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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.01.2009
Aktenzeichen: IX ZR 18/07
(1)
Rechtsgebiete: RBerG, BGB
Vorschriften:
RBerG Art. 1 | |
BGB § 134 | |
BGB § 164 Abs. 2 |
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und
die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2007 im Kostenpunkt und insoweit, als zum Nachteil der Beklagten erkannt wurde, aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 13. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der H GmbH (fortan: GmbH). Anfang des Jahres 1999 trat der Kläger, dem gegen die GmbH eine Darlehensforderung in Höhe von 500.000 DM zustand, in Überlegungen ein, sein Unternehmen nach und nach auf einen seiner leitenden Mitarbeiter zu übertragen. Zur Beratung über die vertragliche Umsetzung dieses Vorhabens wandte sich der Kläger im Februar 1999 an die Beklagte, eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführte, aus drei Gesellschaftern - nämlich einem Rechtsanwalt und Steuerberater, einem Steuerberater und einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - bestehende Sozietät. Die Betreuung des Klägers übernahm ein bei der Sozietät angestellter Rechtsanwalt.
Auf Anfrage des Klägers bekundete sein Mitarbeiter M. L. Interesse, sich mit einer stillen Einlage von 300.000 DM an der GmbH zu beteiligen und ihr außerdem ein Darlehen von 200.000 DM zu gewähren. Da eine Bankfinanzierung über die ins Auge gefasste stille Beteiligung scheiterte, gewährte der Kläger am 23. Juli 1999 M. L. und dessen - wegen der vermeintlichen finanziellen Leistungsfähigkeit ihres Stiefvaters in den Vertrag einbezogenen - Ehefrau S. L. ein Darlehen in Höhe von 300.000 DM. Anschließend schloss die GmbH mit M. L. einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft sowie einen Kreditvertrag, nach dessen Inhalt M. L. der GmbH in laufender Rechnung Kredite bis zum Höchstbetrag von 200.000 DM zur Verfügung stellt.
Nachdem die GmbH bereits um den Jahreswechsel 2000/2001 in eine finanzielle Schieflage geraten war, beschloss der Kläger am 7. Juli 2001 die Abberufung von M. L. als Geschäftsführer und die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2001 kündigte der durch den angestellten Anwalt der beklagten Sozietät vertretene Kläger gegenüber den Eheleuten L. den Darlehensvertrag. Die mangels Darlehensrückzahlung von dem nunmehr durch seine hiesigen Instanzbevollmächtigten vertretenen Kläger gegen die Eheleute L. erhobene Klage auf Zahlung von 145.072,83 EUR hatte lediglich gegen den Ehemann Erfolg; die gegen die Ehefrau gerichtete Klage wurde, weil ihre Mitverpflichtung infolge Vermögenslosigkeit gegen § 138 BGB verstoße, rechtskräftig abgewiesen.
Der Kläger wirft der Beklagten vor, ihn nicht darauf hingewiesen zu haben, dass die Mitverpflichtung der Ehefrau wegen ihrer Einkommens- und Vermögenslosigkeit sittenwidrig ist. Mit seiner Klage verlangt der Kläger Schadensersatz in Höhe von 147.198,82 EUR, wobei 145.072,83 EUR auf das Darlehen und 2.125,99 EUR auf den in dem Vorprozess zugunsten der Ehefrau entstandenen Kostenerstattungsanspruch entfallen. Der vor dem Landgericht erfolglosen Klage hat das Berufungsgericht in Höhe von 2.125,99 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte begehrt mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten führt zur Abweisung der gesamten Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei der bisher maßgebliche Grundsatz überholt, wonach bei einem Vertragsschluss mit einer interprofessionellen Sozietät der Anwaltsvertrag nur mit den Mitgliedern zustande komme, die berufsrechtlich und fachlich zur Wahrnehmung des Mandats befugt seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Mandant den Vertrag, auch wenn es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handele, die ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht bearbeiten dürfe, mit der Sozietät schließe. Folglich richte sich der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte.
Der Beklagten sei eine Fehlberatung vorzuwerfen, weil sie dem Kläger wegen der Unwirksamkeit einer solchen Mitverpflichtung nicht habe empfehlen dürfen, den Darlehensvertrag auf die vermögenslose Ehefrau zu erstrecken. Da der Kläger bei zutreffender Beratung von einer Einbeziehung der Ehefrau in den Darlehensvertrag abgesehen habe, sei ihm infolge des durch die gerichtliche Inanspruchnahme zu ihren Gunsten entstandenen Kostenerstattungsanspruchs ein Schaden in Höhe von 2.125,99 EUR entstanden. Die Einrede der Verjährung greife nicht durch, weil die Beklagte einer Sekundärhaftung unterliege. Der Beratungsfehler der Beklagten sei jedoch mangels Anwendbarkeit der Vermutung beratungsgerechten Verhaltens nicht für den Abschluss des Darlehensvertrages zwischen dem Kläger und dem Ehemann ursächlich geworden, so dass der insoweit verfolgte Schadensersatzanspruch über 145.072,83 EUR unbegründet sei.
II.
Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht Stand.
