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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: IX ZB 163/05
Rechtsgebiete: InsO
Vorschriften:
InsO § 6 | |
InsO § 7 | |
InsO § 25 |
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 26. Oktober 2006
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer am 26. Oktober 2006 beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 14. Juni 2005 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 10.000 Euro festgesetzt
Gründe:
I.
Am 21. Januar 2003 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: vorläufiger Verwalter) wurde zunächst mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Am 26. Februar 2003 wurde er zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt; der Schuldnerin wurde ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt.
Mit Beschluss vom 3. März 2005 hat das Insolvenzgericht den Eröffnungsantrag wegen Fehlens einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen und alle bis dahin angeordneten Sicherungsmaßnahmen aufgehoben. Es hat den vorläufigen Verwalter ermächtigt, bis zur rechtskräftigen Festsetzung der Vergütung auf dem Verwaltungs-Anderkonto einen Betrag zurückzuhalten, welcher der beantragten Vergütung entspricht. Die sofortige Beschwerde des vorläufigen Verwalters gegen die Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen ist als unzulässig verworfen worden. Der vorläufige Verwalter beantragt, den Beschluss des Insolvenzgerichts aufzuheben, soweit die Sicherungsmaßnahmen aufgehoben worden sind, hilfsweise, den Beschluss dahingehend abzuändern, dass die vorläufige Insolvenzverwaltung sowie ein allgemeines, auf Grundbesitz der Schuldnerin beschränktes Verfügungsverbot bis zur Berichtigung der Verfahrenskosten und der Erfüllung der vom vorläufigen Insolvenzverwalter eingegangenen Verbindlichkeiten aufrecht erhalten bleiben.
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts war die sofortige Beschwerde unzulässig, weil die Insolvenzordnung eine Anfechtung der Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen nicht vorsieht. Dagegen meint die Rechtsbeschwerde, die Notwendigkeit eines Rechtsmittels ergebe sich aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO. Durch die Aufhebung des allgemeinen Verfügungsverbots werde der vorläufige Verwalter in seinem aus § 25 Abs. 2 InsO folgenden Recht beeinträchtigt, das Vermögen der Schuldnerin zum Zwecke der Befriedigung seines Vergütungsanspruchs zu verwerten. Dass er die Vergütung dem Anderkonto entnehmen dürfe, helfe ihm nicht weiter, weil liquide Mittel nie vorhanden gewesen seien. Bei Fortbestehen seiner Verfügungsbefugnis könne er dagegen den wertausschöpfend belasteten Grundbesitz der Schuldnerin freihändig veräußern und so freie Masse zur Deckung seines Vergütungsanspruchs schaffen.
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist richtig.
a) Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass die sofortige Beschwerde statthaft war (BGHZ 144, 78, 82; BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 75/03, WM 2003, 2344; v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, WM 2003, 2390; v. 7. April 2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde einräumt (§ 6 InsO). Gegen die Aufhebung eines allgemeinen Verfügungsverbots ist keine sofortige Beschwerde vorgesehen.
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde folgt ein Beschwerderecht des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht aus einer analogen Anwendung des § 59 Abs. 2 InsO.
aa) Nach § 59 Abs. 2 InsO steht dem (endgültigen) Verwalter gegen die Entlassung aus dem Amt die sofortige Beschwerde zu. § 21 Abs. 2 InsO ordnet an, dass für den vorläufigen Insolvenzverwalter unter anderem die Vorschrift des § 59 InsO entsprechend gilt. In der Kommentarliteratur wird aus dieser Verweisung geschlossen, dass dem vorläufigen Verwalter vor der Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 InsO rechtliches Gehör zu gewähren ist (Jaeger/Gerhardt, InsO § 25 Rn. 7).
bb) Der Anwendungsbereich des § 59 InsO ist dann, wenn das Amt des vorläufigen Insolvenzverwalters infolge der Zurückweisung eines Eröffnungsantrags endet, jedoch nicht eröffnet. Darauf hat das Beschwerdegericht zutreffend hingewiesen. § 59 InsO regelt die Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund. Vor einer derartigen Maßnahme ist dem Verwalter rechtliches Gehör zu gewähren; ihm steht gegen die Entlassung die sofortige Beschwerde zu. Endet das Amt des Verwalters nicht durch eine Entlassung nach § 59 InsO, sondern durch Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 207 InsO), wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) oder mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO), steht dagegen nur den Insolvenzgläubigern und, wenn die Einstellung nach § 207 InsO erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu (§ 216 Abs. 1 InsO). Der Verwalter ist nicht beschwerdeberechtigt. § 59 Abs. 2 InsO setzt ausdrücklich die Entlassung des Verwalters aus wichtigem Grund voraus. Allein der Umstand, dass die Einstellung des Verfahrens das Ende des Amts des Insolvenzverwalters bedeutet, eröffnet diesem kein Rechtsmittel gegen die Einstellung des Verfahrens.
