckung haben konnte.

b) Nach ständiger Rechtsprechung hat der Versicherer, wenn er mit dem Versicherungsnehmer eine vorläufige Deckung vereinbart hat und danach die Zahlung der zunächst gestundeten Erstprämie verlangt, in der Zahlungsaufforderung auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die bei nicht unverzüglicher Zahlung insbesondere hinsichtlich der vorläufigen Deckung eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1985 - IVa ZR 113/83 - VersR 1985, 981 unter II 3 b m.w.N.; Römer, aaO § 38 Rdn. 21; Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 38 Rdn. 29). Das gilt nicht nur dann, wenn nach den Versicherungsbedingungen (etwa nach § 1 Abs. 4 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung - AKB) ein rückwirkender Verlust der vorläufigen Deckung droht (vgl. dazu BGHZ 47, 352, 361 ff.; OLG Hamm VersR 1991, 220 und r+s 1995, 403), sondern auch dann, wenn die nicht unverzügliche Zahlung der Erstprämie lediglich die vorläufige Deckung für die Zukunft beendet (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. Juli 1973 - IV ZR 28/72 - VersR 1973, 811 unter III; Römer, aaO; Hermanns, aaO Rdn. 68). Das hat seinen Grund darin, dass der Versicherungsnehmer dann, wenn ihm der Entzug bereits gewährten Versicherungsschutzes infolge verspäteter Zahlung der Erstprämie droht, in gleicher Weise schutzwürdig erscheint wie ein Versicherungsnehmer, der den Versicherungsschutz durch verspätete Zahlung einer Folgeprämie verliert. Das Belehrungserfordernis des § 39 Abs. 1 Satz 2 VVG gilt deshalb entsprechend.

c) Die Belehrung muss nach den von der Rechtsprechung zur Belehrungspflicht nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VVG entwickelten Grundsätzen (BGH, Urteile vom 9. März 1988 - IVa ZR 225/86 - VersR 1988, 484 unter 2 b und vom 6. Oktober 1999 - IV ZR 118/98 - VersR 1999, 1525 unter 2 a) umfassend und vollständig erfolgen, das heißt auch, dass sie die Rechtsfolgen verspäteter Erstprämienzahlung zutreffend angeben muss. Sie muss weiter darauf hinweisen, dass die nachteiligen Rechtsfolgen nur bei verschuldeter verspäteter Zahlung eintreten und der Versicherungsnehmer bei unverschuldeter Verspätung die Möglichkeit hat, sich durch Nachzahlung der Erstprämie den Versicherungsschutz zu erhalten (BGH, Urteil vom 9. März 1988 aaO; OLG Hamm aaO).

d) Die dem Versicherungsnehmer in der mit dem Versicherungsschein übersandten Erstprämienanforderung erteilte Belehrung genügt diesen Anforderungen nicht.

Ihre Aussage, dass "nach den Bestimmungen" eine etwa erteilte vorläufige Deckungszusage rückwirkend außer Kraft trete, wenn die Prämienzahlung nicht unverzüglich erfolge, ist nicht zutreffend.

Will der Versicherer es erreichen, dass eine verspätete Erstprämienzahlung zum rückwirkenden Verlust vorläufigen Versicherungsschutzes führt, so muss dies vertraglich ausdrücklich vereinbart, im Regelfall also Inhalt der vereinbarten Versicherungsbedingungen sein (vgl. z.B. die Regelung in § 1 Abs. 4 AKB). Nach allgemeinen Grundsätzen tritt ein rückwirkender Verlust der vorläufigen Deckung demgegenüber nicht ein. Die hier in Rede stehenden Versicherungsbedingungen enthalten keine dem § 1 Abs. 4 AKB entsprechende Bestimmung über den rückwirkenden Verlust vorläufiger Deckung. § 11 Nr. 1 der Bedingungen verweist wegen der Rechtsfolgen verspäteter Erstprämienzahlung lediglich auf die Nummer 3 der Klausel sowie auf die §§ 38, 39 und 91 VVG. § 11 Nr. 3 der Bedingungen regelt nur den Fall der so genannten erweiterten Einlösungsklausel. Die Haftung des Versicherers soll danach mit dem vereinbarten Zeitpunkt beginnen, und zwar auch dann, wenn zur Beitragszahlung erst später aufgefordert und der Beitrag sodann unverzüglich gezahlt werde. Zur Frage, welche Auswirkungen eine verspätete Erstprämienzahlung auf eine losgelöst vom Hauptvertrag vereinbarte vorläufige Deckung haben soll, äußert sich die Klausel aber nicht.

Soweit die von der Beklagten erteilte Belehrung auf die "Bestimmungen" Bezug nimmt, geht dieser Hinweis jedenfalls fehl, soweit damit die Bestimmungen der vereinbarten Bedingungen gemeint sein sollen. Im Übrigen bleibt für den Versicherungsnehmer völlig offen, nach welchen anderen "Bestimmungen" die verspätete Erstprämienzahlung - wie in der Belehrung behauptet - zum rückwirkenden Verlust der vorläufigen Deckung führen soll.

Weiter macht die Belehrung dem Versicherungsnehmer auch nicht hinreichend deutlich, dass nur eine verschuldete Verspätung der Erstprämienzahlung zum Verlust der vorläufigen Deckung führt, während bei unverschuldeter Säumnis der Versicherungsschutz durch rechtzeitige Nachzahlung erhalten bleibt. Der bloße Hinweis darauf, dass der Rechtsverlust eintrete, wenn die Erstprämie nicht "unverzüglich" gezahlt werde, reicht insoweit nicht aus (vgl. dazu OLG Hamm VersR 1991, 220 f.), denn dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer macht diese Formulierung nicht ausreichend deutlich, dass nicht schon eine objektiv verspätete Zahlung zum Verlust der vorläufigen Deckung führt, sondern Verschulden des Versicherungsnehmers hinzutreten muss. Soweit der Versicherungsantrag nach dem Policenmodell zustande gekommen sein sollte, wäre im Übrigen die Widerrufsfrist des § 5a VVG zu beachten gewesen (Hermanns, aaO Rdn. 61).

e) Die Frage, ob darüber hinaus an die drucktechnische Gestaltung der Belehrung besondere Anforderungen zu stellen sind und ob diese hier erfüllt wären, kann nach allem offen bleiben.

f) Darauf, ob die Mängel der Belehrung im Einzelfall zu einer für die verspätete Prämienzahlung ursächlichen Fehlvorstellung des Versicherungsnehmers geführt haben, kommt es nicht an. Vielmehr ergibt sich aus § 39 Abs. 1 Satz 3 VVG, dass der Versicherer die Möglichkeit, sich auf die Verspätung zu berufen, schon deshalb verliert, weil er es seinerseits unterlässt, den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß zu belehren. Der darin vom Gesetz zum Ausdruck gebrachte Verwirkungsgedanke soll die ordnungsgemäße Belehrung in jedem Falle sicherstellen, ohne dem Versicherer Gelegenheit zu geben, Belehrungsmängel mit Hilfe eines Kausalitätsgegenbeweises zu beheben (vgl. dazu auch Knappmann in Prölss/Martin, aaO § 39 Rdn. 21 m.w.N.). Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, selbst bei Annahme einer fehlerhaften Belehrung habe diese weder das unberechtigte Maklerinkasso der Streithelferin noch die verspätete Weiterleitung der Prämie an die Beklagte verursacht, kann sie damit keinen Erfolg haben.

Ende der Entscheidung

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