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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.05.2005
Aktenzeichen: IV ZR 30/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 124 Abs. 1 | |
BGB § 124 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 4. Mai 2005
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Seiffert, Dr. Schlichting, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch und Dr. Franke
am 4. Mai 2005
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 9. Januar 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 30.000 €
Gründe:
Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
1. Das Berufungsgericht hält bei der Arglistanfechtung für unerheblich, ob ein Kausalzusammenhang zwischen den verschwiegenen Gesundheitsbeeinträchtigungen und den zur Berufsunfähigkeit führenden Beschwerden gegeben ist. Damit weicht es zwar von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg ab und hätte - von seinem Standpunkt aus - die Revision zulassen müssen. Auf dieser Abweichung beruht das Berufungsurteil aber nicht, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg hat die Anfechtung eines Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung ausnahmsweise nur dann keine Rückwirkung, wenn evident oder unstreitig ist, daß zwischen dem arglistig verschwiegenen Umstand und dem Eintritt des Versicherungsfalles kein ursächlicher Zusammenhang besteht (VersR 2001, 1368 und VersR 2000, 437). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil das Fehlen des Kausalzusammenhangs streitig und nicht evident ist. Auf die vereinzelt gebliebene und in Literatur und Rechtsprechung einhellig abgelehnte Ansicht des Oberlandesgerichts Nürnberg kommt es deshalb nicht an. Die Beschwerde legt auch nicht dar, daß eine darüber noch hinausgehende Einschränkung der Rückwirkung der Arglistanfechtung in Literatur oder Rechtsprechung vertreten wird.
2. Die Zulassung der Revision ist auch nicht deshalb geboten, weil das Berufungsgericht das Verschweigen der Gastritis- und Bronchitiserkrankungen mit einhergehender Arbeitsunfähigkeit als Anfechtungsgrund mitberücksichtigt hat.
a) Zum einen trifft der Vorwurf der Beschwerde nicht zu, das Berufungsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Nachschieben von Anfechtungsgründen nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht beachtet (BGH, Urteile vom 19. Februar 1993 - V ZR 249/91 - NJW-RR 1993, 948 unter II 3 und vom 11. Oktober 1965 - II ZR 45/63 - NJW 1966, 39). Das Berufungsgericht hat die zuverlässige Kenntnis vom Anfechtungsgrund im Sinne von § 124 Abs. 2 BGB der schriftlichen Auskunft des Hausarztes D. vom 9. Februar 2000 und dessen schriftlicher Zeugenaussage vom 23. Juni 2002 entnommen. Der Beklagte hat vorgetragen, das wahre Ausmaß der Beschwerden und Behandlungen erst durch die Arztauskunft vom 9. Februar 2000 erfahren zu haben. Demgegenüber hätte die Klägerin in den Tatsacheninstanzen darlegen und beweisen müssen, daß der Beklagte - wie sie jetzt geltend macht - bereits durch den Bericht des Arztes D. vom 5. Dezember 1999 zuverlässige Kenntnis von der arglistigen Täuschung und nicht nur einen entsprechenden Verdacht hatte (vgl. dazu BGH, Urteile vom 11. März 1992 - VIII ZR 291/90 - NJW 1992, 2346 unter II 6 und vom 26. April 1973 - III ZR 116/71 - WM 1973, 750 unter II 2). Das ist nicht geschehen. Die knappen Angaben im Arztbericht vom 5. Dezember 1999 legen eine solche Kenntnis auch nicht nahe. Deshalb hat der Beklagte sich in der Klagerwiderung vom 20. Dezember 2000 noch innerhalb der Frist des § 124 Abs. 1 BGB zur Begründung der Arglistanfechtung auch auf die im Anfechtungsschreiben vom 5. Mai 2000 nicht genannten Gastritis- und Bronchitiserkrankungen mit einhergehender Arbeitsunfähigkeit berufen.
b) Abgesehen davon hat das Berufungsgericht für die Arglistanfechtung in erster Linie auf die verschiedenen Wirbelsäulenbeschwerden abgestellt und dies erkennbar für ausreichend gehalten.
3. Der Streitwert liegt innerhalb der Gebührenstufe bis 30.000 €. Die Herabsetzung gegenüber der Festsetzung durch das Berufungsgericht ergibt sich daraus, daß es nach Klagerhebung fällig gewordene, im Zahlungsantrag 1a enthaltene Beträge von 9.123 DM (4.664,52 €) streitwerterhöhend berücksichtigt hat, ohne sie vom Wert des Feststellungsantrags abzuziehen (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 25. November 1998 - IV ZR 199/98 - NVersZ 1999, 239 und vom 28. September 1993 - III ZR 81/93 - BGHR ZPO § 9 Schadensrente 1).
Ende der Entscheidung
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