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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.02.2006
Aktenzeichen: IX ZB 279/04
Rechtsgebiete: InsO, ZPO
Vorschriften:
InsO § 4 | |
ZPO §§ 578 ff |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 2. Februar 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Vill, Cierniak, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer
am 2. Februar 2006
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. Oktober 2004 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Die Anträge der Schuldnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Bestellung eines Notanwalts werden zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Das Insolvenzgericht hat den Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin als unzulässig abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin führte vorläufig zum Erfolg; das Landgericht hat die angefochtene Entscheidung mit Beschluss vom 20. April 2004 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Schuldnerin hat der Senat mit Beschluss vom 16. Juli 2004 als unzulässig verworfen. Gegenvorstellungen der Schuldnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 5. Juli 2004 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 27. September 2004 hat die Schuldnerin Restitutionsklage gemäß § 580 Nr. 7b ZPO zum Landgericht erhoben. Diesen Rechtsbehelf hat das Landgericht als sofortige Beschwerde gegen seinen Beschluss vom 20. April 2004 gewertet und diese als unzulässig verworfen. Hiergegen hat die Schuldnerin Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit den Anträgen verbunden, ihr für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Notanwalt zu bestellen.
II.
Die Rechtsbeschwerde und die weiteren Anträge der Schuldnerin bleiben erfolglos.
1. Die unbedingt eingelegte Rechtsbeschwerde ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet ist (§ 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 21. März 2002 - IX ZB 18/02, WM 2002, 1512).
2. Der Antrag der Schuldnerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Auch eine erneut beim Bundesgerichtshof durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt einzulegende Rechtsbeschwerde müsste als unzulässig verworfen werden. Ein solches Rechtsmittel würde nicht die in § 575 Abs. 1 ZPO vorgesehene, nicht verlängerbare Einlegungsfrist wahren. Zwar kann der mittellosen Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Einlegungsfrist gewährt werden, wenn sie innerhalb der Frist ein ordnungsgemäßes Prozesskostenhilfegesuch einreicht (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180; v. 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03, n.v.). Daran fehlt es jedoch:
Die Schuldnerin hat zwar innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht. Diesem Antrag lag jedoch entgegen § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO keine Erklärung der Schuldnerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei. Ferner fehlte eine Darlegung zu den Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Es ist nicht erkennbar, dass die Schuldnerin ohne ihr Verschulden gehindert war, einen ordnungsgemäß begründeten Prozesskostenhilfeantrag innerhalb der Einlegungsfrist des § 575 Abs. 1 ZPO zu stellen (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Februar 2002 und v. 9. Oktober 2003, jeweils aaO); die Gerichte treffen insoweit keine besonderen Hinweispflichten (BFH/NV 2002, 1337; BFH, Beschl. v. 9. Dezember 2004 - VII S 21/04, n.v.). Hieran ändert die am letzten Tag der Einlegungsfrist beim Bundesgerichtshof eingegangene Bitte der Schuldnerin "um entsprechende Unterweisung des Gerichtes und Übersendung der entsprechenden Vordrucke" nichts. Es ist nach dem Vortrag der Schuldnerin und nach der Aktenlage nicht erkennbar, wieso sie die erforderlichen Angaben, deren Notwendigkeit ihr ersichtlich bekannt ist, nicht innerhalb der Notfrist des § 575 Abs. 1 ZPO gemacht hat.
3. Da aus den zuvor genannten Gründen die Rechtsverfolgung durch die Schuldnerin aussichtslos erscheint, war ihr auch ein Notanwalt gemäß § 78b ZPO nicht beizuordnen, zumal sie nicht dargelegt hat, dass sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt, der beim Bundesgerichtshof zugelassen ist, nicht gefunden hat.
4. Zu der Begründung des Landgerichts, das Rechtsinstitut der Restitutionsklage sei im Insolvenzverfahren "unsinnig", bemerkt der Senat ergänzend: In der neueren Rechtsprechung und Literatur wird übereinstimmend vertreten, dass aufgrund der Verweisung in § 4 InsO auch die §§ 578 ff ZPO über die Wiederaufnahme des Verfahrens im Insolvenzverfahren grundsätzlich anwendbar sind; über das Wiederaufnahmegesuch ist im Beschlussverfahren zu entscheiden (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1965, 1023, 1024; LG Münster NZI 2001, 485 f; MünchKomm-InsO/Ganter, § 4 Rn. 90; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 4 Rn. 17; Henckel/Gerhardt, InsO § 4 Rn. 53; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 4 Rn. 38; Kübler/Prütting, InsO § 4 Rn. 23; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. vor § 578 Rn. 40; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht 16. Aufl. § 158 Rn. 17). Insoweit wird ein Wiederaufnahmegesuch gegen urteilsvertretende Beschlüsse als statthaft erachtet (MünchKomm-ZPO/Braun, 2. Aufl. § 578 Rn. 19 f, 23; Grunsky, aaO); im früheren Konkursverfahren wurde für eine Wiederaufnahme vorausgesetzt, dass ein rechtskräftiger Beschluss ergangen ist, der die bürgerlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen am Verfahren beteiligten Personen mit materieller Rechtskraft festlegt (OLG Karlsruhe aaO). Hier liegt aber kein urteilsvertretender Beschluss vor, so dass der Restitutionsantrag der Schuldnerin auch bei richtiger verfahrensrechtlicher Behandlung keinen Erfolg gehabt hätte. Denn eine die Rechtsbeziehungen zwischen der Gläubigerin und der Schuldnerin verbindlich regelnde, rechtskräftige Entscheidung ist in dem Beschluss des Landgerichts vom 20. April 2004 nicht getroffen worden. Das Beschwerdegericht hat lediglich die Auffassung des Amtsgerichts beanstandet, die Gläubigerin habe die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht glaubhaft gemacht, und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags zurückverwiesen. Selbst zu der vom Landgericht angenommenen Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes steht es der Schuldnerin frei, in dem weiteren Verfahren der vom Landgericht bejahten Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit (§ 14 Abs. 1, § 17 InsO) durch Gegenglaubhaftmachung neuer Tatsachen entgegenzutreten (§ 582 ZPO).
Ende der Entscheidung
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