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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.12.2008
Aktenzeichen: IX ZR 200/07
Rechtsgebiete: StGB, BRAO, RVG, ARB 2000, BGB
Vorschriften:
StGB § 203 | |
StGB § 203 Abs. 1 Nr. 6 | |
BRAO § 49b Abs. 4 Satz 2 | |
BRAO § 49b Abs. 4 Satz 3 | |
BRAO § 49b Abs. 4 Satz 4 | |
BRAO § 402 | |
RVG § 10 Abs. 1 | |
RVG § 14 | |
ARB 2000 § 5 Abs. 1 | |
BGB § 267 | |
BGB § 410 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 4. Dezember 2008
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf das am 31. Oktober 2008 geschlossene schriftliche Verfahren durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. Mai 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ließ sich zur Verteidigung gegen eine Werklohnforderung über 2.254,17 € vorgerichtlich und im Prozess von dem Rechtsanwalt T. vertreten. Die Beklagte erteilte als Schadenabwicklungsunternehmen des klägerischen Rechtsschutzversicherers für diese Angelegenheit Deckungszusage. Rechtsanwalt T. setzte für seine außergerichtlichen Bemühungen mit Berechnung vom 27. Juli 2006 eine 1,3-fache Geschäftsgebühr (Nr. 2400 RVG VV) an und verlangte für seine prozessuale Tätigkeit als Vorschuss eine 0,65-fache Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG VV) sowie eine 1,2-fache Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG VV). Einschließlich der Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuer belief sich die anwaltliche Forderung gegen den Kläger auf 634,69 €.
Rechtsanwalt T. hat die bezeichnete Forderung an die C. GmbH abgetreten. Diese GmbH lässt ihre Forderungen durch die D. AG einziehen. Die Verrechnungsstelle hat ihrerseits den Betrag der anwaltlichen Rechnung ausgeglichen.
Der Kläger unterzeichnete im Mai 2006 eine ihm von Rechtsanwalt T. vorgelegte Zustimmungserklärung folgenden Inhalts:
"Ich erkläre mich ausdrücklich einverstanden mit der
- Weitergabe der zum Zwecke der Abrechnung und Geltendmachung jeweils erforderlichen Informationen, insbesondere von Daten aus der Mandantenkartei (Name, Geburtsdatum, Anschrift, Gegenstandswert, Prozessdaten und -verlauf, Honorarsatz) an die D. AG - A. und die C.
- Abtretung der sich aus dem Mandat ergebenden Forderungen an die C. GmbH.
Diese Zustimmung gilt auch für alle laufenden und zukünftigen Mandatierungen. Sofern ich rechtsschutzversichert bin, bevollmächtige und beauftrage ich hiermit die C. GmbH und deren Prozessbevollmächtigte mit der Geltendmachung der Freistellungsansprüche aus dem Mandatsverhältnis. Hierdurch entstehen mir keine weiteren Kosten. Für den Fall der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Gegner bevollmächtige ich A. und C. mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts in meinem Namen zur Einziehung der Forderung. Auch hierbei entstehen für mich keine Aufwände oder Kosten.
Die C. GmbH kann bei der Entscheidung, ob sie die Honorarforderungen ankauft, meine Bonität (Zahlungsfähigkeit) prüfen; hierzu kann die C. GmbH eine Auskunft bei einer Auskunftei oder Kreditschutzorganisation (Schufa, CEG-Crefo o.ä.) einholen.
Ich wurde darüber aufgeklärt, dass die C. GmbH die Leistungen meines Rechtsanwalts mir gegenüber durch die A. in Rechnung stellen und für eigene Rechnung einziehen wird. Sollte es über die Berechnung der Forderung unterschiedliche Auffassungen geben, kann der Rechtsanwalt in einer etwaigen Auseinandersetzung als Zeuge gehört werden. Ich entbinde meinen Rechtsanwalt von seiner anwaltlichen Schweigepflicht, soweit dies für die Abrechnung und Geltendmachung der Forderungen erforderlich ist.
