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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.02.2007
Aktenzeichen: IX ZB 248/05
Rechtsgebiete: InsO
Vorschriften:
InsO § 129 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 1. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Vill und Cierniak, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer
am 1. Februar 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 3 des Landgerichts Hamburg vom 14. September 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.386,40 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Verwalter in dem aufgrund Eigenantrags vom 29. August 2002 eröffneten Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin, die einen Kehrmaschinenbau betrieb. Er nahm die beklagte Krankenkasse aus Insolvenzanfechtung (§ 131 Abs. 1 InsO) auf Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch. Die Schuldnerin hatte die Beiträge zur Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen mittels zweier vordatierter Schecks erbracht, die dem Konto der Schuldnerin am 19. Juni 2002 und 5. August 2002 belastet wurden. Auf dem Konto bestand jeweils vor und nach den Abbuchungen ein Guthaben.
Die Beklagte hatte auf die vorprozessualen Zahlungsaufforderungen des Klägers mit zwei Anwaltsschreiben mitgeteilt, sie könne die Berechtigung der Forderung nicht abschließend überprüfen. Sie bitte um Nachweis, dass das Konto, über das die Zahlungen gelaufen seien, ein Konto der Schuldnerin gewesen sei, und dass das Konto nach Verbuchung der jeweiligen Zahlung noch im Haben oder zumindest innerhalb einer eingeräumten Kreditlinie geführt worden sei. Der Kläger teilte daraufhin lediglich mit, dass die Zahlungen von einem Konto der Schuldnerin erfolgt seien.
Auch mit der Klage teilte der Kläger zu den Kontoständen im Zeitpunkt der Scheckbelastungen nichts mit. Die Beklagte rügte die Klage als unschlüssig, weil eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht dargelegt sei. Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 legte der Kläger erstmals unter Vorlage von Kontoauszügen dar, dass das Konto der Schuldnerin bei Abbuchung der Scheckbeträge im Haben geführt worden war. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 beantragte die Beklagte Klageabweisung. Sie erhielt auf Antrag eine Schriftsatzfrist von einer Woche zur Erwiderung auf den Klägerschriftsatz vom 19. Mai 2005. Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 erkannte sie die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kosten an.
Das Amtsgericht hat Anerkenntnisurteil erlassen und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Landgericht die Kosten dem Kläger auferlegt und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 3. März 2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999).
2. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen im Falle des prozessualen Anerkenntnisses die Prozesskosten nach § 93 ZPO dem Kläger zur Last fallen, sind gegeben.
Das Landgericht meint, die Beklagte habe keine Veranlassung zur Klage gegeben und die Klageforderung sofort anerkannt. Werde eine zunächst unschlüssige Klage erhoben, sei hinsichtlich des sofortigen Anerkenntnisses auf die nächstfolgende mündliche Verhandlung abzustellen. Entscheidend sei, dass die beklagte Partei anerkenne, sobald sie die Tatsachen kenne, die den Klageanspruch objektiv begründen.
Zu den Voraussetzungen des Insolvenzanfechtungsanspruchs gehöre die Gläubigerbenachteiligung. Eine solche liege nicht vor, wenn die Zahlung nicht aus dem haftenden Vermögen des Insolvenzschuldners erfolgt sei. Werde die Zahlung aus entsprechender Deckung des Kontos oder in Ausschöpfung eines eingeräumten Kredits geleistet, liege eine Gläubigerbenachteiligung vor. Dagegen fehle es hieran, wenn die Überziehung des Kontos durch die Zahlung lediglich geduldet werde, weil kein pfändbarer Anspruch des Insolvenzschuldners auf Zahlung bestehe. Ein Gläubigerwechsel allein beeinträchtige die Masse nicht.
Die Informationen, aus denen sich die Zahlung aus dem haftenden Vermögen der Schuldnerin ergeben habe, seien erst im Schriftsatz vom 19. Mai 2005 enthalten gewesen. Zuvor sei die Klage unschlüssig gewesen. Bei der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 sei die Einlassungsfrist gemäß § 132 Abs.1 ZPO nicht eingehalten gewesen. Mit der Anerkennung innerhalb der gewährten Schriftsatzfrist habe deshalb noch ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben werden können.
