Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: IX ZB 172/05
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 210
ZPO § 104 Abs. 2
Zum Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses bei Neumasseunzulänglichkeit.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 172/05

vom 27. September 2007

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Cierniak und Dr. Fischer

am 27. September 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 3. Juni 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf 1.190,68 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beklagte ist Verwalter in dem am 1. August 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH. Am 8. Dezember 2003 zeigte der Beklagte dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an. Mit der am 26. März 2004 zugestellten Klage nahm die Klägerin den Beklagten auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde in Anspruch. Dem Begehren wurde durch Versäumnisurteil des Landgerichts Bückeburg vom 13. September 2004 antragsgemäß stattgegeben; zugleich wurden dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht - Rechtspfleger - durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. Dezember 2004 die ihr von dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 5.953,40 € festgesetzt. Dagegen hat der Beklagte sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass lediglich die Zahlungspflicht des Beklagten als Kostenschuldner der Höhe nach festgestellt wird. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und zulässige (§ 574 Abs. 2, 3 Satz 2 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, nach Auffassung des Bundesgerichtshofs könnten im Kostenerstattungsverfahren solche Kostenerstattungsansprüche, die eine Altmasseverbindlichkeit darstellten, nicht festgesetzt werden. Diese Rechtsprechung sei jedoch nicht anwendbar, wenn es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch - wie hier - um eine Neumasseverbindlichkeit handele. Grundsätzlich seien Einwendungen gegen den Bestand des Erstattungsanspruchs im Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich, soweit sie nicht unmittelbar den Bestand des dem Erstattungsverfahren zugrunde liegenden Titels beträfen. Eine Ausnahme werde nur anerkannt, wenn ihre tatsächlichen Voraussetzungen feststünden. Davon könne, sofern es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch um eine Neumasseschuld handele, keine Rede sein, weil es schon an einer Anzeige der Unzulänglichkeit der Neumasse fehle.

2. Wie sich aus dem nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2005 (IX ZR 91/05, ZIP 2005, 1983) ergibt, kann der rechtlichen Würdigung des Oberlandesgerichts nicht gefolgt werden.

a) Auch einem Neumassegläubiger, für den das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht unmittelbar gilt (vgl. BGHZ 167, 178, 186 ff), kann das Rechtsschutzinteresse für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses im Fall der Glaubhaftmachung der Masseunzulänglichkeit fehlen (vgl. im einzelnen BGH, Beschl. v. 22. September 2005, aaO S. 1983 f).

Im hier zu entscheidenden Fall liegt eine Neumasseverbindlichkeit (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO) vor, weil der den Verfahrensgegenstand bildende prozessuale Kostenerstattungsanspruch durch die erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit erfolgte Klagezustellung begründet wurde. Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, gegenüber den Neugläubigern die erneute Masseunzulänglichkeit geltend zu machen. Da der Einwand nicht die verbindliche Wirkung einer Anzeige hat (§ 208 InsO), obliegen dem Insolvenzverwalter in einem Urteilsverfahren die Darlegung und der volle Nachweis der Masseunzulänglichkeit. Handelt es sich um ein Kostenfestsetzungsverfahren, hat der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gemäß § 104 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen

b) Der Beklagte hat sich im Kostenfestsetzungsverfahren zwar auf Masseunzulänglichkeit berufen, die mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 208 Abs. 1 Satz 2, § 18 Abs. 2 InsO) des für die Neumasseverbindlichkeiten gebildeten, abgesonderten Massebestandteils jedoch durch die pauschale Gegenüberstellung der Aktiven und Passiven nicht hinreichend dargelegt (BGHZ 154, 358, 370; 167, 178, 189 f). Außerdem hat die Klägerin unter Hinweis auf eine vermeintliche Forderung der Schuldnerin gegen ihren Geschäftsführer über 2,5 Mio. € die Masseunzulänglichkeit bestritten. Dem Oberlandesgericht, das nach seiner Rechtsauffassung die Masseunzulänglichkeit nicht zu prüfen brauchte, gibt die Zurückverweisung der Sache Gelegenheit, nach Anhörung der Parteien ergänzende Feststellungen zu treffen.

c) Falls der Beklagte die Masseunzulänglichkeit nicht glaubhaft zu machen vermag, ist der Titel zu erlassen und der Verwalter gegebenenfalls auf den Weg der Vollstreckungsabwehrklage zu verweisen (§ 794 Abs. 1, §§ 795, 767 ZPO). Ergänzend weist der Senat daraufhin, dass im Falle der Glaubhaftmachung der Masseunzulänglichkeit ein Feststellungsausspruch mangels eines Feststellungsinteresses nicht in Betracht kommt, weil der Beklagte gegen den Inhalt des Kostenfestsetzungsbeschlusses keine sachlichen oder rechnerischen Einwände erhoben hat.

Ende der Entscheidung

Zurück