Eine Ausfertigung dieser Einverständniserklärung habe ich erhalten."
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit dieser Abtretung. Die Beklagte hat zudem weitere Einwendungen erhoben. In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Sachantrag weiter, von der Forderung der C. GmbH aus dem Rechtsanwalt T. erteilten Mandat frei gestellt zu werden.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. April 2008 (IX ZR 53/07, WM 2008, 1229) bereits entschieden, dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schon vor dem 18. Dezember 2007 Vergütungsansprüche von Rechtsanwälten mit wirksamer Zustimmung des Schuldners auch an Nichtanwälte abgetreten werden konnten, ohne dass es unter dieser Voraussetzung auf eine rechtskräftige Feststellung der Forderung und einen erfolglosen Vollstreckungsversuch ankam. Ohne Erfolg erhebt die Revisionserwiderung dagegen Bedenken, weil bis zur Änderung von § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB anwaltliche Verrechnungsstellen von diesem Straftatbestand nicht erfasst waren.
Die Ausdehnung der Verschwiegenheitspflicht auf Zessionare und ihre Strafbewehrung nach § 203 StGB ist keine verfassungsrechtlich gebotene Voraussetzung für die Abtretbarkeit von Vergütungsansprüchen der gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsangehörigen. Wäre dies anders, hätten solche Ansprüche auch nicht gepfändet werden können, was die Rechtsprechung schon früher als zulässig anerkannt hat (vgl. BGHZ 141, 173, 177), ohne damit dem Gesetzgeber Anlass zu bieten, vermeintliche Pflichtendefizite und Strafbarkeitslücken auszufüllen. Die Strafbarkeit von Geheimnisverletzungen ist durch Art. 17 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) auch nur für die Angehörigen anwaltlicher Verrechnungsstellen begründet worden, ohne die Abtretung anwaltlicher Vergütungsansprüche an andere Empfänger zu hindern. Das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Verbot, Strafbarkeitslücken rückwirkend zu schließen (siehe dazu BVerfGE 26, 31, 42; 64, 389, 393; 81, 132, 135), und die ebenfalls nicht rückwirkende Verschwiegenheitspflicht neuer Gläubiger gemäß § 49b Abs. 4 Satz 4 BRAO in der Fassung vom 12. Dezember 2007 stehen deshalb der vom Senat in seinem Urteil vom 24. April 2008 (aaO) vorgenommenen Auslegung von Art. 20 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts im Sinne eines rückwirkenden Inkrafttretens der mit Art. 4 Nr. 1 dieses Gesetzes angeordneten Anpassung von § 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO an grundrechtliche Erfordernisse nicht entgegen.
Entgegen dem von der Revisionserwiderung eingenommenen Standpunkt kann hier wie in der Sache IX ZR 53/07 ferner offen bleiben, ob § 49b Abs. 4 Satz 3 BRAO in der Fassung vom 12. Dezember 2007 an der Rückwirkung des neu gefassten Satzes 2 teil hat. Die vom Kläger unterzeichnete Zustimmung zu der Abtretung des anwaltlichen Honoraranspruchs ist mit derjenigen der Sache IX ZR 53/07 inhaltsgleich. Ihre Wirksamkeit ist daher aus den in jener Sache bereits dargestellten Gründen zu bejahen. Das Einverständnis des Mandanten mit der Weitergabe der zum Zwecke der Abrechnung und Geltendmachung der Vergütung jeweils erforderlichen Informationen innerhalb der vorformulierten Zustimmungserklärung ist auch nicht überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB), wie die Revisionserwiderung meint. Denn der engere Zusammenhang mit dieser Erklärung des Mandanten, nicht mit den weiterhin beigefügten allgemeinen "Mandanteninformationen" zur Einschaltung der anwaltlichen Verrechnungsstelle, ergibt sich sowohl aus § 402 BGB als auch jetzt aus § 49b Abs. 4 Satz 3 BRAO in der Fassung vom 12. Dezember 2007.
