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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.06.1999
Aktenzeichen: IX ZB 32/99
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 233 Fc |
Der Rechtsanwalt verletzt seine bei Vorlage der Akten auf Vorfrist bestehende Verpflichtung zur verantwortlichen Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten ist, wenn er die Akte unbearbeitet und ohne weitere Verfügung zurückgibt.
BGH, Beschluß vom 17. Juni 1999 - IX ZB 32/99 - OLG Nürnberg LG Nürnberg-Fürth
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
17. Juni 1999
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter
am 17. Juni 1999
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 10. März 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 60.000 DM.
Gründe:
I.
Die Beklagte hat gegen ein ihr nachteiliges, ihren Prozeßbevollmächtigten am 23. Dezember 1998 zugestelltes landgerichtliches Urteil am 12. Februar 1999 beim Oberlandesgericht Berufung eingelegt und zugleich wegen der Versäumung der Berufungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Prozeßbevollmächtigter habe das landgerichtliche Urteil im Gerichtsfach vorgefunden und mit in seine Kanzlei genommen. Dort habe er ein Schreiben an die Beklagte diktiert und zugleich die Schreibkraft angewiesen, die am 25. Januar 1999 endende Berufungsfrist sowie eine einwöchige Vorfrist in den Fristenkalender einzutragen. Aus unerklärlichen Gründen habe die fragliche Angestellte nur die Vorfrist, aber nicht die Hauptfrist eingetragen. Als dem Prozeßbevollmächtigten am 18. Januar 1999 die Akte auf Vorfrist vorgelegt worden sei, habe er sich auf die ordnungsgemäße Eintragung der Berufungsfrist verlassen und nichts weiter veranlaßt.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen ihr am 17. März 1999 zugestellten Beschluß richtet sich die am 31. März 1999 eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Eigenverschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sei nicht ausgeräumt. Zur Überwachung der Büroangestellten, die angewiesen worden sei, die Fristen in den Fristenkalender einzutragen, sei nichts vorgetragen worden. Außerdem seien organisatorische Maßnahmen gegen ein Vergessen der Anweisung nicht ersichtlich. Schließlich habe der Prozeßbevollmächtigte es unterlassen, bei der Wiedervorlage der Akte am 18. Januar 1999 zu prüfen, ob wegen der Notierung der Berufungsfrist ein Erledigungsvermerk angebracht worden sei.
2. Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde vergebens. Der Prozeßbevollmächtigte hat seine anwaltliche Sorgfaltspflicht verletzt und dadurch zu der Versäumung der Frist beigetragen.
Der Rechtsanwalt hat Anlaß zur eigenverantwortlichen Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten ist, wenn ihm die Akten auf Vorfrist vorgelegt werden (BGH, Beschl. v. 28. September 1998 - VI ZB 16/98, BRAK-Mitt. 1998, 269). Zwar muß diese Prüfung nicht sofort erfolgen, weil die Vorfrist den Sinn hat, einem Rechtsanwalt einen gewissen zeitlichen Spielraum zur Bearbeitung bis zum endgültigen Ablauf der Frist zu lassen (BGH, Beschl. v. 27. Mai 1997 - VI ZB 10/97, NJW 1997, 2825, 2826; v. 12. August 1997 - VI ZB 13/97, NJW 1997, 3243 f; v. 9. März 1999 - VI ZB 3/99, Umdr. S. 4 f). Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hätte deshalb die Sache für den letzten Tag wieder auf Frist legen können. Dann wäre aufgefallen, daß keine weitere Frist notiert war. So ist der Prozeßbevollmächtigte hier aber nicht vorgegangen. Nach dem Vortrag der Beklagten muß angenommen werden, daß er die Akte unbearbeitet und ohne weitere Verfügung wieder zurückgegeben hat. Damit hat er seinen Prüfungspflichten nicht genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Mai 1997, aaO).
Ende der Entscheidung
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