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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: IX ZR 168/07
Rechtsgebiete: KO, InsO


Vorschriften:

KO § 58 Nr. 2
InsO § 54 Nr. 2
Die Vergütung des Sequesters aus einem nicht zur Eröffnung gelangten Verfahren gehört nicht zu den Massekosten eines auf einen späteren Antrag eröffneten Konkursverfahrens (im Anschluss an BGHZ 59, 356; 109, 321).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZR 168/07

vom 9. Oktober 2008

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp

am 9. Oktober 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. September 2007 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Sonderverwalter in dem Konkursverfahren über das Vermögen des Spediteurs H. R. (fortan: Schuldner).

Der Beklagte wurde auf den von einem Gläubiger am 14. Mai 1997 über das Vermögen des Schuldners gestellten Konkursantrag am 23. Juli 1997 zum Sequester bestellt. Nach Rücknahme des Antrags durch den Gläubiger und Aufhebung der Sequestration am 8. August 1997 setzte das Amtsgericht am 3. November 1998 die Vergütung des Beklagten auf 6.522,93 € fest.

Auf einen erneuten Fremdantrag vom 20. August 1997 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen des Schuldners am 1. März 1998 eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt. Der Beklagte entnahm der Masse am 2. Dezember 1998 die in dem Erstverfahren festgesetzte Sequestervergütung.

Der durch Beschluss des Amtsgerichts vom 4. Mai 2006 wegen der Entnahme der Sequestervergütung zum Sonderkonkursverwalter bestellte Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von 6.522,93 € in Anspruch. Das Oberlandesgericht hat der von dem Landgericht abgewiesenen Klage stattgegeben. Mit seiner von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

II.

Ein Zulassungsgrund ist, zumal es sich um auslaufendes Recht handelt, nicht gegeben. Die Revision hat auch nach dem eindeutigen Inhalt der hier maßgeblichen Regelung des § 58 Nr. 2 KO in der Sache keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO). Der auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Klageanspruch ist begründet, weil der Beklagte nicht berechtigt war, seine in einem anderen Verfahren verdiente Sequestervergütung als Massekosten (§ 58 Nr. 2 KO) in dem später eröffneten Konkursverfahren der Masse zu entnehmen. Der Verwalter darf nur eine solche Vergütung an sich selbst entrichten, die er in dem eröffneten Verfahren gemäß § 58 Nr. 2 KO als Massegläubiger zu beanspruchen hat (vgl. Jaeger/Weber, KO 8. Aufl. § 78 Rn. 6, § 85 Rn. 4).

1. Für den Bereich der Insolvenzordnung hat der Bundesgerichtshof bereits zu erkennen gegeben, dass Vergütungsansprüche eines vorläufigen Verwalters aus einem abgeschlossenen Verfahren in einem neuen Insolvenzverfahren keine Massekosten im Sinne des § 54 Nr. 2 InsO darstellen (BGH, Beschl. v. 20. September 2007 - IX ZB 239/06).

2. Ebenso gehört die Vergütung des Sequesters aus einem nicht zur Eröffnung gelangten Verfahren nicht zu den Massekosten (§ 58 Nr. 2 KO) eines auf einen späteren Antrag eröffneten Konkursverfahrens.

a) Wird auf einen Konkursantrag ein Sequester eingesetzt, so bildet seine Vergütung einen Bestandteil der Massekosten des später antragsgemäß eröffneten Konkursverfahrens. Die im Konkurseröffnungsverfahren entstandene Sequestervergütung ist im Sinne des § 58 Nr. 2 KO den Ausgaben für die Verwaltung der Insolvenzmasse zuzurechnen (Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 58 Rn. 8a, § 106 Rn. 22g; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. KO § 58 Anm. 3a, § 106 Anm. 4). Dies soll auch dann gelten, wenn das Gericht, das den Sequester bestellt hat, später wegen örtlicher Unzuständigkeit den Konkursantrag abweist und das Konkursverfahren auf einen erneuten inhaltsgleichen Antrag durch das örtlich zuständige Gericht eröffnet wird (vgl. LG Hamburg ZIP 1991, 116; AG Hamburg-Altona ZIP 1989, 458, 459).

