Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: IX ZB 143/05
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 4a
InsO § 7
InsO § 13
InsO § 14
InsO § 14 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 143/05

vom 19. Januar 2006

in dem Insolvenzeröffnungsverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann

am 19. Januar 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25. April 2005 wird als unzulässig verworfen.

Die Anträge des Schuldners auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, Anwaltsbeiordnung und Erlass einer einstweiligen Anordnung werden zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 20.000 €.

Gründe:

I.

Das zu 2 beteiligte Land (fortan: Finanzamt) beantragte am 16. März 2004 wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 24.204,49 € die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Die Steuerrückstände bezogen sich auf den Zeitraum ab dem Jahr 2001 und waren fällig und vollstreckbar. Dem Antrag waren Vollstreckungsversuche des Finanzamts vorausgegangen, die am 4. Februar 2004 zur Pfändung eines LKW-Aufliegers geführt haben. Dessen Wert sowie die Verwertungsmöglichkeiten sind streitig. Die titulierten Steuerforderungen beruhten auf Schätzungen des Finanzamtes. Nach Abgabe entsprechender Steuererklärungen durch den Schuldner hat das Finanzamt Abänderungsbescheide erlassen. Der Schuldner hat vorgetragen, dass die Rückstände gegenüber dem Finanzamt im März 2005 nur noch 8.758,56 € betrügen.

Das Insolvenzgericht hat dem Eröffnungsantrag stattgegeben. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die nach § 7 InsO in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Weder stellt sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 4 InsO, § 574 Abs. 2 ZPO).

1. Die Rechtsbeschwerde will als rechtsgrundsätzliche Frage geklärt wissen, ob der Gläubiger ein rechtliches Interesse im Sinne von § 14 Abs. 1 InsO auch an der Eröffnung eines wirtschaftlich sinnlosen Insolvenzverfahrens habe. Diese von der Rechtsbeschwerde formulierte Frage stellt sich im Streitfall nicht.

a) Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass das Finanzamt durch die ausgebrachte Pfändung nicht ausreichend abgesichert ist. Dies wird von der Rechtsbeschwerde nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass die Steuerforderungen einschließlich der Säumniszuschläge 10.770,17 € betragen und für den gepfändeten Sattelauflieger ein Betrag von nur 4.000 € erlöst werden könnte. Die vielfach vertretene Auffassung, an dem nach § 14 Abs. 1 InsO erforderlichen Interesse des antragstellenden Gläubigers fehle es, wenn er auf einem einfacheren, insolvenzfestem Weg Befriedigung erlangen könne (vgl. MünchKomm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 48), wird deshalb nicht entscheidungserheblich.

b) Die Rechtsbeschwerde bezweifelt des Weiteren, dass die erstrebte Insolvenzeröffnung geeignet sei, die Rechtsposition des Finanzamts zu verbessern. Sie leitet aus einer Aufzählung von Einzelumständen her, dass dem Verfahren die Masseunzulänglichkeit drohe, was den Insolvenzantrag geradezu als kontraproduktiv erscheinen lasse. Insoweit führt die Rechtsbeschwerde keinen der Zulassungsgründe ordnungsgemäß aus. Der Sachverständige geht in seinem am 27. Januar 2005 erstatteten Gutachten davon aus, dass freie Masse durch die Verwertung der Vermögensgegenstände des Schuldners geschaffen werden könne. Auch dies wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Bei dieser Sachlage ist es nicht fernliegend, dass - falls überhaupt erforderlich - ein ausreichender Geldbetrag durch einen der Gläubiger vorgeschossen wird (§ 207 Abs. 1 Satz 2 InsO) und der Insolvenzverwalter - entsprechend den Ausführungen in dem von ihm selbst erstatteten Gutachten - zur Verwertung der Vermögensgegenstände schreitet, wozu er sogar im Einstellungsverfahren befugt ist (vgl. § 207 Abs. 3 Satz 2 InsO).

2. Die Rechtsbeschwerde bezweckt weiterhin die Klärung der rechtsgrundsätzlichen Frage, ob die Einzelzwangsvollstreckung den Vorrang vor einem Insolvenzverfahren genieße. Diese Rechtsfrage ist durch den Senatsbeschluss vom 5. Februar 2004 (IX ZB 29/03, WM 2004, 1686, 1688) geklärt. Danach ist die Annahme einer allgemeinen Subsidiarität des Insolvenzverfahrens gegenüber anderen Vollstreckungsmöglichkeiten mit §§ 13, 14 InsO nicht vereinbar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der antragstellende Gläubiger - wie hier - nicht der einzige Gläubiger des Schuldners ist (BGH, aaO S. 1688).

III.

Mangels hinreichender Erfolgsaussichten kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 4 InsO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO). Die von dem Schuldner hilfsweise herangezogene Vorschrift des § 4a InsO findet im Rechtsmittelverfahren keine Anwendung (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 539/02, WM 2003, 1871, 1872, insoweit in BGHZ 156, 92 ff nicht abgedruckt).

Da das Rechtsmittel des Schuldners keinen Erfolg hat, konnte seinem Antrag, dem Insolvenzverwalter Verwertungshandlungen bezüglich des Fuhrparks des Insolvenzschuldners bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zu untersagen, nicht entsprochen werden.

Ende der Entscheidung

Zurück