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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.06.2009
Aktenzeichen: IX ZB 97/08
Rechtsgebiete: InsVV


Vorschriften:

InsVV § 3 Abs. 2
Ist der Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren nur als Sachverständiger bestellt gewesen, rechtfertigt dies in aller Regel keinen Abschlag bei der Festsetzung seiner Vergütung.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

durch

die Richter prof. Dr.xxx, xxx, xxx,

die Richterin Lohmann und den Richter Dr. xxx

am 18. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 17. April 2008 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters wird der Beschluss des Amtsgerichts Offenbach a.M. vom 1. Oktober 2007 dahin abgeändert, dass zugunsten des Insolvenzverwalters zusätzlich festgesetzt werden:

 184,67 EURVergütung
35,09 EURUmsatzsteuer hierauf in Höhe von 19%
219,76 EURzusätzliche Gesamtsumme.

Dem Insolvenzverwalter wird gestattet, auch diesen Betrag der Insolvenzmasse zu entnehmen, soweit ausreichend Masse vorhanden ist.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 219,76 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 13. Februar 2006 wurde der Rechtsbeschwerdeführer im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Schuldners zum Sachverständigen bestellt. Am 2. August 2006 legte er ein Gutachten über die Eröffnungsvoraussetzungen vor. Hierfür erhielt er die beantragte Vergütung in Höhe vom 506,32 EUR.

Mit Beschluss vom 3. August 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Rechtsbeschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter dem 30. Juli 2007 beantragte er die Festsetzung der Vergütung für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter in Höhe der Regelvergütung von 2.527,25 EUR einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.

Von der Regelvergütung hat das Amtsgericht im Hinblick auf die Tätigkeit des Verwalters als Sachverständiger analog § 3 Abs. 2 Buchst. a InsVV einen Abschlag von 10% vorgenommen und eine Gesamtvergütung von 2.307,49 EUR festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde bekämpft der Verwalter den Abschlag von 10% und begehrt weiterhin die Festsetzung der Vergütung in beantragter Höhe.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr, 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Abänderung des amtsgerichtlichen Vergütungsfestsetzungsbeschlusses in dem beantragten Umfang. Ein Abschlag von 10% ist nicht vorzunehmen.

1.

Das Beschwerdegericht hat gemeint, die Rechtsprechung des Senats, wonach die Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters regelmäßig einen Abschlag auf die Vergütung des endgütigen Insolvenzverwalters rechtfertigt (vgl. BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1205 f), sei in analoger Anwendung des § 3 Abs. 2 buchst. a InsVV auf die hier vorliegende Konstellation anzuwenden, dass der endgültige Insolvenzverwalter zuvor als Sachverständiger tätig war. Die Tätigkeit des Verwalters sei durch die Feststellungen, die er bereits als Sachverständiger getroffen habe, erheblich vereinfacht worden. Es gelte der Grundsatz, dass jede Tätigkeit nur einmal vergütet werden solle.

2.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

a)

§ 3 Abs. 2 Buchst. a InsVV geht davon aus, dass der vorläufiger Insolvenzverwalter, sofern er pflichtgemäß tätig geworden ist, dem endgültigen Verwalter in der Regel erhebliche Arbeiten erspart (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006, a.a.O. S. 1206 Rn. 22, 25).

Diese Regelung kann jedoch nicht analog auf die vorhergehende Tätigkeit des Sachverständigen angewandt werden.

Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus, Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen (BGHZ 149, 165, 174; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - IX ZB 134/04, ZIP 2005, 447, 449; Urt. v. 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, ZIP 2009, 176, 178 Rn. 22 ff; v. 19. Mai 2009 - IX ZR 39/06, z.V.b., Umdruck S. 8).

Für eine solche planwidrige Regelungslücke besteht kein Anhaltspunkt. Im Eröffnungsverfahren eines Regelinsolvenzverfahrens wird regelmäßig ein Sachverständigengutachten zu den Voraussetzungen der Eröffnung eingeholt. dies war dem Verordnungsgeber bekannt. Wenn er gleichwohl als Regelfall für einen Abschlag nur die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter vorgesehen hat, kann hinsichtlich der Tätigkeit als Sachverständiger, die nach Stundensätzen gemäß dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, also nach gänzlich anderen Grundsätzen vergütet wird, nicht angenommen werden, dass dessen Berücksichtigung planwidrig unterblieben ist.

b)

§ 3 Abs. 2 InsVV stellt allerdings keine abschließende Regelung dar. Liegen unterdurchschnittliche Anforderungen an den Insolvenzverwalter vor, ist zwar kein Regeltatbestand für einen Abschlag gegeben. Gleichwohl ist ein Abschlag gerechtfertigt, wenn die Anforderungen eines Normalverfahrens erheblich unterschritten werden (BGH, Beschl. v. 23. März 2006 - IX ZB 20/05, ZIP 2006, 858, 859 Rn. 6; v. 11. Mai 2006 a.a.O. S. 1207 Rn. 40).

Durch die vorherige Tätigkeit als Sachverständiger mag die Tätigkeit des Insolvenzverwalters erleichtert werden. Deshalb erscheint es in den meisten Fällen auch sinnvoll, dass jeweils dieselbe Person bestellt wird. Eine erhebliche Unterschreitung der Anforderungen an den Insolvenzverwalter ist damit aber in aller Regel gegenüber dem Normalfall schon deshalb nicht verbunden, weil die Einholung eines Sachverständigengutachtens gerade die Regel ist. Im Normalfall obliegen also die vom Sachverständigen erledigten Tätigkeiten nicht mehr dem Insolvenzverwalter.

Soweit im Beschluss vom 11. Mai 2006 (a.a.O. Rn. 29) in dort nicht entscheidungserheblicher Weise etwas anderes zum Ausdruck kommt, wird hieran nicht festgehalten.

c)

Im Recht der Vergütung der Insolvenzverwalter gilt allerdings der Grundsatz, dass jede Tätigkeit nur einmal vergütet werden soll, es sei denn, durch einen Wechsel in der Person des Verwalters werden Doppelarbeit und doppelte Aufwendungen unabweisbar (BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 301/03, ZIP 2005, 180; v. 11. Mai 2006, a.a.O. S. 1206 Rn. 23).

Dies gilt auch im Verhältnis des vorläufigen Insolvenzverwalters zu seiner Tätigkeit als Sachverständiger (BGH, Beschl. v. 22. April 2004 - IX ZB 136/03, NZI 2004, 448; v. 11. Mai 2006, a.a.O.). Deshalb kann dem vorläufigen Insolvenzverwalter kein Zuschlag für eine Tätigkeit gewährt werden, die er bereits als Sachverständiger erledigt hat (BGH, Beschl. V. 22. April 2004, a.a.O.). Dies gilt in gleicher Weise für den endgütigen Verwalter. Auch ihm könnte für eine Tätigkeit, die er als Sachverständiger erledigt hat, kein Zuschlag gewährt werden.

Die Feststellungen, die der Sachverständige in seinem Gutachten zu treffen hat, und die hierfür erforderlichen Vorarbeiten obliegen aber in einem Normalfall dem Insolvenzverwalter nicht, weil ein Sachverständigengutachten regelmäßig eingeholt wird. Ein Abschlag ist deshalb in aller Regel nicht gerechtfertigt.

3.

Da der Schuldner dem Vergütungsfestsetzungsantrag des Insolvenzverwalters nicht entgegengetreten ist, können ihm die Kosten der Rechtsmittelverfahren nicht auferlegt werden.

Ende der Entscheidung

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