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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.09.2005
Aktenzeichen: IX ZA 12/04 (1)
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 321a
ZPO § 543
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZA 12/04 IX ZA 6/05

vom 19. September 2005

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Vill

am 19. September 2005

beschlossen:

Tenor:

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

1. Der Kläger hat gegen den sein Prozesskostenhilfegesuch ablehnenden Senatsbeschluss vom 14. Juli 2004 eine Gehörsrüge nach § 321a ZPO, hilfsweise Gegenvorstellung, erhoben. Die Gehörsrüge ist unstatthaft, weil sie sich gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung richtet (§ 321a Abs. 1 Satz 2 ZPO i.d.F. des Gesetzes vom 9. Dezember 2004, BGBl. I S. 3220).

2. Die Gegenvorstellung ist zulässig, gibt jedoch zu einer Änderung des Senatsbeschlusses vom 14. Juli 2005 keinen Anlass.

a) Nach Ansicht des Klägers hat der Senat "weder erfasst noch gewürdigt", dass das Berufungsgericht seinen - des Klägers - Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt und willkürlich entschieden habe; damit sei ihm selbst ein Gehörsverstoß vorzuwerfen. Dies trifft nicht zu.

aa) Der Kläger macht geltend, bei rechtlich zutreffender Würdigung der von ihm "vorgetragenen, belegten und unter Beweis gestellten Sachverhalte" hätte der Senat zu der Auffassung gelangen müssen, dass im vorliegenden Fall

(1) die Nutzungsberechtigten beim Rechtserwerb bestimmter Grundstücke unredlich (§ 4 Abs. 2 und 3 VermG) gewesen seien, was das Berufungsgericht wegen unrichtiger Verteilung der Beweislast verkannt habe,

(2) jedenfalls eine Teilrestitution durchzuführen gewesen sei,

(3) der Wert anderer Grundstücke, die nicht in die Unredlichkeitsbetrachtung hätten einbezogen werden müssen, vom Berufungsgericht unzutreffend ermittelt worden sei,

(4) der Zeitpunkt, wann der Kläger bei ordnungsgemäßer Behandlung seines Restitutionsantrages über die Grundstücke hätte verfügen können, unrichtig festgestellt worden sei,

(5) Schadensersatz auch wegen der von dem Vater des Klägers gezeichneten Reichsanleihen verlangt werden könne,

(6) die Ansprüche des Klägers auch nicht teilweise verjährt seien.

In jeglicher Hinsicht ist ein Gehörsverstoß - oder ein anderer Zulassungsgrund - nicht zu erkennen. Wie bereits in dem Senatsbeschluss vom 14. Juli 2005 ausgeführt, geht die Nichterweislichkeit der tatsächlichen Voraussetzungen eines redlichen Erwerbs nur dann zu Lasten des Erwerbers, wenn überhaupt greifbare Anhaltspunkte für eine mögliche Unredlichkeit bestehen (BVerwG ZIP 1995, 2016, 2018; VIZ 1998, 458, 459; Holst/Liedtke in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Kommentar zum Vermögensgesetz EL 12 § 4 Rn. 170; Kimme/Berndt, Offene Vermögensfragen 22. Lfg. 11/03 § 4 VermG Rn. 339). Solche hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender, jedenfalls keinen Zulassungsgrund zu erkennen gebender Weise verneint. Soweit es objektive Abweichungen von den seinerzeit geltenden Vorschriften festgestellt hat ("nur in wenigen Punkten"), ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass es an der subjektiven Vorwerfbarkeit fehle. Dies ist als tatrichterliche Würdigung hinzunehmen. Die Beweisanträge des Klägers, aus den "Gauck-Akten" der Betroffenen sei zu entnehmen, dass es sich um ehemalige "Staatsträger" der DDR gehandelt habe, waren wegen Untauglichkeit des Beweismittels unzulässig (vgl. § 21 StUG). Eine Teilrestitution war nicht deshalb gerechtfertigt, weil einige Parzellen im Sinne der DDR-Eigenheimverordnung "Übergröße" gehabt haben. Die Redlichkeit ist nicht teilbar. Auch die Wertermittlung der anderen Grundstücke und die Feststellung des fiktiven Restitutionszeitpunkts sind revisionsrechtlich nicht zu rügen, jedenfalls nicht willkürlich und bieten auch sonst keinen Anlass für rechtsgrundsätzliche Erörterungen. Die Reichsanleihen hat das Berufungsgericht nicht übergangen (vgl. S. 27 ff des Grund- und Teilurteils). Ein Zulassungsgrund ist insofern nicht ersichtlich. Für die Frage der Verjährung gilt dies entsprechend.

bb) Weiter macht der Kläger geltend,

(1) ihm sei anlässlich der Entpflichtung des Rechtsanwalts M. (Beschluss vom 18. Mai 2000) das rechtliche Gehör ausdrücklich verweigert worden,

(2) zu der Verweisung der Widerklage der Rechtsanwälte K. und R. in die erste Instanz (Beschluss vom 26. Februar 2003) habe er kein rechtliches Gehör gehabt,

(3) ihm sei keine Möglichkeit gegeben worden, zu dem Schriftsatz der Gegenseite vom 9. Juni 2004 Stellung zu nehmen und

(4) durch die Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, die auf Grund seiner Schriftsätze vom 17. und 28. Februar 2005 geboten gewesen sei, sei sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden.

