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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: IX ZB 233/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, GVG
Vorschriften:
InsO §§ 304 ff | |
ZPO § 574 Abs. 2 | |
GVG § 17a |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 25. September 2008
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape
am 25. September 2008
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 31. Oktober 2007 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 4.000 €.
Gründe:
I.
Die Schuldnerin war früher im Kfz-Handel mit Im- und Export von Fahrzeugen nach Spanien tätig. Sie beantragte am 21. März 2007 die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über ihr Vermögen mit vorheriger Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens. Sie trug vor, es bestehe Aussicht, das der Schuldenbereinigungsplan von der Mehrheit der beteiligten Gläubiger angenommen werde, weil dem Plan vorgerichtlich sechs von zehn Gläubigerin mit einem Forderungsanteil von 698.490 € bei Verbindlichkeiten von insgesamt 1.296.980 € zugestimmt hätten. Ihre Verschuldung rühre neben ihrer früheren selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit, aus der aber keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen offen geblieben seien, hauptsächlich daraus her, dass sie sich für verschiedene Verbindlichkeiten ihres Ehemannes bzw. einer von diesem geführten GmbH habe mitverpflichten müssen. Nachdem das Insolvenzgericht zunächst die Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens eingeleitet hatte, wies es die Schuldnerin am 3. Juli 2007 auf Bedenken gegen die Anwendbarkeit der §§ 304 ff InsO hin und gab ihr Gelegenheit, das Verfahren im Regelinsolvenzverfahren fortzuführen. Nach Fristablauf wies es den Eröffnungsantrag als in der gewählten Verfahrensart unzulässig ab. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6 Abs. 1, 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund erkennen lässt.
1. Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf es nicht. Die Frage, ob die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind, ist nach allgemeiner Auffassung objektiv nach deren Umfang und Struktur zu beurteilen (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZA 12/03, NZI 2003, 647; LG Göttingen ZInsO 2002, 244, 245; Braun/Buck, InsO 3. Aufl. § 304 Rn. 16; Graf-Schlicker/Sabel, InsO § 304 Rn. 14; HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. § 304 Rn. 8; Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 304 Rn. 18; MünchKomm-InsO/Ott, 2. Aufl. § 304 Rn. 60; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 304 Rn. 17 f). Maßgeblich ist, ob sich im Einzelfall die Verschuldungsstruktur des Schuldners nach ihrem Gesamterscheinungsbild so darstellt, dass sie den Verhältnissen eines Schuldners in abhängiger Beschäftigung entspricht (BGH, Beschl. v. 22. September 2005 - IX ZB 55/04, NZI 2005, 676, 677; Kübler/Prütting/Wenzel, aaO).
Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht ausgegangen, ohne den Anspruch der Schuldnerin auf rechtliches Gehör verletzt zu haben. Es hat seine Entscheidung nicht den Obersatz zugrunde gelegt, der Schuldner unterfalle schon dann den Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens, wenn er ehemals selbständig wirtschaftlich tätig geworden sei. Vielmehr ist es aufgrund einer einzelfallbezogenen Würdigung, die der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht zugänglich ist, zu dem Schluss gekommen, die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens seien anzuwenden.
2. Die Auffassung, bei einem ehemals wirtschaftlich selbständig tätigen Schuldner seien im Zweifel die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens anzuwenden, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Senats, der entschieden hat, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren die Ausnahme ist (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003, aaO; siehe auch LG Göttingen NZI 2002, 322, 323; LG Köln NZI 2004, 673). Soweit das Beschwerdegericht die Darlegungen der Schuldnerin als für das Verbraucherinsolvenzverfahren nicht ausreichend angesehen hat, beruht dies auf einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung.
3. Ein Verstoß des Beschwerdegerichts gegen das Verbot der inhaltlichen Kontrolle des vom Schuldner vorgelegten Schuldenbereinigungsplans liegt nicht vor. Das Beschwerdegericht hat lediglich die Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse der Schuldnerin überprüft. Zu dieser Prüfung war es während des gesamten Eröffnungsverfahrens berufen und befugt. Es ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zur Einschlägigkeit der Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens gekommen. Zurückgewiesen hat es den von der Schuldnerin vorgelegten Schuldenbereinigungsplan nicht. Es hat auch keine unzulässigen inhaltlichen Anforderungen an den Plan gestellt.
4. Die Frage, ob das Insolvenzgericht einen im Verbraucherinsolvenzverfahren gestellten Eröffnungsantrag als unzulässig abweisen darf, wenn der Schuldner auf einen entsprechenden Hinweis seinen Antrag nicht umstellt, ist umstritten. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, das Insolvenzgericht müsse in einem solchen Fall den Antrag von Amts wegen analog § 17a GVG in das als zulässig erachtete Regelinsolvenzverfahren überführen (so Bork ZIP 1999, 301; Nerlich/Römermann, InsO § 304 Rn. 39). Nach überwiegender Ansicht ist das Insolvenzgericht an die vom Schuldner gewählte Verfahrensart gebunden; es darf aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen dem Regelinsolvenzverfahren und dem Verbraucherinsolvenzverfahren (dazu BGH, Beschl. v. 20. Februar 2008 - IX ZB 62/08, ZInsO 2008, 453, 455 Rn. 16; FK-InsO/Kohte, 4. Aufl. § 304 Rn. 48; HmbK-InsO/Streck, 2. Aufl. § 304 Rn. 9; Kübler/Prütting/Wenzel, aaO § 304 Rn. 6) das Verfahren nicht in einer anderen als der beantragten Verfahrensart eröffnen (OLG Köln ZInsO 2000, 612, 613; LG Göttingen ZInsO 2007, 166, 167; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 5 Rn. 6; Uhlenbruck/Vallender, aaO Rn. 34; Braun/Buck, aaO § 304 Rn. 22; HK-InsO/Landfermann, aaO § 304 Rn. 13; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 5; Kübler/Prütting/Wenzel, aaO § 304 Rn. 7; Andres/Leithaus, InsO § 304 Rn. 14; Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechts-Handbuch 3. Aufl. § 9 Rn. 16; Mohrbutter/Ringstmeier/Pape/Sietz, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 16 Rn. 22; Henckel ZIP 2000, 2051, 2052; ebenso LG Halle NZI 2000, 379, 380 für den - hier gegebenen - Fall, dass der Antragsteller seinen Antrag auf eine Verfahrensart beschränkt, deren Voraussetzungen nicht vorliegen).
Im vorliegenden Fall ist die Frage nicht entscheidungserheblich. Die Schuldnerin hat in den Tatsacheninstanzen ausschließlich die Eröffnung im Verbraucherinsolvenzverfahren zwecks Fortführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens erstrebt. Die Eröffnung im Regelinsolvenzverfahren hat sie auch nicht hilfsweise beantragt. Dann ist sie dadurch, dass das Insolvenzgericht von einer Überführung in diese Verfahrensart abgesehen hat, nicht beschwert.
5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
Ende der Entscheidung
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