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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: IX ZR 135/03
Rechtsgebiete: GesO, KO, InsO
Vorschriften:
GesO § 5 | |
GesO § 7 Abs. 1 | |
GesO § 10 Abs. 1 Nr. 4 | |
GesO § 12 Abs. 1 | |
KO § 108 | |
InsO § 27 |
Ein nach Zahlungseinstellung oder dem Antrag auf Verfahrenseröffnung begründetes Pfandrecht gewährt in der Gesamtvollstreckung kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 17. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Dr. Fischer, Dr. Ganter, Kayser und Vill
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. Mai 2003 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem durch Beschluß des Amtsgerichts Cottbus vom 7. September 1998 über das Vermögen der R. -H. GmbH (nachfolgend Schuldnerin) - zum 1. Oktober 1998, 8.00 Uhr - eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahren. Mit der Klage fordert er von dem verklagten Land im Wege der Anfechtung gemäß § 10 GesO Rückzahlung von 28.025,54 € (54.813,19 DM). Am 16. April 1998 hatte das Finanzamt wegen nicht gezahlter Steuern eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung über 54.813,19 DM erlassen, mit der es die Forderungen der Schuldnerin gegen die Sparkasse S. -N. aus einer Kontoverbindung pfändete. Die Schuldnerin veranlaßte daraufhin am 8. Mai 1998 eine Überweisung von 42.000 DM und am 14. Mai 1998 eine weitere Überweisung von 12.813,19 DM von dem gepfändeten Konto an den Beklagten. Am 19. Mai 1998 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens.
Der Kläger hat am 29. September 2000 ein Prozeßkostenhilfegesuch für die beabsichtigte Klage eingereicht, dem mit Beschluß vom 8. März 2001, zugestellt am 5. April 2001, stattgegeben wurde. Am 10. April 2001 hat er die Anfechtungsklage eingereicht, die am 26. April 2001 zugestellt wurde.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es die Anfechtungsvoraussetzungen für nicht gegeben erachtete. Das Berufungsgericht hat die Berufung als im Ergebnis unbegründet zurückgewiesen. Die Anfechtungsklage sei zwar an sich begründet, weil die Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände des § 10 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 Fall 1 GesO erfüllt seien. Der Rückgewähranspruch scheitere jedoch daran, daß die Anfechtungsfrist des § 10 Abs. 2 GesO nicht eingehalten worden sei.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Berufungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel des Klägers hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zweijährige Anfechtungsfrist des § 10 Abs. 2 GesO sei mit dem am 29. September 2000 eingereichten Prozeßkostenhilfegesuch nicht gewahrt, weil die Anfechtungsfrist bereits am 7. September 1998 zu laufen begonnen habe. Die Rechtswirkungen der Verfahrenseröffnung seien mit der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses am 7. September 1998 eingetreten. Dies gelte auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Eröffnungsbeschluß vordatiert werde. Fielen der Tag der Beschlußfassung und der im Beschluß angegebene Zeitpunkt der Eröffnung auseinander, so müsse aus Gründen der Rechtssicherheit der Tag der Beschlußfassung maßgebend sein.
II.
Demgegenüber rügt die Revision, das Gesamtvollstreckungsverfahren werde nicht bereits mit der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses eröffnet, sondern erst mit dem in diesem Beschluß angegebenen Zeitpunkt. Fielen der Tag der Beschlußfassung und der Zeitpunkt, zu dem das Verfahren eröffnet werden solle, auseinander, müsse aus Gründen der Rechtssicherheit der angegebene Zeitpunkt maßgebend sein. Auch wenn der Beschluß fehlerhaft sein sollte, sei er seinem ganzen Inhalt nach wirksam.
III.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Kläger hat die Anfechtungsfrist gewahrt.
Das Berufungsgericht geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, daß die Anfechtungsfrist gemäß § 10 Abs. 2 GesO mit der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zu laufen beginnt. Maßgebend ist allerdings nicht der Tag der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses, sondern der in dem Beschluß angegebene Zeitpunkt der Eröffnung.
