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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.05.2007
Aktenzeichen: IV ZR 98/06
Rechtsgebiete: BGB, EGZPO
Vorschriften:
BGB § 2312 | |
EGZPO § 26 Nr. 8 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 9. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 9. Mai 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 8. März 2006 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 6.616 €
Gründe:
I. Die Klägerin macht im Wege einer Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrem am 24. Juni 2001 verstorbenen Vater geltend. Die Beklagte, ihre Mutter, ist im gemeinschaftlichen Ehegattentestament vom 6. Mai 1996 als Alleinerbin eingesetzt. Der Erblasser hatte mit Überlassungsvertrag vom 15. Juni 1992 seinen Hof, bestehend aus Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude (Flurstück 16/1 der Flur 2), sowie zwei Äcker (Flurstücke Nr. 108 der Flur 1 und Nr. 22 der Flur 2) einem Enkel (Neffen der Klägerin) übertragen; ein weiteres Wohnhaus mit Nebengebäude (Flurstück 16/2 der Flur 2) erhielt die Schwester der Klägerin. Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil verurteilt, den Verkehrswert dieser Grundstücke zum Zeitpunkt der Schenkung und zum Todestag durch Sachverständigengutachten zu ermitteln; weitergehende Auskunftsansprüche der Klägerin hat das Landgericht abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu ergänzenden Auskünften über Bankkonten des Erblassers insbesondere bei der Raiffeisenbank zu verurteilen; für den Fall einer sich daraus ergebenden Unvollständigkeit hat sie im Hinblick auf das von der Beklagten aufgestellte Nachlassverzeichnis, das solche Konten nicht enthält, beantragt, die Beklagte zu der eidesstattlichen Versicherung zu verurteilen, dass sie nunmehr über den Bestand des Nachlasses nach bestem Wissen vollständig Auskunft gegeben habe. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen; für die Bewertung der Grundstücke komme es nach § 2312 BGB auf den Ertragswert an, dessen Ermittlung die Klägerin stets abgelehnt habe. Das Berufungsgericht hat nach Anhörung der Parteien den Wert des Streitgegenstands der Berufung der Beklagten auf 5.000 € und der Berufung der Klägerin auf 3.000 €, zusammen 8.000 € festgesetzt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, durch Sachverständigengutachten bezüglich des Flurstücks 16/2 der Flur 2 den Verkehrswert, bezüglich der anderen Flurstücke dagegen den Ertragswert zu ermitteln. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die ihre zweitinstanzlichen Anträge in der Revision in vollem Umfang weiterverfolgen will. Zu ihrer Beschwer trägt sie vor, hinsichtlich der Bankguthaben fehle ihr jeder Anhalt, ob beim Erbfall weitere Konten vorhanden waren oder der Erblasser Schenkungen an Dritte gemacht habe. In solchen Fällen erfordere die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine einschränkende Auslegung des § 26 Nr. 8 EGZPO. Für den Verkehrswert der an den Enkel des Erblassers übertragenen Grundstücke gelte grundsätzlich dasselbe. Nach dem Überlassungsvertrag handele es sich um eine Fläche von insgesamt rund 280.000 qm; lege man mit der Beklagten einen Verkehrswert zur Zeit der Übertragung von nur 1 DM/qm zugrunde, ergäben sich 140.000 €. Zur Glaubhaftmachung eines höheren Wertes stützt sich die Klägerin auf ein von ihr eingeholtes Sachverständigengutachten, wonach die durch den Vertrag vom 15. Juni 1992 übertragenen Grundstücke beim Erbfall insgesamt 240.000 € wert gewesen seien. Der Klägerin stehe eine Pflichtteilsquote von 1/8 zu. Da sie ihren Zahlungsanspruch ohne Auskunft nicht beziffern könne, dürfe der Wert ihres Auskunftsbegehrens nicht wesentlich geringer als der Zahlungsanspruch bemessen werden (BGH, Beschluss vom 30. April 1962 - VII ZR 34/62 - MDR 1962, 564). Im Übrigen legt die Beschwerde Zulassungsgründe sowohl hinsichtlich der Art der Grundstücksbewertung als auch hinsichtlich der Abweisung des Auskunftsbegehrens bezüglich der Bankkonten dar.
II. Die Beschwerde der Klägerin ist nicht zulässig, weil sie nicht glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO, zur Glaubhaftmachung BGH, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02 - NJW 2002, 3180 unter II).
1. Was zunächst die Beschwer durch Abweisung der in der Berufungsinstanz von der Klägerin gestellten Anträge auf ergänzende Auskunft über Bankkonten und eidesstattliche Versicherung betrifft, hat sie in ihrem Schriftsatz vom 21. November 2005 vorgetragen, es komme ein Zahlungsanspruch von 10.000 € in Betracht; ihr Auskunftsinteresse sei mithin auf 1/4, also 2.500 € zu bewerten. Damit ist sie, da ihr nur ein Pflichtteil von 1/8 zusteht, von einem weiteren Nachlasswert in Höhe von rund 80.000 € ausgegangen. Das Berufungsgericht, an dessen Wertfestsetzung der Senat nicht gebunden ist (BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03 - ZEV 2004, 290 unter 3 a.E.; vom 13. Oktober 2004 - XII ZR 110/02 - NJW-RR 2005, 224 unter 1), hat für die Berufung der Klägerin insgesamt einen Wert von 3.000 € festgesetzt.
