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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: IX ZB 83/05
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2
InsO § 7
InsO § 17
InsO § 212

Entscheidung wurde am 29.05.2006 korrigiert: unter 2. wurden im ersten Satz die Worte "abzugrenzen ist" gestrichen, unter 3. muß es statt "dass ein Insolvenzgrund und Eröffnung" richtig "dass ein Insolvenzgrund nach Eröffnung" lauten
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 83/05

vom 9. März 2006

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann

am 9. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 31. Januar 2005 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 54.491,34 € festgesetzt.

Gründe:

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde können den Gründen der Beschwerdeentscheidung sowohl das Beschwerdeziel als auch der maßgebliche Sachverhalt, über den entschieden wird, noch hinreichend entnommen werden (vgl. BGHZ 154, 99, 100 f; 156, 216, 217 f; BGH, Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, WM 2003, 2424, 2425; jeweils zum Berufungsurteil; BGH, Beschl. v. 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01, WM 2003, 101). Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass die Schuldnerin sich gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wendet und dass das Beschwerdegericht den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) auf der Grundlage des in Bezug genommenen Gutachtens des Insolvenzverwalters vom 26. April 2004 und der Schreiben der Schuldnerin vom 18. November 2004 und 14. Januar 2005 als gegeben angesehen hat. Dies ist unter den Besonderheiten des vorliegenden Falles - die Zahlenstände als solche sind weitgehend unstreitig - noch ausreichend.

2. Die Anforderungen, die an die Liquiditätslücke i.S. von § 17 InsO zu stellen sind, und die Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit von der bloßen Zahlungsstockung, ergeben sich aus dem Senatsurteil vom 24. Mai 2005 (IX ZR 123/04, WM 2005, 1468 ff, zur Veröffentlichung in BGHZ 163, 134 vorgesehen). In Anwendung dieser Maßstäbe liegt - auch auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens der Schuldnerin in ihren Schreiben vom 18. November 2004 und 14. Januar 2005 - Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne vor.

a) Das auf dem Hinterlegungskonto vorhandene Guthaben von ca. 73.000 € reicht nicht annähernd aus, um die in der Anlage zu dem Schreiben vom 14. Januar 2005 aufgezählten fälligen Verbindlichkeiten gegenüber der Stadt- und Kreissparkasse D. (53.000 €), dem Finanzamt D. (63.720,02 €) und den übrigen Gläubigern, soweit deren Verbindlichkeiten in der genannten Aufstellung von der Schuldnerin anerkannt worden sind, abzudecken. Auf die in der Beschwerdeentscheidung noch zusätzlich erwähnten Verfahrenskosten und die Insolvenzverwaltervergütung kommt es sonach nicht an. Die Auffassung der Schuldnerin, die Bankschulden seien außer Ansatz zu lassen, weil sie von dem Geschäftsführer der Schuldnerin "persönlich übernommen" würden, trifft nicht zu, solange diese nicht tatsächlich ausgeglichen sind. Dies wird von der Schuldnerin nicht behauptet. Die des weiteren in der Anlage zum Schreiben vom 14. Januar 2005 als erfolgversprechend bezeichneten Einziehungsprozesse gegen Drittschuldner begründen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung keine Umstände, die eine alsbaldige vollständige oder fast vollständige Beseitigung der Liquiditätslücke der Schuldnerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, aaO S. 1471 f).

b) Angesichts dieser Liquiditätslage der Schuldnerin vermag die Rechtsbeschwerde nicht darzulegen, dass die Einstellung der Verfahrenskosten und der Verwaltervergütung in die Berechnung der Liquiditätslücke durch das Beschwerdegericht entscheidungserheblich geworden ist.

3. Da das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Schuldnerin sei auch im Zeitpunkt seiner Entscheidung zahlungsunfähig gewesen, braucht der Senat nicht dazu Stellung zu nehmen, ob die Aufhebung eines Eröffnungsbeschlusses im Beschwerdeverfahren mit dem Nachweis erreicht werden kann, dass ein Insolvenzgrund nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen ist, oder ob in einem solchen Fall nur eine Einstellung nach § 212 InsO in Betracht kommt.

Ende der Entscheidung

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