Diese Vorwürfe sind durchweg unbegründet. Wie der Kläger selbst vorträgt, hat er sich zum Entpflichtungsantrag des Rechtsanwalts M. unter dem 5., 6. und 12. April sowie dem 11. Mai 2000 geäußert. Damit hatte er rechtliches Gehör. Die Verweisung einer Widerklage in die erste Instanz hat für die Frage, ob gegen die Berufungsurteile - die sich somit über die Widerklage nicht verhalten - eine Revision zuzulassen ist, keine Bedeutung. Der Schriftsatz vom 9. Juni 2004 ist, wie sich der gerichtlichen Abverfügung entnehmen lässt, am 11. Juni 2004 den Parteivertretern zur Kenntnis gegeben worden. Der Kläger hätte deshalb noch vor der Verkündung des Grund- und Teilurteils am 30. Juni 2004 darauf eingehen können. Das Berufungsgericht hat auf S. 15 ff seines Schlussurteils ausführlich begründet, weshalb das Vorbringen des Klägers in den Schriftsätzen vom 17. und 28. Februar 2005 keinen Anlass biete, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Hierauf wird Bezug genommen. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, zu Beginn des Termins vom 9. Februar 2005 habe das Gericht "den Parteien völlig überraschend eine 6-seitige komplizierte Ausarbeitung" überreicht und sie aufgefordert, dazu innerhalb 30 Minuten Stellung zu nehmen, insbesondere den Kläger zu einer "Antragsänderung genötigt", kann darin keine Überrumpelung, kein Verstoß gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens und kein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör gesehen werden. Die "6-seitige Ausarbeitung" enthält im wesentlichen - außer der Wiedergabe der von dem Kläger zuletzt gestellten Anträge und daran anknüpfender Überlegungen zum Streitwert - lediglich den Hinweis, dass bei einer fiktiven Betrachtung nicht davon ausgegangen werden könne, über die Entschädigung für die Flurstücke 237/1 und 237/2 in D. sowie 505/107 in T. wäre bereits entschieden worden. Zu diesem schon seit längerem zwischen den Parteien diskutierten Thema konnte sofort Stellung genommen werden und der - anwaltlich vertretene - Kläger hat dies auch getan, ohne Schriftsatznachlass zu beantragen.

cc) Ferner habe der Senat - so der Kläger - nicht gewürdigt, dass das Berufungsgericht bestimmte, angeblich nicht von den Prozessbevollmächtigten des Klägers verfasste Schriftsätze unberücksichtigt gelassen habe.

Der Senat hat sich mit diesem Vorbringen auf S. 3 des angegriffenen Beschlusses befasst. Im Übrigen hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts schon während des Berufungsverfahrens dienstlich erklärt, man habe alle Schriftsätze - auch diejenigen, von denen der Kläger das Gegenteil vermutet - zur Kenntnis genommen.

dd) Gehörsverstöße beanstandet der Kläger auch insofern, als der Senat

(1) die Besetzungsrüge des Klägers vom 1. März 2000,

(2) seine Streitwertbeschwerde,

(3) sein Vorbringen zur "Verwechslung der vorschusspflichtigen Partei" in einem Beweisbeschluss,

(4) die unterbliebene Zurückweisung unzulässiger Streitverkündungen durch das Berufungsgericht und

(5) das Begehren auf Zuerkennung der gesamten Kosten des Privatgutachters L. nicht beachtet habe.

Sämtliche Beanstandungen sind unbegründet. Die Besetzungsrüge bezog sich auf einen Termin vom 26. August 1999. Die mündlichen Verhandlungen, auf Grund derer die beiden Berufungsurteile ergangen sind, fanden jedoch am 12. Mai 2004 und 9. Februar 2005 statt. Damals war die Besetzung anders. Die Streitwertbeschwerde und der Beschluss des Berufungsgerichts vom 9. März 2005, mit dem es abgelehnt worden ist, von dem Kläger selbst ausgesprochene Streitverkündungen zurückzuweisen, haben für die Frage der Zulassung der Revision gegen die beiden Urteile keine Bedeutung. Die angebliche Verwechslung der vorschusspflichtigen Partei ist für den Ausgang des Verfahrens unerheblich, weil der Beweis erhoben worden ist. Das erweiterte Klagebegehren ist unbeachtlich, weil selbst eine bloße Klageerweiterung in der Revisionsinstanz nicht mehr zulässig ist.

b) Weiter macht der Kläger geltend, der Senat habe verkannt, dass es sich um "den größten privaten Anwaltsregress der Nachkriegszeit" handele, weshalb die Sache grundsätzliche Bedeutung habe.

Der Senat geht sehr wohl davon aus, dass die Sache für den Kläger große - möglicherweise sogar existentielle - Bedeutung hat. Diese beschränkt sich jedoch auf den Einzelfall. Eine Ausstrahlung auf andere Fälle ist nicht erkennbar. Woraus der Kläger herleitet, sein Fall sei als der größte private Anwaltsregress der Nachkriegszeit anzusehen, ist nicht nachvollziehbar.

c) Der Senat habe außer acht gelassen, dass die Revision auch zur Korrektur von nur im Einzelfall fehlerhaften Entscheidungen zuzulassen sei. Diese Ansicht ist mit Wortlaut und Sinn des § 543 ZPO nicht zu vereinbaren.

Ende der Entscheidung

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