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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: IX ZR 18/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZR 18/07

vom 19. Juni 2008

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Vill und Dr. Fischer

am 19. Juni 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 145.072,83 € festgesetzt.

Gründe:

Die statthafte Nichtzulassungsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.

1. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde die von ihr als grundsätzlich eingestufte Rechtsfrage unterbreitet, "ob dem Rechtsanwalt zumindest im Rahmen der Prüfung der Kausalität seiner Pflichtverletzung für den Schaden der Umstand zuzurechnen ist, dass er bei - gedachter - richtiger Beratung über ein daraus fließendes weiteres Risiko hätten beraten oder sogar abraten müssen", ist den Darlegungsanforderungen nicht genügt. Es fehlt an jeglichen Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BGHZ 152, 182, 191).

2. Die im Blick auf die vorstehende Rechtsfrage geltend gemachten Rügen sind auch der Sache nach unbegründet. Ein Anscheinsbeweis findet zugunsten des Klägers keine Anwendung.

a) Kommen als Reaktion auf eine zutreffende rechtliche Beratung mehrere objektiv gleich vernünftige Verhaltensmöglichkeiten in Betracht, hat der Mandant den Weg zu bezeichnen, für den er sich entschieden hätte. Ihn trifft in einem solchen Fall die volle Beweislast, weil der Anscheinsbeweis bei der Möglichkeit alternativer Verhaltensweisen nicht durchgreift (BGHZ 123, 311, 319; BGH, Urt. v. 20. März 2008 - IX ZR 104/05, WM 2008, 1042, 1043 Rn. 12).

b) Im Streitfall bestanden - wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - bei fehlerfreier rechtlicher Beratung über die fehlende Mithaftung der Ehefrau mehrere wirtschaftlich gleich sinnvolle Alternativen: Der Kläger konnte sich in Ansehung der wirtschaftlich gesunden Lage der GmbH gleichwohl zu einer Darlehensvergabe allein an den Mitarbeiter L. entschließen, umgekehrt wegen des erhöhten Rückzahlungsrisikos von einer Darlehensgewährung einschließlich einer Beteiligung des Mitarbeiters L. Abstand nehmen und sein Unternehmen auch künftig allein führen oder nach einem neuen solventen Interessenten Ausschau halten. Bei dieser Sachlage ist für einen Anscheinsbeweis kein Raum (vgl. BGH, Urt. v. 20. März 2008 Rn. 13).

c) Ein Anscheinsbeweis kann entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht aus der vermeintlichen zusätzlichen Pflichtverletzung hergeleitet werden, dass die Beklagtenseite einen Hinweis an den Kläger auf die erhöhten Risiken einer Darlehensgewährung allein an den Mitarbeiter L. versäumt habe.

Der geschäftserfahrene Kläger brauchte nämlich nicht auf die wirtschaftlichen Risiken einer Darlehensvergabe an eine Einzelperson hingewiesen zu werden, zumal bekannt war, dass diese von Banken kein Darlehen erhielt. Der Anwalt ist als Rechtsberater grundsätzlich nicht verpflichtet, die wirtschaftlichen Interessen seines Mandanten wahrzunehmen und ihm auf unternehmerischem Gebiet zur Verhütung eines Forderungsausfalls Ratschläge zu erteilen (Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 564 ff; Sieg aaO Rn. 742).

d) Ebenso war ein Hinweis auf den Eigenkapitalersatzcharakter der von L. gegenüber der GmbH eingegangenen stillen Beteiligung entbehrlich, weil dadurch der Rückforderungsanspruch des Klägers gegen L. nicht berührt wurde.

3. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Das Oberlandesgericht hat das Vorbringen des Klägers, den Verkauf des Unternehmens an einen dritten Erwerber in Betracht gezogen zu haben, ersichtlich zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung erwogen. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit dem Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält (BVerfGE 80, 269, 286).

4. Eine Zulassung der Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage, ob eine gemischte Sozietät wegen eines Rechtsberatungsfehlers in Anspruch genommen werden kann, geboten. Diese Rechtsfrage ist mangels einer weiteren Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht entscheidungserheblich.

Ende der Entscheidung

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