1. Das Insolvenzgericht hätte allerdings in seinem Eröffnungsbeschluß vom 7. September 1998 als Eröffnungszeitpunkt den 7. September 1998 und die Stunde der Unterzeichnung des Beschlusses an diesem Tag bestimmen müssen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den 1. Oktober 1998, 8.00 Uhr, festzulegen, verstieß gegen das Gesetz.
a) Die Gesamtvollstreckungsordnung enthält keine ausdrückliche Regelung, daß im Eröffnungsbeschluß der Eröffnungszeitpunkt anzugeben ist. § 7 Abs. 1 GesO bestimmt jedoch, daß die Pfändung des Vermögens des Schuldners mit dem im Eröffnungsbeschluß genannten Zeitpunkt bewirkt ist. Die Gesamtvollstreckungsordnung ist insoweit dem Verständnis der Regelung in § 108 Abs. 1 KO gefolgt, wonach der Eröffnungsbeschluß die Stunde der Eröffnung zu bezeichnen hat. Dasselbe gilt für den Eröffnungsbeschluß nach der Gesamtvollstreckungsordnung (Smid, GesO 3. Aufl. § 7 Rn. 4; Haarmeyer/Wutzke/ Förster, GesO 4. Aufl. § 5 Rn. 9; Hess/Binz/Wienberg, GesO 3. Aufl. § 5 Rn. 2 f; vgl. BGHZ 133, 307, 313). Eine entsprechende Regelung enthält auch § 27 Abs. 2 Nr. 3 InsO, der seinerseits die Regelungen des § 108 Abs. 1 KO und des § 21 Abs. 1 VerglO übernommen hat (BT-Drucks. 12/2443 S. 119 zu § 31 RegE InsO).
b) Weder die Gesamtvollstreckungsordnung noch § 108 KO und § 27 InsO enthalten allerdings ihrem Wortlaut nach eine eindeutige Aussage dazu, ob dem das Insolvenzverfahren eröffnenden Richter ein Ermessensspielraum in der Weise zusteht, den Eröffnungszeitpunkt abweichend vom Zeitpunkt der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses zu wählen. Dies ist nicht der Fall.
aa) Für die Auslegung der §§ 5, 7 Abs. 1 GesO ist auf §§ 108 KO, § 27 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 InsO zurückzugreifen (vgl. BGHZ 143, 332; BGH, Urt. v. 10. Januar 2002 - IX ZR 61/99, WM 2002, 394, 395; v. 23. Januar 2003 - IX ZR 39/02, WM 2003, 551, 552).
Zu § 108 KO wird die Auffassung vertreten, daß im Eröffnungsbeschluß der Zeitpunkt der Unterschrift als maßgeblich anzusehen ist (Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 108 Rn. 1; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 108 KO Anm. 1; Jaeger/Weber KO 8. Aufl. § 108 Rn. 1; Kummer, Festschrift Metzeler S. 15, 16).
Zur Insolvenzordnung sprechen sich Kirchhof (HK/InsO, 3. Aufl. § 27 Rn. 19), Kummer (Festschrift Metzeler aaO) und Uhlenbruck (ZInsO 2001, 977) dafür aus, im Eröffnungsbeschluß in einer Art beurkundender Tätigkeit den Zeitpunkt anzugeben, in dem der Richter den Eröffnungsbeschluß unterschreibt.
Demgegenüber wird auch die Auffassung vertreten, die Angabe des Eröffnungszeitpunktes sei Teil der richterlichen Entscheidung. Deshalb sei es zulässig, aus besonderen Gründen in sehr engen Grenzen den im Beschluß genannten Zeitpunkt der Eröffnung auf einen späteren als den der tatsächlichen Unterzeichnung festzusetzen (MünchKomm-InsO/Schmahl, §§ 27 bis 29 Rn. 38). Dem hat sich die Praxis vereinzelt angeschlossen (z.B. LG Duisburg ZInsO 2002, 988).
bb) Als Eröffnungszeitpunkt ist der Zeitpunkt anzugeben, in dem der Eröffnungsbeschluß unterzeichnet wird.
(1) Sowohl § 108 Abs. 1 KO als auch § 27 Abs. 2 Nr. 3 InsO verlangen die Angabe der Stunde der Eröffnung. Fehlt es daran, so gilt nach § 108 Abs. 2 KO und § 27 Abs. 3 InsO als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an welchem der Eröffnungsbeschluß erlassen wurde.
