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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.10.2000
Aktenzeichen: IV ZR 97/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 3 | |
BGB § 2219 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
11. Oktober 2000
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Schmitz, die Richter Prof. Römer, Dr. Schlichting, Seiffert und die Richterin Ambrosius am 11. Oktober 2000
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Klägerin, den Wert ihrer Beschwer durch das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 24. Februar 2000 auf mehr als 60.000 DM festzusetzen, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Klägerin, eine von drei Miterbinnen, verlangt vom beklagten Testamentsvollstrecker Rechnungslegung für die Jahre 1993 bis 1996. Zum Streitwert hat sie in der Klageschrift vorgetragen, mangels näherer Angaben des Beklagten gehe sie von einem Wert ihres Erbteils von 4,5 Mio. DM aus; daraus ergebe sich bei Annahme einer 5%igen Verzinsung ein jährlicher Ertrag von 225.000 DM. Das Interesse an der Rechnungslegung hat die Klägerin mit 10% davon, d.h. pro Jahr 22.500 DM angesetzt, für den geltend gemachten Zeitraum also 90.000 DM. Dem ist das Landgericht gefolgt.
Gegen das die Klage zum Teil abweisende Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt und ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, weil die Angaben des Beklagten insbesondere unter Berücksichtigung seiner Ergänzungen im Laufe des Verfahrens im Großen und Ganzen den Anforderungen genügten. Die Klägerin müsse alle Kosten des Verfahrens tragen, weil sie ihre Klage auch nicht teilweise für erledigt erklärt habe. Bei dem vom Landgericht festgesetzten Streitwert von 90.000 DM könne es für die erste Instanz bleiben. Für die zweite Instanz sei der Streitwert und die Beschwer der Klägerin aber gemäß § 3 ZPO auf 40.000 DM festzusetzen. Eine höhere Beschwer habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Zum einen sei unklar, welche Zahlungsansprüche die Klägerin gegen den Beklagten vorbereite. Zum anderen habe die Klägerin unstreitig inzwischen vom Beklagten einen Großteil der begehrten Informationen erhalten, so daß es auch aus ihrer Sicht nur noch um einzelne Korrekturen sowie um eine bessere Übersichtlichkeit gehen könne.
Die Klägerin hat gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt und eine Heraufsetzung des Streitwerts auf mehr als 60.000 DM beantragt. Auszugehen sei von dem künftigen Leistungsanspruch, der durch die Klage auf Rechnungslegung vorbereitet werde. Die Klägerin könne diesen künftigen Anspruch nicht ohne die begehrte Abrechnung verfolgen. Daher reiche der Wert des Anspruchs auf Rechnungslegung an den Wert des Leistungsanspruchs heran. Da der Wert des Erbteils der Klägerin nach den Angaben des Beklagten zwischen 3,5 und 4,9 Mio. DM liege, übersteige die Beschwer der Klägerin 60.000 DM bei weitem. Außerdem habe sie in zweiter Instanz keine Erledigungserklärung abgegeben. Da also über den gleichen Antrag zu entscheiden gewesen sei wie in erster Instanz, nämlich die Erteilung einer vollständigen neuen Auskunft, müsse auch derselbe Streitwert gelten. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Anspruch sei zwischenzeitlich erfüllt worden, könne nicht zur Herabsetzung des Streitwerts führen.
II. Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Beschwer rechtsfehlerfrei bestimmt.