b) Folgt einem Vergleichsverfahren ein Anschlusskonkursverfahren, gehört die für den vorläufigen Verwalter und den Vergleichsverwalter festgesetzte Vergütung gemäß §§ 105, 102 Abs. 2 VglO zu den Massekosten. Wird nach dem Vergleichsverfahren hingegen ein selbständiges Konkursverfahren eröffnet, sind § 103 bis 107 VglO generell unanwendbar (BGHZ 59, 356, 361; 109, 321, 323 f). Darum wird - was hier nicht zu entscheiden ist - mit Grund bezweifelt, dass die in einem Vergleichsverfahren entstandenen Vergütungsansprüche im Falle eines nachfolgenden selbständigen Konkursverfahrens Massekosten darstellen (Kilger/K. Schmidt, aaO VglO § 105 Anm. 3; ebenso Bley/Mohrbutter, VglO 4. Aufl. § 105 Rn. 5 unter b, falls das Konkursverfahren auf derselben Zahlungsunfähigkeit beruht; a.A. LG Hamburg, aaO; AG Hamburg, aaO).

c) Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann jedenfalls die Vergütung des Sequesters aus einem abgeschlossenen Verfahren nicht den Massekosten eines späteren Konkursverfahrens (§ 58 Nr. 2 KO) zugeordnet werden.

Im Verhältnis von zwei aufeinander folgenden Konkursverfahren fehlt es - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist und was auch die von der Revision angeführte Gegenauffassung (Ries ZInsO 2005, 414, 415; ders. ZInsO 2007, 1102, 1104: Einbeziehung der Vergütung keine Regel, sondern Ausnahme) einräumt - an einer gesetzlichen Grundlage, welche die Behandlung früherer Kosten als Massekosten des späteren Verfahrens rechtfertigen könnte. Im Unterschied zu §§ 105, 102 Abs. 2 VglO, deren Anwendbarkeit im Falle der Eröffnung eines selbständigen Konkursverfahrens - wie oben dargelegt - im Streit steht, beschränkt sich § 58 Nr. 2 KO auf die im selben Verfahren entstandenen Kosten. Da § 58 Nr. 2 KO eine Festsetzung der Vergütung durch das Konkursgericht nach § 85 KO voraussetzt (Kuhn/Uhlenbruck, aaO), werden in einem anderen Verfahren von einem anderen Konkursgericht festgesetzte Beträge nicht erfasst. Auch der an ein übergreifendes Konkursereignis anknüpfende Gesichtspunkt der materiellen Verfahrenseinheit (Ries aaO 2005, S. 415; ders. aaO 2007, S. 1104) ist nicht geeignet, den Vergütungsanspruch des Sequesters auf die Masse eines später eröffneten Konkursverfahrens zu verlagern. Ein dieser Bewertung entsprechender allgemeiner Grundsatz, dass die Kosten einer den Interessen der Gläubiger dienenden Verwaltung aus dem verwalteten Vermögen vorweg zu decken sind, ist der Konkursordnung fremd (Kilger/K. Schmidt, aaO § 105 VglO Anm. 3). Vielmehr sind Massekosten aus einem Erstkonkurs in einem späteren Konkurs einfache Konkursforderungen. Die gegenteilige Betrachtungsweise würde zu einer mit dem Gesetz nicht zu vereinbarenden unzulässigen Vorwegbefriedigung des Beklagten als Altgläubiger führen (vgl. BAG, Urt. v. 29. November 1990 - 2 AZR 312/90, ZIP 1991, 381, 382). Die daraus folgenden Härten kann der Sequester durch die Anforderung eines Vorschusses vermeiden.

Ende der Entscheidung

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