Damit ist der Tag gemeint, an dem der Richter den Beschluß unterzeichnet, nicht aber der (möglicherweise viel spätere) Zeitpunkt, in dem der Beschluß den inneren Geschäftsgang des Gerichts verläßt (Zöller/Vollkommer, ZPO 24. Aufl. § 329 Rn. 18). Bereits dies legt die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber davon ausging, der Richter habe die Stunde als Eröffnungsstunde anzugeben, in der er unterzeichnet. Danach hat er keine Dispositionsbefugnis über die Eröffnungsstunde. Sie fällt immer mit der Unterschrift zusammen.
(2) Ein Eröffnungsbeschluß kann nur erlassen werden, wenn ein Eröffnungsgrund vorliegt (§ 1 GesO, § 102 KO, § 16 InsO) und das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO, § 107 KO, § 26 InsO). Diese Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt der Eröffnung vorliegen. Dies wäre nicht gewährleistet, wenn es zulässig wäre, die Eröffnung auf einen Zeitpunkt nach Unterzeichnung des Beschlusses hinauszuschieben.
Ein vordatierter Eröffnungsbeschluß kann erhebliche Nachteile für die Masse und für die Gesamtheit der Gläubiger nach sich ziehen, etwa indem weitere Aufrechnungsmöglichkeiten eröffnet werden, Anfechtungsmöglichkeiten wegen inzwischen eingetretenen Fristablaufs abgeschnitten werden (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 GesO, § 31 Nr. 2, § 32 KO; die Insolvenzordnung stellt nicht mehr auf den Eröffnungszeitpunkt ab) und dem Schuldner die Möglichkeit belassen wird, Verfügungen zu Lasten der Masse zu treffen.
Diese Nachteile für die Masse und die Gläubiger verbieten es, einen Eröffnungszeitpunkt festzusetzen, der vom Zeitpunkt der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses abweicht. Sonst würde das Verfahren nicht zu dem Zeitpunkt eröffnet, in dem seine Voraussetzungen vorliegen, sondern zu einem Zeitpunkt, für den dies ungewiß ist. Begrenzte praktische Vorteile, wie sie etwa von Schmahl (aaO) angeführt werden, können eine Vordatierung des Eröffnungszeitpunktes nicht rechtfertigen. Um Manipulationen auch in kurzen Zeitabschnitten auszuschließen, ist eine Abweichung deshalb unzulässig.
2. Obwohl der Beschluß über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einem Mangel leidet, ist er nicht nichtig.
a) Der rechtskräftige Beschluß über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist vom Prozeßgericht grundsätzlich auch dann als gültig hinzunehmen, wenn er verfahrensfehlerhaft ergangen ist; denn als in dem dafür vorgesehenen Verfahren erlassener hoheitlicher Akt beansprucht er Geltung gegenüber jedermann, sofern der Entscheidung nicht ausnahmsweise ein Fehler anhaftet, der zur Nichtigkeit führt (BGHZ 113, 216, 218; 138, 40, 44). Dies hat der Bundesgerichtshof bisher lediglich dann angenommen, wenn die Unterschrift des Richters als für jede gerichtliche Entscheidung schlechthin konstitutiver Akt versäumt worden war (BGHZ 137, 49). Wegen der für das Insolvenzverfahren grundlegenden Bedeutung des die Eröffnung anordnenden Beschlusses ist dieser schon aus Gründen der Rechtssicherheit nur außerordentlich selten als nichtig zu behandeln, hauptsächlich dann, wenn dem Akt infolge eines offenkundigen, schweren Fehlers bereits äußerlich ein für eine richterliche Entscheidung wesentliches Merkmal fehlt (BGHZ 114, 315, 326; 138, 40, 44). Dies ist bei Festsetzung eines Eröffnungszeitpunktes, der vom Zeitpunkt der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses abweicht, bis zu der vorliegenden Entscheidung angesichts der unterschiedlichen Stimmen in Literatur und Rechtsprechung nicht der Fall. Aus ähnlichen Erwägungen hat der Senat die rechtswidrig dem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter verliehene Befugnis, mit rechtlicher Wirkung für den Schuldner zu handeln, als zunächst noch wirksam angesehen (BGHZ 151, 353, 367).