1. Der Antrag auf Heraufsetzung der Beschwer setzt sich nicht mit der Feststellung des Berufungsgerichts auseinander, es sei unklar, welche Zahlungsansprüche gegen den Beklagten die Klägerin vorbereite. Soweit der Antrag an den Wert des Erbteils der Klägerin anknüpft, wird nicht glaubhaft gemacht (zu diesem Erfordernis vgl. BGH, Beschluß vom 13. November 1980 - IVa ZR 173/80 - NJW 1981, 579), daß es ihr im maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht darum ging, den Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses nach Abschluß der Testamentsvollstreckung vorzubereiten (§§ 2218, 667 BGB). Ebensowenig ist glaubhaft, daß es der Klägerin um eine Ermittlung der genauen Höhe des Wertes ihres Erbteils gegangen sei, den der Beklagte mit 3,5 bis 4,9 Mio. DM angegeben hatte. Gegen diese im Antrag auf Heraufsetzung der Beschwer vertretene Auffassung spricht die Begründung, die in der Klageschrift für die Höhe des Streitwerts gegeben worden ist. Die Klägerin hat sich diese Begründung auch in ihrem Antrag auf Heraufsetzung der Beschwer zu eigen gemacht. Danach geht es ihr um die Erträge ihres Erbteils, die sie auf jährlich 5% des von ihr mit ca. 4,5 Mio. DM angesetzten Wertes ihres Erbteils schätzt, nämlich auf 225.000 DM. Sie macht aber nicht glaubhaft, daß ihr Ansprüche auf Auszahlung von Erträgen zustehen, die der Beklagte nicht erfüllt hat, oder daß der Beklagte die Erträge bei der Erbauseinandersetzung unberücksichtigt lassen könnte, so daß eine Klage auf Zahlung der auf die Klägerin entfallenden Erträge in Betracht käme. Als Anlaß ihrer Klage auf Rechnungslegung erwähnt die Klägerin in der Klageschrift lediglich, daß es im Zuge der Testamentsvollsteckung zwischen den Parteien bereits verschiedentlich zu Rechtsstreitigkeiten gekommen sei. Möglicherweise geht es der Klägerin nur um eine vorsorgliche Kontrolle des Beklagten, die eventuell zu Schadensersatzansprüchen gemäß § 2219 BGB führen könnte. Zu deren Höhe hat sie jedoch nichts vorgetragen.
2. Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die Beschwer der Klägerin durch die Abweisung ihrer Klage auf Rechnungslegung für die Jahre 1993 bis 1996 gemäß § 3 ZPO auf bis zu 10.000 DM für jedes Jahr, insgesamt also 40.000 DM, festgesetzt hat. Dafür spricht, daß die Rechnungslegung des Beklagten jedenfalls aus Sicht der Klägerin unvollständig war und nicht so übersichtlich, wie es zum Ausschluß von Mißverständnissen geboten gewesen wäre. Danach waren insbesondere unter Berücksichtigung der Größe des Nachlasses Ansprüche aus § 2219 BGB gegen den Beklagten denkbar, die den vom Berufungsgericht für die Klage auf Rechnungslegung festgesetzten Betrag rechtfertigen. Eine 60.000 DM übersteigende Beschwer hat die Klägerin jedoch nicht glaubhaft gemacht.
3. Dies gilt unabhängig von der Erwägung des Berufungsgerichts, daß der in erster Instanz nach dem Antrag der Klägerin festgesetzte Streitwert von 90.000 DM im Hinblick auf die im Laufe des Verfahrens vom Beklagten erteilten Informationen herabzusetzen sei. Auch diese Erwägung ist jedoch nicht denkfehlerhaft, wie die Revision meint. Anders als bei einer Klage auf Zahlung eines bestimmten Betrages, für deren Streitwert es bei unverändertem Antrag nicht darauf ankommt, ob nach Klageerhebung teilweise erfüllt worden ist, hängt der Streitwert bei der hier zu beurteilenden Klage auf Rechnungslegung davon ab, welchen Kenntnisstand die Klägerin bereits gewonnen hat und wie ihr danach verbleibendes Interesse an weiteren, sich aus der geforderten Rechnungslegung ergebenden Informationen für die vorzubereitende Leistungsklage zu bewerten ist. Derselbe Klageantrag kann daher je nach dem verbliebenen Informationsinteresse möglicherweise unterschiedlich zu bewerten sein. Ob die hier im Laufe des Verfahrens vom Beklagten erteilten Informationen schon für sich genommen eine Herabsetzung einer Beschwer von 90.000 DM auf nur 40.000 DM trotz der Ungewißheit über die Höhe einer möglichen späteren Zahlungsklage rechtfertigen würden, bedarf keiner Entscheidung.
Ende der Entscheidung
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