Nichts anderes gilt bei Ende der vorläufigen Insolvenzverwaltung infolge der Abweisung des Eröffnungsantrags. Auch hier handelt es sich nicht um eine Entlassung aus wichtigem Grund. Das Ende des Amtes des vorläufigen Verwalters ist vielmehr nur eine Nebenfolge der Entscheidung über den Eröffnungsantrag. Wird der Eröffnungsantrag abgewiesen, sind die Sicherungsmaßnahmen aufzuheben. In der Insolvenzordnung ist dieser Grundsatz zwar nicht ausdrücklich geregelt. Die entsprechende Bestimmung des § 29 RegE-InsO (BT-Drucks. 12/2443, S. 118) ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses gestrichen worden. Eine inhaltliche Änderung des Entwurfs war mit der Streichung jedoch nicht verbunden. Der Rechtsausschuss hat es vielmehr für selbstverständlich und nicht regelungsbedürftig gehalten, dass die Sicherungsmaßnahmen aufzuheben sind, wenn der Eröffnungsantrag abgewiesen wird (BT-Drucks. 12/7302, S. 158). Ist der Antrag erledigt, gibt es keine Grundlage für eine vorläufige Insolvenzverwaltung mehr. Da dem vorläufigen Verwalter kein Recht zur sofortigen Beschwerde gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags zusteht (§ 34 Abs. 1 InsO), hat er auch das mit der Abweisung des Antrags notwendig verbundene Ende seines Amtes hinzunehmen.
c) Ein Beschwerderecht des vorläufigen Insolvenzverwalters folgt schließlich auch nicht unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 GG.
aa) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet demjenigen Rechtsschutz, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Umfassenden Rechtsschutz garantiert das Grundgesetz jedoch nur zu dem Zweck des Schutzes subjektiver Rechte und daher auch nur unter der Voraussetzung, dass die Verletzung einer Rechtsposition geltend gemacht wird, welche die Rechtsordnung im Interesse des Einzelnen gewährt. Hingegen genügt weder die Verletzung nur wirtschaftlicher Interessen noch die Verletzung von Rechtssätzen, die lediglich Reflexwirkungen haben, weil in ihnen der Einzelne allein aus Gründen des Interesses der Allgemeinheit begünstigt wird. Welche Rechte der Einzelne hiernach geltend machen kann, bestimmt sich - abgesehen von Grundrechten und sonstigen verfassungsmäßigen Rechten - nach den Regelungen des einfachen Rechts. Der Gesetzgeber befindet darüber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zustehen und welchen Inhalt es haben soll (BVerfG ZIP 2006, 1355, 1358).
bb) Die Vorschrift des § 25 Abs. 2 InsO verpflichtet den Verwalter, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen war (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1, § 22 Abs. 1 InsO), vor Aufhebung seiner Bestellung die entstandenen Kosten - die Gerichtskosten sowie seine Vergütung nebst Auslagen (§ 54 InsO) - aus dem verwalteten Vermögen zu berichtigen und die von ihm begründeten Verbindlichkeiten zu erfüllen. Dadurch soll vermieden werden, dass nach dem Rückfall der Verfügungsbefugnis auf den Schuldner aus der Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung noch Verbindlichkeiten offen stehen, über deren Erfüllung Streit entstehen könnte (BT-Drucks. 12/2443, S. 118). Ziel der Vorschrift ist also eine sachgerechte Beendigung der vorläufigen Verwaltung. Unmittelbare Ansprüche der in ihr genannten Gläubiger begründet sie nicht.
Das gilt auch für den vorläufigen Verwalter selbst. Dessen Anspruch auf Vergütung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1, § 63 InsO) ist durch das Recht, mit Zustimmung des Insolvenzgerichts einen Vorschuss zu entnehmen (§§ 10, 9 InsVV), und die Möglichkeit, im Falle fehlender Kostendeckung die schnellstmögliche Beendigung seiner Tätigkeit anzuregen, hinreichend geschützt (BGHZ 157, 370, 378 f; BGH, Beschl. v. 13. Juli 2006 - IX ZB 104/05, ZIP 2006, 1403, 1408, z.V. in BGHZ bestimmt). Die Stellung des vorläufigen Verwalters mit Verfügungsbefugnis unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen des vorläufigen Verwalters ohne Verfügungsbefugnis, für den die Vorschrift des § 25 Abs. 2 InsO nicht gilt.
cc) Im vorliegenden Fall besteht das verwaltete Vermögen überdies ausschließlich aus wertausschöpfend belastetem Grundeigentum. Eingriffe in Rechte Dritter gestattet § 25 Abs. 2 InsO nicht.
Ende der Entscheidung
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