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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.02.2006
Aktenzeichen: IV ZR 255/02
Rechtsgebiete: VBLS, BetrAVG, AGBG


Vorschriften:

VBLS § 29 Abs. 8 Satz 3 a.F.
VBLS § 44
VBLS § 59 a.F.
VBLS § 59 Abs. 1 a.F.
VBLS § 59 Abs. 2 Satz 3
VBLS § 59 Abs. 6 a.F.
BetrAVG § 1 Abs. 1.F.
BetrAVG § 2 a.F.
BetrAVG § 2 Abs. 1
BetrAVG § 16
BetrAVG § 18
BetrAVG § 18 Abs. 4 n.F.
BetrAVG § 30d
BetrAVG § 30d Abs. 1 Satz 1
BetrAVG § 30f n.F.
AGBG § 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

IV ZR 255/02

Verkündet am: 15. Februar 2006

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der beklagten Versorgungseinrichtung für den öffentlichen Dienst eine höhere Zusatzrente, hilfsweise eine höhere Abfindung.

Die 1938 geborene Klägerin war vom 26. September 1977 bis zum 31. Juli 1983 als Lehrkraft im öffentlichen Dienst teilzeitbeschäftigt. Für diesen Zeitraum hat ihr früherer Arbeitgeber sie bei der Beklagten nachversichert. Er hat an diese als Beiträge und Umlagen 1.720,31 DM und als Verspätungszinsen 1.964,02 DM gezahlt. Ab dem 1. Dezember 1998 erhielt sie eine Altersrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Im Rentenbescheid sind Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 1. März 1962 bis zum 28. Februar 1975 ausgewiesen.

Die Beklagte errechnete für die Klägerin im November 1999 eine Versicherungsrente nach § 44 der damals geltenden Satzung (VBLS a.F.) in Höhe von Brutto 13,92 DM monatlich. Da der Monatsbetrag von 20 DM nicht überschritten wurde, erhielt die Klägerin statt der Rente gemäß § 59 VBLS a.F. eine Abfindung von 1.837,44 DM.

Die Klägerin meint, der Rentenberechnungsmodus des § 44 VBLS a.F. und die fehlende Dynamisierung würden sie im Vergleich zu Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft sachwidrig ungleich behandeln. Insbesondere seien Frauen, die wegen der Erziehung von Kindern typischerweise keinen ununterbrochenen beruflichen Lebenslauf aufzuweisen hätten, verfassungswidrig und europarechtswidrig diskriminiert. Sie begehrt deshalb festzustellen, dass die Beklagte ihr eine nach § 2 BetrAVG a.F. in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung zu berechnende Versicherungsrente, hilfsweise eine um 1.500 DM höhere Abfindung zu zahlen habe. Diese in den Vorinstanzen abgewiesenen Anträge verfolgt die Klägerin mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Versicherungsrente nach § 2 BetrAVG a.F. für den mit Umlagen belegten Zeitraum vom 26. September 1977 bis 31. Juli 1983 oder eine daraus sich ergebende erhöhte Abfindung. Die Berechnung der Rente nach § 44 VBLS a.F. und deren fehlende Dynamisierung seien nicht zu beanstanden. Insbesondere führe die Anwendung dieser Bestimmung zu keiner Diskriminierung von Frauen. Die Abfindung nach § 59 VBLS a.F. orientiere sich an der nach § 44 VBLS a.F. ermittelten Versicherungsrente und sei satzungsgemäß errechnet. Die vom Arbeitgeber wegen der Nachversicherung an die Beklagte gezahlten Zinsen stünden der Klägerin nicht zu.

II. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden. Die Beklagte hat die Berechnung der Rente und der Abfindung mit Recht nach §§ 44, 59 VBLS a.F. vorgenommen.

1. a) Die Berechnung der Versicherungsrente nach § 44 VBLS a.F. benachteiligt die Versicherten nicht entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) und verletzt auch nicht im Rahmen der Inhaltskontrolle zu beachtende Grundrechte, wie der Senat im Urteil vom 14. Januar 2004 eingehend dargelegt hat (IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter II 2 b). Den aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Bediensteten wird damit ein versicherungstechnischer Gegenwert für die geleisteten Beiträge gewährt. Den Versicherten bleibt damit in jedem Fall eine gewisse Anwartschaft erhalten. Im Vergleich zu Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes werden dadurch insbesondere Versicherte begünstigt, die wie die Klägerin noch keine nach § 1 Abs. 1 BetrAVG a.F. unverfallbare Anwartschaft erworben hatten. Schon deshalb scheidet eine Berechnung der Versicherungsrente nach den Maßstäben der §§ 2 Abs. 1, 16 BetrAVG a.F. aus.

