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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.03.2007
Aktenzeichen: IX ZR 136/06
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZR 136/06

vom 22. März 2007

in dem Rechtsstreit

Tenor:

schlägt der Senat den Parteien vor, sich wie folgt zu vergleichen:

1. Die Beklagten zahlen als Gesamtschuldner an den Kläger zum 1. Mai 2007 den Betrag von 37.000,00 Euro.

2. Damit sind sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche erledigt.

3. Die Kosten des Verfahrens und dieses Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

Für den Vergleichsvorschlag sind insbesondere folgende Erwägungen maßgebend:

1. Das Prozessrisiko ist für beide Seiten hoch.

a) Zur doppelten Entnahme der Vergütung

Die erste Belastungsbuchung vom 5. September 2000 konnte schwerlich verhindert werden. Es kann nur darum gehen, ob sie nachträglich als unberechtigt entdeckt werden konnte. Es handelt sich um eine herausgehobene Position. Wäre nachgefragt worden, hätte S. keinen Beleg vorweisen können.

b) Zum Veräußerungserlös

Hier ist fraglich, ob die Beklagten, falls sie die Überweisung an die Leasinggesellschaft in den Blick zu nehmen hatten, auf den Gedanken kommen mussten, dass es auch einen Geldzufluss gegeben hatte. Die zweite Überweisung an das Finanzamt, ein viertel Jahr später, war nicht so auffallend.

Problematisch ist ferner, ob sich die erforderliche Kontrolldichte durch frühere Kontrolldefizite, die Schädigungen der Masse zur Folge hatten, steigern kann. Müssen die Mitglieder des Gläubigerausschusses dann auch für weitere Schädigungen einstehen, die nicht mit normalen, wohl aber mit gesteigerten Kontrollmaßnahmen hätten verhindert werden können? Werden die Überwachungspflichten auch durch solche vorangegangenen Schädigungen gesteigert, die objektiv erkennbar waren, von den Mitgliedern des Gläubigerausschusses aber nicht erkannt worden sind?

c) Zu den Verrechnungsschecks

Aus der Kontrolle der Konten konnten die Beklagten nicht erkennen, dass S. Schecks erhalten hatte. Fraglich ist nur, ob sie von Anfang an (die beiden Schecks betrafen die ersten Geldflüsse, die von dem Büro P. eingingen) organisatorisch sicherzustellen hatten, dass der Geldverkehr P. /S. in für die Beklagten nachprüfbarer Form abgewickelt wurde.

d) Zur Kausalität und zum Schaden

Fraglich ist, ob die Pflicht zur Überwachung des Verwalters dazu dient, solche Straftaten zu verhindern, die auch bei sorgfältiger Überwachung nicht erkennbar sind (Rechtswidrigkeitszusammenhang bzw. rechtmäßiges Alternativverhalten). Hier ist unter anderem die Reichweite des Anscheinsbeweises zu prüfen, den die Rechtsprechung auch und gerade bei Straftaten des Verwalters eingreifen lässt (BGHZ 49, 121, 123; 124, 86, 94). Bedeutet er, dass die "Kontrolleure" die (künftigen) Taten des Verwalters schon dadurch verursacht haben, dass sie ihm durch oberflächliche Kontrollen das Gefühl vermittelt haben, er könne sich relativ risikolos bedienen? Gegebenenfalls müssten die Beklagten beweisen, dass es zu der zweiten und der dritten Tat auch dann gekommen wäre, wenn die erste frühzeitig aufgedeckt worden wäre.

Es müsste festgestellt werden, ob S. zu dem Zeitpunkt, in dem er nach dem ordnungsgemäßen Gang der Dinge von den Beklagten aufgefordert worden wäre, den Fehlbetrag infolge der doppelt entnommenen Vergütung auszugleichen, in der Lage war, diesen aus dem eigenen Vermögen zu entnehmen. Beweisbelastet ist insoweit der Kläger. Für die Schäden aus der zweiten und dritten Tat gilt Entsprechendes, falls auch insoweit nur die unterbliebene Aufdeckung vorwerfbar sein sollte.

Hier wird es möglicherweise darauf ankommen, ob den Mitgliedern des Gläubigerausschusses zum Vorwurf zu machen ist, die Taten nicht verhindert oder aber nur sie nicht aufgedeckt zu haben. Hatte der Verwalter die veruntreuten Beträge erst einmal vereinnahmt, ist fraglich, ob der Schaden noch behoben werden konnte. Dies ist nicht der Fall, wenn der Verwalter zum Ausgleich der entdeckten Fehlbeträge nur in der Lage ist, indem er aus anderen Insolvenzmassen sich bedient. Dann hat nämlich nach seiner Ablösung der neue Verwalter der anderen Masse das Recht (§ 55 Abs. 1 InsO, § 31 BGB) und die Pflicht, die Rückzahlung zu verlangen (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006 - IX ZR 48/04, NZI 2006, 592).

Zweifelhaft ist, ob der Schadensersatzanspruch durch Verrechnung mit einem Vergütungsanspruch des S. als endgültiger Insolvenzverwalter hätte ausgeglichen werden können. Am 3. April 2001 ist ihm ein Vorschuss von 108.319,15 DM bewilligt worden. Dieser Betrag bleibt hinter der Klagesumme von 115.051,07 DM zurück. Die am 12. Dezember 2001 bewilligte Vergütung von 125.128,07 DM (netto) liegt zwar höher. Es ist jedoch fraglich, ob der Vorschuss und die endgültige Vergütung auch dann bewilligt worden wären, wenn die Straftaten vorher aufgedeckt worden wären, was - auch nach Ansicht des Klägers - bei ordnungsgemäßer Kontrolle durch die Beklagten nahezu unvermeidlich gewesen wäre. Möglicherweise hätte S. wegen seiner Straftaten eine Vergütung verwirkt gehabt (vgl. BGHZ 159, 122, 131 f.).

Zwar ist gegebenenfalls durch die Auszahlung dieser weiteren Vergütung der Masse ein weiterer Schaden entstanden. Dieser Schaden ist jedoch nicht Streitgegenstand.

2. Mit einer baldigen Beendigung des Verfahrens ist möglicherweise nicht zu rechnen.

Insbesondere wegen der oben unter 1 d angesprochenen Problematik liegt eine Aufhebung und Zurückverweisung nahe. Die Aufklärung der Vermögenslage des S. dürfte zeitraubend und mühsam werden.

3. Bei Abwägung der beiderseitigen Risiken, die teilweise alle drei Schadenspositionen in gleicher Weise betreffen, teilweise aber auch bei diesen unterschiedlich ausgeprägt sind, kommt als Vergleichssumme etwa die hälftige Schadenssumme, also rund 30.000 €, in Betracht. Hinzuzählen wären Zinsen für etwa 2 3/4 Jahre, also etwa 7.000 €.

4. Die Parteien erhalten Gelegenheit, bis zum 15. Mai 2007 zu dem Vorschlag Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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