Der Inhalt der Einverständniserklärung verdeutlicht überdies hinreichend, dass bei Bedarf auch Angaben zum Gegenstand und zum Umfang des Mandates an den Zessionar weitergegeben werden dürfen. Dies gilt jedenfalls beim Ansatz einer Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung des Mandanten, soweit der angenommene Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG) und der nach § 14 RVG bestimmte Gebührensatz zu ihrer Prüfung solche Tatsachenkenntnis voraussetzen.
Die von der Revisionserwiderung darüber hinaus aufgeworfene Frage nach der Weitergabe ergangener Gerichtsentscheidungen ist für den Streitfall nicht erheblich. Gleichfalls nicht erheblich ist die Frage, ob die erteilte Zustimmung zur Abtretung des anwaltlichen Honoraranspruchs auch für künftige Mandate zwischen denselben Beteiligten Wirkung entfaltet. Die hier als Vorfrage des Freistellungsanspruchs zu prüfende erste Abtretung eines anwaltlichen Honoraranspruchs bleibt von der in Frage gestellten Dauerwirkung der erteilten Zustimmung unberührt.
Die Einwendung der Beklagten aus § 5 Abs. 1 ARB 2000 ist unbegründet. Der Kläger verlangt die Freistellung von einer anwaltlichen Gebührenforderung. An dieser Rechtsnatur des Streitgegenstandes ändert sich nichts, wenn der Anspruch, dem der Versicherte ausgesetzt ist, an einen Dritten abgetreten wird.
Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dem Kläger sei keine anwaltliche Berechnung gemäß § 10 Abs. 1 RVG erteilt worden. Nachdem der Kläger diese Berechnung erstinstanzlich in den Rechtsstreit eingeführt hat (Anlage zum Schriftsatz vom 29. November 2006 Seite 1), steht fest, dass er persönlich oder sein auch insoweit zuständiger Prozessbevollmächtigter spätestens zu diesem Zeitpunkt im Besitz der formgerechten Berechnung war und die Fälligkeit des eingeklagten Freistellungsanspruchs wegen mangelnder Durchsetzbarkeit der anwaltlichen Vergütungsforderung nicht mehr hinausgeschoben sein konnte.
Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, dass keine Urkunde über die Forderungsabtretung von Rechtsanwalt T. an die C. GmbH vorliege, geht dies nach § 410 Abs. 2 BGB gleichfalls fehl. Die Voraussetzungen dieser Ausnahme sind erfüllt, weil der bisherige Gläubiger - Rechtsanwalt T. - die schriftliche Zustimmung des Klägers zu der Abtretung eingeholt und mit der ausgehändigten "Mandanteninformation" auch die Abtretung selbst angezeigt hat.
Der Gebührenansatz von Rechtsanwalt T. lässt rechtliche Bedenken nicht erkennen. Die Beklagte hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben. Die Sache ist danach spruchreif bis auf die Klärung der Frage, ob die von der D. AG an den beauftragten Anwalt bewirkte Zahlung zum Ausgleich des Rechnungsbetrages die anwaltliche Vergütungsforderung gemäß § 267 BGB getilgt hat, ob es sich dabei um eine Kaufpreiszahlung für den Forderungserwerb durch die C. GmbH gehandelt hat oder ob mit dieser Zahlung noch andere Zwecke verbunden waren. Sollte die anwaltliche Gebührenforderung, von welcher der Kläger gegenüber dem Zessionar frei gestellt zu werden verlangt, bereits erfüllt sein, würde sich der geltend gemachte Anspruch in einen durch Zahlung zu berichtigenden Erstattungsanspruch verwandelt haben (vgl. van Bühren in van Bühren/Plote, ARB 2. Aufl. ARB 2000 § 5 Rn. 122). Da in den Vorinstanzen dieser Punkt unerörtert geblieben ist, muss dem Kläger nach entsprechendem Hinweis im Revisionsurteil Gelegenheit gegeben werden, in der wiedereröffneten Berufungsinstanz hierzu ergänzend vorzutragen und wenn nötig seinen Sachantrag umzustellen.
Ende der Entscheidung
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