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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: IX ZB 243/05
Rechtsgebiete: InsVV
Vorschriften:
InsVV § 11 Abs. 1 Satz 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 27. Juli 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Dr. Ganter, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer
am 27. Juli 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des vorläufigen Insolvenzverwalters wird der Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 11. August 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 40.949,16 Euro.
Gründe:
I.
Der (Antragsteller) Rechtsbeschwerdeführer war vorläufiger, mit einem Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO ausgestatteter Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Diese betrieb ihr Unternehmen auf einem von ihrem Alleingesellschafter angepachteten Grundstück. Nach Abschluss seiner Tätigkeit beantragte der vorläufige Insolvenzverwalter, seine Vergütung auf 67.039,88 € festzusetzen. Dabei legte er eine Istmasse von 2.687.000 € zugrunde, wovon 2.500.000 € auf das gepachtete Betriebsgrundstück entfielen.
Das Amtsgericht hat die Vergütung auf lediglich 25.220,72 € festgesetzt. Es hat nicht den Grundstückswert der Immobilie, sondern statt dessen den Pachtzins für drei Monate (insgesamt 90.000 €) angesetzt. Die sofortige Beschwerde des vorläufigen Insolvenzverwalters, mit der dieser lediglich noch einen Betrag von 66.169,88 € weiterverfolgt hat, hatte keinen Erfolg. Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der vorläufige Insolvenzverwalter weiterhin die Festsetzung in dem in der Beschwerdeinstanz aufrechterhaltenen Umfang seines Antrags.
II.
Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 6, 7, 63 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 ZPO). Es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, WM 2006, 530 ff, z.V.b. in BGHZ; vgl. ferner Beschl. v. 12. Januar 2006 - IX ZB 127/04, ZInsO 2006, 257 ff; v. 13. Juli 2006 - IX ZB 104/05, z.V.b. in BGHZ) hat der Senat seine Rechtsprechung zur Vergütung von vorläufigen Insolvenzverwaltern, deren Tätigkeit sich auf Gegenstände mit Aussonderungsrechten und wertausschöpfenden Absonderungsrechten bezogen hat, geändert. Solche Gegenstände werden bei der Vergütung - und zwar in Form eines Zuschlags - nur noch berücksichtigt, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter sich in erheblichem Umfang damit befasst hat. Ein nur "nennenswerter" Umfang genügt danach nicht mehr.
2. Der Rechtsbeschwerdeführer hatte bereits in der Beschwerdeinstanz geltend gemacht, er habe sich mit der Betriebsimmobilie nicht nur in nennenswertem, sondern sogar in erheblichem Umfang befasst. Seine Tätigkeit habe sich vom ersten Tag an auch auf die Inbesitznahme, Feststellung sowie die Verwaltung und Erhaltung der weiteren Nutzung des schuldnerfremden Grundstücks bezogen. Er habe dieses in Besitz genommen, den Zustand der Gebäude ermittelt und den dafür bestehenden Versicherungsschutz überprüft. Ferner habe er die Eigentumsverhältnisse geklärt, mit dem Eigentümer eine Reihe von Gesprächen über die weitere Nutzung der Immobilie geführt und mit erheblichem Aufwand die Frage geprüft, ob eine eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung vorliege.
Das Beschwerdegericht hat hierzu lediglich bemerkt, allein die Klärung des Versicherungsschutzes bedeute noch keine nennenswerte Befassung mit der schuldnerfremden Betriebsimmobilie. Auch die Klärung der Eigentumsverhältnisse sei einfach gewesen. Außerdem habe der Antragsteller diese Aufgabe bereits in seiner Eigenschaft als Sachverständiger erledigt. Zu diesem Zeitpunkt sei die vorläufige Insolvenzverwaltung noch gar nicht angeordnet gewesen. Dass der etwaige eigenkapitalersetzende Charakter des Pachtverhältnisses im Insolvenzeröffnungsverfahren von Bedeutung gewesen sei, lasse sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen.
Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Will der vorläufige Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb fortführen, kann die Prüfung, ob dies in den bisherigen Räumen möglich ist und welche Aufwendungen dafür anfallen, in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung sein.
Zunächst kann die Betriebsfortführung rein tatsächlich davon abhängen, ob die bisherigen Räumlichkeiten dafür weiter zur Verfügung stehen und was dafür bezahlt werden muss. Außerdem zählt zu dem Vermögen, das der vorläufige Insolvenzverwalter zu sichern und nach Maßgabe der gerichtlichen Anordnung zu verwalten hat, auch der Gesamtwert des von dem Schuldner betriebenen Unternehmens. Betreibt eine insolvente Gesellschaft ihr Geschäft auf einem Grundstück, denn Eigentümer zugleich Alleingesellschafter ist, kann dessen etwaige Verpflichtung, der Gesellschaft das Grundstück nach den Eigenkapitalersatzregeln unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen (vgl. BGH, Urt. v. 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, WM 2006, 621, 622, z.V.b. in BGHZ), einen wesentlichen Teil des Unternehmenswertes ausmachen.
Da das Beschwerdegericht aufgrund seines abweichenden rechtlichen Ansatzes nicht geprüft hat, in welchem Umfang der Antragsteller seine Arbeitskraft auf die Klärung des kapitalersetzenden Charakters der Nutzungsüberlassung verwendet hat, kann der angefochtene Beschluss nicht bestehen bleiben.
Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Wegen der Voraussetzungen an eine wesentliche Beschäftigung mit Aus- oder Absonderungsrechten wird auf die Entscheidung des Senats vom 13. Juli 2006 (IX ZB 104/05, z.V.b. in BGHZ) verwiesen.
Ende der Entscheidung
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