1.
a)
Handelt es sich - wie im Streitfall - um eine Sozietät von Berufsangehörigen unterschiedlicher Fachrichtung, kommt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Beratungsvertrag nur mit denjenigen Sozien zustande, die auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet berufsrechtlich tätig werden dürfen. Diese rechtliche Bewertung beruht auf der Erwägung, dass einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eine reine Besorgung fremder Rechtsangelegenheit im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG verwehrt und ein auf einen solchen Gegenstand gerichteter Vertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist. Bei einer gemischten Sozietät wird der Vertrag mithin dahin ausgelegt, dass seine Erfüllung nur diejenigen Mitglieder der Sozietät übernehmen sollen, die berufsrechtlich und fachlich dazu befugt sind (BGH, Urt. v. 26. Juni 2008 - IX ZR 145/05, ZIP 2008, 1432 f Rn. 8 m.w.N.). Diese Würdigung entspricht dem früheren Verständnis, wonach ein Vertrag ausschließlich mit den Gesellschaftern und mangels einer rechtlichen Verselbständigung nicht mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geschlossen wird (BGHZ 142, 315, 319 f) . Danach ist nicht die Sozietät als solche der dem Mandanten gegenüberstehende Vertragspartner (BGHZ 56, 355, 358) .
b)
Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich offengelassen, ob diese rechtlichen Maßstäbe über den Vertragsschluss mit einer interprofessionellen Sozietät nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nunmehr selbst Partner eines Beratungsvertrages werden kann (BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 225/04, WM 2006, 830, 831), aufrechtzuerhalten sind (BGH, Urt. v. 26. Juni 2008, aaO S. 1433 Rn. 9 f). Aus Gründen des Vertrauensschutzes bleibt es jedenfalls bei der bisherigen Rechtslage, wenn der Vertrag vor Erlass der Grundsatzentscheidung vom 29. Januar 2001 (BGHZ 146, 341) über die Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verabredet wurde (BGH, Urt. v. 26. Juni 2008, aaO S. 1433 Rn. 10).
2.
Im Streitfall hatten die Parteien den Anwaltsvertrag bereits im Februar des Jahres 1999 vereinbart.
a)
Bei dieser Sachlage kam der Vertrag entsprechend den bislang geltenden Auslegungsregeln ausschließlich mit dem berufsrechtlich zur Rechtsberatung befugten Gesellschafter und nicht mit der hier allein verklagten Sozietät zustande. Nichts anderes folgt daraus, dass der Kläger im Oktober des Jahres 2001 - also nach Erlass der Entscheidung vom 29. Januar 2001 - den weiteren Auftrag zur Kündigung des den Eheleuten L. gewährten Darlehens erteilte. Infolge des engen Zusammenhangs mit der früheren, die gleiche rechtliche Angelegenheit betreffenden Beratung ist davon auszugehen, dass der Kläger mit diesem Mandat ebenfalls seinen bisherigen Vertragspartner und nicht die Sozietät betraut hat. In Einklang mit der Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB kommt ein Vertrag mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur zustande, wenn - woran es hier fehlt - der Handelnde erkennbar namens der Gesellschaft auftritt (MünchKomm-BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 714 Rn. 26, § 718 Rn. 18). Diese Würdigung entspricht den Feststellungen des Berufungsgerichts, das aus dem Folgeauftrag eine sekundäre Haftung herleitet, für die nur bei Identität des Vertragspartners Raum ist.
b)
Gerade das Zusammenspiel von Primär- und Sekundärhaftung gebietet, bei Erteilung eines neuen Mandats für ein Tätigwerden innerhalb derselben rechtlichen Angelegenheit durch den gleichen rechtlichen Berater mangels anderer ausdrücklicher Erklärungsinhalte von einem Vertragsschluss des Mandanten mit seinem bisherigen Vertragspartner auszugehen. Der Sekundäranspruch kommt nämlich auch dann zum Tragen, wenn der Anwalt nach Beendigung eines Mandats innerhalb der laufenden Verjährungsfrist einen neuen Auftrag über denselben Gegenstand erhält. Die Hinweispflicht folgt dann aus dem neuen Auftrag (BGH, Urt. v. 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946, 948 Rn. 34 m.w.N.). Würde man davon abweichend im Blick auf das neue Mandat von einem Vertragsschluss mit der Sozietät und nicht dem ihr angehörenden Rechtsanwalt ausgehen, würde dies zu dem unangemessenen Ergebnis führen, dass der ursprüngliche, zum Schutz der anderen berufsfremden Sozien allein gegen den Rechtsanwalt begründete Schadensersatzanspruch wegen der späteren Beauftragung der Sozietät und der damit entfallenden sekundären Haftung des selbständig nicht weiter vertraglich eingebundenen Rechtsanwalts verjährt wäre, nun aber die Sozietät nach Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit für den von dem Rechtsanwalt als ihrem Gesellschafter auf der Grundlage des zunächst nur mit ihm geschlossenen Vertrages verübten Beratungsfehler im Rahmen eines Folgemandats allein haftbar wäre.
3.
Selbst wenn der Auftrag zur Darlehenskündigung der verklagten Sozietät erteilt worden wäre, würde ein Schadensersatzanspruch an der fehlenden Kausalität eines Beratungsfehlers für den später eingetretenen Kostenschaden scheitern.
Der Kläger wurde in dem gegen die Eheleute L. verfolgten, auf Darlehensrückzahlung gerichteten Klageverfahren - entgegen den Darlegungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - nach den Feststellungen der Vordergerichte nicht durch die beklagte Sozietät, sondern seine hiesigen Instanzbevollmächtigten vertreten. Der Kostenschaden, der alleine den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet, ist darum haftungsrechtlich diesen Bevollmächtigten und nicht der beklagten Sozietät zuzurechnen. Der zweitberatende Anwalt hat in eigener Verantwortung eine Klageerhebung auch gegen die Ehefrau L. empfohlen und durchgeführt. Diese auf einer persönlichen Entschließung beruhende Schadensursache kann dem erstberatenden Anwalt nicht zugerechnet werden.
4.
Infolge der fehlenden Passivlegitimation wie auch der nicht durchgreifenden Schadenszurechnung ist die Sache bereits im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO), ohne dass es auf die weiteren Revisionsrügen ankommt.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 516 Abs. 3 Satz 1, § 565 ZPO.
Ende der Entscheidung
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