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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: IX ZB 126/05
Rechtsgebiete: ZPO, InsVV, InsO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 2
ZPO §§ 850 ff
InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b
InsO § 36 Abs. 1
InsO § 100
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 126/05

vom 27. Juli 2006

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Dr. Ganter und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer

am 27. Juli 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. März 2005 wird auf Kosten des Insolvenzverwalters als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.102,42 € festgesetzt.

Gründe:

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO). Sie ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

1. Die Rechtssache hatte im Zeitpunkt der Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hinsichtlich der Frage, ob im Insolvenzverfahren eines Schuldners, der selbständig beruflich tätig ist und diese Tätigkeit während des Verfahrens fortsetzt, die vom Insolvenzverwalter ausgekehrten Zahlungen für den Lebensunterhalt des Schuldners sowie für Krankenversicherungsbeiträge und Einkommensteuer gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV bei der Bemessung der Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung zu berücksichtigen sind.

Inzwischen hat der Senat jedoch mit Beschluss vom 4. Mai 2006 (IX ZB 202/05, ZIP 2006, 1307, 1308) entschieden, dass, sofern der Schuldner in dem vom Insolvenzverwalter fortgeführten Betrieb weiter mitarbeitet und er im Gegenzug aus der Insolvenzmasse finanzielle Zuwendungen erhält, zu vermuten ist, dass damit seine Mitarbeit abgegolten worden ist und es sich nicht um Unterhalt handelt. Will der Insolvenzverwalter, der den Betrieb des Schuldners fortführt, vermeiden, dass die finanziellen Zuwendungen an den im Betrieb weiter mitarbeitenden Schuldner das als Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters einzustellende Betriebsergebnis schmälern, muss er die Vermutung widerlegen, dass mit den Zuwendungen der Arbeitseinsatz des Schuldners vergütet wird. Dies gilt auch, soweit die monatlichen Zahlungen die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff ZPO nicht übersteigen und somit gemäß § 36 Abs. 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse gehören.

Wurden die Zahlungen an den Schuldner als Gegenleistung für die Mitarbeit im fortgeführten Betrieb erbracht, haben sie Lohnersatzfunktion und sind zumindest in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für die Insolvenzverwaltervergütung abzuziehen, weil die Ausgaben durch die Unternehmensfortführung veranlasst sind (BGH, Beschl. v. 4. Mai 2006, aaO; v. 24. Mai 2005 - IX ZB 6/03, ZInsO 2005, 760, 761).

Hat der Insolvenzverwalter keinen Beschluss der Gläubigerversammlung nach § 100 InsO herbeigeführt, in dem klargestellt wird, dass die Leistungen an den Schuldner von seiner Mitarbeit in dem Unternehmen unabhängig sind, kann er später die Vermutung der Abhängigkeit von der Mitarbeit nur widerlegen, indem er Umstände dargelegt und gegebenenfalls beweist, die eindeutig auf den Unterhaltscharakter unabhängig von der Mitarbeit schließen lassen (BGH, Beschl. v. 4. Mai 2006, aaO).

Mit dieser Entscheidung, die auch für die Fortführung des Unternehmens eines selbständig tätigen Schuldners gilt, ist die Rechtsgrundsätzlichkeit entfallen.

2. In einem Fall, in dem die Rechtsgrundsätzlichkeit nach Einlegung der Rechtsbeschwerde entfällt, ist diese gleichwohl zulässig, wenn sie Aussicht auf Erfolg hat (BGH, Beschl. v. 23. September 2004 - IX ZB 291/03, nicht veröffentlicht; v. 2. Dezember 2004 - IX ZB 110/04, ZVI 2005, 99, 100; zur Zulässigkeit einer Revision in einem vergleichbaren Fall vgl. BGH, Beschl. v. 8. September 2004 - V ZR 260/03, NJW 2005, 154, 155).

Daran fehlt es hier. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war der Schuldner - wie zuvor - weiterhin als freier Graphiker tätig und führte die Umsätze an den Verwalter ab, der die unpfändbaren Beträge monatlich an ihn auskehrte sowie für ihn Krankenversicherungsbeiträge und Einkommensteuer beglich. Der Verwalter führte im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV das Unternehmen des Schuldners fort. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Zahlung der genannten Beträge für dessen weitere Arbeit in dem Unternehmen erfolgte, das anderenfalls nicht hätte fortgeführt werden können.

Die Zahlungen waren daher von den Einnahmen abzuziehen. Das Beschwerdegericht hat zutreffend entschieden.

Ende der Entscheidung

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