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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.05.2000
Aktenzeichen: IV ZR 258/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 9
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO §§ 3, 9, 546 Abs. 2

Bei einem auf den Fortbestand eines Krankentagegeldvertrages gerichteten Feststellungsantrag sind vom Versicherungsnehmer behauptete, aber nicht eingeklagte Tagegeldansprüche für die Berechnung der Beschwer mit 50% zu berücksichtigen und der Regelbeschwer in Höhe der dreieinhalbfachen Jahresprämie hinzuzurechnen.

BGH, Beschluß vom 3. Mai 2000 - IV ZR 258/99 - OLG Köln LG Aachen


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IV ZR 258/99

vom

3. Mai 2000

in dem Rechtsstreit

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Schmitz und die Richter Prof. Römer, Dr. Schlichting, Seiffert und die Richterin Ambrosius am 3. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten, den Wert ihrer Beschwer durch das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Oktober 1999 auf mehr als 60.000 DM festzusetzen, wird zurückgewiesen.

Der Wert der Beschwer und der Streitwert des Revisionsverfahrens werden auf 40.886,81 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit 1984 eine Krankentagegeldversicherung. Nach den Tarifbedingungen sind versicherungsfähig nur Personen, die regelmäßig Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen. Mit Schreiben vom 29. August 1997 hat die Beklagte den Versicherungsvertrag fristlos gekündigt, weil der Kläger sie über die Voraussetzungen der Fortdauer der Versicherungsfähigkeit getäuscht habe.

Der Kläger hat beantragt, die Unwirksamkeit der Kündigung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 22. Juli bis 31. August 1997 Krankentagegeld in Höhe von 8.200 DM und 263,01 DM als Verzugsschaden zu zahlen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt, die Beklagte zur Zahlung von 263,01 DM nebst Zinsen verurteilt und die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Den Wert der Beschwer hat es für beide Parteien auf unter 60.000 DM festgesetzt.

Die Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, den Wert der Beschwer auf über 60.000 DM festzusetzen. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vom 15. September 1999 vor dem Berufungsgericht ausgeführt, für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung stünden ihm für den Zeitraum von Ende August 1997 bis Mitte September 1999 Tagegeldansprüche für elf Monate zu. Nach Darstellung der Beklagten können sich diese Ansprüche in dem für sie ungünstigsten Fall auf 61.600 DM belaufen. Durch den Feststellungsausspruch sei sie deshalb nicht nur in Höhe der dreieinhalbfachen Jahresprämie beschwert, sondern zusätzlich um 61.600 DM.

II. Der Antrag ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beschwert die Beklagte nur in Höhe von 40.886,81 DM.

1. In einem Rechtsstreit, in dem es um die Feststellung des Fortbestandes eines Krankenversicherungsverhältnisses geht, ist die Beschwer der unterlegenen Partei im Regelfall entsprechend §§ 3, 9 ZPO auf das Dreieinhalbfache der Jahresprämie - hier 9.823,80 DM - festzusetzen (BGH, Beschluß vom 15. Mai 1996 - IV ZR 337/95 - BGHR ZPO vor § 1 Rechtsmittel, Beschwer 9 = r + s 1996, 332).

2. In diesem Beschluß hat der Senat ferner entschieden, daß sich eine Erhöhung der so zu ermittelnden Beschwer im Einzelfall u.a. daraus ergeben kann, daß Tagegeldansprüche geltend gemacht oder zumindest angekündigt sind. Für das im Rahmen des § 3 ZPO zu bewertende wirtschaftliche Interesse am Bestehen oder Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses ist es von erheblicher Bedeutung, ob behauptet wird, wegen Eintritt des Versicherungsfalls seien bereits Ansprüche zumindest dem Grunde nach entstanden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 1990 - IV ZR 100/90 - NJW-RR 1990, 1361 und vom 12. Februar 1992 - IV ZR 241/91 - NJW-RR 1992, 608 unter II. b). Der für die Festsetzung der Beschwer gem. § 546 Abs. 2 ZPO maßgebliche Zeitpunkt ist die letzte mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH, Beschluß vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99 - NJW 2000, 1343 m.w.N.).

Wie solche nur behaupteten, aber nicht eingeklagten Ansprüche im Rahmen des auf den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses gerichteten Feststellungsantrags zu bewerten sind, konnte im Senatsbeschluß vom 15. Mai 1996 (aaO) offenbleiben. Die vorliegende Sache veranlaßt den Senat, diese Frage grundsätzlich zu entscheiden. Die Erfolgsaussichten solcher lediglich angekündigten Ansprüche und damit ihr wirtschaftlicher Wert können von Fall zu Fall aus mehreren Gründen sehr unterschiedlich und zweifelhaft sein. Mangels Rechtshängigkeit der Ansprüche kommt es für die Entscheidung darauf aber nicht an. Daher ist auch für die Beschwer gemäß § 546 Abs. 2 ZPO darauf nicht abzustellen. Denn dann wäre für die Oberlandesgerichte und die Parteien in vielen Fällen unklar, ob die Revision statthaft ist. Deshalb ist die Beschwer im Interesse der Rechtsklarheit einheitlich nach einem festen Prozentsatz der behaupteten, aber nicht rechtshängigen Ansprüche zu bemessen. Er beträgt wegen der unsicheren Erfolgsaussicht und der fehlenden rechtskraftfähigen Entscheidung über den Anspruch nicht 100% wie bei der Leistungsklage und der negativen Feststellungsklage und auch nicht 80% wie bei der positiven Feststellungsklage, angemessen erscheinen vielmehr 50%.

Damit erhöht sich die Beschwer durch den Feststellungsausspruch gegenüber der Regelbeschwer in Höhe der dreieinhalbfachen Jahresprämie hier nicht um 61.600 DM, sondern nur um 30.800 DM.

3. Da die Beschwer durch den Feststellungsausspruch damit 40.623,80 DM beträgt, ist die Beschwer unter Einbeziehung der Verurteilung zur Zahlung von 263,01 DM insgesamt auf 40.886,81 DM festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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