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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: IX ZB 208/02
Rechtsgebiete: ZPO, StPO


Vorschriften:

ZPO § 850 f Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2
StPO § 154 Abs. 1
StPO § 154 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 208/02

vom

26. September 2002

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann

am 26. September 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 7. Mai 2002 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 704,62 €

Gründe:

I.

Die Gläubigerin betreibt eine Autovermietung. Der Schuldner mietete bei ihr im August 1991 einen Pkw, ohne die Mietwagenkosten vollständig zu begleichen. Im Juli 1992 erwirkte die Gläubigerin gegen den Schuldner einen Vollstreckungsbescheid, in welchem die Hauptforderung von 1.430 DM als "Miete für Kraftfahrzeug gem. Rechnung - 326240 vom 19.09.91" bezeichnet wird. Vollstreckungsversuche blieben ohne Erfolg. Ein auf Anzeige der Gläubigerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen den Schuldner stellte die Staatsanwaltschaft im Oktober 1997 gemäß § 154 Abs. 1 StPO ein.

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hatten ergeben, daß im Jahre 1991 eine Reihe von fruchtlosen Pfändungsversuchen bei dem Schuldner unternommen worden waren. Im Blick hierauf hat die Gläubigerin beantragt, die erweiterte Pfändung gemäß § 850 f Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben werde. Der Antrag blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

II.

Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 576 Abs. 1, 3 i.V.m. § 546 ZPO).

1. Das Beschwerdegericht meint, die Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts erstrecke sich nicht auf die Frage, ob der Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe. Denn der Titel selbst enthalte keinerlei Hinweise auf eine unerlaubte Handlung. Es liege deshalb die Gefahr nahe, den Titel inhaltlich zu ändern oder gar durch einen anderen zu ersetzen, wenn der erstmals im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens unterbreitete Vortrag berücksichtigt werde, der Schuldner habe bei Abschluß des Automietvertrages einen Eingehungsbetrug begangen. Im übrigen erscheine das Vollstreckungsverfahren für die Durchführung von Beweisaufnahmen zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen weniger geeignet als das kontradiktorisch ausgestaltete Erkenntnisverfahren. Der Gläubiger sei mit seinem Begehren deshalb auf den Weg der Feststellungsklage zu verweisen.

Demgegenüber rügt die Rechtsbeschwerde, dem Gläubiger müsse der Nachweis einer Haftung des Schuldners aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung jedenfalls dann im Vollstreckungsverfahren offenstehen, wenn er den Nachweis durch eine strafgerichtliche Verurteilung, der eine Einstellung nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO gleichzustellen sei, führen könne.

2. Mit diesen Angriffen kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.

Ist in dem zu vollstreckenden Titel - wie im Streitfall - nur eine vertragliche Anspruchsgrundlage genannt, kann der Gläubiger im Vollstreckungsverfahren nicht durch Vorlage eines rechtskräftigen Strafurteils, eines Strafbefehls oder einer Einstellungsverfügung nachweisen, daß der titulierte Anspruch auch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht (vgl. BGH, Beschl. v. 26. September 2002 - IX ZB 180/02, zur Veröffentlichung bestimmt). Falls der Gläubiger erst aufgrund von Erkenntnissen, die ihm nach Erwirken des Titels zuwachsen, zur erfolgreichen Geltendmachung eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung in der Lage ist, kann das Vollstreckungsgericht dem Antrag auf eine privilegierte Pfändung nur stattgeben, wenn der Schuldner zustimmt. Ohne diese Zustimmung, an der es im Streitfall fehlt, darf der Gläubiger nicht damit rechnen, daß die neuen Erkenntnisse noch im Vollstreckungsverfahren berücksichtigt werden. Es ist ihm zuzumuten, Feststellungsklage zu erheben, um dem Schuldner, der bisher keinen Anlaß hatte, sich gegen den Vorwurf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zu wehren, eine sachgerechte Verteidigung vor dem Prozeßgericht zu ermöglichen (BGH aaO).

Ende der Entscheidung

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