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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: IX ZR 141/06
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und

die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Februar 2006 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Soweit in der Berufungsinstanz die Klage um 23.893,64 EUR erweitert worden ist, wird sie abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den beklagten Steuerberater Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks von insgesamt 7,6107 ha geltend.

Die Klägerin hatte den Beklagten bei dem Verkauf eines ererbten Hauses eingeschaltet, bei dem sie ca. 2,4 Mio. DM erlöste. Der Beklagte empfahl ihr, den Erlös unter anderem in einer Immobilie anzulegen und teilte ihr mit, dass er Jemanden kenne, der ein Grundstück verkaufen wolle, das unmittelbar an die Stadt B. grenze. Es handele sich um ein Spekulationsobjekt; das Grundstück werde eine Wertsteigerung erfahren, wenn es Bauland werde.

Der Beklagte wies die Klägerin nicht darauf hin, dass der damalige Wert des Grundstücks niedriger sein könne als der verlangte Kaufpreis. Er zog weder Erkundigungen über den tatsächlichen Wert des Grundstücks ein noch informierte er die Klägerin darüber, dass er keine objektivierbaren Erkenntnisse bezüglich des Grundstückswertes besaß.

In der Folgezeit verhandelte er für die Klägerin mit dem Verkäufer, auch über den Preis. Mit notariellem Kaufvertrag vom 24. Juni 1996 kaufte die Klägerin zunächst ein Viertel des Grundstücks für 142.500 DM, mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Dezember 1996 den Rest für 427.500 DM. Bei einem Gesamtkaufpreis von 570.000 DM ergab sich damit ein Preis von ca. 7,49 DM pro Quadratmeter.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe sie mangelhaft beraten und nicht ordnungsgemäß auf die Risiken des Geschäfts hingewiesen. Der tatsächliche Wert des Grundstücks habe nur 0,25 EUR pro Quadratmeter betragen. Das Grundstück sei weder Bauland noch Bauerwartungsland geworden, obwohl der Beklagte von einer Frist von fünf Jahren gesprochen habe. Der Beklagte habe auf den viel zu hohen Kaufpreis und das hohe Risiko aufmerksam machen müssen. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie sich auf das Geschäft nicht eingelassen. Der Beklagte habe schon damals den tatsächlichen Wert des Grundstücks und die Unwahrscheinlichkeit seiner Entwicklung zu Bauland in Erfahrung bringen können.

Der Beklagte erhebt insbesondere die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat die auf Schadensersatz in Höhe von 345.148,67 EUR gerichtete Klage als verjährt abgewiesen. Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt und die Klage um 23.893,64 EUR erhöht. Die Berufung hatte in Höhe von 278.585,43 EUR nebst Zinsen Erfolg.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin und zur Abweisung des in der Berufungsinstanz im Wege der Klageerweiterung zusätzlich geltend gemachten Anspruchs.

I.

Das Berufungsgericht hat gemeint, zwischen den Parteien habe seit 30. April 1996 ein steuerberatendes Mandatsverhältnis bestanden. Der Beklagte habe die ihm der Klägerin gegenüber obliegenden Informations- und Beratungspflichten verletzt. Er sei verpflichtet gewesen, Erkundigungen zu dem tatsächlichen Wert des Grundstücks einzuholen, damit die Klägerin eine angemessene Risikoabschätzung hätte vornehmen können. Das eingeholte Sachverständigengutachten habe einen damaligen Wert des Grundstücks von 0,60 EUR pro Quadratmeter ergeben, während die Klägerin einen sechsmal höheren Kaufpreis entrichtet habe.

Hinsichtlich des Kaufvertrages vom 24. Juni 1996 sei Verjährung eingetreten, nicht jedoch hinsichtlich des Kaufvertrages vom 27. Dezember 1996. Die Verjährung habe insoweit mit Abschluss des Kaufvertrages am 27. Dezember 1996 begonnen, da bereits dieser zu einer Verschlechterung der Vermögenslage der Klägerin geführt habe. Es sei nicht von einer einheitlichen Verjährungsfrist für beide Kaufverträge auszugehen, weil zwei gesonderte Pflichtverletzungen des Beklagten vorgelegen hätten, wenngleich bei jedem Kaufvertrag die gleiche Pflicht verletzt worden sei.

Die reguläre Verjährungsfrist des § 68 StBerG habe mit Ablauf des 27. Dezember 1999 geendet. Sie habe sich jedoch wegen der Sekundärhaftung des Beklagten bis zum 27. Dezember 2002 verlängert. Aufgrund verschiedener Umstände habe der Beklagte vor Ablauf der Primärverjährung Anlass gehabt, die Klägerin auf die Möglichkeit einer Regresshaftung und die dafür maßgebliche Verjährungsregelung hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis sei nicht erfolgt. Der am 19. Dezember 2002 beantragte Mahnbescheid habe somit die Verjährung unterbrochen.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Ein möglicher Anspruch der Klägerin wäre auch im Hinblick auf den Kaufvertrag vom 27. Dezember 1996 verjährt, weil die Voraussetzungen eines Sekundäranspruches nicht vorliegen. Deshalb kann dahinstehen, ob insoweit eine Pflichtverletzung des Beklagten vorlag und die schadensausfüllende Kausalität für die geltend gemachten Schäden zu bejahen ist.

1.

Wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, richtet sich die Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruches nach dem zum 15. Dezember 2004 aufgehobenen § 68 StBerG, weil die Verjährung vor dem 15. Dezember 2004 eingetreten ist (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13, Satz 2 i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1, 3 EGBGB; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 29. Mai 2008 - IX ZR 222/06, WM 2008, 1416 Rn. 12; v. 5. März 2009 - IX ZR 172/05, WM 2009, 863 Rn. 7).

