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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.11.2008
Aktenzeichen: IX ZB 141/07
Rechtsgebiete: InsVV, ZPO


Vorschriften:

InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b
InsVV § 3 Abs. 1 Buchst. b
InsVV § 3 Abs. 1 Buchst. b Alternative 1
ZPO § 577 Abs. 6 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 141/07

vom 13. November 2008

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

am 13. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 9. Juli 2007 wird auf Kosten des Insolvenzverwalters als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.451,92 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 2. Juli 2002 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den Rechtsbeschwerdeführer zum Insolvenzverwalter. Dieser beantragte zuletzt, die Vergütung auf insgesamt 91.303,79 € und Auslagen von 17.255 € jeweils inklusive 19 % Umsatzsteuer festzusetzen.

Das Amtsgericht hat die Vergütung und die Auslagen auf insgesamt 80.110,04 € inklusive 19 % Umsatzsteuer festgesetzt und den darüber hinausgehenden Antrag zurückgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Insolvenzverwalter eine Erhöhung der Vergütung um 7.451,92 € angestrebt. Dieses Rechtsmittel ist ohne Erfolg geblieben. In gleichem Umfang verfolgt der Insolvenzverwalter seinen Antrag mit der Rechtsbeschwerde weiter.

II.

Das Rechtsmittel ist zwar statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

1. Die Frage nach dem Verhältnis von § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV zu § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV ist geklärt.

Ein Zuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. b Alternative 1 InsVV ist festzusetzen, wenn der Verwalter das Unternehmen des Schuldners fortgeführt hat und die Masse dadurch nicht entsprechend größer geworden ist. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ gegeben sein. Von einer "entsprechend" größeren Masse ist auszugehen, wenn die Erhöhung der Vergütung, die sich aus der Massemehrung ergibt, ungefähr den Betrag erreicht, der dem Verwalter bei unveränderter Masse über den Zuschlag zustände. Denn der Insolvenzverwalter, der durch die Betriebsfortführung eine Anreicherung der Masse bewirkt, darf vergütungsmäßig nicht schlechter stehen, als wenn die Masse nicht angereichert worden wäre. Ist die aus der Massemehrung sich ergebende Erhöhung der Vergütung niedriger als der Betrag, der über den Zuschlag ohne Massemehrung verdient wäre, hat das Insolvenzgericht einen Zuschlag zu gewähren, der die bestehende Differenz in etwa ausgleicht. Höher darf er nicht sein. Andernfalls würde der Insolvenzverwalter für seine Bemühungen um die Betriebsfortführung doppelt honoriert. Dies ist zu vermeiden (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784, 786 Rn. 19; v. 22. Februar 2007 - IX ZB 120/06, ZIP 2007, 826 Rn. 5; v. 24. Januar 2008 - IX ZB 120/07, ZIP 2008, 514, Rn. 7).

Danach ist eine Vergleichsrechnung durchzuführen. Dazu ist der Wert, um den sich die Masse durch die Unternehmensfortführung vergrößert hat, und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen, die ohne die Massemehrung über den dann zu gewährenden Zuschlag erreicht würde (BGH, Beschl. v. 24. Januar 2008 aaO Rn. 8).

Die angefochtenen Entscheidungen haben diese Vergleichsrechnung in zutreffender Weise durchgeführt.

2. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757; v. 23. September 2004 - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1208, Rn. 44). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 Rn. 4).

Eine derartige Gefahr besteht im vorliegenden Fall nicht. Amtsgericht und Beschwerdegericht haben einen Zuschlag von 20 % auf die Vergütung ohne die durch die Unternehmensfortführung bewirkte Massemehrung für angemessen angesehen. Dabei haben sie berücksichtigt, dass die Betriebsfortführung etwas über einen Monat gedauert hat, der Insolvenzverwalter ausschließlich Restaufträge abgewickelt hat, der Geschäftsbetrieb bei Amtsantritt des Verwalters praktisch eingestellt war, zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens 58 Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt waren und durch die Betriebsfortführung Erlöse in Höhe von 119.776,03 € erzielt werden konnten. Einen übermäßigen Arbeitsaufwand, der eine weitere Erhöhung des Zuschlags rechtfertigen könnte, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt.

Die Abgrenzung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters nach Art, Dauer und Umfang einer Unternehmensfortführung ist Aufgabe der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall. Deshalb verbietet sich im Rechtsbeschwerdeverfahren eine vergleichende Betrachtung mit Einzelfallentscheidungen anderer Landgerichte, wie sie die Rechtsbeschwerdebegründung vornimmt. Es ist nicht Sache des Rechtsbeschwerdegerichts, für die Zuschläge aus Anlass von Unternehmensfortführungen nach den Umständen der Einzelfälle "Faustregel-Tabellen" aufzustellen (vgl. BGH, Beschl. v. 1. März 2007 - IX ZB 277/05 n.v.; v. 22. März 2007 - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370 Rn. 3).

Da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, liegt weder die behauptete Divergenz zu Entscheidungen anderer Landgerichte noch eine symptomatisch fehlerhafte Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts vor. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt ebenso wenig vor wie eine Verletzung des Grundrechts des Rechtsbeschwerdeführers auf rechtliches Gehör.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

Ende der Entscheidung

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