b) Auch aus der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (80/987/EWG) vom 20. Oktober 1980 ergibt sich entgegen der von dem Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung nichts anderes. Die Richtlinie sieht in Art. 3 Abs. 2 erster Spiegelstrich lediglich als eine von drei zeitlichen Alternativen vor, daß das Insolvenzgeld von den Mitgliedstaaten ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sicherzustellen ist. Als zahlungsunfähig gilt der Arbeitgeber nach der Definition des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie dann, wenn - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - die zuständige Behörde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat (Buchst. b erster Spiegelstrich). Die Eröffnung selbst richtet sich nach den Vorschriften der Mitgliedstaaten (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b). Aus der Richtlinie ergibt sich nichts zur Frage der Wirksamkeit eines gegen nationales Recht verstoßenden gerichtlichen Eröffnungsbeschlusses.
c) Da der Beschluß sonach insgesamt wirksam ist, greift, entgegen der Annahme der Revisionserwiderung, auch nicht die gesetzliche Vermutung des § 108 Abs. 2 KO, § 27 Abs. 3 InsO ein, wonach als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages der Beschlußfassung gilt.
3. Die Anfechtungsfrist des § 10 Abs. 2 GesO läuft ab Eröffnung der Gesamtvollstreckung. Damit ist der im Eröffnungsbeschluß angegebene Zeitpunkt gemeint (MünchKomm-InsO/Kirchhof § 146 Rn. 8). Dies gebietet die Rechtssicherheit. Es kann von den am Insolvenzverfahren Beteiligten nicht erwartet werden, daß sie den das Verfahren eröffnenden Beschluß in einem vom Wortlaut abweichenden Sinn verstehen.
IV.
Mit dem am 29. September 2000 beim Landgericht eingegangenen Antrag auf Prozeßkostenhilfe wurde der Fristablauf entsprechend §§ 203, 205 BGB a.F. gehemmt (BGH, Urt. v. 10. Juli 2003 - IX ZR 113/01, ZIP 2003, 1674, 1675). Nach Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe am 5. April 2001 hat der Kläger binnen der ihm zustehenden Frist von mindestens zwei Wochen (BGH, Urt. v. 22. März 2001 - IX ZR 407/98, ZIP 2001, 893, 895) am 10. April 2001 Klage eingereicht, die am 26. April 2001 gemäß § 270 Abs. 3 ZPO a.F. fristwahrend zugestellt wurde. V.
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine Annahme nicht, die übrigen Voraussetzungen für die auf Zahlung von 28.025,54 € gerichtete Klage lägen - abgesehen von der Wahrung der Anfechtungsfrist - vor. Insbesondere hat das Berufungsgericht eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht ausreichend festgestellt. Es hat insoweit lediglich ausgeführt, daß die Masse um die von der Anfechtung betroffenen Zahlungen in Höhe von insgesamt 28.025,54 € geschmälert sei. Dies läßt die unstreitig am 16. April 1998 erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten über diesen Betrag außer Betracht.
1. Das von dem Beklagten erlangte Pfändungspfandrecht gewährt ein Absonderungsrecht gemäß § 12 Abs. 1 GesO, wenn es insolvenzfest ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung als inkongruent anzusehen (BGHZ 128, 196; 136, 309, 311). Das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip wird durch das System der insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln eingeschränkt, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger nicht mehr die Aussicht besteht, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. Dann tritt die Befugnis der Gläubiger, sich mit Hilfe hoheitlicher Zwangsmittel eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung des eigenen fälligen Anspruchs zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurück. § 131 InsO verdrängt in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag den Prioritätsgrundsatz zugunsten der Gleichbehandlung der Gläubiger (BGH Urt. v. 11. April 2002 - IX ZR 211/01, WM 2002, 1193, 1194; vom 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02, WM 2003, 1278, 1279). § 30 Nr. 2 KO bezweckt, den konkursrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf den zeitlichen Bereich der Zahlungseinstellung oder des Antrags auf Eröffnung des Verfahrens vorzuziehen sowie auf den Zeitraum von zehn Tagen davor (BGHZ 136, 309, 311). Im Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung wird gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO die Krise an den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung oder den Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung geknüpft. Danach gewährt ein nach Zahlungseinstellung oder dem Antrag auf Eröffnung begründetes Pfandrecht in der Gesamtvollstreckung kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht. Sofern das Pfandrecht dagegen davor entstanden ist, kann die anschließende Befriedigung nicht mehr angefochten werden, weil sie die Gläubiger nicht benachteiligt (BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, ZIP 1991, 1014, 1017; v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, ZIP 2000, 898; v. 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, z.V.b. in BGHZ).
