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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: IV ZR 346/07
Rechtsgebiete: VVG
Vorschriften:
VVG § 102 Abs. 1 | |
VVG § 107b |
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
durch
den Vorsitzenden Richter Terno,
die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
die Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 8. Oktober 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 13. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 327.791,18 EUR (Zahlungsantrag: 227.017,35 EUR, Feststellungsantrag zur Neuwertspitze: 95.773,83 EUR, Feststellungsantrag zu 4: 5.000 EUR)
Gründe:
Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben.
1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Insbesondere beruht das Berufungsurteil nicht auf einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Zwar hat das Berufungsgericht nicht beachtet, dass der Kläger den Zahlungsanspruch auch in gewillkürter Prozessstandschaft für seinen erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten geltend gemacht hat, an den er nach seinem Vortrag die beiden Grundschulden vor dem Versicherungsfall abgetreten hatte. Die Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte aber zu keinem anderen Ergebnis geführt.
a) Ob der Versicherungsnehmer überhaupt den Anspruch des Grundpfandgläubigers aus §§ 102 Abs. 1 Satz 2, 107b VVG a.F. im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft einklagen darf, ist fraglich. Nach ganz herrschender Meinung kann der Versicherungsnehmer einen Anspruch des Realgläubigers gemäß den §§ 102 Abs. 1 Satz 2, 107b VVG a.F. nicht geltend machen und auch nicht auf Zahlung an den Realgläubiger klagen (OLG Hamburg, JRPV 1933, 141; Dörner/Staudinger in Berliner Kommentar zum VVG § 102 Rdn. 15; Johannsen/Johannsen in Bruck/Möller/Sieg/Johannsen, VVG Band 3 Feuerversicherung 8. Aufl. Anm. J 55; Kollhosser in Prölss/Martin aaO § 102 Rdn. 16; Langheid in Römer/Landgheid, VVG 2. Aufl. § 102 Rdn. 19; Wussow, Feuerversicherung 2. Aufl. § 102 VVG Anm. 7; Johannsen, NVersZ 2000, 410, 413; Petersen, Der Schutz des Realberechtigten in der Immobiliarfeuerversicherung S. 61 unter VI.). Der Senat neigt der überwiegenden Auffassung zu, braucht die Frage aber nicht allgemein zu beantworten. Entscheidend ist, ob der Versicherungsnehmer das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche eigene schutzwürdige rechtliche Interesse vorweisen kann. Dazu genügen nicht die in der abweichenden Entscheidung des OLG Düsseldorf (r+s 1988, 21) genannten prozessökonomischen Erwägungen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - III ZR 164/08 - NJW 2009, 1213 Tz. 21; Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. vor § 50 Rdn. 44; jeweils m.w.N.).
b) Der Kläger kann ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche aus den Grundschulden nicht damit begründen, dass er diese zur Sicherung der gegen ihn gerichteten Vergütungsansprüche seines Prozessbevollmächtigten an diesen abgetreten habe. Die Ermächtigung des Sicherungsgebers durch den Sicherungsnehmer zur Geltendmachung der Sicherungsrechte ist zwar wegen des Rückgriffsinteresses ein klassischer Fall der Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft (vgl. zur Sicherungsabtretung BGH, Urteile vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98 - NJW 1999, 2110 unter II 1 a; vom 19. September 1995 - VI ZR 166/94 - NJW 1995, 3186 unter II 2 a m.w.N.; vom 22. Dezember 1988 - VII ZR 129/88 - NJW 1989, 1932 unter 1). Dies gilt hier aus zwei Gründen nicht. Zum einen kann der Gläubiger einer Sicherungsgrundschuld den Anspruch nach § 102 Abs. 1 Satz 2, § 107b VVG a.F. nur geltend machen, soweit das erforderlich ist, um die durch die Grundschuld gesicherte Forderung zu befriedigen (OLG Saarbrücken, NJW-RR 1998, 1486; Kollhosser aaO § 102 Rdn. 11, § 107b Rdn. 3; Langheid aaO Rdn. 13). Ansonsten würde der Grundschuldgläubiger über das erforderliche Maß hinaus begünstigt; außerdem würden der gesetzgeberische Zweck des § 102 Abs. 1 Satz 2 VVG verfehlt und die berechtigten Interessen nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger beeinträchtigt (OLG Saarbrücken aaO). Einen über die gesicherte Forderung hinausgehenden Betrag darf der Gläubiger der Sicherungsgrundschuld auch nicht deshalb fordern, um ihn anschließend an den Grundstückseigentümer wegen eines diesem nach Erlöschen des Sicherungszwecks zustehenden Rückgewähranspruchs auszukehren. Denn dann käme der Grundstückseigentümer und Versicherungsnehmer, dem gegenüber der Versicherer von seiner Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist, auf diesem Umweg in den Genuss eines Teils der Versicherungsleistung, die ihm gerade nicht zustehen soll. Das widerspricht dem Zweck des § 102 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. (Kollhosser aaO; OLG Saarbrücken aaO). Ein solches Ergebnis will auch § 107c VVG vermeiden, wonach § 102 VVG a.F. nicht für solche Grundschulden gilt, die dem Versicherungsnehmer zustehen (OLG Saarbrücken aaO). Der Kläger hat bereits nicht dargetan, dass und in welcher Höhe durch die beiden Grundschulden gesicherte Vergütungsansprüche seines Prozessbevollmächtigten am Tage des Versicherungsfalles bestanden. Zum anderen kann sich der Kläger deshalb nicht mit Erfolg auf ein Rückgewährinteresse berufen, weil er im Falle einer Befriedigung etwaiger Forderungen seines Prozessbevollmächtigten nicht Rückgewähr der sicherungshalber abgetretenen Grundschulden verlangen könnte. Wenn und soweit der beklagte Versicherer den Prozessbevollmächtigten des Klägers befriedigen würde, gingen die beiden Grundschulden nach §§ 104 Satz 1, 107b VVG auf ihn über. Die Ansprüche aus den Grundschulden könnten somit von einem neuen Gläubiger gegen den Kläger geltend gemacht werden. An einem Gläubigerwechsel kann der Kläger kein schutzwürdiges Interesse haben.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Die oben genannte, von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltene Frage kann sich nicht in einer unbestimmten Vielzahl von künftigen Fällen stellen, weil es im neuen VVG keine dem § 102 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. entsprechende Vorschrift gibt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Ende der Entscheidung
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