Aus den neuen Regelungen des Betriebsrentenrechts durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I 1914) und das Altersvermögensgesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl. I 1310) kann die Klägerin - was die Revision nicht verkennt - wegen der Übergangsregelungen in §§ 30d, 30f BetrAVG n.F. keine weitergehenden Ansprüche herleiten. Das ist auch nach der mit Wirkung vom 1. Januar 2001 in Kraft getretenen neuen Satzung der Beklagten nicht der Fall. Zu einer rückwirkenden Neuregelung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes waren der Gesetzgeber und die Beklagte auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verpflichtet (vgl. BVerfGE 98, 365, 402 f. und VersR 2000, 835, 837 f.).

b) Die Klägerin wird durch die Berechnung der Rente nicht verfassungswidrig als Frau diskriminiert. Sie hat nichts dazu vorgetragen, weshalb sie erst im Alter von 39 Jahren in den öffentlichen Dienst eintrat und die eine Pflichtversicherung bei der Beklagten begründende Beschäftigung mit 45 Jahren wieder aufgegeben hat, um ab September 1983 einer Beschäftigung bei einem Arbeitgeber nachzugehen, der nicht an der Beklagten beteiligt ist. Ein Zusammenhang mit der Kindererziehung ist nicht ersichtlich.

Auch der von der Revision gerügte Verstoß gegen das im europäischen Gemeinschaftsrecht normierte Gebot der Gleichbehandlung von Männern und Frauen liegt nicht vor. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil der Grundsatz des gleichen Entgelts aus betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit nur Leistungen abdeckt, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 gewährt werden (EuGH NZA 2005, 347 f.; EuGH, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990, I-1889, 1955 f. Rdn. 40 ff.).

c) Die Ansicht der Klägerin, in die Berechnung der Versicherungsrente seien auch die von ihrem früheren Arbeitgeber an die Beklagte gemäß § 29 Abs. 8 Satz 3 VBLS a.F. gezahlten Verspätungszinsen einzubeziehen, ist nicht nachvollziehbar. Mit den Zinsen erhält die Beklagte nur den Schaden ersetzt, der ihr durch den Ausfall der entsprechenden Rendite entstanden ist (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, 37. Ergl. August 2002 B 93 c Anm. 47 zu § 29 VBLS a.F.).

2. Die Beklagte hat die Abfindung zutreffend nach § 59 VBLS a.F. mit dem Faktor 132 berechnet. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf den satzungsergänzenden Beschluss des Verwaltungsrats der Beklagten vom 20. Dezember 2001 zur Abfindung von Zusatzrenten nach § 18 BetrAVG in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung, der einen Faktor von 176 vorsieht und zu einer um 612,48 DM höheren Abfindung führen würde. Die in diesem Beschluss festgelegten Faktoren sind deshalb höher als vorher, weil sie zur Ermittlung von Barwerten der Zusatzrenten bestimmt sind, die nach § 18 Abs. 4 BetrAVG n.F. jährlich zum 1. Juli um 1% erhöht werden. Die Voraussetzungen für die Erhöhung erfüllt die Klägerin nach den Übergangsregelungen in §§ 30d Abs. 1 Satz 1, 30f BetrAVG n.F. jedoch nicht. § 59 Abs. 2 Satz 3 VBLS in der Fassung des satzungsändernden Beschlusses vom 20. Dezember 2001 schließt Leistungen nach § 44 der Satzung zudem ausdrücklich von der Erhöhung der Abfindungsfaktoren aus. Die Beklagte war auch im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (aaO) nicht verpflichtet, bei der von Amts wegen vorzunehmenden (Gilbert/Hesse, aaO B 270 Anm. 1a zu § 59 VBLS a.F.; Langenbrinck in Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, 65. Ergl. Juni 2002 B 178.30 § 59 VBLS a.F. Erläuterung 1), nach § 59 Abs. 6 VBLS a.F. zum Erlöschen des Rentenanspruchs führenden Abfindung von Kleinrenten nach § 59 Abs. 1 VBLS a.F. vor dem 31. Dezember 2000 die erst für die Zukunft geforderte Dynamisierung der Zusatzrente in die Berechnung einzubeziehen.

Ende der Entscheidung

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