3. Diese Erwägungen tragen die angefochtene Kostenentscheidung.
a) Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat. Veranlassung wird durch ein Verhalten gegeben, welches vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (BGH, Urt. v. 27. Juni 1979 - VIII ZR 233/78, WM 1979, 884, 885; Beschl. v. 28. September 2006 - IX ZB 232/04, ZIP 2007, 95, 96). Daraus folgt, dass es für die Frage, ob der Beklagte Anlass zur Klage gegeben hat, grundsätzlich auf sein Verhalten vor dem Prozess ankommt.
Wird jedoch vor Klageerhebung ein schlüssiger Anspruch nicht geltend gemacht und zunächst eine unschlüssige Klage erhoben, kann die beklagte Partei trotz angezeigter Verteidigungsbereitschaft und trotz eines bereits gestellten Klageabweisungsantrags in der mündlichen Verhandlung nach entsprechend ergänztem Sachvortrag den Anspruch im Sinne des § 93 ZPO sofort anerkennen (BGH, Beschl. v. 3. März 2004, aaO m.w.N.). Dies wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht in Frage gestellt.
b) Der Kläger hat seinen Klageantrag erst mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 schlüssig gemacht. Jeder Anspruch aus Insolvenzanfechtung setzt gemäß § 129 InsO eine objektive Gläubigerbenachteiligung voraus. Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat, liegt in der Regel eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht vor, wenn die Tilgung einer Gläubigerforderung mit Mitteln aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung erfolgt, weil die Zahlungsmittel in diesem Fall nicht aus dem den Insolvenzgläubigern haftenden Vermögen stammen. Ist die neu entstandene Forderung nicht besser gesichert als die mittels Kontoüberziehung getilgte Forderung, handelt es sich lediglich um einen anfechtungsrechtlich unschädlichen Gläubigertausch (BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - IX ZR 31/05, z.V.b. in BGHZ). Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf dieses Urteil Bezug genommen.
Ob zur Schlüssigkeit der Klage deshalb in allen Fällen, in denen die Zahlung über ein Bankkonto erfolgt ist, der Vortrag gehört, dass sich das Konto nach der Verbuchung der jeweiligen angefochtenen Zahlung noch im Haben oder innerhalb einer eingeräumten Kreditlinie befand, kann dahingestellt bleiben. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist bei Insolvenzschuldnern eine entsprechende tatsächliche Vermutung nicht gerechtfertigt. Die Bank kann aus verschiedensten Gründen eine Kontoüberziehung dulden. Es gibt keine empirische Erfahrung, dass ein späterer Insolvenzschuldner Zahlungen nur aus Mitteln leisten würde, die der Pfändung unterliegen. Jedenfalls nachdem die Beklagte eine Gläubigerbenachteiligung bestritten und Auskünfte darüber verlangt hatte, ob die Zahlung aus einem Guthaben oder im Rahmen einer genehmigten Kreditlinie erbracht worden war, musste der Kläger hierzu vortragen. Anders als der Beklagten waren dem Kläger alle hierfür wesentlichen Umstände bekannt. Ihm oblag es daher jedenfalls im Rahmen der sekundären Behauptungslast, nähere Angaben zu machen (vgl. BGHZ 100, 190, 196; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. vor § 284 Rn. 34; Musielak/Stadler, ZPO 5. Aufl. § 138 Rn. 10).
c) Die Beklagte hat vorprozessual und in ihren Schriftsätzen vor der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 die objektive Gläubigerbenachteiligung bestritten und entsprechenden Sachvortrag gefordert. Dieser wurde erst mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 gehalten. Da dieser Schriftsatz neues, klagebegründendes Vorbringen enthielt, hätte er gemäß § 132 Abs. 1 ZPO mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung zugestellt sein müssen. Da diese Frist nicht eingehalten war, musste der Beklagten die beantragte Schriftsatzfrist gewährt werden. Innerhalb dieser Frist konnte auf die erstmals schlüssig gemachte Klage ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben werden.
Ende der Entscheidung
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