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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: IX ZB 163/06
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 6
InsO § 7
InsO § 34
Der Insolvenzverwalter ist nicht befugt, Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses durch das Beschwerdegericht einzulegen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 163/06

vom 8. März 2007

in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

am 8. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 8. September 2006 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2. als unzulässig verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.455,43 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte zu 1. (fortan: Gläubiger) beantragte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Die Schuldnerin widersprach, weil sich die Forderung nicht gegen sie richte, sondern gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafterin sie sei. Über das Vermögen dieser Gesellschaft war bereits am 7. Februar 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Mit Beschluss vom 24. Mai 2006 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden; der weitere Beteiligte zu 2. ist zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist der Eröffnungsbeschluss aufgehoben worden, weil die Schuldnerin nur als Gesellschafterin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Forderung des Gläubigers einzustehen habe; gemäß § 93 InsO könne die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Dauer des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft jedoch nur von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2., der die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin erreichen will. Seiner Ansicht nach ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes zu prüfen. Die Forderung des Gläubigers gegen die Schuldnerin bestehe nach wie vor.

II.

Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist unzulässig.

1. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass die sofortige Beschwerde statthaft war (BGHZ 144, 78, 82; BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 75/03, WM 2003, 2344; v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, WM 2003, 2390; v. 7. April 2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246; v. 26. Oktober 2006 - IX ZB 163/05, WM 2007, 169). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde einräumt (§ 6 InsO). Gegen die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht nur dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung der Eröffnung mangels Masse kann auch der Schuldner sofortige Beschwerde einlegen. Der Insolvenzverwalter hat kein Beschwerderecht.

2. Der weitere Beteiligte zu 2. meint demgegenüber, der hier gegebene Fall, dass ein Eröffnungsbeschluss auf die sofortige Beschwerde des Schuldners aufgehoben werde, sei in § 34 InsO nicht geregelt. Diese Ansicht trifft nicht zu. Der (endgültige) Insolvenzverwalter, der erst im Eröffnungsbeschluss bestellt wird (§ 27 InsO), kann durch die Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Eröffnungsantrag nie beschwert sein. Eine ihm nachteilige Entscheidung, die ein Rechtsmittel sinnvoll erscheinen ließe, kann frühestens im Verfahren der sofortigen Beschwerde getroffen werden. Hätte der Gesetzgeber ihm deshalb abweichend von § 7 InsO gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einräumen wollen, hätte er dies im Regelungszusammenhang des § 34 InsO getan. Das ist jedoch nicht geschehen. Es bleibt daher bei dem allgemeinen Grundsatz, dass Rechtsbeschwerden nur gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts und nur von Personen eingelegt werden können, welche schon zur Einlegung der sofortigen Beschwerde befugt gewesen wären (BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005 - IX ZB 54/04, NZI 2006, 239).

3. Eine analoge Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO kommt ebenfalls nicht in Betracht. § 59 InsO regelt die Entlassung des Insolvenzverwalters aus wichtigem Grund. Vor einer derartigen Maßnahme ist dem Verwalter rechtliches Gehör zu gewähren; ihm steht gegen die Entlassung die sofortige Beschwerde zu. Endet das Amt des Verwalters nicht durch eine Entlassung nach § 59 InsO, sondern durch Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 207 InsO), wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) oder mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO), steht dagegen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur den Insolvenzgläubigern und, wenn die Einstellung nach § 207 InsO erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu (§ 216 Abs. 1 InsO). Der Verwalter ist nicht beschwerdeberechtigt. Allein der Umstand, dass die Einstellung des Verfahrens das Ende des Amts des Insolvenzverwalters bedeutet, eröffnet diesem kein Rechtsmittel gegen die Einstellung des Verfahrens. Für das Ende des Amtes des Verwalters wegen Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses gilt - ebenso wie für das Ende des Amtes des vorläufigen Verwalters durch Abweisung des Eröffnungsantrags (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Oktober 2006 - IX ZB 163/05, WM 2007, 169 f) - nichts anderes.

4. Eine Befugnis zur Einlegung der Rechtsbeschwerde folgt schließlich auch nicht aus der von der Rechtsbeschwerde behaupteten objektiven Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet demjenigen Rechtsschutz, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Umfassenden Rechtsschutz garantiert das Grundgesetz jedoch nur zu dem Zweck des Schutzes subjektiver Rechte und daher auch nur unter der Voraussetzung, dass die Verletzung einer Rechtsposition geltend gemacht wird, welche die Rechtsordnung im Interesse des Einzelnen gewährt (BVerfG ZIP 2006, 1355, 1357). Ein Insolvenzverwalter hat kein eigenes Recht darauf, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, eröffnet bleibt oder nicht aufgehoben oder eingestellt wird.

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