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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.06.2004
Aktenzeichen: IX ZB 90/03
Rechtsgebiete: InsO
Vorschriften:
InsO § 290 | |
InsO § 291 | |
InsO § 295 | |
InsO § 296 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 29. Juni 2004
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Dr. Fischer, Dr. Ganter, Kayser und Vill
am 29. Juni 2004
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 20. März 2003 wird auf Kosten der Gläubigerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.367,87 € festgesetzt.
Gründe:
Über das Vermögen des Schuldners, eines vormals selbständig tätigen Facharztes, wurde am 31. Januar 2001 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Die Gläubigerin ist in dem Verteilungsverzeichnis, Stand 31. Juli 2002, unter der Nr. 23 mit einer - anerkannten - Forderung von 53.678,65 € verzeichnet. Sie hat beantragt, dem Schuldner die von diesem erstrebte Ankündigung der Restschuldbefreiung (§ 291 Abs. 1 InsO) zu versagen. Das Insolvenzgericht hat den Antrag zurückgewiesen und der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Gläubigerin nicht abgeholfen. Das Landgericht hat das Rechtsmittel durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Gläubigerin verfolgt mit diesem Rechtsmittel ihr Begehren weiter.
II.
Die gemäß § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO von Gesetzes wegen statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
1. Die Zulassungsentscheidung des Landgerichts bindet den Senat nicht. Das Beschwerdegericht besitzt keine rechtliche Kompetenz, über diese Frage zu entscheiden. Ist die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, obliegt die Prüfung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO allein dem Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdegericht (BGH, Beschl. v. 20. Februar 2003 - V ZB 59/02, WM 2003, 1829, 1830; v. 18. Mai 2004 - IX ZB 189/03).
2. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig; denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 ZPO).
a) Das von der Rechtsbeschwerde angesprochene Problem, daß die Angaben des Schuldners in der Anlage 3 zum Eröffnungsantrag ("Zusatzerklärungen zum Antrag auf Restschuldbefreiung", GA I 12) unter IX ("Laufendes Einkommen", GA I 40 ff - Kopie) - für ihn ohne weiteres erkennbar - unvollständig seien und deshalb entgegen der Auffassung des Landgerichts unter den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO fielen, stellt sich nicht.
aa) Der im Eröffnungsverfahren zum Sachverständigen bestellte und jetzige Treuhänder Rechtsanwalt G. hat in dem von ihm erstatteten schriftlichen Gutachten vom 4. Dezember 2000 unter anderem ausgeführt:
"Seit dem 12.10.1999 ist der Schuldner Angestellter der Gesellschaft für Medizinische Begutachtung mbH, deren alleinige Geschäftsführerin/Gesellschafterin Frau R. U. ist. Mir liegt in Kopie der diesbezügliche Anstellungsvertrag vom 12.10.1999 vor. Dieser sieht als Tätigkeit des Schuldners die Erstellung von medizinischen Gutachten, insbesondere gegenüber Versicherungen vor. Der Schuldner bezieht hiernach ein Gehalt von brutto 5.000,00 DM. Nach den von mir erbetenen Gehalts-Abrechnungen bis einschließlich September 2000 ergibt sich hiernach ein monatliches Netto-Gehalt iHv 2.881,17 DM. Der Schuldner hat seine Gehaltsansprüche bereits unter dem 24.11.1999 an ... (die Gläubigerin) zur Sicherung aller bestehenden Forderungen abgetreten. An die Sicherungszessionarin wird seitdem monatlich ein Betrag vom Netto-Gehalt dergestalt ausgezahlt, dass dem Schuldner lediglich ein Betrag von 750,00 DM für sich persönlich verbleibt."
Bei der Alleingesellschafterin handelt es sich unstreitig um die Ehefrau des Schuldners.
Die in dem Gutachten geschilderte Vertragsgestaltung wird in dem von dem Schuldner gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO vorgelegten Verzeichnis seines Vermögens und seines Einkommens richtig und vollständig wiedergegeben.
bb) Die Rechtsbeschwerde zweifelt dies auch nicht an. Sie hält vielmehr die gewählte Vertragsgestaltung - die Zwischenschaltung der GmbH - für mißbräuchlich, weil die begünstigte Alleingesellschafterin selbst keine Tätigkeiten entfalte, aber die Gutachterhonorare kassiere, und gläubigerschützende Bestimmungen umgangen würden, wenn die erzielten Umsätze, wovon auszugehen sei, das Gehalt des Schuldners überstiegen und schließlich die von dem Treuhänder angeregten Verhandlungen mit der Alleingesellschafterin über eine Gehaltserhöhung zu einer mit der Erkrankung des Schuldners begründeten Leistungsminderung auf 30 Wochenarbeitsstunden unter Beibehaltung des Gehalts geführt hätten, was einem "Drittvergleich" in keinem Fall standhalte.
Diese von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Umstände betreffen Obliegenheiten des Schuldners die eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 InsO nach sich ziehen können. Hierüber ist im vorliegenden Verfahren, wie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 291 Abs. 1 InsO), nicht zu befinden.
b) Damit erledigt sich auch der zweite von der Rechtsbeschwerde angeführte Punkt, die Gläubigerin habe entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hinreichend glaubhaft gemacht, daß der Schuldner unrichtige Angaben zu seiner Einkunftssituation gemacht habe. Gemessen an § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO ist es rechtlich zu mißbilligen, wenn der Schuldner auf Einkünfte - im Ergebnis zugunsten seiner Ehefrau - verzichtet, die er allein oder jedenfalls ganz maßgeblich selbst durch seine Gutachtertätigkeit erwirtschaftet hat. Vom Berufungsgericht übergangene Anhaltspunkte dafür, daß die GmbH-Konstruktion ernstlich nicht gewollt ist (§§ 117 f BGB), zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
Das von der Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang noch angesprochene Verhältnis der Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes (§ 290 Abs. 2 InsO) zum Amtsermittlungsgrundsatz ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt (BGH, Beschl. v. 11. September 2003 - IX ZB 37/03, WM 2003, 2155).
3. Die Grundsatzbedeutung der Sache ergibt sich schließlich nicht aus der von der Rechtsbeschwerde zur Überprüfung gestellten Frage, ob die Restschuldbefreiung deshalb zu versagen ist, weil der Schuldner nicht die Möglichkeit des vorzeitigen Altersruhegeldes aus der berufsständischen Altersversorgung in Anspruch genommen hat. Auch diese Frage betrifft ersichtlich etwaige Obliegenheiten des Schuldners gegenüber der Gläubigerin und nicht die Vollständigkeit und Richtigkeit des vorgelegten Verzeichnisses, in welchem die Rentenanwartschaften aus der Ärzteversorgung unter dem Punkt "Einkommen im Rahmen des Ruhestands" aufgeführt werden.
Ende der Entscheidung
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