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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: IX ZB 32/06
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 7
Richtet sich eine Rechtsbeschwerde ausschließlich gegen eine Kostenentscheidung, bedarf sie selbst dann der Zulassung, wenn gegen die Entscheidung in der Hauptsache eine Rechtsbeschwerde ohne Zulassung statthaft wäre.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 32/06

vom 13. Dezember 2007

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Detlev Fischer

am 13. Dezember 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 24. Januar 2006 wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, soweit sich ihr Rechtsmittel gegen die Unterlassung einer Kostenentscheidung wendet.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Finanzamt Göttingen hat durch Schriftsatz vom 19. Juli 2004 beantragt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen. In dem Antragsverfahren ist der Beteiligte zu 2 (nachfolgend: Beteiligter) von dem Amtsgericht Göttingen zunächst zum Sachverständigen und später zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Da sich der Schuldner trotz mehrfacher Aufforderung nicht mit dem Beteiligten in Verbindung gesetzt hat und auch zu einem gerichtlichen Anhörungstermin nicht erschienen ist, hat das Amtsgericht Göttingen durch Beschluss vom 9. September 2004 gegen ihn Haftbefehl angeordnet.

Auf Anregung des Beteiligten hat das Amtsgericht Göttingen den zuständigen Gerichtsvollzieher durch Beschluss vom 12. Oktober 2005 ermächtigt, zwecks Vollziehung des Haftbefehls an dem - zwischenzeitlich nach Frankreich verzogenen - Schuldner die Wohnung der Rechtsbeschwerdeführerin, seiner Verlobten, zu durchsuchen. Bei der am 13. Oktober 2005 erfolgten Wohnungsdurchsuchung ist der Schuldner nicht angetroffen worden.

Auf die von der Rechtsbeschwerdeführerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht Göttingen durch Beschluss vom 21. November 2005 festgestellt, dass die Anordnung des Amtsgerichts, die Wohnung zu betreten und zu durchsuchen, rechtswidrig war. Den durch Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 gestellten Antrag, eine Kostenentscheidung zu treffen und den Streitwert für das Beschwerdeverfahren festzusetzen, hat das Landgericht mit Beschluss vom 24. Januar 2006 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist insgesamt als unzulässig zu verwerfen.

1. Die gegen die unterlassene Kostenentscheidung gerichtete Rechtsbeschwerde ist mangels einer Zulassung durch das Landgericht unstatthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Da die Rechtsbeschwerde nur noch die Kostenentscheidung betrifft, kann ihre Statthaftigkeit nicht aus § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO hergeleitet werden.

§ 7 InsO eröffnet die Rechtsbeschwerde nur gegen solche Entscheidungen, deren Gegenstand eine sofortige Beschwerde im Sinne des § 6 Abs. 1 InsO bildet. Voraussetzung der Rechtsbeschwerde ist danach, daß die ihr vorausgegangene sofortige Beschwerde auf Vorschriften der Insolvenzordnung beruht. Findet die sofortige Beschwerde hingegen ihre Rechtsgrundlage in außerhalb der Insolvenzordnung angesiedelten Bestimmungen, ist eine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde nur kraft ausdrücklicher Zulassung statthaft (BGH, Beschl. v. 29. April 2004 - IX ZB 168/03, NZI 2004, 456). So verhält es sich im Streitfall.

a) Der Schuldner ist gemäß §§ 6, 98 Abs. 3 Satz 3 InsO berechtigt, einen gegen ihn erlassenen Haftbefehl mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde anzufechten. Die Beschwerdeentscheidung unterliegt gemäß § 7 InsO ihrerseits der Rechtsbeschwerde. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet zwar kein gegen den Schuldner ergangener Haftbefehl, sondern eine gegen die Rechtsbeschwerdeführerin als Dritte erlassene Durchsuchungsanordnung. Durch diese Maßnahme wurde jedoch in den grundrechtlich geschützten Bereich der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 2 GG) schwerwiegend eingegriffen. Da es sich bei der Durchsuchungsanordnung um eine mit der Vollstreckung des Haftbefehls verknüpfte Zwangsmaßnahme handelt, ist es zur Verwirklichung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten, auch der Rechtsbeschwerdeführerin entsprechend der für den Haftbefehl geltenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich die Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zuzubilligen. Trotz der prozessualen Überholung des Rechtsmittels infolge der Durchsuchung ist - wie das Vordergericht zutreffend entschieden hat - ein Rechtsschutzinteresse der Rechtsbeschwerdeführerin anzuerkennen, die Rechtswidrigkeit der Anordnung festzustellen (BGHZ 158, 212, 214 ff).

b) Mit ihrer Rechtsbeschwerde wendet sich die Rechtsbeschwerdeführerin freilich nicht (mehr) gegen die Anordnung der Durchsuchung, die bereits rechtskräftig durch das Beschwerdegericht für rechtswidrig erklärt wurde. Das Rechtsbeschwerdeverfahren betrifft vielmehr nur noch den von dem Beschwerdegericht zurückgewiesenen Antrag auf Erlass einer Kostenentscheidung. Die Anfechtung der Kostenentscheidung folgt nicht den Regeln über die Anfechtung der Hauptsache. Vielmehr bestimmen sich Inhalt und Anfechtbarkeit einer Kostenentscheidung im Insolvenzverfahren aufgrund der Verweisung des § 4 InsO nach § 91 ff ZPO (OLG Köln, ZIP 2000, 1168 f; ZIP 2001, 1209 f; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 4 Rn. 7, § 6 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rüther, 2. Aufl. § 4 Rn. 22; Braun/Bußhardt, InsO 3. Aufl. § 4 Rn. 10). Da die sofortige Beschwerde ihre Grundlage in §§ 4 InsO, 99 Abs. 1, § 567 ZPO findet (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 6 Rn. 68), ist § 7 InsO, der sich auf eine gemäß § 6 InsO zulässige sofortige Beschwerde bezieht, unanwendbar. Demgemäß ist die Rechtsbeschwerde gegen eine kostenrechtliche Grundentscheidung nur aufgrund besonderer - im Streitfall fehlender - Zulassung statthaft (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 7 Rn. 24; vgl. auch BGH, Beschl. v. 3. März 2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999 f).

2. Die Rechtsbeschwerde gegen die unterlassene Streitwertfestsetzung ist gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG ebenfalls unstatthaft. Nach dieser Regelung ist eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes gegen die Festsetzung des Streitwerts ausgeschlossen (BGH, Beschl. v. 21. Oktober 2003 - X ZB 10/03, BGHRep 2004, 268 f; v. 28. Februar 2002 - IX ZB 129/00, BGHRep 2002, 750).

3. Soweit die Rechtsbeschwerde die unterlassene Streitwertfestsetzung betrifft, darf eine Kostenentscheidung nicht ergehen, weil aufgrund der ausdrücklichen Regelung des § 68 Abs. 3 GKG Gerichtsgebühren nicht angefallen und etwaige Kosten nicht zu erstatten sind (MünchKomm-ZPO/Lipp, 3. Aufl. § 572 Rn. 36). Die Rechtsbeschwerdeführerin hat hingegen gemäß § 97 Abs. 1 ZPO, § 4 InsO die Kosten ihres gegen die unterlassene Kostenentscheidung gerichteten Rechtsmittels, mit dem sie mangels Statthaftigkeit unterlegen ist, zu tragen. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst, weil nicht ersichtlich ist, dass solche Kosten entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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