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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: IX ZB 97/03
Rechtsgebiete: ZPO, InsO, RpflG
Vorschriften:
ZPO § 766 | |
ZPO § 793 | |
InsO § 6 Abs. 1 | |
InsO § 36 Abs. 4 | |
InsO § 89 Abs. 3 | |
RpflG § 20 Nr. 17 Satz 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 5. Februar 2004
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Raebel, Neskovic, Vill und Cierniak
am 5. Februar 2004
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 14. März 2003 wird auf Kosten des Schuldners als unstatthaft verworfen.
Die beantragte Prozeßkostenhilfe für das Rechtsmittel wird mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO unstatthaft, weil sie von dem Beschwerdegericht in dem angefochtenen Beschluß nicht zugelassen worden ist.
I.
Der Schuldner ging im Jahre 1980 mit einer Bäckerei in Konkurs. Er war seit dieser Zeit überschuldet. Aus seither getilgten Beitragsansprüchen der Gläubigerin (Innungskrankenkasse) machte diese gegen den Schuldner nach hälftigem Erlaß Ende 2002 noch restliche Säumniszuschläge in Höhe von 8.455,12 € geltend. Gegen den Rückstand verrechnet die Drittschuldnerin (Landesversicherungsanstalt) monatlich einen Teilbetrag der Altersrente des Schuldners aufgrund fortdauernder Ermächtigung vom 9. Juli 1981. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen am 6. März 2002 beantragte der Schuldner bei dem Insolvenzgericht, den Rentenabzügen der Landesversicherungsanstalt die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen zugrunde zu legen.
Das Amtsgericht stellte die "Zwangsvollstreckung aus dem Verrechnungsersuchen der Gläubigerin vom 09.07.1981" einstweilen ein und ordnete an, daß die unpfändbaren Teile der Altersrente an den Schuldner auszuzahlen, die pfändbaren Teile an den Insolvenzverwalter abzuführen seien. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hob das Landgericht den angefochtenen Beschluß auf. Hiergegen wendet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde des Schuldners.
II.
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist ein Beschluß des Amtsgerichts, für den es seine Zuständigkeit nach § 89 Abs. 3 InsO oder § 36 Abs. 4 InsO angenommen hat. Allerdings hätte nach § 20 Nr. 17 Satz 2 RpflG dann statt des Rechtspflegers der Richter entscheiden müssen (AG Hamburg NZI 2000, 96; MünchKomm-InsO/Ganter, § 6 Rn. 64). Das Landgericht hat die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts als besonderes Vollstreckungsgericht überhaupt verneint, weil für das Rechtsschutzbegehren des Schuldners die Zuständigkeit des Sozialgerichts als Prozeßgericht bestehe.
III.
Gegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts als besonderes Vollstreckungsgericht gemäß § 36 Abs. 4, § 89 Abs. 3 InsO hat die Insolvenzordnung keine Beschwerde vorgesehen. Deshalb findet hiergegen gemäß § 6 Abs. 1, § 7 InsO auch keine Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ohne Zulassung des Beschwerdegerichts statt, an der es vorliegend fehlt.
Dieses, aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut folgende Ergebnis wird nicht durch unabweisbare Gründe der Rechtsschutzgleichheit in Frage gestellt. Denn § 793 ZPO eröffnet die Beschwerde gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, ohne Einschränkung und allgemein. Die schwebende Insolvenz des Schuldners kann kein Grund sein, ihm oder seinen Gläubigern den Rechtsschutz zur Durchsetzung oder Verhinderung einer Einzelzwangsvollstreckung zu verkürzen. Dies muß auch dann gelten, wenn aufgrund besonderer Zuweisung gemäß § 36 Abs. 4, § 89 Abs. 3 InsO das Insolvenzgericht über Erinnerungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung (§ 766 ZPO; vgl. dazu auch den Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung BT-Drucks. 12/2443 S. 138 und Landfermann, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 159 ff Rn. 35) entscheidet.
Zwar ergibt sich die Spaltung der Rechtsmittelzüge in diesen Fällen noch nicht aus dem Grundsatz, daß § 6 Abs. 1 InsO keine Entscheidungen der Anfechtung entzieht, die lediglich aus Anlaß eines Insolvenzverfahrens ergehen, dieses sachlich aber nicht betreffen (vgl. zu dieser Fallgruppe HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 6 Rn. 12 m.w.N.). Denn die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts hat das Gesetz hier gerade wegen des Sachzusammenhangs zwischen Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenzverfahren angeordnet; das Insolvenzverfahren ist insoweit unmittelbar durch die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Einzelzwangsvollstreckung betroffen. Die Vorschrift des § 793 ZPO ist aber als die speziellere Norm vorrangig gegenüber § 6 Abs. 1 InsO, wenn das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht entscheidet. Daher greift insoweit der allgemeine Vollstreckungsrechtsschutz ein (vgl. LG Traunstein NZI 2000, 438; Kübler/Prütting/Lüke, InsO Losebl. 10. Lfg. § 89 Rn. 35; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO), der die Rechtsbeschwerde nur auf Zulassung des Beschwerdegerichts kennt.
Ende der Entscheidung
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