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass zwischen den Parteien ab dem 30. April 1996 ein steuerberatendes Mandatsverhältnis bestand. Dies ist zutreffend und wird von der Klägerin nicht mehr in Frage gestellt.

2.

Nach § 68 StBerG a.F. verjährte der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Steuerberater bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

Entstanden ist der Anspruch im Allgemeinen, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können, ferner wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob ein Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermögenslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstanden und mit der nicht fern liegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist (BGHZ 114, 150, 152 f ; 119, 69, 70 f ; 129, 386, 388) ; Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjährungsbeginn nicht (BGHZ 119, 69, 71) . Ist dagegen - objektiv betrachtet - noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so dass eine Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetzt wird (BGHZ 119, 69, 71 ; vgl. zum Ganzen zuletzt BGH, Urt. v. 5. März 2009 aaO Rn. 8).

Als Teil ihres Schadens, den das Berufungsgericht auch zuerkannt hat, macht die Klägerin den Betrag geltend, zu dessen Bezahlung sie sich in dem Kaufvertrag vom 27. Dezember 1996 über den objektiven Verkehrswert hinaus verpflichtete. Mit rechtswirksamem Abschluss dieses Vertrages war die Klägerin zur Zahlung dieses Kaufpreises verpflichtet. Damit war der erste von der Klägerin geltend gemachte Teilschaden eingetreten. Die reguläre Verjährungsfrist des § 68 StBerG begann deshalb mit Ablauf des 27. Dezember 1996 und endete am 27. Dezember 1999.

3.

Die Verjährungsfrist hat sich jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch eine Sekundärhaftung des Beklagten verlängert.

Hat der Steuerberater vor Ablauf der Verjährung des Primäranspruchs begründeten Anlass zu prüfen, ob er dem Mandanten durch einen Fehler Schaden zugefügt hat, und muss er dabei eine entsprechende Pflichtverletzung erkennen, so hat er - nicht anders als ein Rechtsanwalt - hierauf und auf die kurze Verjährung hinzuweisen (BGHZ 94, 380, 385 f ; BGH, Urt. v. 14. November 1991 - IX ZR 31/91, NJW 1992, 836, 837; v. 21. September 1995 - IX ZR 228/94, NJW 1996, 48, 50; v. 14. Dezember 2000 - IX ZR 332/99, NJW 2001, 826, 828; v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 497 Rn. 27; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. Rn. 1384).

Sind diese Voraussetzungen gegeben und unterlässt er den gebotenen Hinweis, stellt dies eine neue Pflichtverletzung im Rahmen des Steuerberatervertrages dar. Der daraus resultierende Ersatzanspruch entsteht mit Eintritt der Verjährung des ursprünglichen (primären) Regressanspruches gemäß § 68 StBerG (Zugehör, aaO Rn. 1404).

Diese Rechtsprechung hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Die von ihm genannten Umstände genügen aber danach nicht als Anlass, damit ein rechtlicher oder steuerlicher Berater zu prüfen hat, ob er dem Mandanten durch einen Fehler Schaden zugefügt hat.

Der Beklagte hätte möglicherweise allgemein erkennen können, dass seine Beratung im Zusammenhang mit dem zweiten Grundstückskauf fehlerhaft war. Daraus ergibt sich aber noch kein Anlass für den Beklagten, in eine solche Überprüfung überhaupt einzutreten.

Dass die Klägerin für den Kauf einer Eigentumswohnung eine Finanzierung in Anspruch nehmen musste, gab dem Beklagten ebenfalls keinen Anlass zu überprüfen, ob er der Klägerin zum Kauf einer überteuerten Immobilie geraten hatte. Denn der Finanzierungsbedarf wäre genauso entstanden, wenn die beiden (Teil-)Grundstücke ihren Preis wert gewesen wären.

Auch der zwischen dem Verkäufer und dem Land Brandenburg (das sich aufgrund des Vermögensgesetzes eines besseren Rechts als der Verkäufer berühmte) geführte Prozess gab dem Beklagten keinen Anlass anzunehmen, die Klägerin habe die streitbefangene Immobilie überteuert gekauft. Denn in dem Vergleich, der diesen Prozess beendete, ist der zwischen der Klägerin und dem Verkäufer vereinbarte Kaufpreis zugrunde gelegt worden; das Land hat lediglich - mit Erfolg - an dem Kaufpreis partizipieren und insoweit an die Stelle des Verkäufers treten wollen.

Soweit die Klägerin noch weitere Umstände genannt hat, auf die das Berufungsgericht nicht eingegangen ist, ist in diesem Zusammenhang allenfalls der Gesichtspunkt erwähnenswert, dass die gescheiterte Volksabstimmung ü-ber die Fusion von Berlin und Brandenburg dem Beklagten Anlass zur Prüfung hätte sein können. Die Volksabstimmung war aber bereits am 5. Mai 1996, also vor Abschluss der beiden Kaufverträge, und scheidet schon deshalb als begründeter Anlass für eine nachträgliche Überprüfung aus.

4.

Der Schaden aus einem bestimmten schädigenden Ereignis - also aus ein und derselben pflichtwidrigen Handlung oder Unterlassung - ist ein einheitliches Ganzes (Grundsatz der Schadenseinheit). Deshalb läuft für den einheitlichen Anspruch auf Ersatz des Gesamtschadens einschließlich aller voraussehbarer Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist.

Die vom Berufungsgericht zuerkannten Schadenspositionen betreffen die angenommene Pflichtverletzung hinsichtlich des Kaufvertrages vom 27. Dezember 1996. Diese sind somit, auch soweit sie später entstanden sind, insgesamt verjährt.

Ende der Entscheidung

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