2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Zahlungseinstellung vor dem 8. Mai 1998 erfolgt ist. Da eine genauere Zeitangabe fehlt, kann in der Revisionsinstanz nur davon ausgegangen werden, daß Zahlungsunfähigkeit im Laufe des 7. Mai 1998 eintrat. Der Kläger hatte jedoch dargelegt und unter Beweis gestellt, die Schuldnerin sei bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16. April 1998 zahlungsunfähig gewesen und habe die Zahlungen eingestellt gehabt, was vom Beklagten bestritten worden war.
Das Berufungsgericht hat dies dahingestellt sein lassen. Es hat zwar zutreffend gesehen, daß auch für eine Anfechtung nach § 10 GesO eine objektive Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist (BGH, Urt. v. 6. April 2000 - IX ZR 122/99, ZIP 2000, 932). Da eine solche jedoch nicht vorliegt, wenn die Zahlungseinstellung erst nach anfechtungsfester Begründung des Pfändungspfandrechts erfolgte, durfte der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung im Zeitraum ab Zustellung der Pfändungsverfügung bis 8. Mai 1998 nicht ungeklärt bleiben.
3. Mit der Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung am 17. April 1998 an die Sparkasse wurde die Pfändung "bewirkt" (§ 309 Abs. 2 Satz 1, § 314 Abs. 1 Satz 2 AO). Sie erfaßte gegenwärtige Guthaben und künftige Ansprüche auf Auszahlung von Guthaben und Kreditmitteln.
Ein Pfändungspfandrecht wurde aber erst in dem Zeitpunkt begründet, in dem die jeweils gepfändete Forderung entstand (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080). Im Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung war unstreitig ein Guthaben von 15.282,93 DM vorhanden. Später sich ergebende Ansprüche auf Auszahlung von Guthaben wurden mit Eingang der Zahlungen bei der Drittschuldnerin, Ansprüche auf Auszahlung von Kreditmitteln mit Abruf der Kreditbeträge erfaßt (BGH, Urt. v. 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, z.V.b.).
Festgestellt werden muß also, ob bereits bei Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung die Zahlungseinstellung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO vorlag oder wann sie gegebenenfalls später eintrat und wann zwischenzeitlich bis zur Überweisung am 14. Mai 1998 gegebenenfalls weitere Gutschriften auf dem Konto erfolgten, die von der Pfändung erfaßt wurden.
Soweit Gutschriften oder Abrufe eines Kredits vor der Zahlungseinstellung erfolgten, lag eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht vor. Insoweit wäre die Klage unbegründet.
4. Da lediglich zu vermuten, nicht aber festgestellt ist, daß die Überweisung vom 14. Mai 1998 über 12.813,19 DM aus Mitteln erfolgte, die nach der festgestellten Zahlungseinstellung im Laufe des 7. Mai 1998 auf dem Konto eingingen, kann der Senat auch insoweit nicht abschließend entscheiden.
5. Der Kläger ist an der Durchsetzung des Anspruchs entgegen der Meinung der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung nicht gemäß § 242 BGB gehindert. Zwar mag die Vordatierung des Eröffnungsbeschlusses auf seine Initiative hin erfolgt sein. Er war gleichwohl nicht gehindert, die Frist auszuschöpfen. Es ist nämlich nicht erkennbar, daß ihm die Rechtswidrigkeit einer solchen Maßnahme bewußt war.
Ende der Entscheidung
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