Von diesem Wert geht auch der Senat aus. Für eine noch höhere Wertfestsetzung hat die Klägerin keinerlei Anhaltspunkte glaubhaft gemacht. Wie die Angaben in ihrem Schriftsatz vom 21. November 2005 zeigen, ist sie als Tochter des Erblassers in Anbetracht der ihr im Wesentlichen bekannten wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen der Erblasser gelebt hat, durchaus in der Lage, Vorstellungen über die Größenordnung eines etwa noch nicht von der Beklagten angegebenen Bankguthabens des Erblassers bei seinem Tod oder in den letzten 10 Jahren davor (vgl. § 2325 Abs. 3 BGB) zu entwickeln. Bei dieser Sachlage hängt die Höhe des Zahlungsanspruchs nicht derart ausschließlich von der begehrten Auskunft ab, dass eine höhere als die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 21. November 2005 selbst zugrunde gelegte Quote von 1/4 des Zahlungsanspruchs für die Bewertung ihres Auskunftsbegehrens angemessen wäre (zur regelmäßigen Bewertung des Auskunftsanspruchs zwischen 1/10 und 1/4 des Wertes des Leistungsanspruchs vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2006 - IV ZR 195/04 - ZEV 2006, 265 Tz. 4). Auch ist nicht ersichtlich, dass die Anwendung der Vorschrift des § 26 Nr. 8 EGZPO, die mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2002 - IX ZA 31/02 - NJW-RR 2003, 645 unter 2), im vorliegenden Fall gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Der Klägerin bleibt unbenommen, ihre in letzter Stufe beabsichtigte Zahlungsklage auch auf weitere Bankguthaben des Erblassers zu stützen und dafür Beweis anzutreten.
2. Was die Beschwer der Klägerin durch die Abänderung des ihr günstigen landgerichtlichen Urteils auf die Berufung der Beklagten betrifft, kann nicht von der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts ausgegangen werden, die sich insbesondere nach dem Aufwand der Beklagten an Zeit und Kosten zur Erfüllung des titulierten Anspruchs zu richten hatte (BGHZ 128, 85 ff.). Vielmehr ist das Interesse der Klägerin maßgebend, den Zahlungsantrag zu beziffern und zu begründen. Das von ihr zur Glaubhaftmachung vorgelegte Sachverständigengutachten zeigt, dass sie für die Wertermittlung auch bezüglich der Grundstücke nicht allein auf Auskünfte der Beklagten angewiesen ist, sondern sich die erforderlichen Angaben im Wesentlichen selbst beschaffen kann. Deshalb bemisst der Senat den Wert ihres Auskunftsanspruchs bezüglich der Grundstücke auf höchstens 1/5 des erhofften Zahlungsanspruchs. Nachdem das Berufungsgericht der Klägerin bereits einen Anspruch auf Ermittlung des Ertragswerts zugebilligt hat, kann es freilich in der Revisionsinstanz nur noch um den Anspruch auf die Differenz zwischen dem Ertragswert und dem nach Meinung der Klägerin maßgebenden Verkehrswert gehen.
a) In dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten werden der Ertragswert des Flurstücks 16/1 der Flur 2 (Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude) auf 126.522 DM und der Sachwert auf 181.599 DM veranschlagt. Die Differenz beträgt mithin 55.077 DM = 28.160,42 €. Daraus ergibt sich im Hinblick auf die Pflichtteilsquote der Klägerin von 1/8 ein Zahlungsanspruch in Höhe von 3.520,05 €. Den auf die Feststellung dieses Zahlungsbetrages gerichteten, hier maßgeblichen Teil-Auskunftsanspruch bewertet der Senat mit 20%, d.h. rund 700 €.
b) Bezüglich der beiden landwirtschaftlich genutzten Flurstücke Nr. 22 der Flur 2 und Nr. 108 der Flur 1 hat der Gutachter den Ertragswert aufgrund der ihm vorliegenden Daten nicht ermitteln können und statt dessen anhand der Bodenrichtwerte der ortsansässigen Gutachterausschüsse den Bodenwert beider Grundstücke von zusammen (218.756 DM + 9.410 DM =) 228.166 DM festgestellt, also 116.659,42 €. In dem von der Beklagten erstellten Nachlassinventar wird der Ertragswert des gesamten, mit dem Überlassungsvertrag von 15. Juni 1992 übertragenen Grundbesitzes im Hinblick auf die jährlich zu erzielenden Pachterträge mit 4.322,50 DM angegeben. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass den hier in Rede stehenden, landwirtschaftlich genutzten Grundstücken überhaupt kein Ertragswert zukommt, der vom Gutachter festgestellte Bodenwert also die von der Klägerin begehrte Differenz ist, stünde ihr davon nur ein Zahlungsanspruch in Höhe ihrer Pflichtteilsquote von 1/8 zu, also 14.582,43 €. Der Teil-Auskunftsanspruch, den sie mit der Revision weiterverfolgen will, wäre mit 20% davon zu bewerten, also abgerundet mit 2.916 €.
3. Addiert man die ermittelten Werte (3.000 € + 700 € + 2.916 €), ergibt sich insgesamt eine Beschwer der Klägerin durch das angegriffene Berufungsurteil in Höhe von 6.616 €. Dabei ist noch unberücksichtigt geblieben, dass sich die Klägerin ausweislich ihres in erster Instanz als letzte Stufe angekündigten Zahlungsantrags auf die begehrten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche einen Betrag von 20.451,68 € anrechnen lassen will, den sie bereits erhalten hat. Das mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgte Begehren erreicht damit bei weitem nicht den für eine Zulässigkeit erforderlichen Wert.
Ende der Entscheidung
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